Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein kluges deutsches Wort sagt: Vertrauen ist das Abschaffen unserer ständigen Kontrolle der Mitmenschen. Ich möchte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund einmal ganz im Vertrauen - wir sind ja so unter uns - fragen: Wer war in der jüngsten Zeit Blut spenden, oder wer spendet regelmäßig Blut? Hat einer von denen, die sich jetzt angesprochen fühlen, in den ersten fünf Jahren seines Lebens in einem Malaria-Gebiet gelebt, oder gehört einer von ihnen zu der Gruppe von Menschen, die in der Zeit vom 1. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1996 insgesamt länger als sechs Monate in Großbritannien oder in Nordirland gelebt haben? Heben Sie doch einmal die Hand, wenn Sie in den letzten paar Jahren - vielleicht im Rahmen eines DRK-Besuches - in Ihrem Wahlkreis Blut gespendet haben und dies, obwohl Sie vielleicht wechselnde Geschlechtspartner hatten? - Keiner?
Nein, nicht einmal ein paar und aus Versehen? Das finde ich ganz toll. Ich habe eben nur einige wenige Kriterien aus dem Ausschlusskatalog zur Blutspende abgefragt und kann beruhigt feststellen, dass vom Ministerpräsidenten an bis zu meinem Fraktionsvorsitzenden jeder und jede in diesem Saal unbehelligt Blut spenden kann - es sei denn, er wäre homosexuell oder bisexuell. Da fragt dann keiner mehr, ob er in einer glücklichen Beziehung monogam lebt oder nicht. Da ist die Frage der risikobehafteten Praktiken ganz egal.
Wir halten diese Regelung - wie zum Beispiel auch der gesamte Landtag im Saarland - für hochgradig problematisch, da sie nicht nur betroffene Männer diskriminiert, sondern damit auch ein schwerwiegendes Hemmnis gegen die Entwicklung einer teilhabeorientierten Gesellschaft darstellt.
Wenn wir genauer hinsehen, wird klar, dass das pauschale Ausschlussgebot auch eine unverschämte Unterstellung darstellt; denn es impliziert, dass homosexuelle Männer grundsätzlich stetig wechselnde Geschlechtspartner haben, und es schließt aus, dass diese ganz normale langfristige monogame Beziehungen führen können. Eine Unverschämtheit!
Natürlich erkennen wir an, dass bestehende Risiken bei der Blutspende ausgeschlossen werden müssen. Das kann und darf sich aber nur auf das Risikover
Sind die Sexualpraktiken eines potenziellen Spenders safe oder nicht safe? Darum geht es unbedingt und ausschließlich. Der gesamte saarländische Landtag hat sich dafür stark gemacht, dass homound bisexuelle Männer nicht länger von der Blutspende ausgeschlossen bleiben. Die Landesregierung im Saarland wird sich für dieses Ziel nach dem starken Signal einsetzen und damit auch der Feststellung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 2015 anschließen und für einen Abbau der verstetigten Diskriminierung sorgen.
Wir finden das gut, und wir hoffen, dass auch der Landtag in Schleswig-Holstein seiner Antidiskriminierungsstelle folgen und ein genauso starkes Signal setzen wird.
Wir alle hier im Saal wissen, dass für die Zulassung von Blutspenden in Deutschland verschiedene Normen Grundlage sind. Gemäß den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten, aufgestellt gemäß den §§ 12 a und 18 Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut in der von der Bundesärztekammer verabschiedeten Fassung - furchtbares Deutsch wieder -, werden Personen von der Blutspende ausgeschlossen, um Sicherheit zu schaffen und um denen, die Hilfe brauchen, risikofreie Hilfe zukommen zu lassen. Um dies sicherzustellen, darf es aber kein Diskriminierungsgebot geben.
