Protocol of the Session on November 16, 2012

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und eröffne unsere Sitzung.

Erkrankt sind die Abgeordneten Jens-Christian Magnussen, Jürgen Weber, Wolfgang Dudda und Angelika Beer; beurlaubt sind die Abgeordneten Dr. Stegner, Dr. Andreas Tietze und Minister Dr. Robert Habeck. - Wir wünschen den Erkrankten an dieser Stelle gute Besserung!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Jungmannschule Eckernförde und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzministeriums. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 17 auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/283 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die FDP dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

(Beifall PIRATEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Kanarienvogel! - Heiterkeit)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Ich freue mich, dass sich alle über das Thema freuen, das wir jetzt diskutieren.

Zunächst möchte ich der Kollegin Redmann von Herzen danken. Liebe Sandra, du hast gestern gesagt, ich solle nicht „Sandrale“ sagen.

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

- Damit, liebe Birgit, habe ich dieses Wort bereits ausgesprochen. Das heißt: Du bist uns jetzt einen schuldig.

(Heiterkeit)

Liebe Kollegin Redmann, seit wir im Jahr 2000 beide in den Landtag eingezogen sind, haben wir - das hat bisher jede Koalition überdauert - ein gemeinsames Thema: Wie gehen wir mit unseren Mitgeschöpfen, wie gehen wir mit den Tieren um? Wir waren uns von Anfang an einig, dass der Tierschutz als Staatszielbestimmung auch in die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein aufgenommen werden sollte. Dass wir nunmehr im Begriff sind, das zu verwirklichen, freut mich. Herzlichen Dank, dass wir beide gemeinsam über Fraktionsgrenzen hinweg in dieser Hartnäckigkeit hieran arbeiten konnten.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zehn Jahre nach der Aufnahme des Tierschutzes als Staatszielbestimmung in Artikel 20 a des Grundgesetzes debattieren wir heute in erster Lesung darüber, den Tierschutz in die Landesverfassung aufzunehmen. Ich denke, die Erfahrungen mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz haben gezeigt, dass die Skepsis und viele der zunächst bestehenden Befürchtungen - beispielsweise die, dass das Klagewellen auslösen würde - unbegründet waren. Es gab auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag - ich will das gar nicht verhehlen - immer wieder Anläufe, den Tierschutz als Staatszielbestimmung in die Verfassung aufzunehmen. Sie sind bislang stets gescheitert. Deswegen ist es umso erfreulicher, dass es dieses Mal zu gelingen scheint.

Der heutigen Pressemitteilung des Vereins „Menschen für Tierrechte“ ist zu entnehmen, dass die Zahl der Versuchstiere im vergangenen Jahr bundesweit abermals nicht gesunken, sondern auf 2,9 Millionen gestiegen ist. Das zeigt, dass noch eine ganze Menge für den Tierschutz getan werden muss.

Mir ist bewusst, dass die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in die Verfassung mit Sicherheit mehr als ein Symbol ist, dass damit aber noch nicht das Instrument geschaffen werden wird, mit dem allen Anliegen, die Tierschützer seit Langem haben, zur Durchsetzung verholfen werden kann.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Tiere haben ein Bewusstsein; Tiere empfinden Freude, und sie sind in der Lage, Schmerzen zu empfinden. Viele Tiere sind hoch sozial. Das sieht man beispielsweise, wenn man einen Vogelschwarm oder den Umgang in Tierfamilien beobachtet. Tiere sind hoch intelligent. Das gilt für Papageien, und ich will auch an die Primaten erin

nern, die im Übrigen nach wie vor zu Versuchen am offenen Hirn missbraucht werden. Deswegen war es mir immer ein besonderes Anliegen, dass sich der Tierschutz nicht nur auf sogenannte Kuscheltiere beschränken darf, sondern dass der Tierschutz beispielsweise auch die sogenannten Nutztiere im Auge haben muss.

(Beifall)

Ich will auch ganz deutlich sagen: Ich halte das Schicksal vieler sogenannter Streicheltiere, die in Kinderzimmern hausen müssen - das Meerschweinchen von Frau Redmann ist dabei ausgenommen -, auch nicht für besonders „kuschelig“.

Meine Damen und Herren, dass die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz durchaus etwas bewegt hat, sieht man beispielsweise am Legehennen-Urteil. Der unerträgliche Zustand der Batteriehaltung ist noch längst nicht zur Zufriedenheit aller aufgelöst, aber es ist ein erster Schritt getan worden. Dieser wäre meines Erachtens nicht möglich gewesen, wäre nicht der Tierschutz in Artikel 20 a GG aufgenommen worden.

Dasselbe gilt für die möglich gewordene Rechtsgüterabwägung zwischen den Rechten der Tiere auf der einen Seite und der Freiheit von Forschung und Lehre auf der anderen Seite oder auch der Religionsfreiheit auf der anderen Seite. Ich will an die auch hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag lebhaft geführte Debatte um das Schächten erinnern und daran, dass wir diese Problematik nach wie vor endgültig zu lösen haben. Vor diesem Hintergrund möchte ich mich ganz besonders bei den Unionskollegen bedanken, die ganz offensichtlich auch die Hand reichen, sodass wir diese Verfassungsänderung gemeinsam im Dezember werden beschließen können. - Und nun bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Heiner Rickers das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass ein Tagesordnungspunkt zum Tierschutz und zur Landesverfassung zu solch einer Stunde gesetzt wurde und dass ich dazu sprechen darf. Wir erleben oft, dass gerade im Bereich Umwelt die Behandlung von Tierhaltung und Tierschutz von einem Monat auf den nächsten be

(Dr. Heiner Garg)

ziehungsweise von einer Legislaturperiode in die nächste geschoben wird. Herr Dr. Garg, wir haben Ihnen auch zu verdanken, dass es nicht nur keine Schiebung gab, sondern dass heute letztendlich, denke ich, zumindest der erste Schritt dahin gehend getan wird, dass der Tierschutz besiegelt beziehungsweise in der Landesverfassung verankert wird.

