Protocol of the Session on March 10, 2016

für Einlagen weiter zu senken. Für den Fall, dass das an die Geschäftsbanken weitergegeben wird, will ich Ihnen sagen, wovor mir vor allem graut: Das ist die politische Begleitung einer unverantwortlichen Geldpolitik der EZB durch den Bundesfinanzminister, die insbesondere kleine und mittlere Sparer betrifft.

(Beifall PIRATEN)

Es ist gerade falsch, Herr Kollege, dass man das Geld dann ja unter die Matratze legen könne; niemand würde das verbieten. Von wegen! Das ist gerade nicht der Fall, sondern damit will der Staat die Bürger zwingen, das Geld auszugeben. Wenn sie nämlich das Geld auf der Bank, bei den Spareinlagen lassen und etwas dafür bezahlen müssen, dass sie es dort lassen, und es günstiger ist, es unter das Kopfkissen zu legen und durch Inflation entwerten zu lassen, wenn das wirklich günstiger ist und sie am Ende mit dem unter dem Kopfkissen liegenden Geld, das den Betrag von 5.000 € übersteigt, nichts mehr anfangen können, dann, meine Damen und Herren, graut mir wirklich davor, weil das wirklich allem widerspricht, weil das sämtlichen Überlegungen widerspricht,

(Beifall FDP, PIRATEN und SSW)

dass Menschen für ihr Alter vorsorgen sollen und das am besten mit sicheren Anlagen tun sollen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Sie kleine Sparer oder Menschen mit mittlerem Einkommen

auf einmal alle zu Börsenspekulanten machen wollen. Also, vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Antrag auf Ausschussüberweisung, dem wir uns anschließen, genau das Richtige; denn ich bin der Auffassung, dass wir noch eine ganze Menge dazu zu sagen haben, ob das wirklich ein richtiges Instrumentarium ist. Ich halte es für ein falsches Instrument, um das hier auch sehr deutlich zu sagen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Wir Freien Demokraten wollen einen transparenten Staat, aber wir wollen keinen gläsernen Bürger, liebe Kolleginnen und Kollegen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. - Das Wort für die Kolleginnen und Kollegen des SSW erteile ich dem Abgeordneten Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann sich in der Tat zu Tode regeln. Es wird ja immer als Begründung gebracht, dass Kriminelle und Terroristen in irgendeiner Art und Weise dadurch eingeschränkt werden sollten, dass man nun eine Bargeldobergrenze einführt. Ich glaube allerdings wirklich nicht, dass Kriminelle sich an so etwas halten würden. Es wäre ja ein völliger Irrwitz, dass sich ein Krimineller von einer Handlung abhalten lässt, weil sie kriminell ist. Das wird er natürlich nicht tun, meine Damen und Herren.

Es geht natürlich immer auch darum: Welches Ziel wird eigentlich damit verfolgt? Es geht ja nicht darum, dass Kriminelle verfolgt werden sollen. Wer das anführt, der meint in Wirklichkeit etwas völlig anderes; denn es ist inzwischen auch nicht mehr so, dass Kriminelle - so wie in den 80er-Jahren bei Miami Vice - in einem weißen Anzug mit Köfferchen durch die Gegend laufen und ihre Drogen hin und her dealen.

Das läuft heutzutage völlig anders. Das läuft alles über Scheingeschäfte; das läuft alles schon interna

(Dr. Heiner Garg)

tional. Das hat mit einer solchen Grenze also überhaupt nichts zu tun.

(Beifall PIRATEN, Flemming Meyer [SSW] und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eigentlich geht es hier darum, dass man einen Überwachungsmechanismus einführen will. Das ist das Ziel dieser Maßnahme. Man will einen Überwachungsmechanismus, um die Geldtransfers der Bürger besser überwachen zu können.

(Beifall PIRATEN und Flemming Meyer [SSW])

Das ist das Ziel. Hier geht es um etwas ganz Wichtiges, nämlich um Bürgerrechte. Es geht um Bürgerrechte, beispielsweise aber auch um Steuerhinterziehung; natürlich geht es auch darum. Die Frage ist, wie man das abwägt: die Freiheit der Bürger auf der einen Seite, die Strafverfolgung beziehungsweise die Vorabdatenspeicherung in Bezug auf Geld auf der anderen Seite. Sie ahnen schon, in welche Richtung das geht. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ja, wir sind da eher pro Bürgerrechte. Die Bürger sind uns wichtiger als dieses Instrument.

