Wir hätten auch einer interministeriellen Arbeitsgruppe den Vorzug gegeben vor einer Stabsstelle für die Koordination, wie sie jetzt geschaffen worden ist. Das ist bekannt, weil wir das so auch in den Haushaltsanträgen gefordert hatten. Trotzdem wünsche ich natürlich dem jetzt vorgelegten Entwurf des Aktionsplans eine gute öffentliche Diskussion mit vielen engagierten Menschen.
Dass wir nicht überall zufrieden sein können, dokumentiert der vorgelegte Bericht zum Beispiel im Bereich der Barrierefreiheit. Sie haben es angesprochen: Im Hochschulbereich hat der Beauftragte eine Studie in Auftrag gegeben, aus der sich nach wie vor existierende Missstände ablesen lassen.
Auch der Bereich Tourismus hat noch Probleme. Ich würde da gerne eine engere Abstimmung mit der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein sehen, die ja zu dem Thema eine große Fachtagung mit hilfreichen Ergebnissen durchgeführt hat: Barrierefreier Tourismus muss dem Anspruch der Betroffenen gerecht werden, er ist aber auch Chance für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Landes insgesamt. Barrierefreiheit als Standortvorteil, das muss viel deutlicher als bisher erkannt werden.
Der Bericht des Beauftragten spricht ein weiteres Thema an, das uns stark berührt: Die Erfassung, Unterbringung und Hilfsmittelversorgung von Zuwanderern mit Behinderungen. Klar ist, dass eine Erstversorgung auch für Zuwanderer mit Behinde
rungen zwingend ist. Was danach kommt, liegt noch weitgehend im Nebel. Wir müssen den relevanten Ansprechpartnern Informationen und Daten über diese Personengruppe an die Hand geben. Ich weiß, dass es schwierig ist, teilweise auch unmöglich. Ich weiß auch nicht, wie man das machen kann. Dass es gemacht werden muss, ist sicherlich unstrittig.
Das Gleiche - und das sprach Frau Klahn vorhin an - betrifft die Schulen. Zwar hat die Landesregierung dafür ein Papier vorgelegt. Dieses Papier wurde breit diskutiert und fand - ich bin da einmal ganz vorsichtig - nicht nur Unterstützer, sondern auch viel konstruktive Kritik. Diese Kritik teilt auch der Landesbeauftragte und sagt, wer von einer Inklusionsquote spricht und damit die Zahl der behinderten Schüler meint, die eine Regelschule besuchen, hat Inklusion nicht verstanden.
Das Chaos, das die Landesregierung mit ihrer Informationspolitik zum Thema Schulbegleitung ausgelöst hat, ist immer noch nicht bereinigt worden. Sie sprachen davon, Frau Kollegin Klahn: Die Menschen sind immer noch verunsichert, die Kreise handeln unterschiedlich. Darunter leiden vor allem die betroffenen Familien. Das hat auch die Bürgerbeauftragte angesprochen und eine Klärung angemahnt.
Ich finde es ausdrücklich gut, dass die Beauftragten des Landes an so wichtigen Stellen Klartext reden, offen sprechen und der Regierung auch einmal die Karten legen. Das hat nichts mit Nörgelei zu tun, das ist Ihr Job. Das brauchen wir, das braucht das Land. Sonst brauchen wir keine Beauftragten. Deswegen noch einmal am Ende meiner Rede den ganz besonderen Dank an Sie und Ihr Team.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Auch vom SSW einen ganz herzlichen Dank an Ulrich Hase und sein Team für die geleistete Arbeit und für diesen sehr umfangreichen und sehr barrierefreien Bericht, der sich sehr gut gelesen hat. Ich glaube, wir
haben alle schon ganz viele Punkte gefunden, an denen wir nachbessern müssen. Darauf werde ich in meiner Rede eingehen.
Zum Glück ist der vorliegende Tätigkeitsbericht nicht der einzige Anlass, zu dem wir hier über die Belange der Menschen mit Behinderung diskutieren. Auch Themen wie der barrierefreie Tourismus, die inklusive Schule oder der inklusive Arbeitsmarkt haben uns immer wieder beschäftigt.
