Protocol of the Session on April 27, 2016

Ein weiterer Punkt ist das Vorkaufsrecht für naturschutzfachlich besonders wertvolle Flächen - heiß umstritten und mit vielen Unwahrheiten in der öffentlichen Diskussion Ihrerseits dargestellt. Es geht hier um kleinere Flächen, die in einer bestimmten Kulisse liegen und besonders wertvoll sind. Das wird nicht die Riesenmenge sein, hat aber für bestimmte naturschutzfachliche Maßnahmen einen

sehr großen Wert. Die Notare werden zügig abrufen und prüfen können, ob das Grundstück in der entsprechenden Kulisse liegt. Dies ist sichergestellt. Das Inkrafttreten für diesen Bereich haben wir auf den September 2016 verlängert, damit haben wir also auch den Punkt geklärt. Dies finden Sie heute in unserem Änderungsantrag.

Lassen Sie mich noch einige wenige Punkte erläutern, die wir zusätzlich geändert haben. Bei den unteren Naturschutzbehörden sind eine Kreisbeauftragte oder ein Kreisbeauftragter für Naturschutz zu bestellen und ein Beirat für den Naturschutz zu bilden. Dieser Punkt war eine Forderung aus dem Ehrenamtsbereich und von den Kreisbeauftragten, der wir gern nachgekommen sind.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Unruhe)

- Ich habe jetzt ehrlich gesagt gar nicht so sehr auf Applaus gewartet, sondern ich habe Herrn Arp zugehört, weil er so laut spricht.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Das Ehrenamt leistet einen großen naturschutzfachlichen Beitrag und verdient es, nicht davon abhängig zu sein, ob es gerade gewollt ist oder nicht. In der Regel klappt dies allerdings auch sehr gut.

Zukünftig soll es die Erstellung eines Biodiversitätsberichts geben. Damit wollen wir deutlich machen, dass uns der Bereich Biodiversität besonders wichtig ist. Der Jagd- und Artenschutzbericht wird darin enthalten sein.

In den Behörden sollen die Aus- und Fortbildungen im Bereich des Naturschutzes besondere Berücksichtigung finden. Landschaftsrahmenpläne werden wieder Berücksichtigung finden. Das Aufsteigen und Landen von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen - so heißt es nun einmal - wird untersagt, insbesondere wichtig für den Vogelschutz. Beim Vorkaufsrecht für Vorranggewässer wird ein Gewässerschutzstreifen mit berücksichtigt. Das macht sonst auch wenig Sinn. Viele weitere Punkte finden Sie in unserem Änderungsantrag. Diese weiteren Punkte stechen vielleicht nicht sofort ins Auge, haben aber für den Naturschutz einen hohen Wert.

Lassen Sie mich nun zum Betretungsrecht kommen. Wir sind mit dem Minister da gar nicht auseinander. Dieser Punkt hat für große Aufregung gesorgt und wurde landauf, landab diskutiert. In jedem anderen Bundesland gibt es darüber gar keine Diskussionen mehr. Klar ist, dass dieser Punkt keine naturschutzfachliche Relevanz besitzt. Man kann

ihn hineinnehmen oder eben auch nicht. Die Grundstückseigentümer haben in der Anhörung ihre Bedenken vorgetragen, und wir haben schon zu Beginn des Verfahrens - zu Beginn des Verfahrens! erklärt, dass unserer Auffassung nach der Punkt nicht im Landesnaturschutzgesetz stehen muss.

Ich habe dies übrigens auch auf einer großen Veranstaltung der CDU-Kreisverbände Nordfriesland und Dithmarschen vor ungefähr 80 Landwirten schon früh erklärt. Sicherlich werden sich einige von Ihnen daran erinnern. Also haben wir diesen Punkt herausgenommen.

(Beifall SPD)

Im Waldgesetz haben wir keine zusätzlichen Änderungen vorgenommen. Dort wird es allerdings in der Umsetzung noch Vorschläge der SPD-Fraktion geben.

Im Landesjagdgesetz wollten wir einen besonderen Schutz für Mauswiesel und Hermelin erreichen und haben diese daher aus der Liste der jagbaren Arten gestrichen. Der Landesjagdverband hat uns allerdings plausibel dargelegt, dass wir mit unseren Änderungen genau das Gegenteil erreicht hätten. Dies war vorher keinem aufgefallen, das geben wir zu.

(Zuruf)

- Ihnen übrigens auch nicht, Sie haben uns ganz andere Vorschläge gemacht.

Dies war vorher keinem aufgefallen, daher finden Sie in unserem Änderungsantrag, der Ihnen heute vorliegt, die Streichung dieses Paragrafen. Das zeigt auch die Ernsthaftigkeit, mit der wir diese Debatte und die Diskussion mit den Verbänden verfolgt haben.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Jagdgatter belassen wir im Gesetz, daran ändert auch das Schreiben der Anwälte von Herrn von Bismarck nichts. Wir haben auch nach rechtlicher Beratung eine andere Auffassung - und übrigens: Gleiches Recht für alle - Punkt, aus!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das! Es geht um Naturschutz!)

Lassen Sie mich ganz persönlich anmerken: So ein Vorgang habe ich in 16 Jahren Landtag noch nie erlebt, dass einem Anwälte kurz vor einem parlamentarischen Verfahren einen Brief schreiben und einem darlegen, worauf wir aufzupassen haben.

