Protocol of the Session on February 24, 2017

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Energie -

(Zurufe CDU)

Entschuldigung! Ich habe Ihre Wortmeldung nicht gesehen. Vielleicht ist sie auch gerade erst gekommen. Aber das kann man in Ruhe und Gelassenheit und in aller Form regeln. - Dann hat jetzt der Herr Kollege Daniel Günther für einen Dreiminutenbeitrag das Wort. Er gehört der CDU-Fraktion an.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Sachen Energiewende haben wir nun wirklich überhaupt keinen Nachholbedarf. Wir brauchen uns das auch von den Grünen nicht vorwerfen zu lassen, denn wir sind es gewesen, die sie bis 2012 in Schleswig-Holstein erfolgreich umgesetzt hat.

(Beifall CDU)

(Dr. Ralf Stegner)

Wir haben den Windenergieausbau vorangetrieben, nicht Sie.

(Zurufe SPD)

Bis dahin hatten wir Akzeptanz in Schleswig-Holstein. Bis dahin haben das die Menschen akzeptiert. Sie sind es, die die Akzeptanz der Menschen mit Ihrer Politik gefährdet haben, die Sie in diesen Jahren gemacht haben.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Frau von Kalben, bitte.

Herr Günther, akzeptieren Sie, dass es nach 2012 ein OVG-Urteil gab, das eine veränderte Landesplanung zur Folge hatte?

Das akzeptiere ich. Im Übrigen haben wir dem Landesplanungsgesetz danach zugestimmt, auch wenn wir uns in der Opposition befinden, weil wir gesagt haben: Wir machen uns gemeinsam auf den Weg.

Sie haben den gemeinsamen Weg danach verlassen. Sie haben überhaupt keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Menschen genommen. Sie haben die Abstände in der Größenordnung gelassen, wie sie zu der Zeit waren, als Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein viel kleiner waren. Deswegen sind größere Abstände geboten.

Wozu das geführt hat, was Sie bei der Regierung loben, ist, dass jetzt in den Regionen Windkraft entstehen soll, wo weniger Wind weht und die Akzeptanz bei den Menschen nicht da ist. Gehen Sie doch einmal nach Nordfriesland, und sprechen Sie mit den Leuten, was die von der Landesplanung halten, Frau von Kalben!

(Beifall CDU)

Die sind genauso sauer, weil sie nicht repowern können. Wir haben über 1.000 Flächen in Schleswig-Holstein, wo nicht repowert werden kann. Fragen Sie einmal einen Landwirt in Timmaspe, was

der dazu sagt! Er muss die Windkraftanlage auf seiner Fläche abbauen. Dann sagt die Landesplanung: Bewirb dich doch für die Fläche auf der gegenüberliegenden Seite. Da sagt der: Da liegen doch die Leitungen in die ganz andere Richtung.

Das ist die Verantwortung Ihrer Landesregierung, die da so stumpfsinnig geplant hat. Dafür können Sie doch nicht uns verantwortlich machen!

(Beifall CDU)

Für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Dr. Robert Habeck, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das war ja in mehrfacher Hinsicht ein nervöser Landtag. Ich möchte versuchen, zu den drei Themen ein paar Punkte aus Sicht der Landesregierung klarzustellen.

Ich fange mit den Netzentgelten an. Das ist der in diesem Haus vielleicht unproblematischste Punkt. Ich möchte zwei Anmerkungen zu der Debatte machen. Herr Kumbartzky, Sie haben damals gefordert, dass wir bundeseinheitliche Netzentgelte schaffen sollen. Die Landesregierung kämpft dafür, dass wir bundeseinheitliche Übertragungsnetzentgelte schaffen. Das klingt gleich, ist aber nicht das Gleiche. Ihr Antrag hätte zur Abschaffung des Wettbewerbs zwischen Netzbetreibern geführt. Dieser Antrag sorgt dafür, dass die Kosten des Ausbaus der Erneuerbaren bundesweit gewälzt werden. Schön, dass wir da beieinander sind, aber es ist nicht der FDP-Antrag, den wir an dieser Stelle einbringen.

Wenn man sich anschaut, wer da zusammensteht und zusammen kämpft: Wir bringen diesen Antrag zusammen mit Thüringen und Bayern ein gegen die Länder westlich des Rheins: Saarland und Nordrhein-Westfalen. Es ist kein Geheimnis, dass Kanzleramtschef Peter Altmaier, seines Zeichens CDU und Saarländer, und die Wahl in Nordrhein-Westfalen Einfluss darauf haben. Es ist in diesem Fall nicht so, dass die einen die Guten und die anderen die Schlechten sind. Unterm Strich bleibt festzuhalten, wie Flemming Meyer gesagt hat: Wenn die Energiewende mindestens - eigentlich müsste es ein europäisches Projekt sein - ein nationales Projekt ist, macht Kleinstaaterei dort keinen Sinn.

(Daniel Günther)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Entsprechend müssen alle ihre Aufgaben tragen, entsprechend gibt es rationale Gründe, entsprechend kämpfen wir dafür, wie es von der Bundesregierung schon einmal zugesagt wurde, die Übertragungsnetzentgelte bundesweit zu wälzen.

