Protocol of the Session on October 16, 2015

Der Landesrechnungshof hat schon 2011 festgestellt, dass das derzeitige Verfahren unter Beteiligung aller regional zuständigen Verkehrsbehörden und Straßenbaulastträger sehr aufwendig ist, und daraufhin eine Zentralisierung der Behörden beim LBV vorgeschlagen. Der Landtag hat diesen Vorschlag aufgegriffen und 2012 der Landesregierung den Auftrag erteilt, die Möglichkeit der Umsetzung zu prüfen. Mehrfach wurde im Landtag dazu berichtet, dass aus Sicht des Ministeriums eine Zentralisierung sinnvoll und durchführbar ist.

(Johannes Callsen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Wochen haben - das haben die Kollegen Kumbartzky und Herr Callsen auch gesagt - zwei Kreistage Resolutionen verabschiedet, die die Zentralisierung ablehnen und stattdessen ein Optionsmodell befürworten. Die Kreise möchten die Zuständigkeit als Genehmigungsbehörde wahlweise behalten können. Die Begründung für die Haltung der betreffenden Kreise ist für mich gut nachvollziehbar. Zum einen verweisen sie auf gut funktionierende Modelle vor Ort, zum anderen fürchten sie um Einnahmen aus den Gebühren, auf die sie als Konsolidierungskreise ungern verzichten wollen.

Die FDP und CDU sind mit ihrem Antrag auf diesen Zug aufgesprungen. Ich hätte mir allerdings eine etwas differenziertere Betrachtungsweise vonseiten der Opposition gewünscht. So ist mir wichtig, dass das zukünftige Modell für alle Behörden und Antragsteller ein Weniger an Aufwand bedeutet. Es gibt Best-Practice-Beispiele, jedoch sollten auch diese zum Vorteil aller Kreise und auch des Landes genutzt werden können. Herr Kumbartzky hat bereits auf Beispiele in Niedersachsen hingewiesen. Das ist jedoch bei dem vorgeschlagenen Optionsmodell für mich nicht zwangsläufig der Fall. Zudem bleiben Fragen wie die Erstattung von Kosten an den LBV oder andere Kreise für den Aufwand im Anhörungsverfahren in Ihrem Antrag ungeklärt. Ich vertrete daher nicht die Auffassung, dass wir hier und heute der Zentralisierung beim Land pauschal eine Absage erteilen sollten.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Habe ich auch nicht beantragt!)

Vielmehr sollten wir im Wirtschaftsausschuss darüber beraten, wie wir uns die zukünftige Struktur der Genehmigungsbehörden vorstellen. Der Weg zur Entbürokratisierung ist eben nicht immer so einfach, wie die Kollegen von der Opposition gern glauben machen wollen. Daher beantrage ich Ausschussüberweisung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Danke. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie groß ein Fahrzeug auf der Straße sein darf, regelt die Straßenverkehrsordnung in § 32. Das reicht auch für die meisten Transporte. Dennoch gibt es immer häufiger größere Güter, die transportiert werden müssen. 2013 - die Kollegen haben es angesprochen - gab es täglich 20 Schwertransporte, Tendenz steigend. Für diese Schwertransporte muss nach den §§ 29, 46 und 70 der Straßenverkehrsordnung bei der zuständigen Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde wie beispielsweise den Landkreisen eine Sondergenehmigung beantragt werden. In der Regel gibt es da sehr interessante Formulare, die man heute schon online herunterladen kann. Ich habe mir das einmal im Kreis Nordfriesland angesehen. Dort gibt es eine Online-Plattform dafür. Das ist schon alles sehr schlank konstruiert.

Dennoch sagt der Landesrechnungshof in seinem Bericht 2012:

„Der hohe Personalaufwand … für die … Genehmigung von Transporten mit außergewöhnlichen Maßen und Gewichten wird nicht durch Gebühreneinnahmen gedeckt. Nur wenige EGB nehmen mehr Gebühren ein, als sie Ausgaben haben.“

Ich deute das so, Herr Kollege Kumbartzky: Wenige haben viel, viele haben wenig. Dass Sie reden und nicht der Kollege Vogt, zeigt ja, dass Sie in Dithmarschen zu den Gewinnern gehören und der Kollege Callsen in Schleswig-Flensburg auch. Insofern handelt es sich ein wenig um eine Futterneiddiskussion. Wir sollten genau hinschauen, worum es eigentlich geht.

