Protocol of the Session on March 10, 2016

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der sozialen Wohnraumförderung ist seit Jahrzehnten der Bau Tausender bezahlbarer Wohnungen in Schleswig-Holstein zu verdanken. Besonders hervorzuheben ist dabei das Engagement der zahlreichen Baugenossenschaften hier in Schleswig-Holstein. Das Sonderprogramm „Erleichtertes Bauen“ knüpft an diese Tradition an. Es ist ein sehr innovatives Förderprogramm für den sozialen Wohnungsbau, für bezahlbaren Wohnraum. Damit unterstreicht die Landesregierung ihren Willen und ihre Verantwortung für die kurzfristige Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Uns geht es darum, Wohnraum für alle zu schaffen. Wir werden Flüchtlinge nicht gegen Bürgerinnen und Bürger, die schon lange auf der Warteliste der Wohnungsämter stehen, ausspielen.

(Beifall SPD)

Wir wollen keinen Sozialneid, sondern wir wollen Zusammenhalt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Torge Schmidt)

Das Sonderprogramm richtet sich an Investoren, die in Partnerschaft mit den Kommunen Wohnraum schaffen, aber auch an die Kommunen selbst. Jede Kommune wird in die Lage versetzt, sozialen Wohnraum selbst betreiben zu können. Damit wird der Startschuss für die ersten 4.000 Wohnungen gegeben. Aber dabei wird es nicht bleiben können. Schleswig-Holstein benötigt in den nächsten Jahren mindestens 20.000 neue Wohnungen für die Bezieher unterer und mittlerer Einkommen.

Das Sonderprogramm „Erleichtertes Bauen“ fördert den Neubau von Mietwohnungen für Bürgerinnen und Bürger, die eine Berechtigung zur Belegung einer Sozialwohnung haben. Das gilt auch für Flüchtlinge.

Die 4.000 Wohnungen, die errichtet werden, sind langlebig, von hohem Baustandard, und sie werden auch barrierefrei sein, entsprechend den Vorgaben der Landesbauordnung. Vergleichbar mit der üblichen Bauweise im sozialen Wohnungsbau werden diese 4.000 Wohnungen errichtet. Schlichtwohnungsbau wäre hier eindeutig der falsche Weg.

Auf den angespannten Wohnungsmärkten des Landes, insbesondere im Hamburger Umland, in Kiel und in Lübeck, sind jede Gemeinde und jede Stadt aufgerufen, Bauland zur Verfügung zu stellen; denn ohne Bauland wird dieses Programm nicht umgesetzt werden können.

Bei einer Standortentscheidung, die für die nächsten 80, 100, 120 Jahre getroffen wird, stellt sich auch die Frage nach der langfristigen Vermietbarkeit dieser Wohnungen. Das gilt gerade für Wohnungen, die mit Flüchtlingen belegt werden. Hier bietet das sogenannte Zweiphasenmodell Sicherheit für die Investoren. An die Erstnutzung durch Flüchtlinge kann sich eine Nachnutzung, zum Beispiel durch Studenten oder Senioren, anschließen. Dadurch wird die Gefahr von Leerständen vermieden.

Schleswig-Holstein muss schnell einen Impuls für mehr bezahlbaren Wohnraum geben. Der Gesetzentwurf zur Absenkung von Standards im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden richtet sich an Sonderbauten, die der Unterbringung von Flüchtlingen dienen und an Wohngebäude, in denen in zumindest 20 % der Wohnungen Flüchtlinge untergebracht werden. Diese Kopplung ist zielführend, da sie Anreize schafft, in den sozialen Wohnraum und den Wohnraum für Flüchtlinge zu investieren.

Deshalb ist es richtig, die Möglichkeit zu gewähren, zeitweilig einige Standards, zum Beispiel bei der

Deckenhöhe oder der Anzahl der PKW-Stellplätze, zurückzufahren. Aber - ich betone das ausdrücklich - es gibt keinen Zwang, auf die Standards zu verzichten. Es ist aber vertretbar, zunächst auf Balkone zu verzichten. Man kann auch auf Aufzüge verzichten. Entscheidend ist, dass die Nachrüstung bereits geplant und die baulichen Voraussetzungen bei der Errichtung berücksichtigt werden.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Die Barrierefreiheit kann im Erdgeschoss auch für Herrn Kubicki gewährleistet werden.

