Protocol of the Session on June 5, 2012

Heimat - in diesem Begriff steckt vieles, was Menschen Orientierung gibt, vor allem auch ein emotionales Verhältnis zu dem Ort, an dem ein Mensch lebt. Diese eben auch emotionale Zustimmung zu Land und Leuten, zu Kultur und Sprachen in unserem Land ist wichtig. Sie schafft Identität, und sie schafft zugleich die Offenheit gegenüber anderen Kulturen. Diese Offenheit und kulturelle Kompetenz sind mit Blick auf unseren nördlichen Nachbarn Dänemark, mit Blick auf die Verbindungen Schleswig-Holsteins in den Ostseeraum und nicht zuletzt natürlich mit Blick auf die europäischen Integrationsprozesse wichtige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung unseres Landes.

Die Landespolitik wird zunehmend von europäischen Entscheidungen beeinflusst. Auch hier hat der Landtag, haben wir alle eine entscheidende Aufgabe wahrzunehmen. Der Landtag muss stärker als bisher auch hier politische Prozesse den Bürgerinnen und Bürgern erklären. Die Entscheidungen der Europäischen Union, die gerade für SchleswigHolstein als ein mitten in Europa liegendes Bundesland wichtig sind, dürfen den Menschen nicht als Fremdkörper erscheinen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch unsere Entscheidungsprozesse weiterentwickeln.

Veränderungen müssen vor allem auch dort beginnen, wo politische Entscheidungen im Auftrag der Wählerinnen und Wähler getroffen werden. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sich in der zurückliegenden Wahlperiode ganz grundsätzlich damit beschäftigt, wie sich die parlamentarische Arbeit zukünftig gestalten soll. Das war ein wichtiger Schritt, um einerseits effektiver, sachbezogener und damit auch nachvollziehbarer hier im Haus zu arbeiten. Andererseits geht von dieser Neuorientierung auch eine wichtige Signalwirkung ins Land aus.

Im Parlament geht es wie in der gesamten Gesellschaft darum, immer wieder angesichts sehr vielfältiger Sichtweisen, Auffassungen und Interessen zu

(Präsident Klaus Schlie)

konsensfähigen Entscheidungen zu kommen. Entscheidend ist dabei, dass bei aller Vielfalt und bei aller Diskussion der Zusammenhalt der Gesellschaft nicht infrage gestellt wird. Im Gegenteil, es geht darum, durch nachvollziehbar vermittelte und gemeinsam getragene Entscheidungen den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie alle darum bitten, dass wir den 18. Schleswig-Holsteinischen Landtag mit dem Ziel eröffnen, bei aller notwendigen Auseinandersetzung auch immer wieder Gemeinsamkeiten zu suchen und zu finden. In der parlamentarischen Demokratie ist das Parlament der entscheidende Ort des Zusammenhalts. Hier muss Demokratie mit Aufrichtigkeit gelebt und mit Einsatz vorgelebt werden. Ich bin mir sicher, wenn wir das beherzigen, dann werden viele Menschen in Schleswig-Holstein unsere Arbeit wieder stärker als das wahrnehmen, was sie ist: Arbeit zum Wohle, im Auftrag und im Interesse aller Schleswig-Holsteinerinnen und aller SchleswigHolsteiner.

(Beifall im ganzen Haus)

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 3:

Verpflichtung der Abgeordneten

Meine Damen und Herren, ich werde die Verpflichtung in der Weise vornehmen, dass ich zunächst für alle Abgeordneten die Eidesformel spreche und Sie bitte, im Anschluss gemeinsam nachzusprechen: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. Danach werde ich Sie bitten, zur Bekräftigung der Verpflichtung durch Handschlag nach vorn zu kommen, und zwar in der Reihenfolge, dass Sie bitte beginnend mit den Abgeordneten der stärksten Fraktion aus dem Plenum aus Ihrer Sicht von rechts zu mir kommen und nach der Verpflichtung die Rampe an der Regierungsbank zum Verlassen nutzen.

(Heiterkeit)

Das ist eine Orientierungsherausforderung für Sie; die werden Sie bestehen.

(Heiterkeit)

Ich verlese jetzt die Eidesformel.

(Die Anwesenden erheben sich - Die Abge- ordneten werden nach folgender Eidesformel vereidigt: Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordnete/Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen, die Verfassung und Gesetze zu wah- ren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigennutz zu dienen.)

Ich bitte Sie, mir nachzusprechen: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“

(Die Abgeordneten sprechen nach: Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.)

Jetzt dürfen Sie zu mir kommen.

