Es gibt einen weiteren Punkt in Bezug auf die Abschiebehemmnisse, nämlich die Gefahr für Leib und Leben. Eine Abschiebung in Kriegsgebiete kommt unter keinen Umständen infrage. Die Bundesrepublik wird niemanden in den sicheren Tod schicken. Auch das ist gut so, und daran sollten wir auch in Zukunft festhalten. Das bedeutet dann aber auch, dass dieses Strafmaß, das da von der FDP gefordert wird, nicht für jeden Einzelnen anwendbar ist. Dann stellt sich wieder Frage, ob all diejenigen, die in irgendeiner Art und Weise verfolgt werden sollen, mit dem gleichen Strafmaß bedacht werden. Auch das ist eine Ungleichbehandlung, auch darüber muss man noch einmal nachdenken.
Noch einmal zurück zum Antrag: Eine Neuregelung macht nur Sinn, wenn es derzeit noch keine Möglichkeiten der Ausweisung straffälliger Ausländer gäbe. Das ist aber nicht der Fall. Die Frage, die sich dann stellt, ist, ob von dieser Lösung ausreichend Gebrauch gemacht wird. Werden also schwer straffällig gewordene Ausländer nach Verbüßung ihrer Strafe und einer definitiv negativen Prognose abgeschoben? Welche Hemmnisse es dabei gibt, habe ich Ihnen gerade eben genannt. Man kann in der Tat diese Frage klären, aber das wird nicht die Masse Mensch sein. Das wird die Welt nicht retten, sondern ich glaube, dass es sehr vereinzelte Fälle sind, um die es da geht. Das wird zumindest die Rückführungsproblematik nicht lösen.
Darüber hinaus erschließt es sich mir immer noch nicht, warum plötzlich eine Einrichtung besser geeignet sein soll als eine andere, obwohl diese doch seit Jahren mit dieser Aufgabe befasst ist, nämlich die Ausländerbehörde. Ich habe jedenfalls keine Zweifel an der Eignung und der Fähigkeit der Ausländerbehörde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in anderen Bundesländern eine völlig andere Haltung hat. Von daher gibt es kaum Chancen auf eine Mehrheit für eine entsprechende Bundesratsinitiative. Zudem ist überhaupt fraglich, ob sich mit der vorgeschlagenen Regelung tatsächlich eine Arbeitsentlastung herbeiführen lässt. Schließlich werden es ja nicht weniger Aufgaben, sondern sie werden lediglich woanders getätigt. Worüber man natürlich an dieser Stelle nachdenken könnte, ist, die Strukturen in der Ausländerbehörde selbst zu optimieren, falls die Arbeitsauslastung im Bereich von rechtsuntreuen Ausländern tatsächlich noch zu hoch sein sollte. Das ist dann aber eine ganz andere Frage, die es möglicherweise auch an anderer Stelle zu beraten gilt.
Abschließend kann ich für den SSW nur wiederholen, dass die bundesrechtlichen Gesetze in Bezug auf rechtsuntreue Ausländer voll umfassend sind. Wir haben keinerlei Bedenken im Hinblick auf ihre Wirkung oder bei der Bearbeitungsdauer. Vor diesem Hintergrund werden wir dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Anke Spoorendonk.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gegen die von der FDP geforderte Einführung der Ausweisung als Nebenstrafe bestehen aus meiner Sicht verfassungsrechtliche Bedenken. Die Haupt- und Nebenstrafen unseres Strafgesetzbuchs dienen allgemeinen Strafzwecken. Sie sind gegen jedermann gerichtet und treffen jeden Täter oder jede Täterin nach dem Maß ihrer persönlichen Schuld. Die Ausweisung kann das nicht, denn sie wäre von vornherein beschränkt auf nichtdeutsche Staatsangehörige. Einen deutschen Staatsangehörigen kann man von Rechts wegen
Dies will die FDP auch gar nicht, sondern sie möchte ja - so wie das aus der Begründung hervorgeht - rechtssystematisch die Nebenstrafe auch dann als Nebenstrafe einordnen. Das heißt, das, was sie erreicht, ist eine Sonderstrafe für Ausländerinnen und Ausländer.
Das wäre verfassungsrechtlich vermutlich zwar zumindest so lange zulässig, wie die Ausweisung auf Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht beschränkt bliebe,
Die weitere Entscheidung über die Ausweisung den Strafgerichten zuzuweisen, halte ich darüber hinaus - aber auch das aus praktischen Erwägungen heraus - für den falschen Weg. Hier bin ich mir - das möchte ich ausdrücklich hervorheben - mit Innenminister Stefan Studt völlig einig. Die Ausweisung ist als ordnungsbehördliche Verfügung zur Gefahrenabwehr bisher nicht Teil des staatlichen strafrechtlichen Sanktionsinstrumentariums. Die Ausweisung hat vielmehr den Zweck, eine vom Ausländer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
der freiheitlich-demokratischen Grundordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland abzuwehren. Sie dient damit - die Frau Abgeordnete Ostmeier hat das vorhin schon gesagt - als wichtige ordnungsrechtliche Präventivmaßnahme der Gefahrenabwehr.
Aus diesem Grund ist die Ausweisung gerade nicht als Rechtsfolge eines bestimmten Handelns zu begreifen.
Hier gilt es vielmehr, unter Berücksichtigung aller Umstände eines Einzelfalls abzuwägen, ob das staatliche Interesse an der Ausreise eines Betroffenen dessen Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet übersteigt.
scheidung erheblicher Tragweite und weitreichende Folgen. Das Aufenthaltsgesetz sieht daher für die Ausweisungsentscheidung ein differenziertes System der Ermessensausübung vor. Dies ist eine rein ordnungsrechtlich geprägte Verwaltungsaufgabe, die mit einer ausschließlich der Justiz obliegenden Sanktionierung von Straftaten nichts zu tun hat.
