Protocol of the Session on March 10, 2016

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Ich habe Beifall geklatscht!)

- Danke. Das dürfen Sie.

Meine Damen und Herren! Hätten Sie schon früher auf die Freien Demokraten gehört, dann wären die Gelder längst sinnvollerweise in die Qualitätsverbesserung der frühkindlichen Bildung geflossen, dann wären zum Beispiel längst zwei Fachkräfte in einer Gruppe.

Ich möchte einen Blick auf die Zahlen werfen. Folgt man dem CDU-Antrag, so sollen 23 Millionen € auf alle Kindertagesstätten, also auch auf Ü 3, verteilt werden. Wir haben dort 104.777 Betreuungsplätze. Das bedeutet, dass bei 23 Millionen € auf jedes Kind pro Jahr ungefähr 220 € entfallen. Bei einer Kitagruppe mit 20 Kindern bedeutet das

einen jährlichen Zuwachs von 4.400 €. Eine Erzieherin, die in die Gehaltsstufe S 8, Einstiegsstufe, eingruppiert ist, verdient im Jahr ungefähr 29.000 €. Man könnte eine Erzieherin mit diesen 4.400 € also zu 15 % finanzieren. Das entspräche einer Personalaufstockung um 0,15 %. Das heißt, statt 1,5 hätte man zukünftig 1,65 Stellen. Da kann man nicht wirklich von einer Qualitätssteigerung sprechen. Wir werden damit keine erweiterten Öffnungszeiten, keine zusätzlichen Vor- und Nachbereitungszeiten hinbekommen.

Nebenbei sollen auch noch die Kommunen entlastet werden, die in der Tat inzwischen weit über 50 % der Kosten übernehmen. Da frage ich: Sollen die 23 Millionen € nun on top kommen, um die Qualität zu verbessern, oder sollen die Kommunen entlastet werden? Beides geht meiner Meinung nach nicht. Funktionieren könnte das lediglich, wenn man sich auf den U-3-Bereich konzentriert; denn nach unseren Berechnungen könnte man mit den 23 Millionen € in diesem Bereich die Fachkraftquote pro Gruppe um 0,5 Stellen verbessern.

Was ich wirklich enttäuschend finde, ist, dass die Landesregierung einfach nicht den Willen und die Kraft aufbringt, endlich die komplizierten Finanzströme im Kita-Bereich zu entflechten, und das, obwohl allen längst klar ist, dass das überfällig ist. Stattdessen wird das System weiter verkompliziert.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich schreibe CDU und SPD ins Stammbuch: Mit Prämien steigert man keine Qualität, und die Wähler sind nicht so dumm, dass sie das nicht durchschauten.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin fast am Ende. - Ich darf noch einen Satz zum Ausbau der Krippen sagen: Gucken Sie nach NRW; die sind dort wesentlich weiter als wir hier, Frau Midyatli.

(Beifall FDP - Beate Raudies [SPD]: Was ist das denn für eine Ansage?)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der PIRATEN hat das Wort der Herr Abgeordnete Wolfgang Dudda.

(Anita Klahn)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne meine Rede mit einem Zitat aus einer Rede der Kollegin Dr. Bohn aus der Debatte im Jahr 2014. Sie sagte:

„Dazu gehört mehr Geld für Bildungs- und Betreuungsangebote, mehr Geld für Qualität, für … Personal, für flexiblere Öffnungszeiten. Deswegen greifen wir den Kommunen in Schleswig-Holstein bei dem Ausbau der Kinderbetreuung kräftig unter die Arme.“

Dieses Zitat stammt aus einer Debatte über das verfassungswidrige Betreuungsgeld. Damals waren wir uns mit der Koalition alle einig, dass ein Umbau - von geldzentrierten Leistungen zu infrastrukturellen Leistungen - erforderlich ist.

(Beifall PIRATEN)

Diesem Grundsatz haben Sie sich in Ihrem eigenen Antrag schon damals verpflichtet. Der Antrag wird durch die Drucksache 18/3354 untermauert.

