Protocol of the Session on December 12, 2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 6. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Erkrankt sind Herr Abgeordneter Klaus Jensen und Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben!

(Die Abgeordneten erheben sich)

Zu Beginn dieser Tagung möchte ich an unseren früheren Abgeordnetenkollegen Dieter Claußen erinnern, der am 25. November 2012 im Alter von 76 Jahren verstorben ist. Dieter Claußen gehörte dem Schleswig-Holsteinischen Landtag von 1987 bis 1992 - in der 11. und 12. Wahlperiode - als Mitglied der CDU-Fraktion an. Hier wirkte er vor allem im Wirtschaftsausschuss sowie im damaligen Eingabenausschuss mit. Überdies war er in der 12. Wahlperiode Mitglied des Sonderausschusses „Verfassungs- und Parlamentsreform“.

1936 in Lunden geboren, absolvierte Dieter Claußen eine Lehre als Gas- und Wasserinstallateur. Er arbeitete zunächst als Heizungsbauer, wagte als Installateurmeister für Gas und Wasser dann jedoch den Schritt in die Selbstständigkeit.

Ab 1987 engagierte sich Dieter Claußen als stellvertretender Landesinnungsmeister des Fachverbandes Sanitär-Heizung-Klima Schleswig-Holstein. Dort setzte sich der spätere wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion insbesondere für die Mittelstands- und Handwerkspolitik ein und vertrat die Interessen seiner Handwerksinnungen und Mitgliedsbetriebe gegenüber Wirtschaft, Politik und Wissenschaft.

Dieter Claußen war ein durch und durch bodenständiger Mensch, der seiner Heimat Lunden bis zu seinem Tod fest verbunden blieb. Dort wurde er zunächst als Kommunalpolitiker selbst aktiv, um die Geschicke seiner Gemeinde zu gestalten, sich für das gute Miteinander und für ein lebenswertes Umfeld einzusetzen. Ganz gleich ob als Gemeindevertreter von 1974 bis zu seiner Wahl in den Landtag 1987, als stellvertretender Amtsvorsteher oder als Parlamentarier: Dieter Claußen sah es immer als seine selbstverständliche Pflicht, sich an der Suche nach den besten Lösungen zu beteiligen. Er konnte in der Sache hart für etwas kämpfen, war aber stets

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darum bemüht, dass man sich anschließend wieder fair begegnen konnte.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt seines früheren Mitglieds Dieter Claußen in Respekt und Anerkennung. Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen. Ich bitte Sie, unseres verstorbenen Kollegen in Stille zu gedenken. - Sie haben sich zu Ehren von Dieter Claußen erhoben, ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 2 bis 5, 8, 9, 10, 15, 18, 19, 21, 23, 26, 29, 34, 35, 38, 42 bis 48, 56 und 57 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 6 und 14.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte: 1 a und 55, Regierungserklärung „Schleswig-Holstein für Europa“ und Europabericht der Landesregierung; 7, 33 und 58, Gesetzentwurf über die Errichtung eines Sondervermögens Hochschulsanierung und zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2011/12 sowie Antrag zum Hochschulpakt 2020 und Bericht zur baulichen Situation an den Hochschulen. Gemeinsam beraten werden sollen auch die Tagesordnungspunkte 12 und 13, die Anträge „Blaues Wachstum - marines und maritimes Wachstum“ und „Umsetzung der Resolutionen des Forums der Parlamente der südlichen Ostsee und der Ostseeparlamentarierkonferenz“, und auch die Tagesordnungspunkte 25 und 39, Bericht zur Zukunft der Lehrerausbildung und Antrag zum Erhalt der schulartbezogenen Lehrerausbildung. Schließlich sollen noch gemeinsam beraten werden die Tagesordnungspunkte 28, 40 und 41, Anträge zum dualen Pflegestudium sowie zur Pflegeausbildung in Schleswig-Holstein, und die Tagesordnungspunkte 30 und 31, Anträge zu Diabetes in Schleswig-Holstein.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der sechsten Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige Mittagspause von 13 Uhr bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Ernst-Barlach-Gemeinschaftsschule aus Wedel. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute ist für mindestens eine Abgeordnete ein ganz besonderer Tag. Unsere Kollegin Petra Nicolaisen hat Geburtstag. - Ganz herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses!

(Beifall)

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das, was wir gestern Abend vereinbart haben, kann ich aus protokollarischen Gründen erst in der Pause nachholen.

(Heiterkeit)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Kein Ausverkauf der Provinzial

Antrag der Fraktion der SPD

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPDFraktion, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen haben in Kiel bei zweistelligen Minusgraden viele Beschäftigte für ihre Arbeitsplätze im Norden demonstriert. Die aktuelle Diskussion um die Provinzial betrifft Schleswig-Holstein mit dem Standort Kiel ganz besonders. In den vergangenen Tagen wurde eine mögliche Übernahme durch die Allianz diskutiert. Am Montag ereichte uns die Nachricht aus Nordrhein-Westfahlen, dass der Sparkassenverband Westfalen-Lippe und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die jeweils 40 % an der Provinzial Nordwest halten, bis Ende März 2013 über eine mögliche Fusion mit der Provinzial Rheinland sprechen wollen.

Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Situation: Wird die Provinzial-Versicherung verkauft, stehen Tausende Arbeitsplätze in Norddeutschland auf dem Spiel. Das können wir nicht hinnehmen. Der Landtag muss sich deshalb mit diesem Thema befassen. Deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde für heute Morgen beantragt.

Ich habe für meine Partei bereits deutlich gemacht: Die Provinzial wirbt seit Jahren mit dem Slogan

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(Präsident Klaus Schlie)

„Alle Sicherheit für uns im Norden“. Das muss in erster Linie heute für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Provinzial gelten, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bei einem möglichen Verkauf der Provinzial stehen neben den Arbeitsplätzen die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die regionale Verbundenheit und das damit einhergehende soziale und kulturelle Engagement der Provinzial vom Sport bis zur Feuerwehr auf dem Spiel.

Diese soziale und gesellschaftspolitische Verantwortung, die unsere Provinzial und auch unsere Sparkassen auszeichnet, darf nicht preisgegeben werden. Alle, die Kommunen und andere, würden das zu spüren bekommen, wenn das wegfalle und ein privater Versicherungsmulti das Ruder übernehme.

Die Vorgänge der letzten Tage um den Vorstandschef der Provinzial, auf die man zunächst vielleicht mit Unverständnis reagiert, führen bei längerem Nachdenken allerdings eher zur Betroffenheit. Wie viel Druck muss auf jemandem gelastet haben, der für seine Mitarbeiter und deren Arbeitsplätze glaubte, auf verlorenem Posten zu kämpfen, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Einige unserer Sparkassen brauchen Hilfe. Eine einmalige Finanzspritze durch den Verkauf der Provinzial ist nicht die richtige Lösung. Wir wollen nämlich nicht das Ende der öffentlich-rechtlichen Säule in der Finanzwirtschaft, sondern seine Stärkung. Wir wollen die Sparkassen in der öffentlichrechtlichen Familie halten. Wir wollen den Sparkassen helfen. Für die SPD heißt das: Privatisierungen müssen in jedem Fall vermieden werden.

(Beifall SPD)

Leider mussten wir beim Thema Glücksspiel erfahren, dass der Wettbewerbsfundamentalismus in Brüssel ein Zuhause gefunden hat. Deshalb ist immer Vorsicht geboten,

(Unruhe CDU und FDP)

wenn europäische Gerichte in Wettbewerbsfragen von uns Vorlagen erhalten.

Die SPD führt mit allen Beteiligten Gespräche, um eine Lösung für unsere Sparkassen zu finden, die Privatisierungen definitiv verhindern. Hierfür hat die SPD immer gestanden, anders als die Opposition, angetrieben durch die FDP, die immer Privatisierungen wollte, meine sehr verehrten Damen und

Herren. Das sollte man hier heute auch klar zum Ausdruck bringen.

Die Provinzial und die Sparkassen sind in unserem Land wichtige Arbeitgeber und gesellschaftliche Akteure. Bei ihnen steht nicht die Profitmaximierung im Vordergrund, sondern eine Verpflichtung dem Allgemeinwohl gegenüber. Sie beteiligen sich an Finanzierungen in verschiedenen Bereichen, darunter Kultur und Sport, und sind damit wichtige Unterstützer der Kommunen. Sie sind nah bei den Menschen.

Viele Mails und Briefe, die uns in diesen Tagen erreichen, zeigen: Auch die Kunden bescheinigen diesem Traditionsunternehmen Zufriedenheit. Hände weg von der Provinzial! Keine Privatisierung, weder jetzt bei der Provinzial noch später bei den Sparkassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ich kann Ihnen sagen, dass mich der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Herr Boll, eben angerufen und mir mitgeteilt hat, dass man unsere Haltung zur Kenntnis genommen habe und dass die Sparkassen heute entschieden hätten, einem Verkauf der Provinzial nicht zuzustimmen, weder jetzt noch im April 2013.

(Beifall SPD und SSW)

Ich finde, das ist ein gutes Zeichen. Es ist übrigens auch ein kluger Vertrag, den Peer Steinbrück hier seinerzeit geschlossen hat - auch gegen Ihren damaligen Widerstand, Herr Kubicki -, weil er dafür gesorgt hat, dass das auch nicht gegen den Willen der Politik geht, meine Damen und Herren. Das war gut so.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kollege Kubicki, Sie sind einer der wenigen, die damals schon dabei waren. Wir waren damals unterschiedlicher Auffassung, und wir sind es auch heute.