Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Keine Enthaltungen. Dann erteile ich für die Landesregierung der Finanzministerin Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Übertragung des Portfolios von der HSH Nordbank auf die hsh portfoliomanagement AöR handelt es sich um eine der größten Transaktionen unseres Landes. Daraus ergibt sich zwingend die Notwendigkeit, das Parlament so transparent wie irgend möglich zu informieren. Dabei gilt es, zwischen dem verfassungsrechtlichen parlamentarischen Kontrollrecht und den zu schützenden privaten und öffentlichen Interessen abzuwägen.
Das Bank- und Geschäftsgeheimnis Dritter - Sie wissen es vermutlich - dient dem grundrechtlich geschützten Recht auf informationelle Selbstbestimmung und der Berufsfreiheit - so im Grundgesetz festgelegt. Insbesondere ist die Identität der Kreditnehmer zu wahren und sind auch solche Informatio
nen zu schützen, die bei einer Recherche in öffentlich zugänglichen Datenbanken Rückschlüsse auf die Identität der Kreditnehmer möglich machen.
Auf dieser rechtlichen Grundlage haben das Finanzministerium und der Wissenschaftliche Dienst des Landtags gemeinsam erarbeitet - ich bin sehr froh, dass das gelungen ist -, welche Informationen öffentlich gemacht werden dürfen. Heute Mittag haben wir Ihnen einen auf dieser Grundlage erstellten Umdruck für die öffentliche Debatte zugeleitet, weil in die Fünf-Minuten-Rede nicht alles passt, was öffentlich gesagt werden kann und muss.
Die wesentlichen Informationen aus dem Umdruck sind: Um die Bankbilanz von notleidenden Krediten zu entlasten und die Bank damit verkaufsfähig zu machen, hat die AöR zum 30. Juni 2016 von der HSH Nordbank ein Portfolio übernommen, das am 31. Dezember 2015 eine Forderungshöhe (EAD) von circa 5 Milliarden € hatte. Der Kaufpreis betrug circa 2,4 Milliarden €. Dieser Wert wurde von der EU-Kommission als beihilferechtlich zulässiger maximaler Kaufpreis festgelegt.
Die vom Land beauftragten Wirtschaftsprüfer haben uns nach eingehender Analyse der bankinternen Kredit- und Sicherheitsunterlagen unter Zugrundelegung aktueller Marktentwicklungen, insbesondere der Charterraten, bestätigt, dass der nach ihren Bewertungsmethoden ermittelte Marktwert diesen Kaufpreis mindestens erreicht. Dadurch ist die Transaktion sowohl unter haushalterischen als auch beihilferechtlichen Gesichtspunkten rechtmäßig.
Das übernommene Portfolio besteht aus 590 Kreditverträgen mit 193 Kreditnehmern. Finanziert wurden damit 256 Schiffe, die als Sicherheit dienen. Dabei handelt es sich zu circa zwei Drittel um Containerschiffe, der Rest sind Tanker, Massengutfrachter und sonstige Schiffstypen. Das Durchschnittsalter der Schiffe beträgt 9,3 Jahre.
Für die meisten Schiffe gibt es aus Sicht der Wirtschaftsprüfer eine positive Fortführungsprognose. Sofern ein Schiffsverkauf bereits bevorsteht, keine ausreichende Liquidität für die nächsten zwei Jahre vorhanden ist oder eine Rentabilität in den nächsten zwei Jahren nicht mehr absehbar ist, hat unser Wirtschaftsprüfer hingegen keine positive Fortführungsprognose angenommen. Der Wertüberprüfung wurde in diesen Fällen der Verkaufswert des Schiffes abzüglich Veräußerungskosten zugrunde gelegt.
Meine Damen und Herren, in den „Kieler Nachrichten“ war zu lesen: „Ab heute sind wir alle Schiffsbesitzer“. Das ist natürlich eine verkürzte Darstellung. Das Land besitzt nicht 256 Schiffe, sondern wir haben Forderungen gegenüber Dritten erworben, aus Krediten, für die das Land seit 2009 mit der damals gegebenen 10-Milliarden-€-Garantie bürgt. Wer davon spricht, wir hätten die Katze im Sack gekauft, sollte auch sagen, dass die Katze bereits 2009 in den Sack gesteckt wurde.
Die Landesregierung muss mit den Altlasten der Bank so vermögenschonend wie irgend möglich umgehen. Das hieß im Herbst 2015: Verständigung mit der Kommission und Wiedererhöhung der Garantie. Nach meiner Kenntnis haben alle Beteiligten zu diesem Zeitpunkt im Interesse unseres Landes und unserer Sparkassen gehandelt. Wer von einem Deal mit der EU-Kommission zulasten der schleswig-holsteinischen Steuerzahler spricht, erhebt schwerwiegende Vorwürfe gegenüber der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland, denn diese waren Vertragspartner.
Für die Landesregierung kann ich sagen: Zu jedem Zeitpunkt unserer Entscheidungen waren wir davon überzeugt, dass es für das Land der beste Weg ist, um mit den Altlasten der Bank so vermögenschonend wie möglich umzugehen, unabhängig davon, ob der spätere Verkauf gelingt oder nicht.