(Beifall PIRATEN und Flemming Meyer [SSW])

Die Regelung muss man im Übrigen zu Ende denken: Wenn wir eine solche Obergrenze einführten, dann müsste man sich auch die Frage stellen, wie viel der Bürger überhaupt noch abheben darf. Darf er dann noch bis zu 5.000 € oder darüber hinaus abheben? Wann wird auch die Grenze dafür gesenkt? Wann wird das überprüft? Ein Bürger könnte ja auf die Idee kommen, zu sagen: Dann hebe ich eben fünfmal 1.000 € ab, und alles ist gut. - Welcher Überwachungsmechanismus wird dann bei den Banken implementiert, damit auch solche illegalen Abhebungen und illegalen Überweisungen nicht stattfinden können? Ich finde, das ist eine ganz schräge Diskussion.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

- Lieber Kollege Koch, jetzt hören Sie einmal genau zu, wie das eigentlich funktioniert - der Kollege Neve hat das eben wunderbar vorgemacht -: Die Vorgangsweise ist ähnlich der bei der Vorratsdatenspeicherung. Man läuft erst einmal los und begründet den Eingriff damit, dass der Terrorismus bekämpft werden soll. Das war bei der Vorratsdatenspeicherung genau das Gleiche. Man hat gesagt: Da ist Terrorismus. - Das hat Herr Neve eben auch gesagt: Wir machen das zur Bekämpfung des Terrorismus. - Man erbringt aber keinen Nachweis für

die Sinnhaftigkeit. Es gibt keine Fälle, in denen ein Terrorist 6.000 € bar in der Hand hatte und deswegen etwas geschehen ist. Solche Fälle werden gar nicht angeführt, sondern es wird einfach nur gesagt: Terrorismus. - Und dann muss was kommen: Erst einmal werden alle unter Generalverdacht gestellt, Herr Neve selber natürlich auch, aber auch meine Wenigkeit und alle anderen Bürger da draußen. Das ist völlig egal; alle sind erst einmal generell verdächtig und müssen mit diesem System überwacht werden.

Danach betreibt man den großen finanziellen Aufwand, der dadurch entsteht. Das ist dann aber okay, da hat man dann richtig Ressourcen. Am Ende, wenn das erst einmal implementiert ist, werden auch noch Verschärfungen gefordert. Dann wird gesagt: Wir müssen diese Grenze noch einmal absenken. Am Ende wird man diese Maßnahme dann nicht mehr los. Das ist genau das Gleiche wie bei der Vorratsdatenspeicherung. Das ist genau das gleiche System. Es gibt überhaupt keinen Grund, eine Bargeldobergrenze einzuführen; aber wenn mit dem Terrorismus argumentiert wird, meint man, dass man das hinbekommt.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Koch?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Harms, ist Ihnen bekannt, dass es bereits heute eine Grenze von 10.000 € für Bargeldeinzahlungen bei Banken gibt? Ab diesem Betrag müssen Sie sich persönlich identifizieren. Die Personalien werden festgehalten. Das Ganze dient der Verhinderung beziehungsweise Bekämpfung von Geldwäsche. Nach Ihrer Logik hätte man das auch ablehnen müssen, weil das der erste Schritt war, dem jetzt der zweite Schritt folgt. Vielleicht ist Ihnen aber auch bekannt, dass genau diese Maßnahme in durchaus erklecklichem Ausmaß zur Aufdeckung von Geldwäsche beiträgt.

- Lieber Kollege Koch, natürlich ist mir das bekannt. Ich habe aber immerhin das Recht, weiterhin einzuzahlen, und ich habe das Recht, weniger als 10.000 € auf mein Konto einzuzahlen, ohne dass der Staat mich kontrolliert. Das finde ich auch in Ordnung. Das aber umzudrehen, und jeden, der über 5.000 € in irgendeiner Art und Weise verwen

(Lars Harms)

den will, zu kriminalisieren, weil man sagt: „Das sind möglicherweise alles Kriminelle, und deswegen müssen sie überwacht werden“, entspricht nicht meiner Sicht der Dinge. Da sind wir völlig unterschiedlicher Auffassung.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Das ist auch okay so.

