Protocol of the Session on February 22, 2012

Das bedeutet, Sie bedauern, dass es die Mauer nicht mehr gibt.

(Widerspruch bei der SPD - Zuruf der Abge- ordneten Birgit Herdejürgen [SPD])

Das bedeutet, dass Sie die Mauer wieder hochziehen wollen, damit Sie wieder mehr Geld über die Zonenrandförderung kassieren können. Das ist das Fazit, das Sie hier angebracht haben.

(Zurufe von der SPD)

Die Grünen möchten faktisch das Beamtentum abschaffen, wenn Sie alle öffentlichen Bediensteten in die Sozialversicherungssysteme einbeziehen möchten. Die Beamten sollen also hinein in die gesetzlichen Krankenversicherung. Es soll keine Pensionen mehr geben, sondern eine Rente für die Beamten. Dies würde zeitgleich bedeuten, dass wir erhebliche Mehrausgaben hätten. Die Abgaben sind nämlich sofort fällig. Zwar ist die Rücklagenbildung beispielsweise für Pensionen sinnvoll, aber aktuell geht das nur durch eine Erhöhung der Staatsverschuldung.

Auf die LINKEN brauche ich eigentlich nicht gesondert einzugehen. Wer sich von der Schuldenbremse abwendet, der schlägt der heutigen jungen Generation mit voller Wucht ins Gesicht und sagt den jungen Menschen, dass sie morgen keine Zukunft haben.

Das ist nicht sozial, das ist einfach bloß schäbig.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut und scheint geboten, dass wir nun am vorzeitigen Ende

der Legislaturperiode noch einmal alle an die Schuldenbremse und die mit ihrer Einhaltung verbundenen Anstrengungen erinnert werden. Wir haben sie gemeinsam und überparteilich beschlossen im Einvernehmen, dass die Schuldenpolitik der Vergangenheit angehören sollte. Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und SPD sieht allerdings offensichtlich eine andere Sprache vor. Bis vor zwei Stunden hatte ich noch gedacht, dass Sie zur Vernunft gekommen seien, dass der Mai 2010 auch bei Ihnen Spuren hinterlassen hätte. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Wir sind gemeinsam, nachdem wir die Schuldenbremse verankert haben, auch verpflichtet, uns daran zu halten. Das Gesetz, das wir hier vorgestellt haben, ist eine Konsequenz der von den meisten Fraktionen im Landtag beschlossenen Verfassungsänderung. Diese Verfassung verlangt nach diesem Gesetz. Von daher ist es nur konsequent, dass auch Sie diesem Gesetz in der vorgelegten Form zustimmen und dem Änderungsantrag nicht zustimmen werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Loedige, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass das Adjektiv, mit dem Sie den Goldesel beschrieben haben, ein nicht üblicher Ausdruck hier im Parlament ist, auch wenn es sich dabei um ein Zitat handelt.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren! Ich erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, der positive Jahresabschluss hilft uns, den schwierigen Weg in Richtung Nettoneuverschuldung null weiter zu beschreiten, einen Weg, den zuvor keine Regierung gegangen ist, auch nicht die Große Koalition, Herr Wiegard, in der Sie vier Jahre als Finanzminister Verantwortung getragen haben. Zur Wahrheit gehört auch, dass sich der Landtag erst auf eine Schuldenbremse verständigt hat, nachdem der Bund diese klare Linie unmissverständlich per Grundgesetz für alle Bundesländer verbindlich vorgegeben hat.

Herr Minister, Sie werden nicht müde zu betonen, dass uns die charakterlose Schuldenpolitik der Ver

(Katharina Loedige)

gangenheit einholt. Und ich werde Ihnen darauf immer wieder antworten, dass diese charakterlose Schuldenpolitik - wenn man es denn überhaupt so nennen will - auch Ihre Schuldenpolitik ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Weder als Oppositionspolitiker noch in Ihren ersten fünf Jahren als Finanzminister haben Sie die Initiative für eine wirksame Begrenzung der Schulden in Form einer Verfassungsänderung ergriffen. Sie brauchten erst die Vorgabe des Bundesgesetzgebers.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrer Verantwortung wurden neue Ausgaben in Millionenhöhe beschlossen. Ich erinnere beispielhaft an den Schleswig-Holstein-Fonds, eben einmal über 400 Millionen € komplett schuldenfinanziert, Herr Finanzminister. Charakterlose Schuldenpolitik nennen Sie das. Da zeigt der Finger auf Sie selbst zurück.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Etwas mehr Demut, etwas mehr den differenzierten Blick auf die Vergangenheit gerichtet,

