Protocol of the Session on September 22, 2016

Schauen Sie sich einmal die finanziellen Auswirkungen an. In der Landeshauptstadt Kiel sind zum 1. Januar 2015 die Beiträge von 240 € auf 320 € er

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 127. Sitzung - Donnerstag, 22. September 2016 10635

(Daniel Günther)

höht worden. Gemeinde Heidmühlen, Kreis Segeberg: von 200 € auf 300 € erhöht. Nahe: von 360 € auf 529 € erhöht. Lindau, Kreis Rendsburg-Eckernförde. Erhöhung um 160 € auf 630 € innerhalb eines Jahres.

Damit Sie wissen, dass diese Gemeinden das nicht machen, um ihre Eltern zu ärgern, lesen Sie sich einmal durch, was der Bund der Steuerzahler Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat:

„Die … überdurchschnittliche Belastung schleswig-holsteinischer Eltern mit Kindergartenbeiträgen beruht … auf dem Rückzug des Landes aus der Mitfinanzierung.“

Das ist das Ergebnis Ihrer Regierungspolitik. Im Mai 2017 werden Sie sich dafür vor den Wählerinnen und Wählern rechtfertigen müssen. Wir haben die höchsten Elternbeiträge, die es jemals in Schleswig-Holstein gegeben hat. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das ist verantwortungslos.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Sie nennen diese Auszahlung nach dem Gießkannenprinzip sozial gerecht. Gut Verdienende bekommen von Ihnen einen Scheck in Höhe von 100 €. Geringverdiener werden leer ausgehen. Das wissen Sie.

(Martin Habersaat [SPD]: Sie sind mehr für Umverteilung!)

Weil bei der SPD ohnehin Hopfen und Malz verloren ist, wende ich mich lieber an die Grünen, weil viele von Ihnen wissen, dass Ihr Weg falsch ist. Ich kann mich im Übrigen noch an engagierte Reden zum Betreuungsgeld in diesem Raum erinnern. Ich gebe zu, einige in meiner Fraktion hätten bei mancher tollen Rede, die von den Grünen gehalten wurde, am liebsten geklatscht, weil auch sie das Betreuungsgeld für falsch gehalten haben.

Geben Sie sich einen Ruck! Diese Entscheidung ist damals auf Bundesebene getroffen worden. Vielleicht geben Sie sich jetzt einmal einen Ruck; denn Sie haben es in der Hand, hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag diesen falschen Weg abzuwenden. Geben Sie sich also einen Ruck, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Sie haben heute die Chance, hier richtig groß rauszukommen.

(Beifall CDU - Zuruf Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Halten Sie es für sozial gerecht, dass im nächsten Jahr der Kollege Vogt und der Kollege Günther 100 € von Ihnen überwiesen bekommen? Wir beide sind gern bereit, darauf zu verzichten, weil wir der

Auffassung sind, dass das Geld in Qualität gehört und in insgesamt niedrigere Elternbeiträge, aber nicht in die Portmonees von Christopher Vogt und Daniel Günther.

(Beifall CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Der Kollege Vogt entscheidet das aber allein!)

Sie wissen, dass Sie den Eltern überhaupt nicht helfen. Sie wissen, dass die Kita-Finanzierung, genauso wie das Kita-Aktionsbündnis es anregt, neu geregelt werden muss. Genau das steht in unserem Antrag. In Wahrheit ist BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eifersüchtig, dass es nicht mit auf dem Antrag steht; denn Sie halten den Weg, den wir vorgeschlagen haben, für viel besser. Deswegen muss die Deckelung von 70 Millionen € weg.

