Es gibt zum Beispiel Projekte im Bereich der Pflege und im Bereich der Hotel- und Gaststätten, die schon sehr erfolgreich auf lokaler Ebene funktionieren. Jetzt wollen wir mit dem Kompetenzzentrum daran arbeiten, diese Projekte im Sinne von Best Practice überregional bekannt zu machen, um Nachahmer im ganzen Land zu finden.
Darüber hinaus machen wir einen FachkräfteCheck, den wir gemeinsam mit Branchen entwickeln. Auch hier: Der erste Fachkräfte-Check läuft zurzeit in der Logistik, weitere Branchen werden folgen.
Wir haben darüber hinaus Themen identifiziert, die wir in Schleswig-Holstein strategischer angehen müssen als bisher, gemeinsam mit den Partnern. Dazu zählt die zunehmende Digitalisierung des Arbeitslebens, Stichwort Arbeit 4.0, mit seinen naheliegenden Verbindungen zur Industrie 4.0. Dazu zählen die Ausbildungskultur, Themen wie das duale Studium und die Frage, ob und wie wir den beruflichen Bereich stärken können. Dazu zählt das Thema gute Arbeit, zu dem sich alle Partner bekannt haben, vielleicht nicht alle zu dem Begriff an sich, aber bei den Inhalten sind sich alle weitgehend einig.
Eine große Herausforderung ist zudem die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Wir haben mit dem Programm „Begleiteter Übergang für Flüchtlinge in Ausbildung und Arbeit“ entsprechend reagiert. Das wird eine zentrale Rolle spielen.
Und wir wollen die berufliche Weiterbildung in Schleswig-Holstein weiter stärken. Mit dem Zweiten Schleswig-Holsteinischen Weiterbildungstag, der am 29. September 2016 in Lübeck stattfinden wird, wenden wir uns vor allem an Unternehmen und Beschäftigte mit dem Thema Weiterbildung 4.0, den neuen Anforderungen an die Arbeitswelt.
Meine Damen und Herren, all diese Fragen sind wichtige Stellschrauben für die Zukunft unseres Landes, denn der Wettbewerb um die Fachkräfte von morgen hat längst begonnen. Deshalb wird die Landesregierung beim Thema Fachkräfte in ihrem Engagement auch nicht lockerlassen. Hier gilt es, gemeinsam mit den Akteuren im Land an einem Strang zu ziehen. - Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister, herzlichen Dank für den Bericht der Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ - Ihnen und Ihrem Haus und allen Beteiligten - und auch für all die Schräubchen, an denen gedreht wird.
Der Bedarf an Fachkräften mit Berufsausbildung steigt rasant. Und das ist ganz einfach zu erklären: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nach und nach in Rente und machen viele Arbeitsplätze frei. Das, was danach in den Generationen kommt, ist zahlenmäßig deutlich geringer. Der Minister hat die Zahlen genannt. Nach dem, was wir heute voraussehen können, droht 2030 eine Fachkräftelücke von rund 100.000 ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, 85.000 aus der beruflichen und 12.000 mit einer akademischen Ausbildung. Damit diese Fachkräftelücke nicht entsteht, hat die Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ genau die richtigen Weichen gestellt. Das ist ein weites Feld, was da bearbeitet wurde.
Getragen wird „Zukunft im Norden“ von 23 Partnern aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft, Kommunalverbänden, der Bundesagentur für Arbeit und dem Handwerk. Da sehen wir schon, alle die, die mit dem Thema zu tun haben, wirken auch mit. Ihnen allen ist für den ganzheitlichen Ansatz und das zielorientierte Miteinander, aus dem 130 Einzelmaßnahmen entstanden sind, zu danken.
Im Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung und Weiterbildung laufen die Fäden des Netzwerks zusammen. Dank dem professionellen Monitoring können spezielle Fragen geklärt und die Bedeutung unterschiedlicher Themen bewertet werden. Die Erkenntnisse werden direkt in das Netzwerk zurückgeleitet. Das Geheimnis des Erfolgs aber sind das
direkte Angebot an Menschen, das handfeste Zugehen auf die Betriebe, die Ideen aus der Praxis für die Praxis mit Blick auf den Fachkräftemangel. Die ersten Auswirkungen - das wissen wir - sind schon Realität. Wir brauchen mehr Qualifizierung, frühkindliche Bildung, gute Schulen, Ausbildung, Studium und Fort- und Weiterbildungsangebote. Und da investieren wir hier in Schleswig-Holstein genau richtig. Denn Investitionen in Bildung sind Investitionen in unsere Zukunft. Das sind die Fachkräfte von morgen.