Nun kann man ja neue Prinzipien bedienen, wenn einem die alten zu langweilig geworden sind. Wenn man dabei aber gleichzeitig einen Paradigmenwechsel vollzieht, sollte dies gut begründet sein. Im Hinblick auf die Kita-Struktur kann das nur bedeuten, dass Sie der Meinung sind, dass wir unter RotGrün-Blau quasi schon paradiesartige Zustände erreicht haben. Ich will anerkennen: Die Summen, die Sie aufwenden, sind bemerkenswert und großartig. Das ist keine Frage, aber Mühe allein genügt nicht, um es einmal so zu sagen. Wenn man mit den Akteuren vor Ort spricht, dann stellt man fest, dass die Kommunen noch nicht spüren, dass das Geld ankommt. Die GEW, die wahrlich nicht im Verdacht steht, regierungsunfreundlich zu sein, meldete schon am 1. März 2016 Zweifel an diesem Paradies an. Sie sagt:

„In den Kitas müssen die ‚tragischen Opern‘ bei schlechten Rahmenbedingungen endlich runter vom Spielplan. Die Zahl der Kinder, für die eine einzelne Erzieherin Verantwortung trägt, ist einfach zu groß.“

Das korrespondiert mit der Studie der Bertelsmann Stiftung, die einen Schlüssel von 1 zu 3,7 bei Krippenkindern und einen Schlüssel von 1 zu 8,9 im Elementarbereich festgestellt hat. Da noch Zeiten für Teamgespräche, Elternberatung oder Dokumentation abgezogen werden müssen, stellt sich das Betreuungsverhältnis in Wahrheit noch schlechter dar. Das bringt die GEW zu der Aussage - das ist auch vom 1. März 2016 -:

„Trotz leichter Fortschritte ist SchleswigHolstein von einem kindgerechten Betreuungsverhältnis noch weit entfernt.“

Dazu fällt mir ein Satz aus der Handball WM 2007 ein. Er lautet: Doping im Handball bringt nichts, in die Kerle muss das Zeug. - Das heißt im Klartext, dass trotz aller Bemühungen des Landes, der Kommunen und sonstiger freier Träger, die sichtbar sind und für die wir an dieser Stelle nur herzlich danken können, noch richtig viel zu tun ist. Wir brauchen ein besseres Fachkraft-Betreuungsverhältnis, wir brauchen verbesserte Arbeitsbedingungen für die pädagogischen Fachkräfte, und wir dürfen es bei den Bedarfen nicht bei schlaglichtartigen Momentaufnahmen belassen; denn die Berücksichtigung der stetig wachsenden Integrationsleistungen, zum Beispiel für die Betreuung von Flüchtlingskindern, bringt alltäglich neue und größere Herausforderungen mit sich.

Wenn wir aufrichtig sind, müssen wir feststellen, dass wir das nicht allein mit Landes- und kommunalen Mitteln stemmen können. Da bin ich völlig bei der Kollegin Erdmann. Da müssen wir den Bund ins Boot holen und uns für ein Bundeskindertagesstättengesetz oder eine Stärkung der Kindertagesstätten durch den Bund einsetzen. An der Stelle springt mir die CDU mit ihrem Antrag ein wenig zu kurz. Was für den Schulbereich gilt, gilt ebenso für den vorschulischen Bereich. Wir werden auf Leistungen des Bundes mithin nicht verzichten können, wenn wir es ernst meinen mit einer deutlichen Verbesserung der Situation in den Kitas.

Was wir hingegen gar nicht brauchen, ist ein KitaGeld, das einkommensunabhängig und ohne Berücksichtigung von Sozialstaffeln ausgezahlt wird. Diesbezüglich habe ich Probleme mit den Krokodilstränen der CDU; erinnern wir uns an das Betreuungsgeld.