Herr Stegner, Sie haben gestern hier im Landtag ganz selbstbewusst gesagt, die Menschen würden genau merken, dass das Geld, das Sie mehr ausgeben, auch wirklich bei ihnen ankommt. Ich frage mich aber, warum Sie eine so perfide Strategie überhaupt nötig haben. Mit einer Erhöhung des Zuschusses für Betriebskosten, wie wir es vorschlagen, würden Sie den gleichen Effekt bei den Elternbeiträgen erreichen können, aber auch so, dass die Kommunen etwas davon haben. Ihnen geht es überhaupt nicht darum, dass es den Eltern besser geht, sondern Ihnen geht es darum, das Sie Ihren Scheck ausstellen und die Leute lesen können: Das habe ich vom Land bekommen. - Die Leute werden aber nicht vergessen, dass wegen Ihrer unsozialen Politik die Kommunen dazu gezwungen worden sind, die Beiträge enorm anzuheben. Deswegen wird die Strategie nicht aufgehen.

(Beifall CDU)

Nur mit unserem Weg werden sich auf Dauer stabile Elternbeiträge und wirksame Qualitätsverbesserungen erreichen lassen. Deswegen appelliere ich an Sie: Stoppen Sie das 100-€-Geschenk. Helfen Sie den Kommunen, geringere Elternbeiträge sicherzustellen und für eine gute Qualität zu sorgen. Das wäre moderne Sozialpolitik. Sie haben heute die Chance, unserem Antrag zuzustimmen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion der SPD hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner das Wort.

(Daniel Günther)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 30 % der unter dreijährigen Kinder in unserem Land besuchen eine Krippe. Viele ihrer Eltern arbeiten währenddessen. Viele Eltern legen Wert auf diese Form der frühkindlichen Bildung. Wieder andere Eltern halten den Krippenbesuch schlicht für sozial sinnvoll und genießen etwas Zeit für sich. Der Kern dabei ist: Die Familien in Schleswig-Holstein sollen so leben können, wie sie es wollen.

Die Familien können das auch, weil Land und Kommunen in einer unglaublichen Kraftanstrengung einen großartigen Ausbau der Betreuungsplätze realisiert haben, insbesondere in dieser Legislaturperiode. Sie können dies, weil unsere Kitas ein buntes und qualitativ hochwertiges Angebot vorhalten. Sie können dies, weil die Regierungsfraktionen - wie auch viele Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker - sicherstellen, dass die Kitas bezahlbar bleiben.

Die frühkindliche Bildung stellt die Weichen für Lebenschancen. Der alte Satz von John F. Kennedy: „Es gibt nur eines, was teurer ist als Bildung keine Bildung“, gilt mehr denn je, insbesondere für die frühkindliche Bildung.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ein erstes zentrales und von uns gehaltenes Wahlversprechen nach der Landtagswahl 2012 war, die Klage der Kommunen gegen das Land, gegen Schwarz-Gelb, im Hinblick auf die Krippenbetreuung auszuräumen und eine gemeinsame Einigung zu erzielen. Das ist erreicht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Landesregierung hat mit den Kommunen eine Vereinbarung geschlossen, um mehr Plätze in Kitas und Qualitätsverbesserungen bei der Kinderbetreuung zu erreichen. Das war keine Kleinigkeit.

Das Maßnahmepaket von Land und Kommunen beinhaltet 138,5 Millionen € Landesmittel für die Jahre 2016 bis 2018. Die Gesamtförderung aller Programme im Kita-Bereich beträgt allein 2016 rund 200 Millionen €. Das Land investiert unter Rot-Grün-Blau mehr in die Kinderbetreuung als jemals zuvor.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Kita-Politik der Küstenkoalition besteht aus drei starken Säulen.

Erste Säule: Wir unterstützen die Kommunen beim Ausbau und Betrieb der Kitas. Die Kommunen haben gerade in der Verantwortung zahlreicher Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker viel für den Ausbau der Kitas getan. Das sind erhebliche Anstrengungen für die Haushalte. Die Finanzhilfen des Landes sind umfangreicher denn je. Wir werden als Küstenkoalition auch in den anstehenden Haushaltsberatungen über weitere Verbesserungen zu reden haben. Herr Kollege Günther, wir sprechen uns im Dezember wieder.

