Protocol of the Session on January 26, 2017

(Kai Vogel)

munalen Aufgabenträger geben. Wir haben uns hier ganz bewusst entschieden, keine Vorgabe für die Empfänger dieser Mittel vorzugeben. Wer zu kleinkariert vorschreibt, hemmt häufig Investitionen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Es gibt kommunale Träger des ÖPNV, die Bedarf oder Interesse an Bürgerbussen haben. Andere haben ein Interesse an Rufbussen, andere an nachhaltigen und umweltfreundlichen Antriebssystemen.

(Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

- Ich habe es doch gerade gesagt: Bürgerbusse, Rufbussysteme und nachhaltige, umweltfreundliche Antriebssysteme. Zuhören müssen Sie schon, Herr Dr. Breyer.

Die Bedarfe in Kiel sind andere als in Nordfriesland, und im Hamburger Randgebiet sind sie wiederum anders. Jeder ÖPNV-Träger erhält Mittel und kann diese passgenau verwenden.

Über den norddeutschen Tarifverbund haben wir hier bereits 2016 Einigkeit erlangt. Diesen einstimmigen Beschluss werden wir jetzt umsetzen.

(Beifall SPD und SSW)

Wir bleiben dabei, dass es bei einer einfachen Ausweitung des HVV keinen einzigen zusätzlichen Zug, keinen einzigen zusätzlichen gefahrenen Kilometer und keinen einzigen zusätzlichen Zughalt an Bahnhöfen geben würde. Die Ungerechtigkeit würde bei einer Ausweitung des HVV nur noch deutlicher werden. Wer hier nach Steinburg schaut, der darf alle anderen Landkreise und kreisfreien Städte nicht aus dem Blick verlieren. Dieses gerechtere Tarifsystem werden wir mit dem norddeutschen Tarifverbund realisieren, und auch dafür werden wir die Regionalisierungsmittel verwenden.

(Beifall SPD und SSW - Wortmeldung Uli König [PIRATEN])

- Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

Für Studentinnen und Studenten werden wir ein Semesterticket auf den Weg bringen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dieses Semesterticket wird landesweit gelten und Hamburg mit einbeziehen. Hier orientieren wir uns an den Lebenswirklichkeiten und Notwendigkeiten der Studierenden. Studierende dürfen in ihrer Mobilität nicht eingeschränkt werden. Wer mit seinem Semesterticket ohne Zusatzkosten nach Hamburg oder in jede andere Stadt Schleswig-Holsteins fah

ren kann, der studiert genauso gern in Heide wie in Lübeck, Kiel oder Flensburg. Wir haben heute Zuschauerinnen und Zuschauer aus dem FriedrichSchiller-Gymnasium. Ich habe es selbst am eigenen Leibe gespürt. Ich habe in Kiel studiert und in Preetz gewohnt. Damals habe ich mich bemüht, schnellstmöglich nach Kiel zu ziehen, weil ich die Kosten immens fand. Wenn die Schülerinnen und Schüler dann in Kiel oder irgendwo anders in Schleswig-Holstein studieren wollen, dann haben sie die Möglichkeit, weiterhin in Preetz zu wohnen und mit dem Semesterticket quer durch ganz Schleswig-Holstein und Hamburg zu fahren. Das ist eine tolle Errungenschaft.

(Beifall SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Viel- leicht wollen die lieber nach Kiel ziehen!)

- Herr Garg, in dem Moment, in dem man es vielleicht nicht ganz so dicke hat, ist die Entfernung zwischen Preetz und Kiel groß.

(Martin Habersaat [SPD]: Das wollen sie aber ganz frei entscheiden können! - Weitere Zurufe)

In der Hauptverkehrszeit sind Züge häufig so voll, dass die Fahrgäste über Komforteinbußen klagen. Durch ein Neunuhrticket werden wir für die Nutzerinnen und Nutzer mit einem attraktiven Preis die Fahrgastströme verlagern. Wer nicht um acht Uhr mit einem Zug fahren muss, der kann kostengünstiger um neun Uhr morgens durchstarten. Die vollen Züge in den Stoßzeiten werden entlastet und alle profitieren von dem gestiegenen Komfort.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

MOIN, das ist nicht nur unsere herzliche Begrüßung für jeden, dem wir tags oder nachts begegnen, nein, MOIN steht auch für Mobilität und Innovation. Wir sind das Land der Energiewende und werden daher mit unserem Nahverkehr einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass der Klimawandel gebremst wird. In welchen alternativen Energieformen dies auch immer geschieht, kann von uns heute nicht festgeschrieben werden. Wer hätte von uns gedacht, dass die Hybridtechnik so deutlich an Relevanz gewinnt. Es ist klar, wir dürfen bei unserer Mobilität der Zukunft nicht nur auf die herkömmlichen Energieträger setzen.

Diese Möglichkeit der Innovation schafft unser Sondervermögen. Wenn es Gelder aus den Regionalisierungsmitteln gibt, die in einem Jahr nicht wie geplant eingesetzt werden können, können diese Mittel dem Sondervermögen zugeführt werden.

(Kai Vogel)

Durch MOIN können diese Mittel angespart oder flexibel auch überjährig für innovative Projekte oder Investitionen eingesetzt werden.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für mich ist es schon ein besonderer Moment, wenn man merkt, wie klug unsere Koalition die Zukunft für unseren Nahverkehr im Blick hat. Viele Investitionen in ein mobiles Schleswig-Holstein; wir sind in Schleswig-Holstein auf einem sehr guten Weg zu mehr Bus und Bahn. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Vogel, ich weiß gar nicht, warum Sie heute Morgen so aus dem Häuschen sind. Als ich Anfang dieses Jahres den Antrag der Koalition gelesen habe, da kam mir einiges sehr bekannt vor, und siehe da, auf den Internetseiten des Verkehrsministeriums ist eine Audiodabei von Ihnen, Herr Meyer, vom 15. Juli 2016 veröffentlicht, bei der man den jetzigen Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW in 2 Minuten und 30 Sekunden praktisch Wort für Wort mitlesen kann. Der einzige Unterschied ist: Sie, Herr Meyer, nennen schon damals die Zahl 30 Millionen €, die Sie mehr an Regionalisierungsmitteln aus Berlin erwarten.