Im Zusammenhang mit der Reduzierung von Baukosten wird immer wieder die Aussetzung der neuesten Energieeinsparverordnung diskutiert und gefordert. Ich lehne das ausdrücklich ab.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir können nicht auf der einen Seite Wohnungen für Flüchtlinge bauen und auf der anderen Seite mit abgesenkten Ansprüchen an den CO2-Ausstoß verstärkt zum Klimawandel und zur Klimaerwärmung und damit ein Stück weit zu den Fluchtursachen beitragen, die wir beseitigen müssen, damit die Flüchtlinge nicht zu uns kommen, sondern in der Heimat bleiben können.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Auch bei der Barrierefreiheit in den Wohngebäuden werden wir keine Abstriche vornehmen. Das ist richtig so; denn gerade im sozial gebundenen Wohnraum darf auf Barrierefreiheit nicht verzichtet werden. Alles andere wäre nicht zielführend; denn er kommt in erhöhtem Maße den Bevölkerungsgruppen zugute, die auf Barrierefreiheit besonders angewiesen sind. Allerdings ist die Frage, ob es bei Sonderbauten, die der Unterbringung von Flüchtlingen dienen, einen Kompromiss hinsichtlich der Barrierefreiheit geben kann, im Anhörungsverfahren zu bewerten. Abschließend können wir dann darüber beraten, ob das sinnvoll ist oder nicht. Insofern freue ich mich auf die Ausschussberatungen. Gerade an diesem Punkt habe ich noch Änderungen vornehmen können.

Machen wir uns also auf den Weg, bezahlbaren Wohnraum für alle schnell und unkompliziert zu schaffen beziehungsweise zu bauen. Einem Ingenieur ist nichts zu schwör. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Thomas Hölck)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Peter Lehnert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der durch die Landesregierung nun vorgelegte Gesetzentwurf und der ergänzende Berichtsantrag der regierungstragenden Fraktionen gibt uns heute die Gelegenheit, über die dringend erforderlichen Maßnahmen zur schnelleren Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu debattieren und entsprechende Initiativen zügig auf den Weg zu bringen.

Die derzeitige Situation im Bereich der Wohnraumversorgung in Schleswig-Holstein ist strukturell sehr unterschiedlich. Wir können eine besonders hohe Nachfrage ebenso nach Wohnungen im niederpreisigen Segment feststellen wie nach kleinen Wohnungen und nach Wohnungen in Ballungsräumen.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle insbesondere auf die sich deutlich zuspitzende Situation im Bereich des Hamburger Umlands einzugehen. Wir haben in den Jahren bis 2010 beobachten müssen, dass der Rückgang der Bauaktivitäten zu einer großen Lücke geführt hat. Auch wenn die Zahl der Baugenehmigungen seit diesem Zeitpunkt erfreulicherweise wieder deutlich zugenommen hat, bleibt festzustellen, dass dieser Zuwachs bei Weitem nicht ausreicht, um die Situation im Hamburger Umland nachhaltig zu entlasten.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Deshalb müsste die Landesregierung jetzt eigentlich in enger Abstimmung mit den Kommunen in der betroffenen Region für eine zügige und ausreichende Zurverfügungstellung von Wohnbauflächen Sorge tragen, und zwar in allen Angebotssegmenten. Dabei wäre es dringend erforderlich, neben der Förderung des Geschosswohnungsbaus endlich auch eine deutlich steigende Zahl von Flächen für den Eigenheimbau in der Nähe der Metropole Hamburg zur Verfügung zu stellen.

(Beifall CDU und FDP)

Die derzeit historisch niedrigen Zinsen - wir haben im Augenblick eine Umlaufrendite, die noch knapp über 0 % liegt - erlauben es einer deutlich gestiegenen Anzahl von Haushalten, sich nicht nur den Wunsch nach Wohneigentum zu erfüllen, sondern dadurch auch einen aktiver Beitrag zur Verhinderung von Altersarmut zu leisten. Doch was tut die Landesregierung? Sie setzt fast nur noch auf ein

fachste und schnelle Bauten für Flüchtlinge oder Sozialwohnungen. Der frei finanzierte Wohnungsund Eigenheimmarkt wird komplett vernachlässigt.

(Beifall CDU und FDP)

Der ehemalige Innenminister Andreas Breitner, SPD, hat völlig zu Recht in seinen Ausführungen im Landtag im März 2014 - da war er noch Innenminister - darauf hingewiesen, dass insbesondere im Hamburger Randgebiet zusätzlicher Neubau in größerem Umfang notwendig sei, um weiteren Druck auf den Wohnungsmarkt und zusätzliche Verdrängungseffekte zu verhindern. Wer dagegen jetzt ausreichenden Wohnungsbau verhindert, indem entsprechende Bauflächenausweisungen im Hamburger Umland nicht genehmigt werden, aber die Kommunen gleichzeitig auffordert, entsprechende Flächen zur Verfügung zu stellen, der gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

(Beifall CDU und FDP)

Durch den massiven Zuzug von Menschen aus Hamburg und die dramatisch ansteigende Zahl von Asylbewerbern ist jetzt schnelles und entschlossenes Handeln ohne ideologische Blockaden dringend erforderlich.

(Beifall CDU)

Deshalb muss die Landesregierung jetzt auch endlich dafür Sorge tragen, dass die inzwischen eingetretene Realität zunächst einmal von der Landesplanung zur Kenntnis genommen wird. Vor allen Dingen aber müssen die bisher gültigen planerischen Beschränkungen aus dem Jahr 2010, denen Zahlen aus dem Jahr 2008 zugrunde liegen, in den betroffenen Regionen gelockert oder zeitlich befristet, für mindestens drei Jahre, außer Kraft gesetzt werden.

(Beifall CDU und FDP)

Nur wenn man jetzt endlich mit entsprechender Flexibilität und in weitgehender Eigenverantwortung der Kommunen vor Ort auf die sich abzeichnenden Herausforderungen im Bereich des Wohnungsbaus schnell und angemessen reagiert, können wir zu nachhaltigen Lösungen kommen. Nur durch schnelle Änderungen in den entsprechenden Vorgaben sowie klare rechtliche Vereinfachungen und Verfahrensbeschleunigungen, können wir es gemeinsam schaffen, den enormen Siedlungsdruck zu bewältigen und den damit verbundenen sozialen und gesellschaftlichen Sprengstoff zu entschärfen.

Der bisherige Programmentwurf „Erleichtertes Bauen“ ist aus meiner Sicht nicht marktgerecht und auch zu bürokratisch. Es gibt entsprechende Hinweise aus der Wohnungswirtschaft und den Kommunen. Der Minister hat dazu gesagt - er hat das sehr nett formuliert -, dass es nach den fünf Regionalgesprächen noch Vertiefungs- und Gesprächsbedarf gibt.

Ich hatte bei dem Verbandstag des VNW - Herr Breitner ist dort Präsident - die Gelegenheit, die entsprechende Kritik mitzubekommen. Herr Breitner ist Sozialdemokrat. Uns wird ja immer vorgeworfen -

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Frau Midyatli, ich kann Ihnen Ihre Reden aus der Zeit, als Herr Breitner noch Wohnungsbauminister war, vorlesen. Sie haben begrüßt, was Herr Breitner im Zusammenhang mit dem Wohnungsbau alles an Richtigem gesagt und getan hat.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Das werden Sie heute sicher nicht anders sehen als damals. Insofern wird er in seiner neuen Funktion sicher Ihre volle Unterstützung haben. Dafür sage ich an dieser Stelle schon einmal herzlichen Dank.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Ich glaube, das bisherige Programm ist dringend überarbeitungsbedürftig, denn von den Kommunen, aber auch von der Wohnungswirtschaft wird gesagt, dass es in vielen Bereichen nicht marktgerecht und flexibel genug ist. Das steht übrigens ganz im Gegensatz zum Programm „Bezahlbarer Wohnraum“, dessen Inhalt deutlich besser ist und bei dem die Nachfrage deutlicher ist.

Dies sage ich noch als Antwort auf den Kollegen von den PIRATEN zu dem Zweckvermögen Wohnungsbau, für das über die Investitionsbank Gott sei Dank entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Das ist übrigens in Schleswig-Holstein über Jahrzehnte und völlig unabhängig davon, wer hier regiert hat, so gemacht worden. Ich finde es auch sehr vernünftig, diese Mittel zweckgebunden für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen.