Protocol of the Session on February 22, 2012

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 17/2176

b) Vielfalt fördern - Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft sichern

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2052

Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Frau Abgeordneten Susanne Herold.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bildungsausschuss hat zu dem ihm durch Plenarbeschluss vom 6. Oktober 2010 überwiesenen Gesetzentwurf Drucksache 17/510 Stellungnahmen eingeholt und sich in mehreren Sitzungen mit dem Gesetzentwurf befasst, zuletzt am 2. Februar 2012. In der Ausschussberatung am 1. Dezember 2011 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Umdruck 17/3149 eine Neufassung ihres Gesetzentwurfs vorgelegt.

Mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und DIE LINKE gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf Drucksache 17/510 in modifizierter Fassung abzulehnen.

Ich komme zu dem weiteren Gesetzentwurf, Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Im Einvernehmen mit dem an der Beratung beteiligten Finanzausschuss empfiehlt der Bildungsausschuss dem Landtag mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW bei Enthaltung der SPD, den Gesetzentwurf Drucksache 17/1964 in modifizierter Form abzulehnen.

Vielen Dank. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Heike Franzen von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schon erstaunlich, dass die Grünen nach der Sitzung des Bildungsausschusses,

(Anke Spoorendonk)

in der der Minister ausführlich auf die Unzulänglichkeiten ihres Gesetzentwurfs hingewiesen hat, diesen Gesetzentwurf und den dazugehörigen Antrag immer noch aufrechterhalten. Auch die von Ihnen vorgeschlagenen Veränderungen sind nicht dazu geeignet, den Gesetzentwurf zu verbessern.

In Ihrem Antrag wollen Sie, dass wir hier heute eine haushaltsrelevante Entscheidung treffen, nämlich die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft ab 2013 schrittweise auf 85 % anzuheben. Das Ministerium sollen wir auffordern, dafür eine Berechnungsgrundlage innerhalb dieses Jahres vorzulegen. Das heißt also, wir fassen erst den Beschluss und lassen uns dann vorlegen, was uns das kosten soll. Wenn man überhaupt über eine neue Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft reden will, was alle in diesem Haus wollen, weil wir eine transparente Finanzierung dieser Schulen brauchen, dann kann nur der umgekehrte Weg der richtige sein, nämlich zunächst einmal festzustellen, mit welchen Kosten wir belastet sind, bevor wir einen solchen Beschluss fassen.

Die Stellungnahme des Ministeriums zu Ihrem Gesetzentwurf umfasst 14 Seiten. Ich gehe davon aus, dass Sie sich damit beschäftigt haben. Was die Fachabteilungen da ausgeführt haben, muss Ihnen doch klar machen, dass man Ihren Vorschlag nun wirklich nicht weiterverfolgen kann. Ihr Gesetzentwurf würde geschätzte Mehrbedarfe von 31,5 Millionen € zulasten des Landeshaushalts auslösen.

Die Schülerkostensätze können in der Form, wie Sie sie vorgeschlagen haben, gar nicht erhoben werden. Wie Sie wissen, ist der Schullastenausgleich 2009 geändert worden. Es gibt auf Landesebene gar keine Erhebung des Schülerkostensatzes mehr. Es erfolgt ein Vollkostenausgleich unter den Kommunen. Sie wollen also, dass die Kommunen mit viel Verwaltungsaufwand belastet werden. Die Kommunen sollen Sachkosten und Investitionskosten erheben, um einen durchschnittlichen Schülerkostensatz aller Schulen im Land zu ermitteln, um damit die Grundlage für eine Landesaufgabe zu schaffen, nämlich die Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft. Ich glaube, dieser Aufwand ist bei den Kommunen nicht zu rechtfertigen.

Darüber hinaus erfolgt der Schulkostenausgleich für die Schulen in freier Trägerschaft über die Schularten und nicht, wie in Ihrem Antrag geschrieben, über die Schulstufen. Die Stellungnahme der Landesregierung macht auch deutlich, dass es nach dem Entwurf der Grünen zu erheblichen Verwerfungen unter den Schulen in freier Trägerschaft kommen würde. Profitieren würden von Ihrem Ent

wurf insbesondere die beiden großen Waldorfschulen in unserem Land und Schulen, die Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Lernen“ beschulen, während die berufsbildenden Ersatzschulen je nach Schulart und Fachrichtung mit einer deutlichen Reduktion der Schülerkostensätze rechnen müssten.

Ich will Sie an dieser Stelle ernsthaft fragen: Wollen Sie wirklich 31,5 Millionen € mehr ausgeben und damit dazu beitragen, dass es eine Unwucht in der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft gibt? - Die Finanzierung unserer Schulen in freier Trägerschaft ist ein gewachsenes System und wahrlich nicht einfach zu durchdringen. Eine gerechtere und transparentere Finanzierung zu erarbeiten, bei der es nicht zu Benachteiligungen von Schulen und Schularten kommt, kann man nicht mal eben aus dem Ärmel schütteln. Auch wir wollen diese Finanzierung. Die Diskussionen, die wir in der letzten Zeit dazu geführt haben, zeigen, wie schwierig diese Aufgabe ist.