Die Landesregierung setzt um, was umgesetzt werden muss. Wir haben die hsh portfoliomanagement AöR gegründet und deren Vorstand mit Frau Helfer und Herrn Dr. Witte besetzt, die beide eine ausgesprochen gute Expertise mitbringen. Ihre Aufgabe ist eine vermögenschonende Bewirtschaftung und Veräußerung der Portfoliogegenstände. Die Vorbereitung des Verkaufsprozesses hat begonnen. Dafür haben wir die Citigroup gewinnen können.
Unsere Verpflichtung als Eigentümer ist es, den Verkaufsprozess positiv zu begleiten und die Stärken der Bank herauszustellen. Das vergrößert die Erfolgschancen. Daran sollten wir alle gemeinsam ein hohes Interesse haben - im Interesse unseres Landesvermögens.
„Wir haben noch einmal Glück gehabt. Die Steuerzahler unseres Landes können sich freuen, aber noch nicht beruhigt sein. Ohne die Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein wäre die HSH Nordbank durchgefallen. Diese Garantien sind Gegenstand einer laufenden Beihilfeprüfung der Europäischen Kommission. Erst wenn auch diese Prüfung erfolgreich abgeschlossen ist, können wir aufatmen. Dann hat die Bank eine ordentliche Perspektive, und das Land bekommt sein Vermögen wieder, das es in die Bank investiert hat.“
Herr Kubicki, eine sehr optimistische Aussage. Aber da uns Pessimismus in diesem Prozess auch nicht weiterhilft, war es mir wichtig, dies hier einmal zu zitieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 1 Minute überzogen. Die steht jetzt allen Fraktionen zu, zunächst dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich danke Ihnen dafür, dass Sie mich zitiert haben. Es wäre vielleicht angemessen, Sie würden häufiger das nachlesen, was ich gesagt habe, und sich daran halten;
denn das Zitat bezog sich darauf, dass die Bank den Test der EU besteht, und sie hat ihn nicht bestanden. Denn die Beihilfe, die sie jetzt erhalten hat, ist keine Sanierungsbeihilfe, sondern eine Abwicklungsbeihilfe.
Das heißt, nach Aussage der Europäischen Kommission hat die Bank eigentlich keinen sittlichen Nährwert mehr. Sie können sich darüber freuen, dass Sie es in Verhandlungen erreicht haben, dass Sie noch an einen Verkaufsprozess glauben können.
Ich wage vorherzusagen, dass Sie bis zum Februar 2018 keinen Käufer finden werden. Bisher gibt es keinen, und die ganzen Spekulationen darüber, ob die Nord/LB einsteigt oder der Sparkassen- und Giroverband die HSH Nordbank übernehme, können Sie knicken, weil Letzterer es schon aus rechtlichen Gründen gar nicht machen kann und Erstere überhaupt kein Interesse daran hat. Reden Sie einmal mit Ihren Parteikollegen in Niedersachsen, ob die Interesse daran haben, die HSH Nordbank zu übernehmen mit einem immer noch belasteten Volumen von fast 18 Milliarden € in den Büchern, die wir nicht wegbekommen, egal was wir tun.
Ich möchte auch mit dem Märchen aufräumen, das Sie dauernd wiederholen, dass die EU-Kommission uns irgendetwas aufgegeben habe. Die EUKommission hat lediglich erlaubt, dass die Bank 8,2 Milliarden € belastetes Portfolio am Markt veräußert, und nur für den Fall, dass das nicht gelingt, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein erlaubt, mit 6,2 Milliarden € selbst einzusteigen.
Als ich vor einem Jahr öffentlich gesagt habe, dass die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein mit ungefähr 20 Milliarden € hängen bleiben, bin ich von dem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Hamburgischen Bürgerschaft öffentlich kritisiert worden als jemand, der von der Sache nichts verstehe und im Übrigen schwarzmale, und die Zahlen seien ganz andere.
Heute könnten wir uns freuen, wenn wir dabei blieben. Ich finde es wichtig, dass wir bei 10 Milliarden € zulasten des Landes Schleswig-Holstein - dabei bleiben wir mindestens hängen - eine öffentliche Debatte darüber führen, denn wie wollen wir den Menschen in Schleswig-Holstein erklären, dass das Abenteuer HSH Nordbank mit Weltgeltung wie früher die DDR Weltgeltung haben wollte - die Steuerzahler in Schleswig-Holstein mindestens 10 Milliarden € kosten wird? - 10 Milliarden €, 10.000 Millionen €! Was hätte man mit diesem Geld alles Vernünftiges tun können?