Diese Grundunterscheidung zeigt sich auch mit Blick auf die einschlägigen Rechtsbehelfe; denn die Prüfung der Rechtmäßigkeit von aufenthaltsrechtlichen Ausweisungsentscheidungen unterliegt nach der gegenwärtigen und langjährigen rechtlichen Einordnung - auch das ist schon gesagt worden der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sollte das Mittel der Ausweisung hingegen dem Antrag entsprechend als Nebenstrafe im strafrechtlichen Verfahren Anwendung finden, wäre zur Vermeidung von formellen Kollisionen zukünftig eine völlige Neuausrichtung des Ausweisungsregimes erforderlich. Die Überprüfung einer strafrechtlich angeordneten Ausweisung müsste dann im Instanzenzug der ordentlichen Gerichtsbarkeit überprüft werden.
Meine Damen und Herren, die richtigen Wege sind im März 2016 in Kraft getreten - das sind ja die Änderungen, die auch schon angesprochen wurden, nämlich die Verschärfung des Ausweisungsrechts, um die Ausweisung krimineller Ausländer zu erleichtern und Asylsuchenden, die hier Straftaten begangen haben, konsequenter als bisher die Anerkennung als Flüchtling zu versagen.
Frau Ministerin, ist Ihnen bewusst, dass die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch ausschließlich der Gefahrenabwehr dient, nämlich der Gefährlichkeit des Täters im Hinblick auf die Interessen der Allgemeinheit? Ist Ihnen klar, dass es bei der Frage der Sozialprognose, die ja darüber entscheidet, ob eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann - ja oder nein -, auch eine Ermessungsentscheidung des Richters ist und dass die Erklärung, die
Sozialprognose ist negativ und deshalb könne keine Bewährungsstrafe mehr ausgeurteilt werden, gleichzeitig die Erklärung darüber ist, dass der Straftäter eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ist?
Lieber Herr Abgeordneter Kubicki, diese Diskussion haben wir schon laufend im Rahmen dieser Debatte geführt.
Ich will nur noch einmal das hervorheben, was ich eingangs sagte, nämlich dass es aus meiner Sicht verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Die Ausweisung als Nebenstrafe wäre eine Nebenstrafe, die nur gegen Ausländerinnen und Ausländer gerichtet ist. Andere Maßnahmen kann man weiter diskutieren und sie können, genau wie das Fahrverbot, allgemein als Nebenstrafe deklariert werden.
Angesichts der Vielschichtigkeit solcher Abwägungsentscheidungen halte ich es aber für verfehlt zu behaupten, der ohnehin tätige Strafrichter wäre aufgrund seiner weitreichenden Erkenntnismöglichkeiten in einer Hauptverhandlung für die Entscheidung über die Ausweisung besser geeignet als die Ausländerbehörde.
Im Gegenteil: Vieles von dem, was in die Gesamtabwägung einfließen muss, hat nichts mit der Tatund Schuldfrage zu tun und ist nicht Gegenstand einer strafrechtlichen Hauptverhandlung. Auch das ist schon Teil dieser Debatte gewesen.
Es bedeutet aus meiner Sicht auch keine Erleichterung des Verfahrens, die Entscheidung über die Ausweisung durch die Strafgerichte treffen zu lassen. Ich sehe vielmehr die Gefahr, die Hauptverhandlung mit einer solchen Zusatzentscheidung zu überfrachten. Einer möglichen Entlastung der Ausländerbehörden in ihren originären Aufgaben einerseits steht auf der anderen Seite eine erhebliche Belastung der Strafgerichte mit verfahrensfremden Inhalten gegenüber. - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 18/4071, dem Innen- und
Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von PIRATEN, CDU und FDP. Wer ist dagegen? - Die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer der Drucksache 18/4071 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von CDU und FDP. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich unterbreche die Sitzung für eine zweistündige Mittagspause und wünsche Ihnen einen guten Appetit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne unsere Nachmittagssitzung. Erlauben Sie mir den geschäftsführenden Hinweis, dass ich vorhabe, nach dem Tagesordnungspunkt 58, den ich gleich aufrufen werde, den Tagesordnungspunkt 18 A, die Wahl eines ordentlichen Mitglieds in die Regionalkammer des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarats, aufzurufen. Das sage ich nur, damit sich alle Kolleginnen und Kollegen darauf einstellen können.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir Schülerinnen und Schüler der Hebbelschule Kiel sowie Mitglieder der Suchtselbsthilfeverbände. - Seien Sie uns ganz herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Weiter begrüßen wir, speziell zu dem Tagesordnungspunkt, den ich gleich aufrufen werde, neben der Minderheitenbeauftragten des Ministerpräsidenten die Vertreter der Minderheiten der Volks- und Sprachgruppen in Schleswig-Holstein. Eigentlich müsste ich Sie alle persönlich aufzählen. Sie sind uns aber alle wohlbekannt. Die Kolleginnen und Kollegen kennen Sie alle. Ich freue mich ganz besonders, dass Sie zu diesem Tagesordnungspunkt alle erschienen sind und so großes Interesse an diesem Tagesordnungspunkt haben. - Herzlich willkommen im Land der Minderheiten, in SchleswigHolstein und insbesondere hier im Landtag!
Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in SchleswigHolstein - Sprachenchartabericht 2016