Protocol of the Session on November 15, 2012

Guten Morgen meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen, damit wir in den Beratungen dieser Tagung fortfahren können.

Bevor wir dieses tun, möchte ich Ihnen noch bekannt geben, dass sich die Abgeordneten Jürgen Weber, Angelika Beer und Wolfang Dudda krankt gemeldet haben. Ab heute Nachmittag ist der Abgeordnete Klaus Jensen beurlaubt. Für den ganzen Tag beurlaubt sind die Abgeordneten Dr. Ralf Stegner und Beate Raudies sowie die Ministerin Spoorendonk und der Minister Habeck. - Den Kolleginnen und Kollegen, die erkrankt sind, wünschen wir von dieser Stelle aus gute Besserung!

(Beifall)

Mit mir gemeinsam begrüßen Sie bitte die Schülerinnen und Schüler der Realschule Altenholz auf der Tribüne. - Seid uns alle herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf:

Neuordnung der Universitätsmedizin

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/285

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer diesem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Damit ist dieses so beschlossen.

Ich erteile dann der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Dr. Waltraud Wende, das Wort für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Interesse der CDU an der Reform der Hochschulmedizin ist nachvollziehbar - vor allem wenn man bedenkt, dass ihr Landesvorsitzender ganze 6 Jahre Zeit hatte, eine nachhaltige Reform der Hochschulmedizin auf den Weg zu bringen. Im Hochschulgesetz 2007, für das Minister

Austermann und sein Staatssekretär de Jager die Verantwortung tragen, wurde die Hochschulmedizin neu aufgestellt. Es wurde ein Medizinausschuss als koordinierendes Gremium zwischen den beiden Medizinstandorten Kiel und Lübeck installiert, und der Vorstand des UKSH wurde neu geordnet. Ein Vertreter für Lehre und Forschung war fortan nicht mehr vorgesehen.

Als dann im Jahre 2009 Minister Marnette die Verantwortung für Wissenschaft und Forschung übernahm - zur Erinnerung: Herr de Jager war immer noch Staatssekretär -, hat man den Wissenschaftsrat um Begutachtung der Hochschulmedizin gebeten. Im Fokus standen die Forschung und Lehrleistungen, das Zusammenwirken von Forschung, Lehre und Krankenversorgung, Kooperation und institutionelle Strukturen.

Doch weil man in der Politik der Überzeugung war, auch ohne die Expertise des Wissenschaftsrates zu wissen, was für den Medizinstandort SchleswigHolstein das richtige ist, wurde das Gutachten erst gar nicht abgewartet. Im Frühjahr 2010 verkündete die damalige Regierung, dass man die Medizin in Lübeck schließen wolle. Der Wunsch blieb ein Wunsch, und das war auch gut so. Der politische und gesellschaftliche Widerstand gegen die wenig durchdachte Aktion war zu groß.

Auch das Ergebnis der Begutachtung durch den Wissenschaftsrat war für die politischen Entscheidungsträger kein Kompliment. Die Strukturen der schleswig-holsteinischen Hochschulmedizin seien konzeptionell suboptimal, um es gelinde zu sagen. Es bestehe erheblicher Reformbedarf, und es gebe keine strategische Planung zur Verzahnung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Die Nichtbeteiligung der universitären Vertreter im Vorstand des UKSH wurde scharf kritisiert. Der Medizinausschuss müsse abgeschafft werden, und die beiden Standorte müssten darin unterstützt werden, enger zu kooperieren und komplementäre Schwerpunktsetzungen vorzunehmen.

Proteste der Bevölkerung gegen die Schließung des Universitätsstandortes Lübeck und die Kritik des Wissenschaftsrates hatten schließlich zur Folge, dass auch Herr de Jager, mittlerweile in Ministerverantwortung, einsah, dass er mit der Art und Weise, in der er versucht hatte, der Hochschulmedizin ein Konzept zu geben, gescheitert war. Immerhin: Eine späte Einsicht ist auch eine Einsicht.

Wichtiger für die Situation heute aber ist: Die Vorschläge des Wissenschaftsrates sind bei den beiden Universitäten und auch beim UKSH auf einen posi

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 11. Sitzung - Donnerstag, 15. November 2012 727

tiven Resonanzboden gefallen. Die Hochschulen und das UKSH haben sich gemeinsam Gedanken darüber gemacht, in welcher Form man zukünftig miteinander zusammenarbeiten will. Strategisches Herzstück der Überlegung ist, dass man, wo immer möglich, universitäre Doppelstrukturen durch komplementäre Strukturen ersetzen will und an beiden Universitätsstandorten eine bessere Verzahnung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung anstrebt.

