Und wir haben nach und nach die Bildungsstandards in unsere neuen Fachanforderungen umgesetzt. 23 von 46 sind bereits fertig. Für die Grundschulen liegen sie ab dem nächsten Schuljahr vor. Auch hier setzen wir auf Fachlichkeit. Die Anforderungen für die Sekundarstufen I und II sind jedenfalls in den Fachanforderungen verankert und bilden somit die Grundlage für unsere Abschlüsse.
Qualitätssteigerung zeigt sich auch beim Abitur. Wir werden im nächsten Jahr das erste Mal ein einheitlicheres Abitur haben, weil wir Aufgaben aus einem gemeinsamen Aufgabenpool anwenden werden.
Wir haben in Schleswig-Holstein den Schulen auch angeboten, zusätzlich zu VERA 3 und VERA 8 auch in Klasse 6 eine Testung vorzunehmen. Und die Schulen haben dieses Angebot mit großer Energie angenommen.
Wir haben auch das Schul-Feedback in SchleswigHolstein wieder eingeführt. Ein externer Blick ist der richtige Weg. Die Abschaffung damals war ein großer Fehler, den wir korregiert haben.
Wir statten die Schulen natürlich auch mit den Ressourcen aus, die sie für eine erfolgreiche Arbeit benötigen. Der von der Vorgängerregierung geplante Stellenabbau wurde von uns nicht fortgesetzt. Im Gegenteil: Wir wollen die hundertprozentige Unterrichtsversorgung erreichen. Das haben wir an den allgemeinbildenden Schulen schon fast geschafft.
Nicht zuletzt haben wir uns in den vergangenen Jahren gezielt um die schwächeren Schülerinnen und Schüler gekümmert. Das Programm „Niemanden zurücklassen“ mit den Bausteinen „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“ startete 2006 an den Gemeinschaftsschulen. Seit 2014 setzen wir das Programm auch an den Grundschulen ein. Hier wurden 77.000 Schülerinnen und Schüler seit 2006 erreicht, durch eine gezielte Leseförderung, unterstützt durch 600 Lese-Coaches an den Schulen, besonders ausgebildete Lehrkräfte, die an den Schulen dafür sorgen, dass Leseförderung stattfindet. Wir sind sicher: Dieses Programm hat ganz maßgebli
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gute Leistungen für Schülerinnen und Schüler sind für ihren weiteren Weg wichtig. Sie sind aber auch für die Eltern wichtig. Eltern müssen dem Bildungssystem vertrauen können; sie müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder dort gut unterstützt werden. Dieses Vertrauen war in der Tat nach der Veröffentlichung der PISA-Studie erschüttert. Auch das ist zum Beispiel ein Grund für gestiegene Nachfrage von Nachhilfe. Eltern wollen das Beste für ihre Kinder, und dazu gehört eine gute Bildung.
Wir wollen verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Die Ergebnisse der letzten PISA-Studie haben dazu schon beigetragen. Die Ergebnisse dieser IQB-Studie sind auch sehr wichtig dafür, dass viele Eltern in Schleswig-Holstein sagen, sie könnten ihre Kinder guten Gewissens an die Schulen in Schleswig-Holstein schicken.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ergebnisse sind Rückenwind für unsere Bildungspolitik, und der eingeschlagene Weg muss fortgesetzt werden. Wir stehen zu unserem Schulsystem. Eine Rückkehr zur Dreigliedrigkeit, auch nicht versteckt durch getrennte Bildungswege innerhalb der Gemeinschaftsschule, wie einige es jetzt vorschlagen, wird es mit uns nicht geben.
Die Studie hat übrigens auch gezeigt: Weder G 8 noch unsere hohe Inklusionsquote haben einen negativen Einfluss auf das Ergebnis gehabt, auch nicht die Entwicklung hin zu immer höheren Abschlüssen. Wir sehen sehr deutlich: Bessere Leistung und mehr Gerechtigkeit sind kein Widerspruch. Wir wollen beides weiter verfolgen.
Deshalb brauchen wir keine neuen Schulstrukturdebatten. Wir werden stattdessen die Unterrichtsversorgung Schritt für Schritt weiter verbessern, bis alle Schulen und Lehrkräfte zu 100 % Unterrichtsversorgung haben. Wir werden ganz unbeirrt an unserer Qualitätsstrategie festhalten. Klare Bildungs
standards, Leistungsorientierung, Unterstützung der Lehrkräfte, Verfahren der internen und externen Evaluation, Stärkung der fachlichen Kompetenz der Lehrkräfte, das sind die Dinge, die wir voranbringen wollen.