Zweitens. Frau Beer, Sie haben gesagt, Sie wollten für mehr Bürgerbeteiligung sorgen, und Sie unterstützten die Volksinitiative. Den Initiatoren der Volksinitiative, für die Sie gerade Unterschriften sammeln, ist vom Innenministerium mitgeteilt worden, dass die Volksinitiative verfassungswidrig ist. Ich lese kurz aus dem Gesprächsprotokoll vor - das kennen die Initiatoren -, in dem es heißt: Es wurde jedoch festgestellt, dass die Volksinitiative nach Artikel 48 Absatz 1 Landesverfassung nicht zulässig sein dürfte, da ein Gesetzentwurf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaats nicht widersprechen darf.

Natürlich kann man trotzdem Unterschriften sammeln. Mit Blick auf die Debatte von gestern, die am Ende etwas verunglückt ist, frage ich: Wie lauter ist es gerade von Parlamentariern, Leute auf die Straße zu schicken in dem Wissen, dass sie ein verfassungswidriges Vorgehen installieren?

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Man kann so arbeiten, aber lauter ist das meiner Auffassung nach nicht.

Das Gleiche gilt übrigens für die Volksinitiative zum Landeswassergesetz. Sehenden Auges verfassungswidrige Volksinitiativen zu unterstützen, wirft ein schräges Licht auf alle politischen Parteien, die das tun.

Drittens. Kollege Rickers, ich komme zum Energiewende- und Klimaschutzgesetz. Sie haben gesagt, wir würden die Kommunen zwingen, Wärmeplanungen vorzunehmen. § 7 Absatz 1, auf den Sie sich beziehen, heißt - ich darf zitieren, Frau Präsidentin -:

„Gemeinden sind im Rahmen ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung berechtigt, kommunale Wärme- und Kältepläne aufzustellen.“

Was für ein Zwang!

Meine Damen und Herren, viele Argumente, wie sie hier dargestellt wurden, erweisen sich, wenn man sie gegens Licht hält, als falsch. Das gilt auch für die Windkraftplanung. Ich darf kurz darauf hinweisen, was die Problemlage ist. Die Problemlage

ist nicht, dass die Landesregierung das Land mit Windkraftanlagen überziehen will, sondern dass ein Gerichtsurteil gesagt hat, überall, wo keine Ausschlusskriterien sind, dürfen Windkraftanlagen errichtet werden. Wir arbeiten vor einem völlig anderen Hintergrund, als hier angenommen wurde. Wir versuchen, Kriterien aufzustellen, wo keine Windkraftanlagen errichtet werden können. Jeder, der etwas anderes behauptet, hat das Urteil nicht gelesen oder nicht verstanden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir sind geradezu gezwungen, ordnend einzugreifen. Nun kann man sich - das ist ja auch Sinn und Zweck parlamentarischer Auseinandersetzung über die Art der Kriterien auseinandersetzen. Lieber Kollege Günther, wenn man das Urteil ernst nimmt, muss man schon bei einer Logik bleiben, zum Beispiel höhere Abstände. Dann wird man das Argument, die Repowering-Gebiete sollten alle wieder repowert werden, nicht ohne Weiteres aufrechterhalten können. Denn 1.300 Anlagen, die in Repowering-Gebieten stehen, fallen heraus, weil sie die Abstandsgrenzen zu Wohngebäuden unterschreiten.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Sie können nicht auf der einen Seite sagen: „Wählt die CDU für größere Abstände!“, und auf der anderen Seite sagen: „Wählt die CDU für geringere Abstände!“. Das ist doch absurd!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Energiewende- und Klimaschutzgesetz versucht, den Korridor nach oben wie nach unten zu beschreiben, entlang dem sich Schleswig-Holstein entwickeln soll. Wir nehmen dabei unsere Klimaschutzziele ernst, nämlich die Abschaffung der Atomkraftwerke in Schleswig-Holstein und den Ausstieg aus der Kohle, indem wir bis 2025 - das ist der nächste planbare Schritt - 37 TWh erneuerbare Energie erzeugen wollen. Das kann man umrechnen auf die Fläche; dann kommt man ungefähr bei 2 % heraus. Gleichzeitig wird ein MonitoringProzess festgeschrieben.

Dass das notwendig ist, zeigt diese Debatte. Danach wird es nur noch über eine Gesetzesänderung möglich sein, diese Ziele zu unterschreiten oder - wer denn will - zu überschreiten. Das ist das Inanspruchnehmen parlamentarischer Demokratie, dass wir uns in diesem Haus in Zukunft darüber ausein

(Minister Dr. Robert Habeck)

andersetzen, ob wir gut davor sind, ob wir schlecht davor sind, ob wir besser werden wollen oder nicht.

Es geht nicht mehr zu sagen - wie wir jetzt im Wahlkampf erleben -: „Wir wollen Klimaschutz, und zwar genauso wie 2011 beschlossen - das beruht ja auf den Zielvorgaben von Jost de Jager weitermachen!“, aber faktisch wird dafür gesorgt, dass es nicht möglich ist, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Die Ausbauszenarien, die wir in dem Gesetz beschreiben, sind mehr als begründet. Die Debatte, die wir im Moment im Landtagswahlkampf führen, ist der beste Beleg dafür, dass wir eine Grundlage schaffen müssen, entlang der man argumentieren muss. Es gibt eine Monitoring-Verpflichtung. Wenn sie nicht eingehalten wird, wird man sich verantworten müssen, oder man wird seine politische Lauterkeit überprüfen müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)