Protocol of the Session on February 19, 2016

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Unsere Hochschulen haben wirklich mehr verdient. Ihr Handeln, liebe Koalitionäre, gegenüber den Hochschulen ist wieder einmal widersprüchlich und peinlich. Kurz vor Toresschluss reicht diese Regierung ein dringend notwendiges Vertragswerk des Landes mit den Hochschulen für die Beratung im Landtag ein, obwohl die Einigung zwischen den Vertragsparteien bereits vor vielen Monaten stolz verkündet worden war.

Was hat die zuständige Ministerin in dieser Angelegenheit eigentlich seitdem gemacht? Die tolle Beschlussfassung, dass das Land auf den doppelten Abiturjahrgang vorbereitet sei, hilft da allein auch nicht weiter. Fakten und vor allem Taten wären besser gewesen. Eine Verschärfung des Numerus clausus ist natürlich nicht der richtige Weg, denn er dient allein der Abschreckung unserer Landeskinder von unseren Hochschulen. Lieber Herr Habersaat, auch der von Ihnen bevorzugte Weg ins Freiwillige Soziale Jahr, wie Sie es auf der Aschermittwochsveranstaltung der GEW, an der wir beide teilgenommen haben, schon wieder als die Lösung des Problems angepriesen haben, ist da nur eine sehr schlechte Hilfskrücke. Es heißt Freiwilliges Soziales Jahr, und das soll es bei vollem Wortlaut - also freiwillig - auch bleiben.

Wenn die Regierungskoalition immer wieder verkündet, sie sei für gute Arbeit und somit gegen zu viele Zeitverträge, dann muss sie aber auch die rechtssichere Basis schaffen, damit die Hochschulen entsprechend handeln können. Mit dem Haushaltsbeschluss 2016 ist die notwendige langfristige Sicherheit nicht erreicht. Nur mit dem vorliegenden Vertrag haben die Hochschulen die Möglichkeit, die notwendigen neuen Stellen unbefristet auszuschreiben und längerfristig die notwendigen

Räume zu schaffen, was beides dringend notwendig, ja sogar lange überfällig, ist. Jeder von uns weiß, wie lange ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren dauert und wie schlecht die Chancen auf herausragende Qualität bei ausgeschriebenen Zeitverträgen sind. Sie haben es wieder einmal verschlafen - wie leider so oft.

Wir als CDU werden dem vorliegenden Beschlussvorschlag trotzdem zustimmen, denn es ist natürlich besser zu spät als gar nicht. Wir sind auch weiterhin der Meinung, dass die tatsächlich festgelegten Finanzmittel in der vereinbarten Höhe zu niedrig sind. In der Vorlage beschreiben Sie, Frau Ministerin, was mit den zusätzlichen Mitteln alles erreicht werden soll.

Es soll die Qualität der Lehre und der Forschung erhöht werden, es sollen bestehende Überlasten abgebaut werden - was immer Sie auch damit meinen -, es soll die Betreuungsrelation verbessert werden, obwohl sich die Studierendenzahl in diesem Jahr erheblich erhöhen wird, es soll ein ausreichendes Angebot an Masterstudienplätzen bereitgestellt werden - meinen Sie damit auch und insbesondere die Fachhochschulen? -, es sollen die Serviceleistungen für die Studierenden verbessert und die Internationalisierung der Hochschulen vorangetrieben werden, und es sollen die Angebote für das lebenslange und berufsbegleitende Lernen und Studieren perspektivisch ausgebaut werden.

Sie fordern von unseren Hochschulen sehr, sehr viel. Vieles davon ist auch richtig. Aber die zusätzliche Last wird nicht einmal mit einem Mindestlohn vergütet. Es ist zu wenig Geld. Bei der Serviceleistung „Studentisches Wohnen“, was natürlich nicht in diese Finanzierungsschiene gehört, haben sie bereits versagt.

Nach den riesigen Enttäuschungen der vergangenen Zeit, so zum Beispiel durch die Fehlsteuerung der zusätzlichen BAföG-Mittel, die der Bund dankenswerterweise bereitgestellt hat, haben die Hochschulen nach dem Motto „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ der vorliegenden Vereinbarung mit der darin vorgesehenen Verteilung und der Höhe zugestimmt. Doch die Defizite, die dadurch nicht beseitigt werden, zeigen sich in der Zukunft. Da bin ich sicher. Übrigens passt auch das in Ihr Regierungskonzept - alle wichtigen Dinge kündigen Sie für die Zeit nach 2017 an, den Jahren, wenn Sie nicht mehr regieren. Tolle Fehl

leistung, viele Worte um nichts, kann man bei Ihnen nur feststellen. Schade - die Hochschulen haben mehr verdient!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute über das Ergebnis der Beratungen zur Hochschulkommission der Landesregierung mit den Hochschulen.