Meine Damen und Herren, noch eine letzte Bemerkung. Das Ding geht ja noch weiter: In dem Moment, in dem wir die Leute dazu zwingen, immer unbar zu zahlen, kann das geschehen, was bei unserem nördlichen Nachbarn schon Realität ist. In Dänemark ist es zwar nicht erzwungenermaßen, aber trotzdem durchaus üblich, mit der sogenannten Dan-Kort zu bezahlen. Das ist ein Zahlungssystem unbarer Art, ähnlich einer Scheckkarte. Dieses System, das in der Vergangenheit von einem dänischen Unternehmen betrieben wurde, wurde inzwischen von einem amerikanischen Unternehmen aufgekauft. Das heißt, inzwischen unterliegen sämtliche Datenverläufe dem Patriot Act. Das heißt, die Amerikaner können sich jede, wirklich jede Zahlung über dieses Dan-Kort-System komplett angucken und sehen, was die Leute tun. Ich glaube nicht, dass wir das wollen.

Bargeldzahlungen sind immer noch ein Stück Freiheit, und diese Freiheit sollte man nicht einschränken. Bargeld ist im Übrigen auch die sicherste Bezahlungsform, die es gibt. Und irgendwie hat das Schlachten eines Sparschweins ja auch noch eine sinnliche Komponente. Wenn wir schon über Schweinchen reden, sage ich: Ich hätte immer wieder Bock darauf, ein Sparschwein zu schlachten und mir mein Geld da rauszuholen.

Mit diesem Antrag sollten wir so verfahren, wie man das mit Bargeld normalerweise nicht macht, nämlich ihn überweisen, und zwar an den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt SPD und PIRATEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Uli König.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Geldsystem funktioniert im Moment, was Überweisungen und elektronisches

Bezahlen angeht, nach dem Motto: Alles kann, nichts muss und niemand muss. Das finde ich gut. Man kann bar bezahlen, man kann aber auch elektronisch bezahlen. Das soll jetzt eingeschränkt werden.

Meine Damen und Herren, auch ich zahle nicht alles bar, auch wenn der Kollege Breyer das manchmal vielleicht ganz gern hätte. Aber ich finde es gut, dass ich die Freiheit habe, jederzeit komplett auf Bargeld umzusteigen und alles bar zu bezahlen. Das ist das, was wir heute hier verteidigen möchten.

(Beifall PIRATEN)

Der Kollege Koch hat es gerade schon angedeutet: Es gibt heute schon Regeln. Wenn ich zur Bank gehe und mehr als 10.000 € einzahle, dann muss die Bank das melden. Ich meine, es gibt auch Regeln, nach denen es auch gemeldet werden muss, wenn ich jeden Tag 1.000 € einzahle und dadurch auf über 10.000 € im Monat komme. Das hilft also nichts. Im Geldwäschegesetz gibt es, glaube ich, auch eine Regelung, nach der auch ein Bargeschäft über 15.000 € gemeldet werden muss. Das heißt, wenn ich ein teures Auto kaufe, dann kann ich das zwar bar bezahlen, aber das findet nicht anonym statt, weil auch das gemeldet werden muss. Als PIRAT finde ich das nicht gut; aber da sind wir schon.

(Peter Eichstädt [SPD]: Es geht dabei um die Herkunft der Gelder!)

Es wurde gerade kritisch darauf hingewiesen, dass es schon anonyme Bezahlmethoden gibt. Das Stichwort „Bitcoin“ ist gefallen. Ich möchte diesem Einwand widersprechen: Bitcoin ist kein anonymes Zahlungssystem.

(Beifall PIRATEN)

Bitcoin ist ein pseudonymes Bezahlsystem. In meinen Augen ist es nicht einmal ein gutes, weil alle Transaktionen, die jemals mit Bitcoins getätigt werden, für immer gespeichert werden. Das ist schlimmer als die Vorratsdatenspeicherung. Wenn man an irgendeinem Punkt herausbekommt, wer wer ist, dann kann man alle Zahlungen auf immer und ewig nachvollziehen. Das ist kein gutes Bezahlsystem. Bitcoin ist keine Alternative.

(Beifall PIRATEN)

Wenn Sie so etwas wie „Breaking Bad“ im Fernsehen gesehen haben, dann wissen Sie, wie einfach Geldwäsche ist. Sie brauchen sich nur eine Waschanlage zu kaufen und dann Umsätze zusätzlich ein

(Lars Harms)

zubuchen, die Sie gar nicht gemacht haben. Schon haben Sie das Geld gewaschen, und Sie können den Kram relativ einfach überweisen.