Wir müssen uns darauf verlassen, dass auf Grundlage von individualisierten Fragebögen alle Fragen aufrichtig beantwortet werden. Betroffen ist, wer häufig ungeschützten Sex mit wechselnden Geschlechtspartnern hat, wer von Drogen, Tabletten oder Alkohol abhängig ist, und derjenige, der bestimmte Krankheiten zu bewältigen hat. Das hat nichts, wirklich gar nichts mit Homosexualität oder Bisexualität zu tun.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dies in diesem Hause irgendjemand anders sieht. Machen wir also der in Gang gekommenen Entwicklung Beine. Die Richtlinien zur Blutspen
de sind in der Überarbeitung; das ist bekannt. Zeigen wir für Schleswig-Holstein Flagge, und machen wir deutlich, dass ein Gebot der generellen Diskriminierung in diesen Richtlinien nichts mehr zu suchen hat. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Noch eine letzte Bemerkung: Ich habe gehört, dass diesem Antrag mit Wohlwollen begegnet wird. Vor dem Hintergrund bin ich sehr damit einverstanden, wenn wir im Ausschuss weiter darüber sprechen. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein sinngemäß gleicher Antrag wurde bereits 2013 von „Jugend im Landtag“ hier im Landtag gestellt. Die Jugendlichen forderten seinerzeit den Schleswig-Holsteinischen Landtag auf, auf Bundesebene die Reform des Transfusionsgesetzes voranzutreiben - mit dem Hauptziel, die direkte Frage nach der Sexualität des Blutspenders zu unterlassen und andere Formen zur Ermittlung von Risikogruppen heranzuziehen, wobei der Schutz des Empfängers immer im Vordergrund stehen muss. In den Stellungsnahmen aller Parteien herrschte zu diesem Antrag inhaltlich eine große Einigkeit. Niemand will einen Generalverdacht, und alle Parteien unterstützten diesen Antrag.
Wir möchten, dass das Risikoverhalten im Vordergrund steht, welches jeweils zum Ausschluss führen kann. Es sollte nicht die Risikogruppe insgesamt entscheidend sein, sondern das individuelle Risikoverhalten des Blutspenders.
In der Europäischen Union sind nach heutigem EURecht Personen mit einem hohen Risiko für Infektionskrankheiten wie HIV von der Blutspende ausgeschlossen. In Deutschland wird diese Europäische Richtlinie durch das Transfusionsgesetz umgesetzt.
Die Ausschlusskriterien zur Blutspende legt die Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut fest. Hier werden verschie
denste Ausschlusskriterien formuliert und definiert. Ausgeschlossen werden alle, deren Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragene schwere Infektionskrankheiten wie HBV, HCV oder HIV bergen. Und pauschal werden Männer ausgeschlossen, die Sexualverkehr mit Männern haben, sowie weibliche und männliche Prostituierte und Heterosexuelle, die Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern haben. Zudem gibt es Ausschlusskriterien wie Diabetes und Drogenabhängigkeit. Auch Transplantierte werden ausgeschlossen.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat herausgefunden, dass etwa zwei Drittel aller HIV-Neuinfizierten homosexuell aktive Männer sind. Wir stehen hier in einem Spannungsfeld zwischen dem Schutz vor gruppenbezogener Diskriminierung und der höchstmöglichen Sicherheit bei der Vermeidung von Infektionskrankheiten durch Blutkonserven. Einen Menschen allein wegen seiner sexuellen Orientierung, seines Geschlechts oder seines sexuellen Verhaltens von der Blutspende auszuschließen, ist diskriminierend.
Wir müssen aber auch bedenken, dass es ein kleines Restrisiko bei der HIV-Infektion gibt, weil erst zwei Wochen nach der Infizierung das Virus labortechnisch in einem Testverfahren nachweisbar ist. Theoretisch ist es wegen dieses Diagnoseversatzes möglich, dass es zu einer HIV-Infektion durch eine Blutkonserve kommt, mit einer jedoch sehr geringen Wahrscheinlichkeit von 1:1.000.000.