Das Ergebnis ist das ambitionierteste Hochschulstärkungsprogramm in der Geschichte des Landes. Neben den 25 Millionen € zur Erhöhung der Grundfinanzierung kommen durch die Verstetigung der Ko-Finanzierungsmittel aus dem Hochschulpakt III ab 2022 weitere 30 Millionen € hinzu. Damit wird die bisher bestehende Unterfinanzierung unserer Hochschulen in den kommenden Jahren beseitigt. Die Hochschulen können mit diesen Mitteln unbefristete Stellen schaffen und unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bessere Perspektiven bieten.

Zusätzlich läuft das 160 Millionen € umfassende Sanierungsprogramm für die Kieler Christian-Albrechts-Universität weiter. Durch die von der Kieler Uni gewünschte Lockerung bei der Bauherreneigenschaft erhalten die Hochschulen die Möglichkeit, Bauprojekte selbstständiger zu gestalten. Wir Grüne begrüßen dies.

Keine Landesregierung vor uns hat die Hochschulen durch finanzpolitische Beschlüsse so deutlich gestärkt wie wir. Wir Grüne freuen uns, dass es gelungen ist, Wissenschaft durch politische Beschlüsse und gemeinsame Sacharbeit erheblich aufzuwerten.

Das ist ein großer Erfolg für die Hochschulpräsidien, die Studierenden und die Personalvertretungen, die hartnäckig und erfolgreich für eine bessere Finanzierung unserer Hochschulen gekämpft haben. Diese loben unsere Beschlüsse auch sehr deutlich, wie beispielsweise auf dem Jahresempfang der Europa-Universität Flensburg am gestrigen Tag.

Damit wurde eine gute Grundlage gelegt, um die kommenden Herausforderungen zu meistern. Jetzt geht es darum, dass die Hochschulen mit der Umsetzung beginnen. Wir Grüne freuen uns auf diesen Dialog.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erhöhung der Grundfinanzierung der Hochschulen ist

grundsätzlich richtig, kommt aber viel zu spät und fällt auch zu gering aus. Ich erinnere daran, dass die Hochschulen unseres Landes die großen Verlierer bei der BAföG-Reform waren. Rot-Grün-Blau hat die Hochschulen dabei leer ausgehen lassen. Nur nach großem öffentlichem Druck und wegen der Angst der Grünen, in der Hochschulpolitik endgültig völlig unglaubwürdig zu werden, gibt es nun den längst überfälligen Nachschlag für die Hochschulen.

Ich möchte betonen: Mittel insbesondere für die Verbesserung von Forschung und Lehre einzusetzen, findet unsere Unterstützung. Dazu findet sich dann aber ein bezeichnender Satz in der Vereinbarung, der schlaglichtartig die Fehler der rot-grünblaue Hochschulgesetzgebung beleuchtet. So heißt es unter Punkt 7 der Ergänzung:

„Sollten allerdings durch die im Rahmen der HSG-Novelle erfolgte Abschaffung der Anwesenheitspflicht die Absolventenquoten signifikant sinken, werden die Hochschulen nicht dafür verantwortlich gemacht.“

Diesen Satz muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Aus Sicht der Hochschulen - die Landesregierung scheint auch davon auszugehen, sonst hätte sie diesen Satz ja nicht in die Vereinbarung aufnehmen müssen - werden die Absolventenquoten sinken. Die Verantwortung dafür trägt diese Koalition. Die Hochschulen wollen und können verständlicherweise keine Verantwortung dafür übernehmen. Klarer können sich die Hochschulen nicht von der verfehlten Wissenschaftspolitik des Landes distanzieren.

Auch bei anderen Punkten wundere ich mich über die Prioritätensetzung: So verstehe ich nicht, warum bei der Universität Flensburg der Kernbereich, also die Lehrerausbildung, nicht noch weiter gestärkt und stattdessen ein weiterer außerschulischer Studiengang eingerichtet wird, der zudem in Sonderburg in ähnlicher Form schon besteht. Mir kommt es so vor, als ob alle Debatten zur Lehrerbildung vollkommen Schall und Rauch wären.

Ich frage mich auch, warum der Bereich Sonderpädagogik nicht endlich gestärkt wird. Oder brauchen wir auf einmal keine weiteren Sonderpädagogen mehr? Warum wird der MINT-Bereich nicht weiter ausgebaut? Das war doch einmal der ursprüngliche Ansatz des Ministerpräsidenten. Dort besteht doch ganz offensichtlich weiterer Nachholbedarf.

Sie können auch gern die Laufzeit verlängern, das ist schön für Sie. Ihnen dürfte aber klar sein, dass,

(Volker Dornquast)

sobald Ihre Regierung im nächsten Jahr abgewählt ist, die neue Regierung - zumindest wenn meine Fraktion daran beteiligt sein sollte - die Zielvereinbarung neu aufgelegt oder zumindest erheblich anpassen wird. Denn auch mit den jetzt vorgelegten Ergänzungen werden die Geburtsfehler der Hochschulvereinbarung nicht behoben.

Die geltende Vereinbarung legt die Hochschulen aus unserer Sicht viel zu eng an die Leine des Ministeriums. Das verankerte Anreizsystem ist vielmehr eine verkappte Kürzung für die Hochschulen, mit dem die Landesregierung in die Hochschulen hineinregieren will. Die inhaltlichen Vorgaben in den Zielvereinbarungen halten wir für falsch. Die eingeschlagene Richtung widerspricht dem Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre sowie unserer freiheitlichen Vorstellung von Hochschulautonomie. Unsere Hochschulen brauchen mehr Freiheiten und nicht weniger.

