Protocol of the Session on January 25, 2017

Ihnen § 10 des Garantievertrags - darauf kommt es ja an - einmal vorlesen. Er lautet wie folgt:

„Der Höchstbetrag reduziert sich nur, wenn die HSH dies durch Mitteilung an den Garantiegeber verlangt und insoweit diese Garantie sowie die Teilgarantie 2 teilweise reduziert. Eine solche Teilreduzierung kann nur mit Zustimmung des Garantiegebers erfolgen, wobei eine solche Zustimmung nur aus sachlichen aus der Risikoposition des Garantiegebers resultierenden Gründen verweigert werden darf.“

Fragen Sie einmal einen Juristen, was das bedeutet. Es hätte gar keine Möglichkeit bestanden, etwas zu verweigern, weil damals die Bank, wie allgemein bekannt, öffentlich erklärt hat, sie könne es nicht nur zurückgeben, sondern sie müsse es sogar zurückgeben, weil sie es nicht brauche und weil die Garantiezahlungen, wenn sie sie denn für etwas geleistet hätte, was sie nicht brauchte, im Übrigen auch eine strafrechtliche Untreue gewesen wären. Nur so viel dazu.

Ich höre immer wieder diese Chimäre, die Europäische Kommission hätte uns zu irgendetwas gezwungen, sie habe verlangt, dass Schiffsportfolien von der HSH Nordbank abgenommen werden. Ich will Sie, Frau Ministerin, an den Bescheid der Europäischen Kommission vom 2. Mai 2016, der ja auch veröffentlicht worden ist, erinnern und empfehle allen Beteiligten, ihn einmal zu lesen. Darin ist unter anderem Folgendes festgehalten worden das ist Teilziffer 128 des Bescheides -:

„Die Kommission stellt fest, dass Deutschland die Maßnahme von 2013 neu angemeldet hat als staatliche Beihilfe“

- jetzt kommt es

„zur geordneten Abwicklung der HSH Nordbank, entweder durch einen beihilfefreien Verkauf oder durch Einstellung des Neugeschäfts und Abwicklung. Angesichts dieses neuen Zwecks der Beihilfe hält es die Kommission für unnötig, die ihr übermittelten Umstrukturierungspläne ausführlicher zu prüfen, und zieht keine Konsequenzen aus der Tatsache, dass ihre Zweifel hinsichtlich der Wiederherstellung der Rentabilität der Bank nicht ausgeräumt wurden.“

Und sie bezieht sich auf Folgendes:

„In jedem Jahr seit Erlass des Einleitungsbeschlusses hat die HSH ihre eigenen Prognosen im Hinblick auf das Neugeschäftsvolu

men, das in den einzelnen Plänen bereits erheblich nach unten korrigiert worden war, unterschritten; dies gilt insbesondere für die Geschäftsbereiche Schiffsfinanzierung und Firmenkunden.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir sagen, das, was uns die HSH Nordbank mindestens seit dem Jahr 2009 dauernd präsentiert - ich sage, seit 2007 -, ist jedes Jahr ein Fake gewesen, so haben wir dafür die Bestätigung der Europäischen Kommission und müssen uns nicht dafür rechtfertigen.

(Beifall FDP - Detlef Matthiessen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist überhaupt nichts Neues!)

- Herr Kollege Matthiessen, es ist doch etwas Neues, weil ja dauernd das Gegenteil behauptet wird und sogar Gegenstand einer Berichterstattung der „Lübecker Nachrichten“, eines herausragenden, gut recherchierenden Journalisten, gewesen ist, der sich auf Informationen des Finanzministeriums berufen hat. Die Länder haben beantragt, dass die HSH Nordbank faule Kredite in Höhe von 8,2 Milliarden € am Markt veräußern darf, und haben selbst beantragt, dass sie für den Fall, dass das nicht gewährleistet werden kann, in die Lage versetzt werden, davon 6,2 Milliarden € zu übernehmen.

Die Behauptung, die EU-Kommission habe das verlangt, ist schlicht und ergreifend Unsinn. Sie hat es nur genehmigt, solange es keine marktverzerrenden Wirkungen hatte. Sie hat dabei auch nicht einen exakten Marktpreis geprüft, was Frau Heinold hier schon wieder fälschlicherweise sagt. Sie hat nur festgestellt, welcher Preis nicht unterschritten werden darf, damit es nicht beihilferechtlich relevant wird, weil der Wettbewerb zerstört ist.