(Sandra Redmann)

(Zuruf CDU)

Nun wird es unsere Aufgabe sein, dieses Gesetz in seiner Umsetzung zu begleiten. Dieses wollen und werden wir nicht der Verwaltung allein überlassen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! - Danke.

Ich wiederhole einfach noch einmal den letzten Abschnitt: Ich habe ja noch genug Zeit.

Nun wird es unsere Aufgabe sein, dieses Gesetz in seiner Umsetzung zu begleiten. Dieses wollen und werden wir nicht der Verwaltung allein überlassen. Ich bitte Sie ausdrücklich, dies nicht als Misstrauen zu verstehen. Es wird sich zeigen, ob dieses Gesetz den Ansprüchen in der Praxis gerecht werden kann. Ich bin da sehr zuversichtlich. - Vielen Dank!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Marlies Fritzen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Rickers, „was du ererbt von deinen Vätern hast,“

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

bearbeite es, um es zu besitzen?

(Zuruf)

- „Erwirb es, um es zu besitzen.“ - Faust, genau.

Was wir der nächsten Generation übergeben, wenn wir nichts ändern, ist: Die Hälfte der Tier- und Pflanzenarten in Schleswig-Holstein wird ausgestorben sein. Das ist das, was Sie mit Ihrer Politik, wenn Sie so weitergemacht hätten, erreichen. 50 % der Tier -und Pflanzenarten in Schleswig-Holstein sind akut bedroht. Der Grund sind der zunehmende Flächenverbrauch durch Siedlungs- und Straßenbau, durch Energiewende, aber eben auch durch eine immer intensivere Landbewirtschaftung.

Sie haben von Ihrem so großartigen Gesetz gesprochen, das Sie 2009 auf den Weg gebracht haben

mit und nicht gegen die Menschen. - Herr Rickers, dieses Gesetz war nichts anderes als Raubbau an der Natur. Es war ein Naturschutzbehinderungsgesetz. Sie haben massive Standardabsenkungen vorgenommen, und das Ergebnis - nochmal -, das Sie vererben würden, wären 50 % weniger Tier- und Pflanzenarten in Schleswig-Holstein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, Naturschutz ist kein Luxus, Naturschutz ist auch existenziell für uns. 50 % bedrohte Arten zeigen den Handlungsdruck. Jetzt kommt immer wieder der Spruch von Freiwilligkeit gegen Ordnungsrecht. Wir haben die Freiwilligkeit in unserer Regierungszeit bislang unterstützt. Wir haben mit den Naturschützern und mit dem Bauernverband eine Vereinbarung zur Knickpflege getroffen. Da sind Sie leider noch nicht so weit wie der Bauernverband. Beide sind einverstanden mit diesem Kompromiss. Beide sind einverstanden mit den Vorschlägen zu Pflege und Erhalt, und beide - auch der Bauernverband - sind einverstanden mit 50 cm Saumstreifen, weil sie erstens naturschutzfachlich Sinn machen und zweitens in der Regel in der Bewirtschaftung ohnehin keine so große Rolle spielen. Lassen Sie sich die Zahlen, die auch der Bauernverband hat, gern vorlegen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir haben Freiwilligkeit in der Allianz für Gewässerschutz praktiziert. Man wird in der Tat sehen müssen, was dabei konkret herauskommt. Die Naturschutzverbände sind möglicherweise zu Recht kritisch. Wir werden das auch eng begleiten und evaluieren - aber auch da zunächst das Angebot, freiwillig mehr zu machen.

Wir haben wie keine andere Landesregierung zuvor mehr Mittel in den Vertragsnaturschutz gegeben, um auch da zu sagen: Der Vertragsnaturschutz als ein freiwilliges Instrument ist uns wichtig. Wir wollen es beibehalten, und wir setzen es nicht gegen Ordnungsrecht.

Aber 50 % bedrohte Arten in Schleswig-Holstein heißt: Freiwilligkeit und Ihre schönen Sprüche über der Haustür allein reichen nicht aus. Wenn wir das geschafft hätten, dann brauchten wir kein weiteres Ordnungsrecht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

LNatSchG, das Landesnaturschutzgesetz, ist ein Gesetz zum Schutz der Natur und nicht zum Schutz

(Sandra Redmann)

der Einzelinteressen. Es dient dem Gemeinwohl und nicht den individuellen Interessen ökonomischer oder anderer Art. Die Instrumente haben Sie aufgezeigt, aber Sie haben die so verdreht, dass ich gern bereit bin, das noch einmal klarzustellen.

Grünland als geschütztes Biotop: Wir haben zusammen beschlossen, dass diese Flächen - und zwar nur das arten- und strukturreiche Grünland, das besonders wertvolle Grünland - kartiert werden, weil wir nicht genau wussten, wo diese Flächen liegen. Wir haben es also nicht pauschal unter Schutz gestellt. Wir haben nach der Kartierung herausgefunden - eine kleine Kartierung fehlt noch, das wissen Sie auch -, dass es wahrscheinlich nur noch etwa rund 5.000 ha - das ist weniger als 1 % - in der Hand der privaten Betriebe gibt und die meisten dieser Flächen ohnehin schon dem Naturschutz gehören. Sie haben gesagt, man würde die Leute kalt enteignen. - Die Leute werden nicht kalt enteignet, die Nutzung auf diesen Flächen ist weiterhin erlaubt. Das wissen auch Sie ganz genau. Es ist lediglich untersagt, eine weitere Intensivierung vorzunehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)