Meine Damen und Herren! Die Universitätslandschaft in Schleswig-Holstein ist gut aufgestellt - das vorweg. Die Verhandlungen, die die Landesregierung mit den Hochschulen geführt hat, haben das belegt. Dennoch sind die Herausforderungen enorm. Allein können die Hochschulen diese nicht bewältigen. Die Landesregierung unterstützt die Hochschulen, formuliert aber im Gegenzug ganz klar ihre Erwartungen. Das hat insgesamt zu mehr Gelassenheit geführt. Wir brauchen keinen globalen Schlagabtausch in Pressekonferenzen, sondern Verhandlungen mit Augenmaß. Hier gilt mein Dank besonders der Ministerin und ihrem Staatssekretär.

Ich möchte hier auf vier Punkte eingehen. Erstens: finanzielle Ausstattung. Die Landesregierung hat sich zu einer besseren Ausstattung der Universitäten entschlossen. Allerdings kann sie die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte nicht auf einen Schlag wettmachen. Die Erhöhung der Grundhaushalte stellt eine enorme Kraftanstrengung des Landes dar, die aber als Investition in die Zukunft alternativlos ist. Ohne akademische Fachkräfte geht das Land in die Knie. Diese Fachkräfte müssen über Jahre solide ausgebildet werden. Die Ausbildung wiederum fußt auf einer Forschungslandschaft, die jeweils die aktuellen Erkenntnisse ins Ausbildungssystem einspeisen kann. Bis aus einem Student beziehungsweise bis aus einer Studentin eine Ingenieurin, Ärztin oder Lehrer werden kann, bedarf es einer belastbaren Struktur: angefangen von einer ausreichenden Betreuungsrelation bis hin zu einer leistungsfähigen Bibliothek, die die geforderten Medien in ausrei

chender Zahl und Qualität zur Verfügung stellt. Die Zusagen vom Land liegen vor, mit denen die Hochschulen jetzt planen können.

Zweitens: Probleme beim Zugang zu Masterstudiengängen. Nach dem Bachelor-Abschluss können nicht alle Studierenden in Schleswig-Holstein problemlos in den Master-Studiengang wechseln. Das ist ein Problem, das die Universitäten bislang noch nicht ausräumen konnten. Die Zuverlässigkeit, die eigentlich wesentlich zu einem Studium gehört, ist damit infrage gestellt. Ein ausreichendes Angebot an Master-Studienplätzen ist daher unumgänglich für die Sicherung des Studienstandortes SchleswigHolsteins und ein vorrangiges Ziel der Wissenschaftspolitik. Das Land muss finanziell dafür Sorge tragen, dass die Universitäten die entsprechenden Strukturen anbieten können. Ich bin davon überzeugt, dass die entsprechenden Vereinbarungen, die uns dazu vorliegen, genau das absichern helfen. Wir werden weiterhin - neben der Verbesserung von Forschung und Lehre - auf den quantitativen Ausbau bei den Master-Studienplätzen achten und diesen von den Universitäten verlangen.

Drittens: Minderheitensprachen. Die Universitäten haben sich zu inhaltlichen Maßnahmen verpflichtet und diese vertraglich fixiert. An dieser Stelle beziehe ich mich auf die Vereinbarung mit der EuropaUniversität Flensburg. Die Flensburger haben nach jahrelanger Vakanz der Friesisch-Professur einen Ersatz in Aussicht: die Professur für Minderheitensprachen und Friesisch. Durch die neue Minderheitenprofessur besteht die einmalige Gelegenheit, die gute Arbeit der Universität fortzusetzen und gleichzeitig das Profil der Universität zu stärken. Friesisch, Dänisch und Niederdeutsch ist nämlich eine Kombination, die es für das Lehramtsstudium deutschlandweit nur in Flensburg gibt. Die Stärkung durch eine ordentliche Professur mit entsprechendem Unterbau, also Doktorandinnen und Doktoranden und wissenschaftlichen Hilfskräften, eröffnet nicht nur dem wissenschaftlichen Nachwuchs bessere Chancen, die bislang ausschließlich auf Kiel beschränkt waren, sondern vertieft insgesamt die Kompetenz im Landesteil.

Viertens: Flüchtlinge. Bislang haben die Universitäten die Integration von Flüchtlingen hintenangestellt. Keine Hochschule kann bislang auf nennenswerte Zahlen von Studienanfängern verweisen. Die Hochschulen tun sich also schwer mit diesem Klientel. Auch durch den doppelten Abiturjahrgang stehen Mensen, Hörsäle, Bibliotheken und Wohnheime vor enormen Andrang. Das hat zunächst Vorrang; doch fordere ich von den Hochschulen,

(Anita Klahn)

dass sie sich verstärkt der Integration von Flüchtlingen zuwenden.

(Jette Waldinger-Thiering)