Das ist etwas völlig anderes als das, was Sie sagen. Nach dem Haushaltsrecht unseres Landes dürfen Sie Portfolien nur nach Marktwert übernehmen und nicht nach der Grenze, die die EU-Kommission als beihilferechtlich relevant festgestellt hat. Darauf werden wir zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommen, übrigens auch auf das, was die Berater dieser Einrichtung angeht.

„Whistleblower“ ist eine neue Kategorie. Sie sollten alle belobigt und geehrt werden. Ich höre, dass die Beauftragung der Beratungsgesellschaft dahin ging, plausibel zu dokumentieren, dass man der HSH Nordbank so viel Geld wie möglich zur Verfügung stellen kann, und nicht dahin, einen Marktwert zu ermitteln. Ich habe auch gehört - das gebe ich auch öffentlich wieder -, dass die Haftungsbe

(Wolfgang Kubicki)

grenzung für die PwC bei 4 Millionen € eingezogen worden ist. Das ist bei einem Volumen von 2,4 Milliarden €, das bewertet werden soll, recht beachtlich. Das kann ich schon einmal sagen, aber darauf kommen wir ebenfalls später zurück.

Liebe Frau Ministerin - das sage ich jetzt in allem Ernst, weil ich ja weiß, dass wir eigentlich seit 2009 in die gleiche Richtung denken -, ich könnte Ihnen das sollte ich auch tun - einige Ihrer Ausführungen, aus dem Jahr 2009 in Erinnerung rufen, die ich völlig teile.

Am 25. März haben Sie diesem Hohen Hause - damals schritten wir noch Seite an Seite - erklärt:

„Die HSH Nordbank hat sich in den letzten Jahren in unvorstellbarer Größenordnung verspekuliert, Zweckgesellschaften in Steueroasen gegründet und für steuergünstige Anlagenfonds geworben.“

Und weiter:

„Will man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, dann muss - ich betone - zeitgleich zur Neustrukturierung der Bank definitiv auch der mittelfristige Ausstieg des Landes aus der HSH Nordbank festgeschrieben werden... Das vorliegende Modell basiert auf der Annahme, dass sich die einzelnen Geschäftsfelder Schiffsfinanzierung, Immobilien und Transport so entwickeln, dass sich über die nächsten vier Jahre insgesamt ein Anstieg der Bilanzsumme in Höhe von 3 % jährlich ergibt. Woraus die HSH Nordbank diesen Optimismus ableitet, bleibt den Mitgliedern des Finanzausschusses auch nach mehreren Sitzungen verborgen.“

Ich stimme dem ausdrücklich zu.

Woher Sie jetzt aber die Gewissheit nehmen, dass sich das, was Ihnen vom Vorstand der HSH Nordbank erklärt wird, in der Realität abbildet, erschließt sich mir nicht.

Kommen wir zur Übertragung des Portfolios von 2,4 Milliarden €, das zum Zeitpunkt der Übertragung mindestens 1 Milliarde € weniger wert wäre, was man schlicht und ergreifend durch Googlen hätte feststellen können. Herr Nimmermann, Sie sind ja der Staatssekretär. Ich empfehle Ihnen einmal, VesselsValue nachzulesen. Da steht drin, dass seit dem 26. Juni 2016 der Panamakanal eröffnet wird und dass kein Panamaschiff mehr eine Charterrate nach außen im Rahmen von Fünfjahresverträgen bekommen wird. Diese können Sie sofort verschrotten. Davon haben wir 64 Stück. Wie kom

men Sie auf die glorreiche Idee, wenn Ihnen weltweit attestiert wird, dass Sie damit keine Charterraten mehr einsparen können, zu glauben, dass diese Schiffe irgendwann noch einmal in den Markt gehen, um Charterraten einzuziehen? Das ist doch Grundlage der Bewertung und Überlegung.

Ich kann Ihnen sagen, was die Währungsgesellschaft gemacht hat. Der Schrottpreis der letzten zehn Jahre im Mittelwert - dies nehmen wir einmal für die Frage der Veräußerung an; das ist aber kein Marktwert - - Das wäre so intelligent, als wenn wir sagen würden: Bei einem Hausverkauf nehmen wir einmal das Mittel der letzten zehn Jahre, und das machen wir jetzt zum Kaufpreis. Das hat mit einer Marktbewertung überhaupt nichts zu tun. Das ist Plausibilität, kann man also machen; aber mit der Marktbewertung einer Investition hat das überhaupt nichts zu tun. Das wird Ihnen bereits zum 31. Dezember dieses Jahres auf die Füße fallen. Sie werden Wertberichtigungen in genau der gleichen Höhe vornehmen müssen, was man schon am 30. Juni 2016 hätte erkennen können.