Deshalb finde ich: Das, was die Koalition der Opposition, der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit, der Presse und allen, die große Hoffnung in einen verbesserten ÖPNV in unserem Land haben, mit Ihrem Antrag zumutet, ist wirklich ein Bärendienst.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Bärenstark!)

Sie wollen heute als neue Errungenschaft verkaufen, was Ihr Verkehrsminister bereits vor sechs Monaten öffentlich präsentiert hat. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Sie haben aus rein wahltaktischen Gründen wichtige Entscheidungen für den ÖPNV in Schleswig-Holstein um Monate verschleppt.

(Beifall CDU)

Kommen Sie mir nun nicht mit dem Argument, der Bund hätte noch keine rechtliche Grundlage geschaffen. Ihr Staatssekretär hat bereits im Oktober 2016 im Wirtschaftsausschuss die Zahlen amtlich genannt. All das, was wir heute beraten, inklusive des Sondervermögens, hätten wir also schon im letzten Herbst beraten und beschließen können.

Natürlich werden wir der Einrichtung eines Sondervermögens zustimmen, allein schon deshalb, um die Regionalisierungsmittel für Schleswig-Holstein auch langfristig zu sichern.

(Beifall Volker Dornquast [CDU])

Die CDU hat Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, bereits im Dezember 2015 aufgefordert, das vorhandene ÖPNV-Angebot nicht nur beizubehalten, sondern qualitativ und quantitativ zu verbessern. Wir wollten schon damals, dass die Landesregierung die Kreise und kreisfreien Städte stärker an den zusätzlich durch den Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln beteiligt.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie wollen immer nur, wir machen!)

- Was machen Sie mit Ihrer Mehrheit in den Ausschüssen, Herr Dr. Stegner? - Sie schieben unseren Antrag zur Verbesserung von Mobilität im Lande Schleswig-Holstein mit Ihrer Mehrheit im Wirtschaftsausschuss sage und schreibe acht Mal ohne Beratung vor sich her. Das ist unglaublich.

(Beifall CDU)

Und damit ist es leider nicht genug. Wir haben Sie bereits im Februar 2016 aufgefordert, ein Konzept für einen leistungsstarken ÖPNV vorzulegen. Und diesen Antrag haben Sie ganze sieben Mal ohne Beratung verzögert.

Wir, meine Damen und Herren, haben Vorschläge unterbreitet, die Qualität des regionalen und überregionalen ÖPNV als Grundlage der Mobilität im ländlichen Raum durch Ergänzung flexiblerer Formen wie Ruf- oder Bürgerbusse, Sammel- und Ruftaxis zu verbessern. Wir haben vorgeschlagen, die Anstrengungen zur Weiterentwicklung von verbund- und landkreisübergreifenden Lösungen zu verstärken und Carsharing-Angebote gerade an den Schnittstellen des ÖPNV zu verbessern.

Wir haben Sie schon damals aufgefordert, den Kommunen durch feste finanzielle Zusagen langfristige Planungssicherheit zu geben. Jetzt, elf Monate nach unserem Antrag und wenige Wochen vor der Landtagswahl, bekommen die Kommunen gerade

(Kai Vogel)

einmal das, was sie minimal von Ihnen gefordert haben.

Meine Damen und Herren, die Sicherung und Stärkung der Mobilität im ländlichen Raum ist für die Zukunft und die Lebensqualität der Menschen in Schleswig-Holstein von herausragender Bedeutung. Es geht darum, dass eben nicht nur Pendler die Möglichkeit haben, mit dem ÖPNV zur Arbeit zu kommen, sondern dass die Menschen in unserem Land auch mit dem ÖPNV die für die Daseinsvorsorge notwendigen Ziele wie Ärzte, Geschäfte oder auch Sport erreichen können. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist die Stärkung der Mobilität im ländlichen Raum - und ich sage: gerade auch des Bus-ÖPNV - eine ganz besondere Herausforderung.

Wenn der Bund dafür mehr Geld bereitstellt, dann ist doch klar, dass die Kreise als Aufgabenträger für diesen Bus-ÖPNV davon auch entsprechend flächendeckend profitieren müssen.

(Beifall CDU)

Und wenn der Bund seine Zahlungen dynamisiert, dann ist doch ebenso völlig klar und selbstverständlich, dass auch die Kreise als Aufgabenträger an dieser Dynamisierung beteiligt werden müssen. Insofern wird es die Kreise freuen, wenn sie zukünftig 5 Millionen € mehr bekommen und diese Summe jetzt dynamisiert wird. Aber es deckt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, bei Weitem nicht die Kosten, die in den Jahren zuvor entsprechend gestiegen sind, und es wird die Kreise kaum in die Lage versetzen, neue und mehr Akzente für Mobilität im ländlichen Raum, gerade im Busverkehr, zu setzen.

Übrigens: Mehr als zwei Drittel der zusätzlichen Bundesmittel gehen ohnehin in den Schienenpersonennahverkehr. Für deutliche Qualitätsverbesserungen im Busverkehr im ländlichen Raum, der über den Ausgleich gestiegener Betriebskosten hinaus gezahlt wird, bleibt bei Ihnen kein Raum. Insofern ist Ihr Antrag auch ein Stück weit eine Mogelpackung.