Vielen Dank. - Zunächst einmal: Ich bin ein Befürworter des Freihandels, aber ich lehne ihn in der Form, wie es bei CETA und TTIP geschehen soll, ab.
Herr Garg, vielleicht könnte es daran liegen, dass es so leicht ist, Desinformationen zu verbreiten, weil über diese Freihandelsabkommen so schlecht informiert wird. Das Abkommen mit Südkorea hat in der Öffentlichkeit niemand mitbekommen. Es ist darüber sehr zurückhaltend informiert worden, es wird immer im stillen Kämmerlein verhandelt, und dann irgendwann erhält das Parlament eine fertige Fassung vorgelegt, zu der es Ja oder Nein sagen kann. Es wird dann ein riesiger Schaden an die Wand gemalt, wenn das Parlament diesem Abkommen jetzt nicht zustimmt.
Vielleicht liegt es daran, dass all die Leute, die gegen diese Freihandelsabkommen sind, es so einfach haben, darüber ein bisschen schief zu informieren?
- Herr Kollege König, erstens bin ich durchaus der Meinung, dass die Möglichkeit zur Einsichtnahme der verhandelten Kapitel bei TTIP seitens der Bundesregierung kein Ruhmesblatt für die Bundesregierung war, sondern dass ich es eher peinlich finde, Abgeordnete in einen Lesesaal des Wirtschaftsministeriums zu bestellen.
Zweitens will ich aber auch sehr deutlich feststellen, dass es das Wesen von Verhandlungen ist, dass man Verhandlungen zwischen Partnern zunächst einmal nicht qua Publikum in der Öffentlichkeit macht - das tut man übrigens bei Tarifverhandlungen auch nicht -, sondern dass man zunächst einmal versucht, sich auf etwas zu einigen, von dem die Parlamente, von dem wir Parlamentarier, was CETA angeht, unterschiedlicher Auffassung sind. Man muss akzeptieren, wenn man über Europa redet, wenn man das große Loblied auf Europa singt, dass beispielsweise Handelspolitik inzwischen zunächst einmal europäische Politik ist und nicht die Politik einzelner Nationalstaaten.
Herr Kollege König hat mich gerade durch sein vehementes Eintreten für Transparenz ermutigt, die Frage an Sie zu stellen, Herr Kollege Dr. Garg, ob das Schleswig-Holsteinische Parlament über das Gastschulabkommen mit Hamburg sehr transparent informiert worden ist, trotz der PIRATEN, oder ob wir auch davon überrascht worden sind und es einfach so hingenommen haben? Wenn wir schon andere mit unseren Vorhaltungen belegen, sollten wir vielleicht daran denken, was bei uns passiert.
- Herr Kollege Kubicki, mir ist das möglicherweise entgangen, aber ich kann mich nicht an die große Transparenzoffensive der Landesregierung bei der Verhandlung des Gastschulabkommens mit der Freien und Hansestadt Hamburg und SchleswigHolstein erinnern,
will aber das wiederholen, was ich dem Kollegen König entgegengehalten habe: Zunächst einmal muss es bei Verhandlungen möglich sein, dass sich zwei Partner treffen und in einem geschlossenen Raum miteinander über einen Kompromiss verhandeln können. Ich stehe dazu. Herr Kollege König sieht das offensichtlich anders, dann respektiere ich das.
Herr Abgeordneter Dr. Garg, nunmehr hat der Abgeordnete Dr. Breyer das Bedürfnis, eine Bemerkung zu machen.
Danke, Herr Abgeordneter. - Ich habe eine Bemerkung, und zwar im Hinblick auf das, was Ihr Fraktionsvorsitzender eben gesagt hat. Wir PIRATEN haben hier im Plenum einen Gesetzentwurf eingebracht und uns auch bei der
Verfassungsreform dafür eingesetzt, dass auch hier auf Landesebene Staatsvertragsverhandlungen transparent werden, dass das Parlament eine Position mitgeben und festlegen soll. Das hat keinen Erfolg gehabt. Aber uns vorwerfen zu lassen, dass wir das unbeanstandet ließen, möchte ich zurückweisen.
Ich wiederhole noch einmal meinen letzten Satz, Herr Präsident. Wer den Populismus und die Desinformation der Brexit-Kampagne zu Recht kritisiert und auch in der vergangenen Debatte zu Recht kritisiert hat, der kann aus meiner Sicht nicht gleichzeitig Unsinn über geplante Freihandelsabkommen unters Volk bringen. Wer das tut, wer so argumentiert, der darf sich über den Erfolg von Populisten auch in Deutschland nicht wundern.
Worum geht es eigentlich? - Wir Freie Demokraten sind der festen Überzeugung, dass der Abbau von tarifären und nicht tarifären Handelshemmnissen gerade Deutschland mit unserem starken Mittelstand viele Vorteile bringen würde. Schleswig-Holstein ist von kleineren und mittelständischen Unternehmen geradezu geprägt. Gerade für diese kleinen und mittleren Unternehmen könnten durch die geplanten Abkommen neue Märkte erschlossen werden, die sie sonst nie selbst erschließen könnten. Natürlich würden auch die international aufgestellten Großunternehmen profitieren. Die sind aber gar nicht so sehr auf diese Handelsabkommen angewiesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die EU hat schon heute nur noch einen Anteil von rund 7 % der Weltbevölkerung. Wir hätten hier die Chance, weltweit die hohen Standards, die Sie immer einfordern, tatsächlich auch zu setzen.