Nun können Sie sagen: „Prognosen machen andere. Dafür bezahlen wir sie ja.“ Aber dies entbindet Sie nicht als staatliche Verwaltung, einmal draufzugucken, ob die Annahmen auch nur einigermaßen zutreffend sind. Sie sind hier dem Haushaltsrecht des Landes Schleswig-Holstein verpflichtet und nicht irgendwelchen imaginären Zahlen der HSH Nordbank oder von anderen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden immer wieder gefragt, was wir denn hätten alternativ machen können; denn es gebe doch keine Alternative zum Verkauf. Wir pumpen momentan 3 Milliarden € zusätzlich über die Garantiesumme in die Bank. Das wäre gar nicht möglich gewesen, wenn es kein neues Beihilfeverfahren gegeben hätte; dann hätten wir diese 3 Milliarden jetzt nicht hineinpacken können. Das heißt: Neben den 10 Milliarden, die weg sind, kommen noch 3 Milliarden obendrauf, das Eigenkapital, das wir haben, kommt obendrauf. Wir werden momentan darauf vorbereitet, dass die Bank im Ganzen gar nicht verkauft werden kann, sondern nur in Teilbereichen beziehungsweise nicht einmal in Teilbereichen. Wir werden darauf vorbereitet, dass es Asset-Ausbau gibt. Das nennt man Abwicklung. Das hätten wir aber auch schon im Jahre 2016 machen können.

Noch einmal: Das, was hier gerade passiert, ist die Fortsetzung einer Schimäre seit 2007. Wir haben eine erfolgreiche Bank, deren Erfolg darin besteht, die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg um 20 Milliarden € erleichtert zu haben. Besser kann

(Wolfgang Kubicki)

man es nicht sagen: Eine Bank plündert zwei Länder aus. Dafür sollen wir nun noch die Hand geben und sagen: „Das ist toll, das ist wunderbar.“

Ich will das gerne aus dem Wahlkampf heraushalten, weil ich Ihnen persönlich jetzt definitiv -

(Lachen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können ja gerne rausgehen. Der Kollege Stegner sagt: „Die arme Krankenschwester muss jetzt die Straßenausbaubeiträge von reichen Eigentümern bezahlen.“ Die arme Krankenschwester muss die nächsten 20 Jahre ihres Lebens dafür aufkommen, dass wir aus dem Staatshaushalt dauerhaft die Schulden der HSH Nordbank finanzieren müssen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss. Frau Präsidentin, ich habe hier gerade noch eine Nullzeit. Aber ich komme auch gerne zum Schluss.

Ich habe Sie darauf hingewiesen, dass Sie auf die Zeit achten. Aber das tun Sie ja jetzt.

Ja. Das machen Sie regelmäßig. Ich finde das auch in Ordnung.

Genau. Ich tue das so, wie ich es bei allen mache und wie es in der Geschäftsordnung festgeschrieben ist.

Mein letzter Satz.

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen auch das Wort entziehen, wenn Sie es darauf anlegen wollen. Ansonsten bitte ich Sie, jetzt zum Schluss zu kommen.

Das dürfen Sie auch gerne machen, Frau Präsidentin. Sie dürfen mir das Wort entziehen.

Dann würde ich sagen -

Es wird dann im Wahlkampf eine große Rolle spielen, wie hier mit diesem Thema umgegangen wird. Das ist ja unglaublich!

(Wolfgang Kubicki [FDP] verlässt das Red- nerpult)

Jetzt hat der Herr Kollege Tobias Koch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Fast neue Frachter landen in der Schrottpresse“ titelte die Tageszeitung „Die Welt“ am 24. Mai 2016 - und damit exakt fünf Wochen, bevor die Länder notleidende Schiffskredite zum Kaufpreis von 2,4 Milliarden € von der HSH Nordbank übernommen haben.

Vier Tage vor der Übernahme der Schiffskredite wurde der erweiterte Panamakanal eröffnet. Der Kollege Kubicki wies gerade darauf hin. Das ist kein überraschendes Ereignis; denn der wurde seit dem Jahr 2007 gebaut. Im „Handelsblatt“ vom 25. Juni 2016 hieß es dazu:

„Künftig können auch Frachter der sogenannten Postpanamax-Klasse mit bis zu 14.000 Containern den Kanal befahren. Bisher wurden nur Schiffe mit maximal 4.400 Containern auf der Wasserstraße durch den Regenwald geschleust.“