Die Straßennutzer nutzen Straßen ab. Insofern ist der Schwerlastverkehr für unsere Straßen eine erhebliche Belastung, nicht nur für den LBV, der hinterher wieder aufräumen muss, der Schilder an- und abschrauben muss, sondern auch für die Sicherheitskräfte. Die Polizei ist oftmals mit 40, 50 Bediensteten im Einsatz. Die Einsatzfahrzeuge fahren vorher und hinterher. Straßen müssen gesperrt werden. Es ist also ein großer Aufwand. Es kann nicht darum gehen, dass jemand in einem Büro einen Stempel drauf haut, und dann ist das erledigt, sondern man muss die Vollkosten betrachten. Die Kosten, die tatsächlich durch den Schwertransport entstehen, müssen einmal transparent auf den Tisch des Hauses. Anschließend muss man sich die Lastenverteilung ansehen. Dann kann es nicht sein, dass das Land die Zeche zahlt und einige Kreise zu

(Kai Vogel)

den Gewinnern gehören. Das entspricht nicht meinem Gerechtigkeitssinn und ist auch keine zukunftsbezogene Lösung.

Worum geht es? - Wir müssen schauen, dass die Kosten - ich finde es ja gut, dass diese Transporte stattfinden, dass unsere Wirtschaft davon profitiert auf diejenigen verteilt werden, die den wirtschaftlichen Benefit davon haben. Ich bin der Auffassung, dass man der Wirtschaft das durchaus zumuten kann. Kostendeckende Gebühren sind am Ende für die Wirtschaft deutlich günstiger, weil Transporte planmäßiger durchgeführt werden und auch eine gewisse Sicherheit dahintersteht.

(Zuruf CDU)

- Ich finde, die Arbeit der Kollegen in Dithmarschen ist sehr gut. Das läuft da sehr schnell. Da sind Kollegen auch noch abends und nachts über Handy erreichbar, habe ich gehört. Das stelle ich mir unter einer modernen Verwaltung vor. In Dithmarschen gibt es aber auch eine gewisse Konzentration an Logistikunternehmen. Es läuft also eigentlich gut. Ich will das gar nicht schlechtreden. Das würde ich mir auch als Landesmodell wünschen. Das heißt aber nicht, dass es nur vor Ort gut geleistet werden kann, sondern auch wir haben engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr Minister, ich bin fest davon überzeugt, dass das Land in dieser Frage die gleiche Qualität gewährleisten und die Wirtschaft davon profitieren kann.

Ich finde, wir sollten genauer hinschauen. Die Kosten müssen gerecht verteilt werden. Die Qualität muss stimmen. Aber was nicht geht, lieber Herr Kumbartzky, lieber Herr Callsen, ist, dass wir hier eine Besitzstandswahrung betreiben zulasten des Landes. Wir sind Landespolitiker und diskutieren ein Landesmodell.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Optionsmodell!)

- Das, was Sie vorschlagen, ist ein etwas vergiftetes Geschenk. Am Ende sagen Sie, macht doch einmal ein Optionsmodell, Hauptsache Dithmarschen bekommt das viele Geld in die Kasse, und bei Schleswig-Flensburg wird sich auch nichts ändern. Die einen müssen etwas abgeben, die anderen müssen konzilianter werden. Ich bin der festen Überzeugung, dann kommen wir zu einer guten Lösung. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Piratenfraktion hat der Herr Abgeordneter Dr. Patrick Breyer das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin aufgerufen worden, zur Zentralisierung der Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde für Großraum- und Schwerverkehre zu sprechen. Erlauben Sie mir die Vorbemerkung, dass heute kein Tag wie jeder andere, sondern ein besonderer Tag ist, an dem vom Deutschen Bundestag beschlossen worden ist, dass ohne Verdacht alle unsere Telekommunikationsverbindungen gesammelt werden dürfen. Wir wissen alle, dass wir hier im Hohen Haus dieses Ansinnen mehrfach zurückgewiesen haben, dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Dr. Stegner, trotzdem auf dem SPD-Konvent mit falschen Behauptungen dafür eine Mehrheit geschaffen hat und dass die Koalition hier im Hause sagt, sie sei gegen Vorratsdatenspeicherung, wolle aber die Daten nutzen.

