Protocol of the Session on February 22, 2012

Wir werden gewiss auch heute in dieser Debatte wieder viele Phrasen hören: Phrasen vom „Kaputtsparen“, von der „Kahlschlagspolitik“, von „sozialer Kälte“, „Neoliberalismus“, „Turbokapitalismus“ und vielem mehr. Unsere Fraktion wird aber auch heute das tun, was wir in der gesamten Legislaturperiode getan haben: Wir setzen den Phrasen die Fakten entgegen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Deswegen sage ich: Hätten wir so weitergemacht, wie SPD und Grüne 2005 den Landeshaushalt hinterlassen haben mit einem Defizit von 1,5 Milliarden €, wäre hier im Hohen Haus irgendwann nicht nur der Ton ausgefallen, sondern eines Tages auch das Licht ausgegangen. Schleswig-Holstein wäre handlungsunfähig geworden.

Deshalb haben wir die Schuldenbremse gezogen, die man durchaus auch als Notbremse bezeichnen kann. Und wir haben sie alle gemeinsam gezogen fast alle. Das will ich ausdrücklich betonen.

Der Bericht des Finanzministers zum Jahresabschluss 2011 legt dar, was wir bisher schon auf diesem Weg erreicht haben. Das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse zeigt uns auf, wie es jetzt weitergehen muss. Beides steht in unmittelbarem Zusammenhang miteinander. Fakt ist auch: Bereits im vergangenen Jahr haben wir das strukturelle Defizit auf 718 Millionen € gedrückt, die Neuverschuldung wurde um 820 Millionen € gesenkt. Damit haben wir uns einen Vorsprung von zwei Jahren auf dem Abbaupfad erarbeitet. Wir sparen Zinsen ein, die wir bei weiteren Kürzungen in Anrechnung bringen können.

Wenn die Frage diskutiert wird, wie wir diesen Erfolg erreicht haben, hört man von der Opposition ja leider Widersprüchliches. An geraden Tagen behaupten Sie, wir würden das Land mit Grausamkeiten überziehen. An ungeraden Tagen wird von Ihnen verbreitet, wir würden eigentlich gar nicht spa

ren und uns nur auf höhere Steuereinnahmen verlassen. Um es deutlich zu sagen: Beides widerspricht sich nicht nur, es ist auch beides gleichermaßen falsch.

Wahr ist, dass wir die Landesausgaben ebenso konsequent wie verantwortungsbewusst reduziert haben. Das Budget, vor allem bei Zuweisungen und Zuschüssen, wurde 2011 gegenüber dem Vorjahr um 170 Millionen € reduziert. Die Aufwendungen für Verwaltung sind um 45 Millionen € zurückgegangen. Der Anstieg der Personalausgaben konnte trotz Tarifsteigerungen auf 71 Millionen € begrenzt werden. Dies ist uns gelungen, weil wir wie angekündigt 480 Stellen abgebaut haben.

Wahr ist auch, dass wir die Einnahmen steigern konnten. Dabei ist das zusätzliche Geld in der Tat nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern diese Mehreinnahmen fußen auf einem stärkeren Wirtschaftswachstum und darauf, dass wieder mehr Menschen in Arbeit sind, wovon damals zu rot-grüner Zeit die Menschen in diesem Land nur träumen konnten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das wiederum ist Ergebnis einer verantwortungsvollen Politik, die die Bedingungen für unternehmerisches Engagement verbessert und Einsparungen im Landeshaushalt mit zielgerichteten öffentlichen Investitionen verbindet. Diese Spielräume, die wir uns erarbeitet haben, werden wir auch in der Zukunft nutzen für bessere Bildung und für bessere Infrastruktur in Schleswig-Holstein.

Wahr ist auch, dass die Opposition eine Politik fordert, die genau das Gegenteil beinhaltet und auch das Gegenteil bewirken würde. Allein die SPD stellt ungedeckte Schecks mit einem Volumen von 250 Millionen € aus. Das sind wohlweislich nur diejenigen Forderungen, die sich konkret beziffern lassen. Bei vielem anderen bleiben Sie so vage und unkonkret, dass zwischen ein paar Tausend und ein paar Millionen € alles gemeint sein kann.

Bei Ihren wolkigen Finanzierungsvorschlägen hat Ihr SPD-Spitzenkandidat mittlerweise schon eine bemerkenswerte Fantasie entwickelt. Mal sind es veränderte Bundesgesetze, die für Mehreinnahmen in Schleswig-Holstein sorgen sollen, mal sind es sogenannte Bildungsmangelfolgekosten, mal ist es das Wirtschaftswachstum - das war jetzt die jüngste Begründung, die dafür herhalten muss. Treffsicher ist das alles aber nicht. Einnahmeverbesserungen sind für Sie - wie gehabt - immer nur gleichbedeutend mit Steuererhöhungen. Dass Sie damit die Wirtschaft abwürgen und Arbeitsplätze vernichten

(Johannes Callsen)

und am Ende sogar weniger Einnahmen haben, werden Sie vermutlich nie verstehen.

Vor Ort mehr Geld auszugeben und das Ganze dann durch die Änderung von Bundesgesetzen finanzieren zu wollen, ist das Gegenteil von seriöser Haushaltspolitik. Das Gleiche gilt auch für Ihren Umgang mit konjunkturbedingten Mehreinnahmen. 1 % mehr Wachstum gleich 120 Millionen € mehr zum Ausgeben. Das ist wohl eher eine Milchjungenrechnung. Denn auch im Kieler Rathaus liegt doch bestimmt ein aktuelles Exemplar unserer Landesverfassung, in der es in Artikel 53 Absatz 2 heißt - ich zitiere -:

„Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen.“

(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Ab 2020!)