(Die Abgeordneten werden von Präsident Klaus Schlie durch Handschlag verpflichtet)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beschlussfassung über die Fortgeltung der Landtagsgeschäftsordnung

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/6

Änderung der Geschäftsordnung des SchleswigHolsteinischen Landtags

Antrag der Fraktion die PIRATEN Drucksache 18/9

Parlamentarismus im Wandel

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/10

Meine Damen und Herren, wir haben über die Fortgeltung der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags vom 8. Februar 1991, zuletzt geändert am 19. März 2010, GVOBl. S. 437, zu beschließen. Zu dieser Geschäftsordnung liegen mit den Drucksachen 18/6 und 18/10 zwei interfraktionelle Anträge vor. Des Weiteren hat die Fraktion der PIRATEN mit Drucksache 18/9 einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung gestellt. - Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Breyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Präsident, Sie haben es schon angesprochen: Wir PIRATEN haben in den ersten Tagen im Landtag schon viel lernen dürfen von erfahrenen Kollegen, aber auch von

(Präsident Klaus Schlie)

hilfsbereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir glauben aber, dass auch Sie ein Stück weit von uns lernen können, was die Transparenz politischer Arbeit angeht, die wir in einem sehr hohen Maße bei uns praktizieren. Wir sind der Überzeugung, dass all das, was wir als Volksvertreter tun, beraten und entscheiden, für die Menschen in Schleswig-Holstein, die wir vertreten, nachvollziehbar sein muss. Genau das ist das Ziel unseres ersten Antrags, den wir hier im Parlament stellen und den wir basisdemokratisch im Internet ausgearbeitet haben.

Mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass die Sitzungen des Landtags und der Fachausschüsse live über das Internet übertragen und auch zum späteren Abruf bereitgestellt werden. Wir möchten, dass alle Korrespondenz des Landtags binnen zwei Tagen barrierefrei im Internet veröffentlicht wird, wo nicht Datenschutz oder Geheimschutz entgegenstehen. Aber auch Verschlusssachen sollen regelmäßig nach zehn statt 30 Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich werden.

Wir möchten, dass die Transparenz des Abstimmungsverhaltens verbessert wird, indem schon vier statt erst 18 Abgeordnete eine namentliche Abstimmung über Gesetzentwürfe verlangen können. Wir möchten, dass fraktionsübergreifende Absprachen im Ältestenrat nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern vor den Augen der Öffentlichkeit getroffen werden.

Wir möchten, dass die Entschädigungen der Abgeordneten und die Finanzierung der Fraktionen frühestens eine Woche nach Veröffentlichung des Entwurfs geändert werden dürfen, um eine öffentliche Debatte als Gegengewicht zu dieser Entscheidung des Landtags in eigener Sache zu ermöglichen.

Deswegen meine Bitte an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam die Politik für Menschen in SchleswigHolstein, die sich informieren und die sich einmischen möchten, weiter öffnen. Lassen Sie uns etwas gegen das beschämend geringe Ansehen der Politik in der Bevölkerung tun, gegen die verbreitete Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Zustand der Demokratie, die sich auch in einer geringen Wahlbeteiligung äußert. Lassen Sie uns dort, wo die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner bisher keinen echten Einblick in die politische Arbeit hatten, mehr Transparenz wagen.

(Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen zur Begründung sehe ich nicht. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 18/9, sowie den interfraktionellen Antrag Drucksache 18/10 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den interfraktionellen Antrag Drucksache 18/6. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Ich lasse über die Fortgeltung der bisherigen Geschäftsordnung einschließlich der Geheimschutzordnung in der durch den soeben angenommenen Antrag Drucksache 18/6 geänderten Fassung insgesamt abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist die Fortgeltung der Geschäftsordnung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der Fraktion der PIRATEN in geänderter Fassung beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Wahl der Vizepräsidentinnen oder der Vizepräsidenten und der weiteren Mitglieder des Sitzungspräsidiums

Wahlvorschlag der Fraktion der SPD Drucksache 18/2

Wahlvorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 18/3

Wahl der Schriftführerinnen und der Schriftführer sowie deren Stellvertretungen

Wahlvorschlag der Fraktion der CDU Drucksache 18/4

Wahlvorschlag der Fraktion der SPD Drucksache 18/5

Nach der soeben beschlossenen Änderung der Geschäftsordnung werden in der 18. Wahlperiode zwei Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags gewählt. Zur

(Präsident Klaus Schlie)

Wahl liegen zwei Vorschläge vor. Die Fraktion der SPD schlägt für die Wahl zum Ersten Vizepräsidenten Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann vor, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Wahl der Zweiten Vizepräsidentin Frau Abgeordnete Marlies Fritzen.

Gibt es weitere Vorschläge? - Das ist nicht der Fall.

Ich schlage Ihnen vor, auf eine geheime Wahl zu verzichten und über beide Vorschläge gemeinsam abzustimmen. Gibt es dagegen Widerspruch? - Ich höre keinen Widerspruch; das Haus ist also damit einverstanden.