(Vereinzelter Beifall SPD, Beifall Dr. Andre- as Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Flemming Meyer [SSW])
Die Welt wird immer komplexer und technisierter, und da ist es gut, dass wir in dieser zunehmend digitalisierten Welt das Thema Lernen in einer digitalen Gesellschaft zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit gemacht haben. Ausbildung und Arbeitsmarkt müssen zusammenpassen. Es muss gelingen, die Tradition der dualen Ausbildung zukunftsfähig und attraktiv zu gestalten.
Denn eine duale Ausbildung ist eine sichere Grundlage für ein gelingendes Berufsleben. Danach stehen einem alle Wege offen - für den, der will.
Hier liegt eine besondere Verantwortung bei den Ausbildungsbetrieben. Allen, die Ausbildungsplätze anbieten, gilt unser Dank. Denn sie eröffnen mit ihren Angeboten jungen Menschen Zukunftsperspektiven. Hier ist die Wirtschaft, ist das Handwerk ständig gefordert, Standards im Sinne guter Arbeit während der Lehre sicherzustellen. Die Betriebe sichern mit guter Ausbildung ihre eigene Zukunft und die der Wirtschaft insgesamt.
Die Integration von Geflüchteten und jungen Menschen mit holperigen Bildungswegen sind eine besondere Chance und Herausforderung. Hier brauchen wir Unterstützung für die Ausbilder und in den regionalen Berufsbildungszentren.
Wir wollen und können es uns nicht leisten, dass junge Menschen ohne Ausbildung bleiben. Daher haben wir uns mit viel Überzeugung für die Jugendberufsagenturen eingesetzt. Auch denjenigen, die ihre Berufsausbildung in anderen Ländern, in anderen Kulturen gemacht haben, müssen wir die Wege eröffnen, als Fachkräfte hier zu arbeiten. Anerkennung von Ausbildung, Weiterqualifizierung,
Spracherwerb - da gibt es eine Menge zu tun. Aber wir haben gehört, da ist auch eine Menge auf dem Weg.
Fachkräfte auszubilden und Fachkräfte zu gewinnen, ist der eine Teil, der andere Teil ist es, Fachkräfte zu binden. Da sind die Unternehmen gefragt, mit guter Arbeit und fairen Löhnen, mit innerbetrieblicher Aus- und Weiterbildung, mit Entwicklungs- und Aufstiegschancen. Und nicht zuletzt sind auch die Kommunen gefragt: mit attraktiven Wohnungen, mit guten Angeboten für Familien, für Kinder und zu pflegende Angehörige, mit Kulturund Freizeitangeboten, mit moderner Infrastruktur und mit einer Grundversorgung, die den Menschen Sicherheit gibt.
Lebensqualität ist Standortfaktor. Im Rahmen der Landesentwicklungsstrategie 2030 werden wir uns mit diesem Thema intensiv beschäftigen.
Denn wir wissen, die Wirtschaft wird nur da gedeihen, bleiben und sich ansiedeln, wo ausreichend Fachkräfte ausgebildet werden und leben wollen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Meyer, herzlichen Dank für Ihren Bericht - in der Tat zu einem wichtigen Thema und einem wichtigen Ziel, auch was die Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein in der Zukunft angeht.
al in Deutschland einen massiven Wettbewerb um Fachkräfte generiert. Aktuell planen nach dieser Umfrage 60 % der mittelständischen Unternehmen, innerhalb der nächsten drei Jahren Fachkräfte einzustellen - notwendigerweise, muss man ehrlicherweise sagen. Davon allerdings erwarten mehr als die Hälfte entsprechende Probleme bei der Rekrutierung. Mittelfristig dürften diese Stellenbesetzungsprobleme noch weit größer werden, weil die demografische Entwicklung dann auch für weitere Engpässe auf dem Arbeitsmarkt sorgt.