In den kommenden Monaten geht es unter anderem um Schwerpunktsetzung und Kompetenzverteilung, die Kooperation zwischen den beiden Universitäten und dem UKSH, um die Definition von Schnittstellen und die Ermöglichung miteinander abgestimmter Berufungsverfahren, die Vergabe finanzieller Mittel und natürlich auch um die Rolle des Ministeriums.

Gleich nach den Landtagswahlen wurden erste Gespräche mit den Beteiligten geführt. Bereits im nächsten Monat wollen wir die Diskussion über grundlegende Eckwerte abschließen. Darauf aufbauend werden wir einen Referentenentwurf zur Neuordnung der Hochschulmedizin für das zweite Quartal 2013 erarbeiten. Das neue Hochschulgesetz soll, wenn uns das planmäßig gelingt, zum 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Zum Stand der baulichen Sanierung des UKSH kann ich Ihnen berichten: Schon unter der Vorgängerregierung war beschlossen worden, ein ÖPPVerfahren durchzuführen. Angesichts des Umfangs der notwendigen Baumaßnahmen und um den Sachstand der potenziellen Partner möglichst umfassend zu nutzen, wird das ÖPP-Verfahren als wettbewerblicher Dialog organisiert, bei dem sukzessive und in mehreren Schritten das tatsächliche Bauvorhaben entwickelt wird.

Dem wettbewerblichen Dialog vorgeschaltet war ein Teilnahmewettbewerb, bei dem sich drei Konsortien für den anschließenden wettbewerblichen Dialog qualifiziert haben. Der wettbewerbliche Dialog wird in zwei Phasen durchgeführt. In der ersten Phase wird ein erster Lösungsvorschlag erarbeitet sowie die Erörterung grundlegender, rechtlicher und finanzieller Fragen diskutiert. Sie hat am 9. August 2012 mit einer Startveranstaltung begonnen.

Am 10. Oktober 2012 haben die drei Bieter erste Lösungsvorschläge unterbreitet. Bis Anfang Dezember sollen diese in drei weiteren Dialogrunden verfeinert werden. Anfang Januar 2013 soll dann der Aufsichtsrat des UKSH darüber entscheiden,

mit welchem der Lösungsvorschläge die Dialogphase zwei durchgeführt wird. Parallel wird zurzeit juristisch geprüft, welchen Vorteil es für das Land brächte, wenn die Finanzierung des Neubaus nicht ausschließlich vom ÖPP-Investor, sondern zu Teilen durch Landesmittel ermöglicht würde.

Sie sehen, wir gehen diese schwierigen und äußerst komplexen Themen offensiv an. Entscheiden wird am Ende der Landtag, entscheiden werden Sie.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich eröffne die Aussprache. Die Ministerin hat ihre Redezeit um eine gute Minute überzogen. Diese Zeit können nun auch die nachfolgenden Redner nutzen. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Daniel Günther das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch diese Minute, die die Ministerin länger geredet hat, hat nichts Neues, Erhellendes gebracht. Ich bedanke mich trotzdem für Ihren Sachstandsbericht über die Tätigkeit Ihrer Vorgängerregierung.

(Beifall CDU und FDP)

Das, was wir uns eigentlich von diesem Berichtsantrag erhofft hatten, war, dass Sie darüber Auskunft geben, was die neue Landesregierung seit ihrem Amtsantritt zu beiden Themen unternommen hat. Ich fasse den Bericht mit einem Wort zusammen: Nichts.

Die Landesregierung hat bei diesen für das Land Schleswig-Holstein wichtigen Themen seit dem Amtsantritt gar nichts gemacht. Man kann unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob man eine Neustrukturierung der Universitätsmedizin machen will oder nicht. Wenn man wie der Kollege Weber, der hier im Landtag häufig zu diesem Thema geredet hat, der Auffassung ist, dass Krankenversorgung Vorrang hat vor Forschung und Lehre, dann muss man nicht umorganisieren. Dann braucht man die Dekanate der medizinischen Fakultäten nicht im Vorstand. Das kann ich nachvollziehen.