Von Spielgeld zur Finanzierung sozialdemokratischer Wunschträume ist hier definitiv nicht die Rede.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Meine Damen und Herren von der Opposition, von SPD, Grünen und SSW, was Sie uns hier heute allerdings auftischen, Ihr Änderungsantrag, das setzt dem Ganzen in der Tat die Krone auf.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf von der SPD: Genau!)

Indem Sie den Ausgangwert für die Kreditaufnahme mal eben so anheben, wollen Sie gegenüber unserem Gesetz die Tür für zusätzliche Schulden von bis zu 1 Milliarde € bis 2020 aufmachen. Sie haben nicht den Mut - und das sage ich deutlich -, den Menschen zu sagen, wo Sie konkret einsparen wollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie stellen sich selbst einen Blankoscheck für noch höhere Schulden aus, um sich mit Ihren Wahlversprechen über den 6. Mai hinaus zu retten. Mit Ihrem Überziehungskreditausreizgesetz bürden Sie der nächsten Generation in Schleswig-Holstein bis 2020 zusätzliche Zinsen in Höhe von fast 30 Millionen € jährlich auf. Das ist ein Gegenwert von rund 500 Lehrerstellen. Von SPD und SSW sind wir solche Buchungstricks mittlerweile gewohnt, aber liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, da bin ich schon einigermaßen enttäuscht, dass

Sie heute Ihr wahres finanzpolitisches Gesicht zeigen.

(Beifall bei CDU und vereinzelt bei der FDP)

Mit nachhaltiger Finanzpolitik und mit Generationengerechtigkeit hat diese von Ihnen betriebene Erhöhung der Neuverschuldung nichts zu tun. Ihr heutiger Gesetzentwurf ist nichts anderes als Ihr Eingeständnis, dass solide Finanzpolitik bei Ihnen nicht mehr als eine Worthülse ist.

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Das wussten wir schon vorher!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Griechenland ist für Sie offensichtlich keine Lehre.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nee!)

Dieser Schuldenerhöhungsblankoscheck zulasten der nächsten Generation ist am Ende nichts anderes als Wählertäuschung.

Ich sage es Ihnen daher gern noch einmal: Mit dem Motto Phrasen statt Fakten werden Sie nicht durchkommen. Sie werden nicht umhinkommen, noch einmal unmittelbar vor der Landtagswahl über diesen Gesetzentwurf abzustimmen und Farbe zu bekennen, ob Sie es mit der Schuldenbremse wirklich ernst meinen. Die Menschen in diesem Land wollen eine ehrliche und eine verantwortungsvolle Politik, eine Finanzpolitik für die Zukunft dieses Landes und keine billigen Tricks zur Erhöhung der Schulden

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich muss eine Korrektur bekanntgeben. Der Finanzminister kann auch mit Zeit haushalten. Er hat genau die zehn Minuten gebraucht, die auch verabredet waren. Die Schriftführer hatten versehentlich fünf Minuten eingegeben. Deswegen kam es eben zu der Ansage, dass er seine Redezeit überschritten habe. Ich sage noch einmal deutlich: Er hat die Redezeit nicht überschritten. Es bleibt bei der verabredeten Zeit von zehn Minuten.

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Birgit Herdejürgen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das unbestritten gute Haushaltsergebnis, das uns heute in aller Kürze vorgestellt wurde, ist auf die sehr positive wirtschaftliche Entwicklung in der

(Johannes Callsen)

Bundesrepublik zurückzuführen. Der Kollege Callsen hat es angesprochen.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, natürlich!)

Sie ist auch Verdienst der Unternehmen und Beschäftigten in Schleswig-Holstein. Verbunden mit einem nach wie vor niedrigen Zinsniveau ist dies ein glückliches Zusammentreffen, das natürlich erfreulich ist, beileibe aber kein Verdienst der Landesregierung.

(Beifall bei SPD, SSW und des Abgeordne- ten Ulrich Schippels [DIE LINKE] - Johan- nes Callsen [CDU]: Unglaublich!)

Dennoch: Die Personalkosten sind im Jahr 2011 weiter gestiegen und werden auch in den nächsten Jahren deutliche Anstiege verzeichnen.

(Tobias Koch [CDU]: Unglaublich!)

Die Kürzungen beim Personal reichen nicht aus, um Mehrausgaben durch Tarifsteigerungen, steigende Sozialversicherungsausgaben, Beihilfe und Altersversorgung auszugleichen. Damit sind auch zwei zentrale Risiken identifiziert, denen sich das Parlament in künftigen Haushaltsberatungen selbstverständlich stellen muss: steigende Zinsen und steigende Personalkosten.

Klar ist aber auch, dass dieses Ergebnis deutlich besser aussehen könnte, wenn sich die Landesregierung nicht wiederholt von ihrer Berliner Hauptstelle hätte über den Tisch ziehen lassen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt für teure Steuerrechtsänderungen genauso wie auch für vernünftige Alternativen zu einem teuren und in seiner Wirkung völlig absurden Betreuungsgeld.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Weil der Blick nach hinten ja offenbar so verführerisch ist: Unter der damaligen CDU-Regierung hatten wir trotz Zonenrandförderung diverse Male Nettoneuverschuldungen, die zehn oder mehr Prozent unserer Nettoausgaben betrugen. Ich nenne nur einige Zahlen: 1972 12,9 %, 1975 und 1976 rund 17 %, und zwischen 1980 und in dem letzten von Ihnen verantworteten Haushaltsjahr 1988 wurde die Zehnprozentmarke nur einmal unterschritten.

(Christopher Vogt [FDP]: Da war ich noch im Kindergarten!)