(Zuruf CDU: Zum Thema!)

- Herr Kollege, ich komme gleich dazu. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin über diese Entwicklung traurig. Es ist ein schwarzer Tag für den Datenschutz, für die Kommunikationsfreiheit und für die Meinungsfreiheit in Deutschland. Es ist kein Tag, an dem ich über die Zuständigkeit für Schwertransportgenehmigungen reden will und kann. Deswegen werden wir das im Ausschuss tun. - Danke schön.

(Zurufe)

Herr Kollege, Sie hätten im Rahmen einer persönlichen Erklärung sicherlich jede Menge Äußerungen zu von Ihnen gewählten Themen machen können.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Es wäre ebenso guter parlamentarischer Stil gewesen, Sie hätten sich zu der Sache geäußert, zu der Sie aufgerufen worden sind.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist eine Missachtung der Kolle- gen, die sich zur Sache geäußert haben!)

(Dr. Andreas Tietze)

Für die Kolleginnen und Kollegen des SSW erteile ich dem Herrn Kollegen Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Zahl der Großraum- und Schwertransporte, deren Größe und Gewicht die rechtlichen Vorgaben überschreiten, hat in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren stetig zugenommen. So lag die Anzahl der Anhörungen im Genehmigungsverfahren beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr 2005 noch bei 20.000 Verfahren. 2010 stieg sie bereits auf 30.000, und 2012 lag die Anzahl bei 40.000 Verfahren.

Die Bilder, die wir wohl alle vor Augen haben, sind die von großen Transporten mit Teilen von Windkraftanlagen. Aber auch die Entwicklung im Baugewerbe und in der Landwirtschaft erfordert immer größere Maschinen, die dann als Großraum- und Schwerlastgüter über unsere Straßen transportiert werden.

Wer mit seinem Transport die zulässigen Abmessungen oder das Gesamtgewicht überschreitet, der bedarf neben einer reinen fahrzeugbezogenen Ausnahmegenehmigung auch einer besonderen fahrwegsbezogenen Erlaubnis. Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten - Kreise, kreisfreie Städte, Land und Bund - sind diese Erlaubnis- und Genehmigungsverfahren sehr aufwendig. Dies hat auch der Landesrechnungshof in seinen Bemerkungen 2012 deutlich gemacht. Aus diesem Grund spricht sich der Landesrechnungshof dort für eine Zentralisierung aus.

Zudem positioniert sich der Landesrechnungshof dort klar für den Landesbetrieb Straßenbau. Dies kommt nicht von ungefähr, denn der LBV ist an fast allen Anhörungen beteiligt. Zwar sind die Bemerkungen des Landesrechnungshofs keine Bibel, aber wir sollten sie nicht außer Acht lassen.

Zudem hat die Landesregierung die Zentralisierung der Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde in ihrem Bericht zur „Gesamtstrategie für mehr Fairness und Sicherheit im Straßenverkehr“ klar beschrieben. Die Vorteile einer zentralen Genehmigungsbehörde beim LBV liegen auf der Hand. Es würde beispielsweise gewährleistet, dass ein einheitlicher Bewertungsmaßstab Anwendung findet, einheitliche Gebühren veranschlagt werden und die Fachkompetenz für Brückenberechnungen vorhanden ist. Zudem brauchten die Kreise für die statische Berechnung einzelner Brücken kein Ingenieurbüro einzu