Ich frage die regierungstragenden Fraktionen einmal: Was schätzen Sie, was der Ministerpräsident zu dem Konzept der Hochschulen und des Universitätsklinikums gesagt hat? Wie hat er das Konzept

(Ministerin Dr. Waltraud Wende)

bezeichnet? - Er hat es als ein starkes Konzept bezeichnet. Was folgt daraus, wenn der Ministerpräsident etwas stark findet? - Ich vermute, dass die Neustrukturierung der Hochschulmedizin ein Herzensanliegen des Ministerpräsidenten war. Ich bin auch sicher, dass er irgendeinen engen Verwandten hat, vielleicht einen Vetter zweiten Grades, der selbst Mediziner war und mit seiner Hände Arbeit einen Blinddarm herausgenommen hat. Das vermute ich einfach einmal.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

- Ich verstehe Ihre Unruhe. Ich weiß auch, in welchem Dilemma Sie stecken, denn wenn Sie all das, was der Ministerpräsident in diesem Land als stark bezeichnet, hier im Landtag umsetzen müssten, dann hätte die Finanzministerin das doppelte Haushaltsvolumen vorlegen müssen, um das finanzieren zu können.

Herr Albig, es passiert aber nichts. Ihren Worten folgen in diesem Bereich nie Taten. Hier ist in den letzten Monaten nichts passiert.

(Beifall CDU und FDP)

Nehmen Sie es uns als Opposition bitte nicht übel. Sie können sich bei den Reden immer wegducken und sagen: Wir können auch nichts dafür. Wir aber nehmen den Ministerpräsidenten beim Wort. Das, was die Frau Ministerin hier gerade eben als Tätigkeitsbericht abgegeben hat, richtete sich allein auf die Vergangenheit und beschrieb all das, was die Vorgängerregierung gemacht hat.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie müssen bis zum Ende zuhören!)

- Ich habe bis zum Ende zugehört. Sie hat sogar die Redezeit überschritten, aber da ist trotzdem nichts gekommen.

Das war eine Steilvorlage. Sie reden sich jedes Mal raus. In jeder Landtagsdebatte fällt das Argument: Wir regieren erst so kurze Zeit. So schnell konnten wir das alles nicht machen. - Sie regieren seit fünf Monaten.

Der Wissenschaftsrat hat damals, als die SPD noch in der Regierungsverantwortung war, ein klares Konzept dafür vorgelegt, wie die Hochschulmedizin neu strukturiert werden muss. Das ist hier im Landtag weit über alle Parteigrenzen hinweg begrüßt worden. Es hatte auch Ihre Unterstützung, dass hier etwas gemacht wird. Dann haben die Universitäten gemeinsam mit dem UKSH ein Konzept vorgelegt, das eins zu eins umgesetzt werden kann

und bei dem alles, was der Wissenschaftsrat gefordert hat, eins zu eins erfüllt wird, auf dass es bei der operativen Verantwortung ein Mitspracherecht der Hochschulen gibt, dass das UKSH das nicht alles allein machen kann und dass es dadurch eine gerechtere Mittelverteilung gibt. All das liegt vor, und es hätte längst umgesetzt werden können.

Wenn man aber einfach nur im Ministerium sitzt und sich so ein bisschen in die schulpolitischen Fragen einarbeiten muss und deshalb keine Zeit hat, sich um die Hochschulen zu kümmern, dann passiert in diesem Bereich natürlich auch nichts.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben einen ganz klaren Fahrplan abgearbeitet. Das Problem ist aber das, was der Kollege Andresen in Oppositionszeiten immer eingefordert hat: Diese Landesregierung macht Hochschulpolitik immer nur nebenbei, sie hat keinen klaren Plan. Das, was Sie machen, zeigt, dass bei Ihnen der rote Faden fehlt.

(Beifall CDU und FDP)

Zum Thema ÖPP-Verfahren: Eigentlich hätten wir den Berichtsantrag gar nicht stellen müssen, weil wir wissen, wie das Verfahren ist und dass hier nur abgearbeitet wird, was die Vorgängerregierung gemacht hat. Wir lesen aber auch aufmerksam die Zeitungen und sehen, was der Kollege Tietze sagt. Er hat noch zu Oppositionszeiten im September 2011 hier einen Antrag gestellt: Der Minister de Jager muss sich beeilen. Wir brauchen das Asset-Modell möglichst schnell. Der Erste, der sich in die Büsche schlägt, wenn er in der Regierungsverantwortung ist, ist der Kollege Tietze, der öffentlich gesagt hat: Das können wir nicht umsetzen. - Das ist die Wahrheit.

(Beifall CDU und FDP - Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)