(Zurufe von der CDU: Oh!)

dann hätten wir eine Ebene, auf der wir miteinander diskutieren könnten.

Meine Damen und Herren, die Grundlage für die nächsten Jahre ist mit der Finanzplanung und den Vorgaben des Stabilitätsrats gelegt. Aber wir können doch nicht einfach ignorieren, dass die Auflösung der Finanzplanung noch nicht da ist. Auch der Rechnungshof mahnt in seiner Stellungnahme zum Abbau des Finanzierungsdefizits an, dass noch Aussagen darüber fehlen, wo und mit welchen Maßnahmen das Land in den kommenden Jahren den Defizitabbau fortsetzen will.

(Zuruf der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])

Es ist unredlich, wenn sich die Landesregierung vor genau dieser Auflösung drückt und plötzlich so tut, als seien alle Hausaufgaben schon gemacht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Nachtigall, ick hör dir trapsen. Je mehr es in Richtung Landtagswahl geht, desto weniger traut sich diese Landesregierung zu, Tacheles zu reden.

(Zuruf des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Plötzlich sind sogar über 1 Milliarde € da, wo Sie sagen, diese Milliarde können wir zusätzlich zu den Vorgaben, die der Bund vorgibt, einsparen. Das klang im August 2011 noch ganz anders. Da sagte Finanzminister Wiegard noch in einer Pressemitteilung, dass weitere mutige Entscheidungen nötig seien. Heute alles aufgelöst!

Eben war die Schuldenbremse noch Begründung für harte Einschnitte, kleinteilige und schmerzliche Kürzungen im Tausenderbereich, und plötzlich, wenige Wochen vor der Wahl, fallen eben mal 50 Millionen € für den nächsten Doppelhaushalt vom Himmel: Straßenbau, Breitbandversorgung, Unterrichtsversorgung und Schulsozialarbeit.

Meine Damen und Herren, eine Landesregierung, die Frauenhäuser so schlecht ausstattet, dass Frauen in Not wieder nach Hause geschickt werden

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

und gleichzeitig eben mal 50 Millionen € im Koalitionsausschuss aus dem Ärmel schüttelt, handelt verantwortungslos.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen! Sensationell!)

Diese Art zu regieren, schürt Politikverdrossenheit; sie ist das Gegenteil von Transparenz und von Mitgestaltung. Warum nicht 27 Millionen €? Warum nicht 29 Millionen €? Warum Straßenbau und nicht Frauenhäuser? Was ist Grundlage für Ihre Prioritätensetzung und für Ihre Ziele?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ihre Haushaltspolitik ist willkürlich. Herr Finanzminister, in Ihrer Welt gibt es immer nur schwarzweiß.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Macht die Opposition ausgabeträchtige Vorschläge, ist das charakterlose Schuldenpolitik, macht die Regierung ausgabeträchtige Vorschläge, die doppelt so hoch sind, dann ist das eine Investition in die Zukunft. Wer soll Ihnen diese Märchenstunde glauben? Und wer soll CDU und FDP glauben, dass sie es jetzt mit der Verbesserung der Situation an unseren Schulen tatsächlich ernst meinen? Ihr Be

(Monika Heinold)

schluss, die Mittel für Unterrichtsversorgung aufzustocken, ist nicht mehr als ein ungedeckter Scheck für 2013,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir fangen jetzt an!)

schwarz-gelbe Pflasterpolitik kurz vor einer Landtagswahl zur Betörung der Wählerinnen und Wähler. Meine Damen und Herren, Glaubwürdigkeit sieht anders aus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Unsere Schulen brauchen Verlässlichkeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja, genau!)