Wenn Sie zu viel Geld haben, liebe Kollegen von der Koalition, dann stecken Sie es in die Struktur, dann nehmen Sie positiv Einfluss auf die Ausstattung der Einrichtungen, auf das Betreuungsverhältnis und am Ende auch auf die Gebührenordnung, falls es Ihnen darum gehen sollte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Vielen Dank. - Das Wort für den SSW hat der Herr Kollege Fleming Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die CDU will mit ihrem Antrag erreichen, dass die für das Kitageld vorgesehenen Mittel in die Verbesserung der Qualität von Kindertageseinrichtungen investiert werden. Daneben sollen die Kommunen bei der Finanzierung der Kinderbetreuung unterstützt werden.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Das klingt schön und gut, zumindest für die Menschen, die sich mit diesem Thema noch nicht näher beschäftigt haben; denn Fakt ist, dass Bund und Land den Kommunen in den letzten Jahren dreistellige Millionenbeträge für Ausbau und Betrieb der Einrichtungen zur Verfügung gestellt haben. Wir haben uns hier zuletzt im November letzten Jahres mit der Situation im Bereich der frühkindlichen Bildung beschäftigt. Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass Schleswig-Holstein bei der Grundversorgung mit diesen Angeboten im Bundesvergleich in den letzten Jahren viel Boden gutgemacht hat.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist und bleibt das Ergebnis einer entsprechenden politischen Prioritätensetzung und damit ein Stück weit unser gemeinsamer Erfolg.

Gerade vor diesem Hintergrund stört mich der Grundton des Antrags; denn er legt den Gedanken nahe, dass wir uns weder um die Qualität in den Einrichtungen noch um die Unterstützung der Kommunen kümmern, und das ist schlicht und einfach falsch.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Kita-Geld ist in meinen Augen absolut richtig angelegt. Es bedeutet eine konkrete Entlastung für die Eltern und ist damit ein erster Schritt auf dem langen Weg zur kostenlosen frühkindlichen Bildung. Das ist ein politischer Beschluss dieser Koalition. Wir sind natürlich fest davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist. Der SSW fordert traditionell, dass Bildung kostenlos sein muss. Wir haben immer gesagt, dass der Bildungserfolg nicht vom Portemonnaie der Eltern abhängen darf.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade im Kitabereich wird die Grundlage für gleichwertige Bildungschancen gelegt.

Eines habe ich mehrfach betont: Unser Ziel ist eine echte frühkindliche Bildungsinfrastruktur; nicht nur ein einfaches Betreuungsangebot, sondern ein echtes Bildungsangebot für unsere Kleinsten. Der Qualitätsaspekt war dieser Koalition natürlich von Beginn an extrem wichtig. Der entsprechende Bildungsauftrag ist längst formuliert. Und auch wenn hier noch nicht alles Gold ist, was glänzt, wird dieser Auftrag in den Kitas seit Jahren mit Leben erfüllt. Das Land leistet hier übrigens ganz selbstverständlich seinen Beitrag.

Egal ob Fachkraft-Kind-Schlüssel, pädagogische Fachberatung oder Sprachbildung: Überall wird erheblich mehr investiert als noch vor wenigen Jahren. Im Bereich der Betriebskosten betrug die Gesamtförderung 2012 noch rund 107,5 Millionen €. Heute sind es fast 200 Millionen €.

(Beifall SSW und SPD)

Die Investitionsausgaben haben wir im gleichen Zeitraum von 134,2 Millionen auf 236,2 Millionen € gesteigert.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich werden wir hier insgesamt noch besser werden, aber vor diesem Hintergrund zu behaupten, wir würden die Kommunen im Stich lassen und die Frage der Qualität nur von ihrer Finanzkraft abhängig machen, ist schon etwas abenteuerlich.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können mir sicher alle zustimmen, wenn ich behaupte, dass das Finanzierungssystem in diesem Bereich vergleichsweise kompliziert ist. Nicht nur der Verwaltungsaufwand ist mitunter erschreckend hoch. Leider sieht auch nicht jeder im gleichen Umfang seine Verantwortung für die frühkindliche Bildung. Wir haben hier also durchaus gewisse regionale Unterschiede. Für den SSW ist und bleibt aber klar, dass Bund, Länder und Kommunen weiterhin und gleichermaßen in der Pflicht bleiben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch für die Zukunft gilt also: Wir alle müssen unseren Beitrag leisten, und wir alle sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Geld dort ankommt, wo es hingehört, nämlich bei den Kitas zum Wohle und zugunsten unserer Kinder. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat nun Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann von der CDU-Fraktion.