Dass Kommunen die Beiträge angesichts steigender Kosten auch anpassen müssen, ist selbstverständlich. Leicht darf man sich eine solche Entscheidung aber nicht machen. Es geht auch anders. Ich nenne als Beispiel die Stadt Neumünster, die ihre Beiträge auf Antrag der SPD um 2 % gesenkt hat. Das ist ein Beispiel von vielen. So kann man das auch machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, die sich hier engagieren. Manche Kommune entscheidet sich anders. Sie haben ja drei kleine Kommunen erwähnt.

Zweite Säule: Wir haben Qualitätsverbesserungen in der frühkindlichen Bildung erreicht. Das beinhaltet neben Fachberatungen auch eine Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels, die Einrichtung von Familienzentren, mehr Sprachförderung sowie die zusätzlichen Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingskindern. Unsere Kitas werden besser und besser. Sie können sich durchaus sehen lassen, auch im Vergleich zu unseren Nachbarn in Hamburg. Dafür danke ich auch den Trägern. Dafür danke ich den Erzieherinnen und Erziehern sowie den zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Bereichen. Ihre Arbeit ist übrigens viel wichtiger, als dies gelegentlich von der Gesellschaft anerkannt wird. Im Übrigen müsste diese Arbeit auch besser bezahlt werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dritte Säule: Jetzt werden die Familien konkret entlastet. Das ist ein Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein Beitrag zur Entlastung der Familien. Die Sozialstaffel zur Befreiung von ALG-II-Beziehern war eine erste Maßnahme. Wir machen nun den nächsten wichtigen Schritt, um unser großes Ziel der Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Uni zu verwirklichen.

(Beifall Lars Winter [SPD])

100 € Kita-Geld ab dem 1. Januar 2017 für Kinder in öffentlich geförderten Krippen oder bei Tagespflegepersonal sind der Anfang. Ich sage Ihnen: Wir werden schrittweise das erste, zweite und dritte Kindergartenjahr ausweiten, und wir werden nicht ruhen, bis innerhalb eines Jahrzehnts die Gebührenfreiheit erreicht ist von der Kita bis zur Hochschule. Das ist unser Ziel; das wollen wir, und darüber streiten wir auch sehr gern.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Rheinland-Pfalz und Hamburg haben uns das vorgemacht. Übrigens: In einer Zeit, als Ihre Kollegin Frau Klöckner versucht hatte, das zu ändern, haben die Menschen dafür nicht nur unterschrieben, sondern an der Wahlurne darüber auch abgestimmt, was sie richtiger finden. Was Herr Schäuble vorschlägt, ist dieses: Die Erhöhung des Kindergeldes um 2 € kostet Milliarden, bringt aber nichts. Sie schlagen den Abbau des Soli vor. Das kostet Milliarden und hilft nur Familien mit mehr als 4.000 € Familieneinkommen. Sie schlagen den Abbau der kalten Progression vor. Das ist für Normalverdiener der Gegenwert für eine Schachtel Zigaretten. Wir dagegen entlasten Menschen, die weiß Gott nicht reich sind, die aber Hunderte von Euro für die Kinderbetreuung bezahlen müssen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Tun Sie doch nicht so, als ob es Ihnen darum ginge, dass Reiche kein Geld kriegen. Das ist nie Ihre Sorge. Aber die sollen gefälligst für die höchsten Einkommen und Vermögen höhere Steuern bezahlen. Das ist der richtige Weg, nicht aber die Bildung zu belasten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Darüber sollten wir reden.

Deswegen können Sie reden, so viel Sie wollen. Den Dreiklang - Hilfen für die Kommunen, Qualitätsverbesserungen und Entlastung von Familien werden wir in dieser Küstenkoalition gemeinsam fortsetzen.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Der Streit ums Geld hat auch noch ein anderes Problem. Der kommt nämlich einer Neiddebatte gleich. Jeder will auch das Geld des anderen. Warum also entscheidet sich die Koalition nicht für eine dieser drei Säulen: Warum nicht alles Geld an die Kommunen? Warum

nicht alles an die Träger? Warum nicht alles an die Eltern? Ich will Ihnen sagen, warum: