Protocol of the Session on February 24, 2012

Deswegen gehören die Entscheidungen, wie unterrichtet wird, in welcher Form, ob Außen- oder Binnendifferenzierung, als pädagogische Entscheidung in die Schulen, in den Bereich der Schulkonferenzen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Henning Höpp- ner [SPD]: Das ist ein staatlicher Auftrag, den Sie haben!)

- Die pädagogische Ausgestaltung, mein lieber Kollege Höppner, gehört für mich in die Schulen.

Ich habe heute Morgen schon einmal gesagt: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen schmeißen. Ich habe auch schon einmal etwas zum Thema Selbstachtung gesagt, Herr Dr. Stegner. Wenn Sie unserem Wirtschaftsminister vorwerfen, er nehme an der Debatte nicht teil, will ich Ihnen gern sagen: Unser Wirtschaftsminister hat heute dienstliche Gespräche geführt. Ich weiß aber auch, dass Sie gestern an unserer Debatte zur Schuldenbremse nicht teilgenommen haben, weil Sie auf dem Weg zu einer Aschermittwochsveranstaltung in Köthen waren. So viel zu dieser Aussage!

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Wie beim Aufsichtsrat der HSH-Nordbank!)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt keine Wortmeldungen mehr. Deswegen kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 17/2231 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Ich stelle weiter fest, dass es einen Antrag gab - ich glaube, die Kollegin Franzen hat ihn in ihrem Redebeitrag vorhin gestellt -, alle Anträge an die Ausschüsse zu überweisen. Es gibt einen weiteren Antrag, über den Antrag Drucksache 17/2273 (neu) da geht es um das Betreuungsgeld - namentlich abzustimmen. Da wir an dieser Stelle den deutlichsten Dissens haben, schlage ich Ihnen vor, erst über diesen Antrag einzeln abzustimmen und dann -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, nein, nein! - Weitere Zurufe)

- Langsam, langsam! Herr Kollege, manchmal hilft es zuzuhören. Dann verstehen Sie mich vermutlich. - Die Geschäftsordnung sieht vor, dass, sobald ein

Geschäftsordnungsantrag auf Überweisung vorliegt, dieser vorzuziehen ist und deshalb bei Annahme des Überweisungsantrags keine namentliche Abstimmung über den Antrag in der Sache möglich ist.

Jetzt sehe ich eine Wortmeldung des Kollegen Weber zur Geschäftsordnung. - Bitte!

Frau Präsidentin! Wir beantragen, zu dem entsprechenden Tagesordnungspunkt in der Sache abzustimmen und, wenn dem stattgegeben ist, dann die bereits beantragte namentliche Abstimmung durchzuführen, weil es eine hinreichende Diskussion zu diesem Punkt in mehreren Sitzungen des Landtags gegeben hat und in der Sache gut entschieden werden kann. Wer der Auffassung ist, dass er sich der Entscheidung entziehen kann, soll das tun. Aber auch das ist dann eine Aussage.

Dann lasse ich zunächst über den Antrag Drucksache 17/2273 (neu) abstimmen. Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind in der Abstimmung. Ich teile Ihnen das Ergebnis mit: Der Antrag Drucksache 17/2273 (neu) ist mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE an den Sozialausschuss überwiesen worden.

Es ist weiter beantragt worden, die Drucksachen 17/2258, 17/2260, 17/2261 und 17/2274 an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das war nicht eindeutig. Für die SPD-Fraktion habe ich zwei Hände gesehen. Gilt das für die gesamte Fraktion? - Wer lehnt die Ausschussüberweisung dieser Anträge ab? - Wer enthält sich? - Damit ist das einstimmig so beschlossen. Alle Anträge sind an den Bildungsausschuss überwiesen worden.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Viöl-Ohrstedt sowie Mitglieder der Jugendfeuerwehr Schiphorst aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg hier im Landeshaus zu begrüßen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir kommen nunmehr zu Tagesordnungspunkt 21:

Entwicklungspolitische Verantwortung anerkennen

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2157

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Ulrich Schippels von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist Schlusslicht - das hat eben auch die Debatte um die Bildungspolitik gezeigt in vielen Bereichen, auch im Bereich der Entwicklungspolitik. Auf Antrag meiner Fraktion sprechen wir heute über diesen Bereich, mit dem wir uns sehr selten in diesem Haus beschäftigen.

Schleswig-Holstein ist im Ländervergleich - ich habe es schon gesagt - Schlusslicht bei den ODAAusgaben, also den offiziellen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit pro Kopf. Auch das, meine Damen und Herren, ist ein Armutszeugnis. Es ist Zeugnis des politischen Unwillens der Regierenden und gleichzeitig auch Zeugnis der Armut ihres solidarischen Denkens.

DIE LINKE sagt, wir haben die ethische Verpflichtung, den Armen dieser Welt zu helfen, sowohl hier in Schleswig-Holstein als auch woanders.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt eine Vielzahl von Verpflichtungen und Versprechen, die die Bundesrepublik Deutschland in diesem Bereich gegeben hat. Auch die Länder haben sich immer wieder dazu verpflichtet, dazu beizutragen, dass die Bundesrepublik ihre internationalen Verpflichtungen einhält.

Der Blick in andere Bundesländer zeigt, wie es auch geht. Berlin hat zum Beispiel eine lokale Agenda 21 zur Leitlinie der gesamten Senatspolitik erklärt. In NRW gibt es eine Vielzahl entwicklungspolitischer Initiativen und Engagements. Schleswig-Holstein hat dagegen in den vergangenen Zeiten immer weniger Geld für die Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben. So sind die entwicklungsrelevanten ODA-Leistungen Schleswig

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Holsteins zwischen 2003 und 2010 von fast 2 Millionen € auf 200.000 € extrem abgesunken.

Das Hauptziel der aktuellen internationalen Entwicklungszusammenarbeit ist die Halbierung der Zahl der absoluten Armen weltweit. Das sind die Milleniumziele der Vereinten Nationen. Konkret geht es unter anderem darum, dass der Anteil der Menschen, die Hunger leiden und über weniger als 1 $ am Tag verfügen, halbiert wird.

Das ist ein wichtiges, aber in meinen Augen kein besonders ambitioniertes Ziel. Denn bereits mit 1 $ und 5 Cent würde ein absolut Armer aus dieser Statistik herausfallen. Ich finde, bei allen Meinungsverschiedenheiten in diesem Haus sollte es doch möglich sein, dass wir dieses kleine Ziel teilen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

So weit sollten wir alle über den Tellerrand unseres schönen, aber doch kleinen Bundeslandes hinausblicken können.

Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, dass es berechtigt und nicht populistisch ist, wenn man folgende Rechnung aufmacht: Um die Anzahl der Menschen, die für Wohnung, Kleidung, Bildung und Nahrung weniger als 1 $ am Tag zur Verfügung haben, zu halbieren, gibt das Land pro Einwohner 7 Cent im Jahr aus - 7 Cent pro Einwohnerin und Einwohner für die Ärmsten der Armen! Für den Ministerpräsidenten und die Staatskanzlei dagegen gibt das Land pro Einwohner das Hundertfache dieser Summe aus, nämlich 7 € im Jahr. Ich finde, das ist ein Missverhältnis.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin gespannt, welche Antworten wir von den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern erhalten würden, wenn wir sie zu dieser Rechnung einmal befragen würden. Ich glaube, dass niemand dieser Verteilung von Steuergeldern seine Zustimmung geben würde.

Unser Antrag, den wir Ihnen heute hier vorstellen, ist komplex und bezieht sich auf die unterschiedlichen Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit. Die Milleniumziele der Vereinten Nationen habe ich schon angesprochen. Ein Schwerpunkt der Arbeit der Bundesländer liegt hier bei der Bildungspolitik - keine Frage -, und das ist auch richtig so. Aber das ist nicht alles, meine Damen und Herren, was das Land tun kann. Im Rahmen der Agenda 21 für eine nachhaltige Entwicklung sollte das Land den Kommunen Hilfestellung geben, um auch loka

le Agenden voranzubringen. Nicht zuletzt sollte die Beschaffung des Landes und der Kommunen nach den Grundsätzen des fairen Handels und der ökologischen Nachhaltigkeit noch mehr als bisher ausgerichtet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir möchten, dass Nicht-Regierungsorganisationen in entwicklungspolitischen Bereichen mehr Unterstützung bekommen ebenso wie engagierte Kirchengemeinden und Migrantenorganisationen.

Als übergeordnetes Projekt schlagen wir vor, dass Schleswig-Holstein eine Partnerschaft mit einer Region anstrebt, die in den ärmsten Gegenden dieser Welt liegt. Die wenigen Kooperationen, die wir bereits haben, beziehen sich vor allen Dingen auf wirtschaftliche Kontakte und wirtschaftliche Zusammenarbeit. DIE LINKE fordert aber eine Partnerschaft, die stärker in der Bevölkerung verankert ist.

Rheinland-Pfalz und Ruanda machen vor, wie so etwas auch gelebt werden kann. Schulen, kulturelle Einrichtungen, die Politik und einzelne Bürgerinnen und Bürger sind in diese Partnerschaft eingebunden, und es zeigt sich, wie wertvoll das für die Menschen hier wie dort sein kann.

Ich wünsche mir, dass wir unsere vielfältigen Vorschläge im Ausschuss genauer beraten können und dass wir noch in dieser Legislaturperiode zu einer Verbesserung und zu einer klaren Aussage kommen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Dr. von Abercron das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vereinten Nationen haben im Jahr 2000 die sogenannten Milleniumziele definiert. Da geht es im Wesentlichen um die Fragen der Hungerbekämpfung, also der Welternährung, der Schulbildung, aber auch der Kindersterblichkeit, um einige Beispiele anzuführen.

Damals lebten schon über 1 Milliarde Menschen von weniger als 1 $ pro Tag. Mehr als 7 Millionen Menschen waren unterernährt. Mehr als 115 Millionen Menschen hatten keine Möglichkeit der Schul

(Ulrich Schippels)

bildung. Das sind sehr dramatische Zahlen, und deswegen ist auch Entwicklungspolitik eine riesige Herausforderung. Es ist für uns nicht nur ein Gebot der Nächstenliebe, sondern es ist auch eine Frage für die Zukunft in einer friedvollen und in einer nachhaltigen Welt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Geschichte der Entwicklungspolitik ist vielschichtig. Nicht immer war, wo Entwicklungshilfe draufstand, auch Entwicklungshilfe drin. Nicht immer waren die Motive eindeutig auf die Lebensverbesserung der Menschen in den Zielländern gerichtet.