Ich sage hier noch einmal, was ich früher schon gesagt habe: Seit 2008 - wir haben das dokumentiert und werden das auch demnächst richtig veröffentlichen - sind wir von den Vorständen der HSH Nordbank beständig hinter die Fichte geführt worden mit falschen Erklärungen,
um die Position in der HSH Nordbank zulasten der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, der Eigentümer, zu stärken. Mein Vertrauen in die Lauterkeit der Aussagen, der Einschätzungen im jetzi
gen Verfahren geht gegen null. Ich habe auch deshalb große Sorge, weil schon wieder der Eindruck erweckt wird, das Land Schleswig-Holstein kaufe für 2,4 Milliarden € ein Portfolio, das in den Büchern mit 4,8 Milliarden € stehe, das könnte eigentlich ein gutes Geschäft sein.
Erstens finanziert das Land Schleswig-Holstein über die Anrechnung an die Garantie die weiteren 2,4 Milliarden € aus Steuerzahlungen auch demnächst unmittelbar. Und zweitens ist eine sehr große Skepsis angebracht, ob aus den 2,4 Milliarden € Portfolio, das übernommen worden ist, überhaupt nur ein Cent an uns zurückfließen wird. Da hilft uns die Sicherheit der Schiffe überhaupt nichts. Wer sich ein bisschen mit Schifffahrt auskennt, wird feststellen, dass diejenigen, die bisher keine ausreichenden Charterraten erwirtschaften können, auch in den nächsten drei oder vier Jahren keine ausreichenden Charterraten werden erwirtschaften können, was offenkundig ist, weshalb mir jemand erklären soll, wie denn die Kredite - Tilgung und Zinsen - bedient werden sollen.
Frau Ministerin, wenn Informationen zutreffen, die ich Ihnen schon einmal mitgeteilt habe und die ich vielleicht auch demnächst noch einmal belegen werde, wonach sich betroffene Hamburger Reeder bereits zusammenschließen, um für einen günstigen Preis ihre eigenen Portfolien zurückzukaufen - das ist nicht illegal -, dann ist in der Tat eine Grenze überschritten, von der ich glaube, dass die Öffentlichkeit davon nicht nur Kenntnis haben muss, sondern wo ich will und erwarte,
dass eine Regierung gerade aus Sozialdemokraten und Grünen verhindern wird, dass so etwas passiert. Denn sonst würde ich mich bei meiner Bank auch melden und sagen: Ich bin gern bereit, die Hälfte meines Immobilienkredits zurückzuzahlen, wenn ich dafür komplett aus der weiteren Haftung entlassen werde. Das immer mit dem Kapitalismus und dem Wettbewerb in Banken zu erklären, halte ich für unredlich.
Ich erinnere daran - lieber Lars Harms, das weißt du ja auch noch -, dass wir uns bei der Frage Nonnenmacher & Co., bei der Frage der Vorstände, die ja Geschäfte eingegangen sind, bei denen sie gar nicht wussten, was sie da taten, immer schon gefragt haben, warum die deutsche Strafjustiz sich dieser Vorgänge nicht bemächtigt. Ich bin froh, sagen zu können, dass der Generalbundesanwalt, was man auch lesen konnte, in einem sehr lesenswerten Schriftsatz gegenüber dem Bundesgerichtshof die
freisprechende Entscheidung des Landgerichts Hamburg zerpflückt hat. Ich bin gespannt, was im Oktober passiert. Wenn der Bundesgerichtshof über die Frage entscheiden muss: Werden die Freisprüche aufgehoben, und werden dort die Tatbestände der Untreue auch bei Bankenvorständen, Aufsichtsräten und anderen mehr neu bewertet? Dann diskutieren wir die Geschichte, die wir heute haben, vollständig neu.
Frau Ministerin, Sie wissen das: Ihnen beiden wünsche ich wirklich alles Gute - im Interesse des Landes. Aber ich möchte dringend davor warnen, das zu glauben, was wir von Herrn Ermisch oder von anderen zu hören bekommen. Ich bin froh, dass Sie selbst fremde Expertise hinzuziehen; denn ich bin kein Mensch, der grundsätzlich misstrauisch gegen Banken ist, aber gerade im Bereich der öffentlichrechtlichen Banken, wenn man sich das in Deutschland einmal ansieht, haben wir in den letzten zehn Jahren Dinge erlebt, von denen wir uns nicht hätten vorstellen können, dass so etwas passiert.
Alle öffentlich-rechtlichen Banken haben sich an Cum-Ex beteiligt, also öffentliche Eigentümer, die sie aus Sicht der Staatsanwaltschaft und des Finanzministeriums heute behumst haben. Sie sind Geschäfte mit einem Risikopotenzial eingegangen, das im privaten Bereich gar nicht denkbar gewesen wäre - in der sicheren Erkenntnis, dass die öffentlichen Eigentümer dafür haften.
Deshalb ist es umso wichtiger - und darum bitte ich auch -, dass wir den Prozess jetzt, der bis 2018 läuft, so transparent wie irgend möglich gestalten. Denn nichts wäre schlimmer in diesem Bereich, als dass die Bevölkerung den Eindruck gewinnt, hier mauschelten schon wieder große Banker, hier mauschelten wieder Politiker, hier mauschelten Verantwortliche untereinander - zulasten der kleinen Leute. Das wäre das Schlimmste, das uns passieren kann, und das würde auch wieder Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten sein, die wir in diesem Parlament eigentlich nicht haben wollen.