Wir werden auch die erfolgreiche Unterstützung der Schwächeren fortsetzen und gezielte Angebote auch für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler entwickeln. Wir werden die Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen genauer in den Blick nehmen; denn ein gutes Bildungssystem unterstützt alle jungen Menschen und fördert ihre individuellen Talente und Begabungen unabhängig von Geschlecht, der Herkunft oder der Ausgangslage im Elternhaus.
Daran werden wir gemeinsam mit unseren engagierten Lehrkräften und Schulleitungen arbeiten, und wir werden dafür sorgen, dass unsere Schülerinnen und Schüler ihren Weg gehen können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst das Wort dem Herrn Abgeordneten Daniel Günther für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut, dass Sie sich am Ende ein bisschen wachgeklatscht haben.
Aber, Frau Ministerin, ich will Ihnen am Anfang erst einmal für Ihre Regierungserklärung danken und Ihnen gegenüber durchaus konstatieren, dass Sie die Bildungspolitik dieser Koalition deutlich freundlicher verpacken, als es Ihre Vorgängerin Frau Wende getan hat. Ich finde auch, dass Ihr Umgang und Stil als Ministerin zu einem deutlich besseren Miteinander geführt haben.
(Martin Habersaat [SPD]: Wie finden Sie die Kleidung der Ministerin, Herr Günther? - Weitere Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Es ist sicherlich für Sie ungewöhnlich, dass man am Anfang der Debatte über eine Regierungserklärung auch ein paar freundliche Worte dazu findet.
Frau Ministerin, dieses bessere Miteinander will ich nicht nur gegenüber den Bildungsbeteiligten konstatieren, sondern es auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Fraktionen der Opposition feststellen. Unsere bildungspolitische Sprecherin schildert mir, dass die Gespräche mit Ihnen - ganz anders als vorher - auf Augenhöhe stattfinden und dass viele Probleme im Kleinen durchaus mal im Miteinander zwischen Regierung und Opposition geklärt werden können. Es tut mir leid, dass ich am Anfang etwas Lobendes sagen muss. Aber ich tue das aus Überzeugung; denn ich finde, wenn etwas gut läuft, dann darf man das hier im Landtag auch als Oppositionspolitiker sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass Sie, nachdem Frau Wende mit der Axt durch den Bildungswald gelaufen ist, das übrig gebliebene Kleinholz nicht nur hübsch sortiert hätten, sondern dass Sie neben kleineren Problemen, die Sie ohne Zweifel gelöst haben - die Probleme im Zusammenhang mit dem Gastschulabkommen und andere Dinge haben Sie gelöst -, auch mit einigen zentralen Fehlsteuerungen dieser Koalition gebrochen hätten. Für mich gehört dazu die Einführung des Einheitslehrers. Jemand wie Sie, der sagt: „Ich mache Bildungspolitik nicht ideologisch“, muss doch eigentlich schon allein aus diesem Anspruch ableiten, dass eine individuelle Lehrerausbildung für unterschiedliche Schularten eine Selbstverständlichkeit ist. Da hätten wir uns einen Kurswechsel von Ihnen gewünscht.
Auch beim Thema Inklusion hätten wir uns - wie gesagt, wenn man, wie Sie, sagt: „Ich mache keine ideologische Bildungspolitik“ - gewünscht, dass es bei der Inklusion nicht darum geht, was man sich vielleicht politisch dabei in den Kopf gesetzt hat Stichwort: möglichst hohe Inklusionsquote -, sondern dass man Inklusion einzig und allein danach bemisst, was für die Schülerinnen und Schüler, was für unsere Kinder, das Beste ist. Da hätten wir uns wirklich einen Kurswechsel von Ihnen gewünscht.
Ich verstehe schon, dass Sie diese Regierungserklärung jetzt angemeldet haben, also nicht nach all den schlechten Bildungsstudien, die wir über die Qualität in Schleswig-Holstein zuvor gelesen haben, son
dern nach Veröffentlichung der IQB-Studie, weil es dort seit Langem einen Lichtblick gibt; das will ich hier durchaus feststellen. Diesen Lichtblick haben wir vor allem unseren engagierten Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Deutsch und Englisch zu verdanken. Ihnen haben wir den Aufstieg unserer Schülerinnen und Schüler in die Spitzengruppe im Bundesvergleich zu verdanken. Deswegen sage ich den Lehrerinnen und Lehrern an dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön.