Sie haben erwähnt, dass im Jahr 2002 - initiiert von den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - eine Gesetzesnovellierung „Staatsziel Tierschutz“ - betreffend den Artikel 20 a GG - auf den Weg gebracht beziehungsweise das im Grundgesetz verankert wurde. Das ist gut zehn Jahre her.

Ihr Vorwurf gegen uns war oft, in Schleswig-Holstein habe sich nichts getan. Natürlich hat sich etwas getan. Wir alle haben an Erkenntnis dazu gewonnen. Ich glaube, auch das, was Sie angesprochen haben, hat sich positiv entwickelt. Sie haben von der Legehennenverordnung gesprochen; es gibt aber auch eine Haltungsverordnung für Pelztiere. Wir haben hier im Parlament darüber gesprochen.

Ein Problem - das dürfen wir dabei nicht ganz ausblenden - ist natürlich, dass wir immer wieder Gefahr laufen, die Tierhaltung, die wir eigentlich verbessern wollen, in andere Länder zu verlagern. Vielmehr sollten wir tatsächlich auch für das Tierwohl Zukunft schaffen und Verbesserungen herbeiführen.

(Beifall)

Wir hoffen, dass wir jetzt gemeinsam - deswegen sind auch wir von der CDU diesem Antrag zumindest in der Anfangsphase und in der ersten Lesung beigetreten - auf Landesebene weiter für das Tierwohl arbeiten und dort Verbesserungen schaffen können. Natürlich dürfen wir die landwirtschaftliche Nutztierhaltung - das habe ich erwähnt - nicht vergessen. Sie werden uns nachsehen, dass wir, wenn wir zur Diskussion des Verbandsklagerechts kommen, Herr Matthiesen, hier in der Diskussion wahrscheinlich wieder weiter auseinander sein werden.

Wir wollen - das ist nur konsequent - auf Landesebene den Tierschutz so regeln, dass eine Regelungslücke geschlossen wird. Durch eine ausdrückliche Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung soll die Verwirklichung eines wirksamen Tierschutzes bei uns im Land auch wirklich umgesetzt werden. Es soll anregen, Denkanstöße geben, und es soll uns ins Bewusstsein rücken, dass wir nicht nur bei dem, was Dr. Garg angesprochen hat, son

dern auch im Bereich der Haustierhaltung und der Nutztierhaltung Verbesserungen herbeiführen wollen.

Ich freue mich, dass das, was lange währt, endlich gut wird, und ich freue mich auch, dass wir im Agrar- und Umweltausschuss darüber diskutieren werden, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Sandra Redmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir darüber noch nicht abstimmen, möchte ich sagen: Heute ist ein guter Tag für den Tierschutz in Schleswig-Holstein.

(Beifall)

Wir haben in den letzten Jahren viele engagierte Debatten - auch sehr viele strittige - geführt. Ich habe aber eben schon zu Heiner Rickers gesagt: Auch wenn ich mich immer gern mit dir streite, heute möchte ich das Thema „Streit“ ganz bewusst weglassen, weil wir heute nämlich ein hohes Ziel erreicht haben. Das machen wir alle gemeinsam. Ich finde, das muss man dann auch anerkennen und würdigen.

Wir haben in den letzten Jahren über die Themen „Pelztierhaltung“, „Tiertransporte“, „Wildtierverbot im Zirkus“ oder auch über das Verbandsklagerecht - dazu sage ich nachher noch etwas - gesprochen. Da waren wir uns nicht immer ganz einig. Trotz allem aber haben wir in dem Bereich eine Menge auf den Weg gebracht.

Die Aufnahme in die Landesverfassung stellt für die SPD-Fraktion den Höhepunkt in unseren Bemühungen für eine Verbesserung des Tierschutzes dar. Unser ausdrücklicher Dank geht an die vielen unermüdlich engagierten Verbände, aber auch an Einzelpersonen, die hierfür seit Langem gekämpft haben.

Mein Dank geht auch - jetzt mache ich das auch an Heiner Garg. Das ist nicht abgesprochen; aber es steht in meiner Rede. - Als Initiator des Antrags warst du einen Tick schneller als die Regierungskoalition. Du hast es angesprochen, seit 2000 sind wir dabei, für diesen Bereich zu kämpfen. So freue ich mich heute auch gemeinsam mit dir, dass wir das

(Heiner Rickers)

endlich umsetzen können. Ich bin auch ganz sicher, dass wir in dem Bereich noch eine Menge mehr auf den Weg bringen werden.

(Zuruf)

- In dem Bereich. Sonst woanders vielleicht auch. Das möchte ich hier jetzt aber lieber nicht diskutieren.