Diese Tatsache ist aus Sicht des SSW nur zu begrüßen, denn diese Debatte ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass wir unserer Verpflichtung im Rahmen der UN-Konvention nachkommen. Nur so erfüllen wir die relativ neue Verfassungsergänzung mit Leben, nach der wir uns als Land für Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung einsetzen wollen.
Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe: Das klingt für mich erst einmal vornehm und leider auch ein bisschen nach Sonntagsrede. Ganz konkret heißt das: Alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, haben die gleichen Rechte. Alle haben zum Beispiel das Recht auf Bildung, das Recht auf Arbeit, das Recht auf Selbstbestimmung oder das Recht auf gleichwertige Lebensverhältnisse. Niemand darf einfach bevormundet und niemandem dürfen Chancen auf Teilhabe verbaut werden. In letzter Konsequenz sind also alle Lebensbereiche betroffen.
Die Grundlage in Form der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung dürfte eigentlich allen bekannt sein. Doch will ich gern an eines erinnern: Durch die Unterzeichnung des Übereinkommens und durch die Ratifizierung ist sie ein rechtskräftiges Gesetz. Die Verlautbarungsebene und die schöne Welt der Sonntagsreden haben wir also längst verlassen. Behindertenrechte sind nicht nur nice to have, sondern Bund, Länder und Kommunen haben hier ganz konkrete Verpflichtungen. Die Anliegen von Menschen mit Behinderung müssen in allen Bereichen des politischen Handelns als Selbstverständlichkeit begriffen und berücksichtigt werden. Das ist der Auftrag.
Diese Fakten sind deshalb so wichtig, weil es bis dahin leider noch ein weiter Weg zu sein scheint. Man braucht gar nicht in die Details des ausführli
chen und sehr informativen Berichts einzutauchen, um das zu erkennen. Hierfür reicht schon der Blick auf die sogenannten Brennpunkte. Längst nicht alle Akteure haben ihre Verantwortung für die Umsetzung der UN-Konvention erkannt. Die Beteiligung von Menschen mit Behinderung ist längst nicht auf allen Ebenen und schon gar nicht in vollem Umfang sichergestellt. Auch unser Rechtssystem muss deutlich besser an die Anforderungen der Konvention angepasst werden.
Gerade wir als Land müssen bei der Umsetzung unseres Aktionsplans oder bei den Themen Barrierefreiheit, Arbeitswelt oder inklusive Bildung noch nachlegen. Das ist sicher nicht zum Nulltarif zu haben.
Wir haben es immer wieder betont, und ich will es trotzdem gern noch einmal deutlich machen: Für den SSW ist und bleibt das Zusammenleben in Vielfalt ein unheimlich wichtiges Ziel.
Wir meinen, dass sich wirklich alle für einen angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz von Frauen und Männern mit Behinderung einsetzen müssen. Vor allem wir politisch Verantwortliche müssen weiter daran arbeiten, möglichst viele zu erreichen und die Menschen dazu zu bewegen, sich mit diesem Thema zu befassen.
Sehr geehrter Hans-Jörn Arp, vielleicht wäre es gut, wenn Sie einfach einmal kurz zuhörten und diesem Thema ein bisschen Beachtung schenkten!
Denn nur so kommen wir zu dem Bewusstseinswandel, der für eine inklusive Gesellschaft nötig ist, eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung eben nicht ausgegrenzt, sondern in ihrer Vielfältigkeit als Bereicherung gesehen werden. Dieser Prozess ist sicher nicht immer einfach und wird wohl auch noch dauern. Aber nur so kann Inklusion gelingen. - Vielen Dank.
schließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Ich sehe, das ist einstimmig.
Ich sehe, das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Die übrigen Abgeordneten hören mir sicherlich ernsthaft zu.
Ich erteile das Wort der Frau Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Frau Abgeordneten Barbara Ostmeier.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Petra Nicolaisen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns sicher alle einig, dass das Amt des Ministers nicht unbedingt zu den sichersten Arbeitsplätzen zählt. Ein Minister ist kein Lebenszeitbeamter. Nicht selten hält ein Ministeramt nicht einmal eine Legislaturperiode. Auch das haben wir hier schon erlebt.