Ich will Ihnen - für die immer noch angehaltene Zeit herzlichen Dank - nur zwei Beispiele nennen, und zwar einmal den Verbraucherschutz, der oft zum Maßstab genommen wird. Es wird immer so getan, als ob die Amerikaner keine hohen Verbraucherschutzstandards hätten. Das zeugt erstens von wenig Kenntnis, wie FDA und CDC tatsächlich arbeiten, und zweitens kann man den unterschiedlichen Verbraucherschutz zwischen der Europäischen Union und den USA gerade wunderbar erleben: Verbraucherschutz in den USA heißt im VWAbgasskandal, dass die Besitzer entsprechender
Fahrzeuge bis zu 10.000 $ Entschädigung, ein Software-Update und die Möglichkeit, dass das Fahrzeug zurückgekauft wird, erhalten, während sie in Deutschland lediglich ein nettes Schreiben von VW sowie ein Software-Update erhalten. Das ist Verbraucherschutz in den USA versus Europäische Union. Ich denke, Sie täten gut daran, nicht länger so zu tun, als ob die USA Steinzeitland des Verbraucherschutzes wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Und die Lächerlichkeit der Aktion gegen TTIP wird an dem wunderbaren, an meinem Lieblingsbeispiel, dem Chlorhühnchen, deutlich. Ich weiß, dass das Chlorhühnchen nicht mehr die herausragende Rolle spielt. Es stand aber lange als Gallionsfigur der TTIP-Gegner, liebe Kolleginnen und Kollegen.
An der Frage, ob Sie in den letzten 20 Jahren schon einmal eine Salatgurke gegessen haben, die in Europa durch dieselbe Chlorbleiche gezogen wird wie in den Vereinigten Staaten das Hühnchen, wird doch deutlich, wie aberwitzig, falsch und dümmlich von vielen Gegnerinnen und Gegnern dieses Freihandelsabkommens argumentiert wurde.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich bin noch bei einem Punkt, den Sie vor 30 Sekunden genannt haben. Sie formulieren das sehr geschickt, weil Sie das nicht allen Gegner der Handelsabkommen TTIP und CETA unterstellen, sondern nur einem Teil.
Aber nichtdestotrotz möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es bei der Kritik, die große Teile der Bewegung, zu der wir Grünen uns auch zählen, formulieren, nicht darum geht zu sagen, dass Standards in den USA per se immer schlechter und dass Standards in Europa oder in Deutschland per se immer besser seien. Es gibt sehr wohl Bereiche, in denen die USA viel bessere Regulierungen haben, beispielsweise bei Regelungen der Finanzmärkte. Da hätten wir Grüne uns gewünscht, dass sich Deutschland und Europa in dieselbe Richtung bewegten, in die die USA nach der Finanzkrise gekommen sind.
Wir befürchten aber, dass man sich, wenn Handelsabkommen verhandelt werden, auf beiden Seiten nicht an den hohen Standards orientiert, sondern dass man sich aus wirtschaftlichen Interessen an den niedrigsten Standards orientiert.
Ich möchte Sie bitten, das zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Es geht nicht darum, einfach zu behaupten, auf der einen Seite sei alles besser und auf der anderen Seite sei alles schlechter.
- Ich nehme das herzlich gern zur Kenntnis und formuliere meinen letzten Satz beziehungsweise den Appell an unsere Freunde von der Christlich Demokratischen Union: Wenn Sie noch einen Funken marktwirtschaftlicher Kompetenz in dieser Frage zeigen wollen, bitte ich Sie inständig, dass Sie als derzeit jedenfalls noch existenter Teil einer Bundesregierung dafür sorgen,
dass die Freihandelsabkommen TTIP und CETA tatsächlich noch eine Chance haben, in der laufenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ratifiziert zu werden.
Denn diese Freihandelsabkommen sichern Wohlstand und werden ihn ausbauen. Ich hoffe, Herr Kollege Callsen, dass Ihr flammender Appell gerade bei der Einbringung Ihres Antrags von den eigenen Leuten in Berlin gehört wird. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wir haben in der vorigen Debatte über den Brexit gesprochen. Vor dem Referendum hat man versucht, den Briten die Vorteile der EU ausschließlich mit ihren wirtschaftlichen Vorteilen zu verkaufen. Der Ausgang der Abstimmung zeigt doch, dass die Menschen die Vorherrschaft wirtschaftlicher Interessen über ihre Bedürfnisse nicht länger akzeptieren.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Völliger Quatsch! Genau wegen des Gegenteils! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Die haben wegen der Flücht- linge Nein gesagt!)
Genau wie die EU den Briten mit wirtschaftlichen Vorteilen nahegebracht wurde, sollen auch die Abkommen TTIP und CETA mit Versprechen von Arbeitsplätzen und Wohlstand den Europäern verkauft werden. Die Menschen sind aber nicht mehr bereit, für solche Versprechen den Schutz ihrer Umwelt, ihrer Daten, ihre Verbraucherinteressen und gar ihre Demokratie zu verkaufen.
Übrigens, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP: Die kleineren und mittleren Unternehmen erwarten nach einer Umfrage ihres Bundesverbandes mehrheitlich negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Nehmen Sie das doch auch einmal zur Kenntnis.