Gerade im Fach Englisch hat sich gezeigt: Es war richtig, unsere Kinder noch früher mit dem Englischunterricht beginnen zu lassen, also nicht erst auf der weiterführenden Schule, sondern ab der dritten Klasse in der Grundschule. Da darf ich daran erinnern, dass es die Vorgängerregierung unter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen war, die das in Schleswig-Holstein eingeführt hat.
Aber diese Studie darf uns jetzt nicht verleiten, in Jubelstürme zu verfallen; denn sie zeigt - Sie haben das auch beschrieben, Frau Ministerin -: 7 % aller Schülerinnen und Schüler in unserem Land verlassen die Schule ohne einen Schulabschluss. Das hat auch die Caritas-Studie gezeigt. Danach ist die Zahl der Schulabbrecher, die die Schule am Ende ohne einen Abschluss verlässt, gegenüber dem Bundesdurchschnitt sogar noch größer geworden. Schleswig-Holstein belegt im Bundesranking mittlerweile den vorletzten Platz. Das ist ein ernstes Problem; denn wer keinen Schulabschluss hat, hat auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Wenn junge Menschen keine vernünftige Zukunftsperspektive haben, ist die Gefahr, abzurutschen, besonders groß.
Ich höre immer, dass hinge alles vom Elternhaus ab. Das ist ja auch das, was wir hier in den Reden immer hören. Die Wahrheit aber ist: Auch eine überwiegend SPD-geführte Bildungspolitik seit 1988 in Schleswig-Holstein - das, was Sie immer überall propagieren: „Wir müssen etwas verändern!“ - hat nicht dazu beigetragen, dass sich an diesem Befund in Schleswig-Holstein irgendetwas geändert hat. Ich finde, man soll doch einmal gemeinsam feststellen, dass all das, was Sie vielleicht mit fairen Ansätzen hierbei vertreten, eben nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat. Dass das nicht gelungen ist, will ich an der Stelle im Übrigen mit großem Bedauern feststellen.
Ein weiteres Problem ist die Rechtschreibung. Diesbezüglich klafft zwischen Mädchen und Jungen eine große Lücke. Sie haben es auch beschrieben. Die Mädchen machen heute weniger Fehler im Diktat; die Jungen sind weit zurückgefallen. Ich glaube, dass das der Landesregierung schon zu denken geben sollte; denn Sie sind es gewesen, die die Leistungsanforderungen für Rechtschreibung abgesenkt haben. Das ist aus meiner Sicht ein großer Fehler, der scheinbar insbesondere den Jungen an unseren Schulen geschadet hat.
60 % aller Betriebe sehen gravierende Mängel im schriftlichen Ausdrucksvermögen ihrer Auszubildenden. Es gibt immer mehr Nachhilfeunterricht in unserem Land. Die Industrie- und Handelskammer ist alarmiert. Leider zeigen Umfragen in den Betrieben ein anderes Bild, besonders was die Rechtschreibung angeht.
Und was oft vergessen wird: Ein großes Problem sind Defizite in der Persönlichkeitsstruktur der Bewerber und in sozialer Kompetenz. Statt unser Bildungssystem ständig zu entwerten, stünde es dieser Landesregierung gut zu Gesicht, unseren Kindern das Grundgerüst für ihr späteres Berufsleben mit auf den Weg zu geben, damit junge Menschen von Anfang an erfolgreich einen Beruf erlernen können und nicht zunächst mit Hilfe ihres Ausbildungsbetriebes das nötige Grundwissen nachholen müssen.
Weitere Studien zeigen: Unser Land schneidet in anderen Bildungsbereichen durchaus schlechter ab, als es die jetzige IQB-Studie vermuten lässt. Ich habe den Bildungsmonitor ebenso erwähnt wie die Studie Caritas. Laut Bildungsmonitor in SchleswigHolstein ist unser Land das einzige, in dem sich die Leistungen der Schüler in den letzten drei Jahren, also zwischen 2013 und 2016, verschlechtert haben. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Man kann sich nicht immer nur auf Studien berufen, die einen bestätigen, sondern man muss auch andere Studien zurate ziehen. Da ist das nachweislich eine völlig gegensätzliche Entwicklung, die wir auch mit zu berücksichtigen haben.