Insofern, Herr Minister Meyer, teilen wir Ihre Einschätzung, dass bis 2030 über 100.000 Fachkräfte in Schleswig-Holstein fehlen. Es ist auch unsere gemeinsame Aufgabe, die entsprechenden Weichen so zu stellen, dass es für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein nicht zu diesem Engpass kommt. Deswegen begrüße ich außerordentlich das Engagement von 23 Verbänden, Kammern, Gewerkschaften, der Regionaldirektion Nord und vielen mehr, die die Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ mit Rat und Tat unterstützen. Ich sage danke für die vielen Ideen, die dort zusammengetragen werden.
Nach vier Jahren Vorbereitung haben Sie, Herr Minister, nun endlich das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung etabliert, mit dem Sie in die Betriebe gehen, Analysen erstellen wollen und Best-Practice-Beispiele finden. Das heißt, dass Sie erst jetzt in die Betriebe hineingehen. Deshalb bin ich erstaunt, wenn der Herr Minister in einem Interview vor wenigen Wochen bei RSH glatt behauptet, dass die aktuellen Höchststände bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, bei der Frauenerwerbsquote und der Wiedereingliederung von Alleinerziehenden in den Arbeitsmarkt mit dieser Ihrer Fachkräfteinitiative etwas zu tun hätten und ihr zuzuschreiben wären. Das, finde ich, ist ein bisschen viel Selbstbeweihräucherung. Denn die Dynamik in der Fachkräfteinitiative habe ich bisher nicht in erster Linie von dieser Landesregierung wahrgenommen. Da haben die beteiligten Partner in der Tat eine ganze Menge mehr auffangen müssen. Es läuft trotz dieser Koalition und nicht wegen ihr. Deswegen wäre etwas mehr Realitätssinn an dieser Stelle ganz hilfreich.
Meine Damen und Herren, dieser Fachkräftemangel, über den wir reden, ist besonders für mittelständische Unternehmen und ihre Innovationskraft ein Problem. Wie Sie wissen, sind 99 % der Unter
nehmen in Schleswig-Holstein Mittelständler, die gerade auch im Standortwettbewerb mit großen Konzernen in Süddeutschland oft keine Chance haben. Dort wird - keine Frage - besser bezahlt. Das allein ist aber noch nie ein Grund gewesen, warum sich Menschen für einen bestimmten Arbeitsplatz entscheiden.
Wir müssen mit anderen Pfunden wuchern. Da sind wir natürlich schnell bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Auch insoweit ist in den letzten Monaten immer deutlicher geworden, dass diese Landesregierung die Rahmenbedingungen nicht so stellt, dass sie unbedingt mittelstandsfreundlich sind. Da haben wir als CDU-Landtagsfraktion mit unserem Mittelstandsförderungsgesetz eine klare Alternative vorgelegt, wie mittelstandsfreundliche Politik gehen kann.
Im Zuge des demografischen Wandels wächst der Anteil älterer Arbeitnehmer stetig. Mit der Altersstruktur der Beschäftigten verschiebt sich allerdings auch der Fokus der Arbeitgeber. Diese müssen sich bemühen, ältere Mitarbeiter im Erwerbsleben zu halten und ihre Produktivität zu bewahren. Es geht natürlich auch darum, ältere oder vorhandene Mitarbeiter länger im Betrieb zu halten, aber auf der anderen Seite auch neue zu gewinnen. Deshalb geht es darum, Arbeitsbedingungen attraktiv zu gestalten.
Es wird auch darum gehen - auch dieses Thema ist richtigerweise angesprochen worden -, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in unseren Arbeitsmarkt zu integrieren, wobei wir uns mittlerweile darüber einig sind, dass dies eine Mammutaufgabe ist, die nicht in den kommenden ein oder zwei Jahren zu lösen sein wird.
Meine Damen und Herren, wir brauchen auch die älteren Fachkräfte im Arbeitsmarkt. Manchmal halte ich die Diskussion um die Rente mit 63 für ein falsches Signal in diesem Zusammenhang. Nach den Worten des Präsidenten der schleswig-holsteinischen Handwerkskammer, Jörn Arp, ist das Handwerk in Schleswig-Holstein ohne qualifizierten Nachwuchs nicht überlebensfähig. Damit hat er recht. Das gilt für viele andere Branchen auch.
Deswegen sage ich - und auch das ist angesprochen worden -: Wir brauchen eine Stärkung der dualen Ausbildung. Wir bedanken uns bei den Betrieben, die Ausbildungsplätze bereitstellen. Wir bekennen uns klar auch zur überbetrieblichen Ausbildung im Handwerk.