schalten. Fachlich einwandfreie Brückenberechnungen könnten vom LBV durch sein Fachpersonal erledigt werden.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass die Erteilung von Genehmigungen derzeit bei den Kreisen und kreisfreien Städten gut aufgehoben ist. Das System hat sich dort bewährt, und die kommunale Ebene hat sich in den Jahren als zuverlässiger Partner für die Wirtschaft erwiesen. Nicht umsonst verzeichnete beispielsweise der Kreis Dithmarschen in den letzten Jahren Zuwächse bei den Antragszahlen. Dort hat man sich zudem mit dem „RAL-Gütezeichen Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ zertifizieren lassen und sich zur Aufgabe gemacht, die Antragsbearbeitungszeit auf ein Minimum zu reduzieren, gerade im Hinblick auf die Genehmigung für Großraum- und Schwertransporte.

Natürlich wissen wir auch - das geht aus den Resolutionen der Kreise Schleswig-Flensburg und Dithmarschen hervor -, dass die Überschüsse durch die Gebührenerträge zurzeit zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden. Ich weiß sehr gut um die enge Haushaltssituation in den Kreisen und insbesondere im Kreis Schleswig-Flensburg.

Es gibt nachvollziehbare Gründe für eine Zentralisierung der Genehmigungsbehörde beim Landesbetrieb. Aber die gemachten Erfahrungen mit dem derzeitigen Verfahren sprechen auch für sich. Nun befinden wir uns also in einem Abwägungsprozess. Wir sollten dieses komplexe Thema somit im Ausschuss vertiefen, um in dieser Frage zu einer guten Lösung zu kommen. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich nun dem Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie Reinhard Meyer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Die Landesregierung hat vom Landesrechnungshof und vom Landtag einen klaren Auftrag erhalten und sollte die Möglichkeit der Einrichtung einer zentralen Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde für Großraum- und Schwerverkehre prüfen. Meine Damen und Herren, das tun wir.

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Den entsprechenden Bemerkungen des Landesrechnungshofs für eine Zentralisierung der Erlaubnisund Genehmigungsbehörde hat damals die Mehrheit des Landtags zugestimmt. FDP und PIRATEN haben sich übrigens enthalten, die CDU war dagegen.

Für eine zentrale Erlaubnisbehörde kommen sinnvollerweise nur zwei Möglichkeiten in Betracht, entweder beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr, dem LBV, oder nach dem Gesetz über kommunale Zusammenarbeit bei einer kommunalen Behörde. Am sinnvollsten erscheint, wie vom Landesrechnungshof vorgeschlagen, eine Zentralisierung beim LBV, weil es die Option mit den größten Synergieeffekten ist, meine Damen und Herren. Genehmigungsverfahren werden gestrafft und konzentriert, Bürokratie abgebaut, Kosten und Personal werden eingespart, und zwar über das gesamte Land einschließlich der Kommunen. Das ist die Gesamtbetrachtung, die wir haben müssen.

Bereits heute ist der LBV als Straßenbaulastträger und Anhörungsbehörde für das Land SchleswigHolstein an nahezu allen Anhörungen in Genehmigungsverfahren beteiligt. Der LBV hat auch heute schon mit Ausnahme von vier Kreisen, die diese Aufgabe selber erledigen, die Verwaltung der Kreisstraßen vertraglich übernommen, sodass in diesen Kreisen keine Stellungnahmen des Baulastträgers erforderlich sind. Das macht der LBV also auch schon, übrigens auch in Dithmarschen und im Kreis Schleswig-Flensburg.

Der LBV ist darüber hinaus bereits für die Erteilung von Ausnahmen nach § 7 der Straßenverkehrsrechts-Zuständigkeitsverordnung zuständig, das heißt als Anhörungsbehörde für die Halter bei Großraum- und Schwerlastverkehren mit Sitz in Schleswig-Holstein. Auch das macht der LBV schon.

Und der LBV - das sage ich ganz ausdrücklich - hat das Know-how darüber, welche Strecken geeignet und wo wann welche Baustellen sind, die bei den Erlaubniserteilungen relevant sein können. Er hat also die notwendige Vorortkenntnis. Das ist ganz wichtig.