Wir würden gern über die Inhalte dieses Antrages, der fast wortgleich in die Landtage des Saarlandes und Thüringens sowie in die Bremische Bürgerschaft eingebracht worden ist, im Sozialausschuss intensiv miteinander diskutieren und uns den fachlichen Rat des Paul-Ehrlich-Instituts und der Bundesärztekammer holen. - Ich sehe hier viel Nicken. Ich wäre froh, wenn wir das hinkriegen könnten. Ich glaube, das ist möglich, und sage: Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An Flüchtlinge vermieten wir nicht, weil die immer die Wohnungen verwüsten; HIV haben eh nur die Schwulen; den Frauen fehlt die Härte fürs Geschäft, und damit sind wir nicht kompetent für Führungspositionen. - Warum sage ich das? Weil das nur drei von unzähligen Grundannahmen sind, die nicht nur einen aktuellen Bezug haben, sondern die, wenn wir ihnen nicht wiedersprechen, auch zu sozialen und in der Folge zu strukturellen Diskriminierungen heranwachsen und zu einer ausgrenzenden Haltung unserer Gesellschaft führen. Solche Aussagen werden dazu benutzt, zu rechtfertigen, warum manche Menschen besser oder schlechter behandelt werden dürfen als andere. Das ist aber falsch; denn jeder Mensch ist einzigartig und darf nicht aufgrund irgendeiner persönlichen Eigenschaft in eine Gruppe gesteckt oder diskriminiert werden.
Wer schon einmal selbst Diskriminierungserfahrungen gemacht hat, der weiß, dass Diskriminierung nicht nur zu einem Gefühl führen kann, Mensch zweiter Klasse zu sein, sondern dass das auch zu Unsicherheiten und Angst führt. Das wirkt sich deutlich auf die Psyche der Betroffenen aus. Man fühlt sich nicht nur herabgewürdigt, man ist herabgewürdigt.
Das Verbot jedweder Art von Diskriminierung finden wir in der UN-Menschenrechtscharta wieder. In der deutschen Gesetzgebung ist dies nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ebenso verboten. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern und zu beseitigen.
Mit diesem Anspruch müssen wir fortwährend unsere in der Praxis bestehenden Regelungen und Abläufe überprüfen und sie entsprechend unserem Ziel einer diskriminierungsfreien Gesellschaft ausrichten.
Auch in Deutschland gilt ein Blutspendeverbot für homosexuelle Männer, für alle homosexuellen Männer. Richtig ist, bei Blutprodukten und Bluttransfusionen keine Kompromisse in Sachen der Sicherheit zu machen. Deshalb ist es richtig, mit ge
eigneten Verfahren alle Risiken rational zu ermitteln, allerdings ohne Vorsichtsmaßnahmen, die sich an Vorurteilen festmachen.
(Peter Lehnert [CDU] spricht mit Vizepräsi- dent Heinemann. - Sandra Redmann [SPD]: Also, das kann jetzt doch wohl nicht wahr sein! Entschuldigen Sie mal! Wir können auch noch einen Kaffee holen!)
Vielen Dank. - Wer in Schleswig-Holstein Blut spenden geht, wird auf seinem Selbstauskunftsbogen die Frage wiederfinden, ob er homosexuellen Kontakt zu einem Mann hat, also ob er schwul ist. Wird dies bejaht, führt dies automatisch zum Ausschluss von der Blutspende, ohne dass das Blut untersucht wird. Dabei sind es ja nicht die Schwulen, die ein höheres HIV-Risiko haben. Vielmehr betrifft das alle Menschen, die ungeschützten Sexualverkehr mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern oder -partnerinnen haben. Fakt ist auch, dass seit einigen Jahren die Zahl der Infizierten unter den Heterosexuellen stetig zunimmt. Hinzu kommt, dass sich die Testmöglichkeiten seit der gehäuften Übertragung von HIV durch Blutprodukte in den späten 80er-Jahren deutlich verbessert haben.
In der Diskussion über die Aufhebung des generellen Blutspendeverbotes habe ich hin und wieder gehört, dass eine solche Abfrage, ob man solche Kontakte hatte, doch eigentlich gar nicht schlimm sei. Es sei doch nun einmal so, dass die Schwulen ein höheres HIV-Infektionsrisiko hätten. Genau solche Aussagen müssen wir hinterfragen; denn die Größe einer Gruppe ist unerheblich. Stelle ich eine Gruppe, unabhängig von ihrer Größe, unter Generalverdacht, schreibe ich allen Menschen dieser Gruppe pauschal ein Merkmal zu, und das ist ganz klar eine Diskriminierung, wie wir sie nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eben nicht wollen.
Auch die Intensität, mit der die Diskriminierung wirkt, ist für mich unbedeutend. Diskriminierung bleibt Diskriminierung. Nur ein bisschen Diskriminierung gibt es nicht. Es ist richtig, dass wir auch über das generelle Blutspendeverbot diskutieren,