Die Grünen geben immer vor, an der Sache orientiert arbeiten zu wollen. Hier bin ich wieder am Anfang meines Beitrags. Sachgerecht wäre es gewesen, diesen Entwurf und Ihren Antrag zurückzuziehen. Da wir uns aber im Wahlkampf befinden, glauben Sie vermutlich, dass Sie mit beidem Prozentpunkte für die Wahl am 6. Mai fischen können. Unsere Zustimmung zu Ihrem Ansinnen werden Sie im Sinne der Schulen in freier Trägerschaft und im Sinne einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik jedenfalls nicht ernten.

Abschließend will ich deutlich darauf hinweisen, dass die Schulen in freier Trägerschaft ein fester und bereichernder Bestandteil unseres Schulsystems sind. Wir wollen eine stabile finanzielle Grundlage dieser Schulen, allerdings mit Fingerspitzengefühl.

Auf einen Punkt bin ich nicht eingegangen, den ich jedoch zum Schluss noch ansprechen will. Sie regen an, die Wartefristen auf ein Jahr zu verkürzen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich will deutlich sagen, dass wir in der Zeit der Regierung von Rot-Grün hier im Land Wartefristen von drei Jahren hatten. Sie haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, diese Wartefristen zu verkürzen. In der letzten Legislaturperiode ist es gemeinsam mit der SPD gelungen, diese auf zwei Jahre zu reduzieren. Das ist ein interessanter Sinneswandel bei den Grünen.

(Heike Franzen)

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Anke Erdmann das Wort.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war Antragsteller zu Punkt zwei! - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Warum reden die nicht zuerst?)

Der Vorschlag der Verwaltung lautete, die Fraktion der CDU als stärkste Fraktion zu benennen, da die erste Lesung des Gesetzentwurfes mit Aussprache erfolgt ist. - Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete Erdmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Franzen, die Grünen haben sich mit Sicherheit nicht mit Händen und Füßen gewehrt, die Wartefrist zu verkürzen. Sie wissen auch, dass es nicht an den Grünen gelegen hat.

Ein zweiter Punkt. Sie sagen, wir wollen weiter über die Finanzierung freier Schulen reden. Frau Franzen, geredet worden ist relativ viel,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber nicht auf Vorschlag von CDU und FDP. Da war Fehlanzeige, jedenfalls im Ausschuss.

Schulen in freier Trägerschaft bieten Vielfalt in der Bildungslandschaft, und sie setzen Impulse. Schleswig-Holstein ist mit 4 % aber bundesweit Schlusslicht. Unser Ziel ist eine faire und transparente Berechnung der Zuschüsse für diese Schulen, der Abbau von Hürden und eine gemeinsame Verpflichtung von Land und auch von den Trägern, dass diese Schulen allen Kindern offenstehen. Man braucht natürlich auch eine finanzielle Basis, auf der das passieren kann.

80 % erhalten diese Schulen als Zuschuss, aber das sind 80 % auf dem Papier. In der Tat ist es so, dass die Berechnungsgrundlage eher einem Schweizer Käse gleicht. Die Finanzierung - das bestätigt auch der Landesrechnungshof - ist intransparent und unzureichend. Wir haben vom Rechnungshof einige Vorschläge aufgenommen, die Sie, Frau Franzen,

kritisiert haben. Das, meine Damen und Herren, gehört geändert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Finanzierung soll neu geregelt werden. Das steht auch im Koalitionsvertrag; „Koalition des Aussitzens“. Eine schrittweise Verbesserung der Fördersätze, Überarbeitung des Finanzierungsmodells und Überprüfung der Regelung zu Wartefristen, Frau Franzen, sind die Bestandteile, die sich im Koalitionsvertrag wiederfinden. Wesentliche Punkte davon finden sich im Gesetzentwurf wieder.

Ich muss den Ball klar zurückspielen. Sie können nicht sagen: „So geht es nicht“, leisten aber überhaupt keinen Beitrag dazu, wie es gehen kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war die Rolle von CDU und FDP. Sie haben Fundamentalopposition mit Krokodilstränen betrieben. Das hilft den Freien Schulen wirklich nicht weiter.

Wir brauchen eine transparente Berechnungsgrundlage. Es geht um die gesamten Schülerkostensätze. Das muss die Grundlage sein. Schritt für Schritt sollen die allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft echte 85 % von dem erhalten, was staatliche Schulen heute schon bekommen.

Wir möchten das schrittweise tun, da haben wir uns auch angepasst. Unser letzter Entwurf zum Doppelhaushalt hat gleich zwei große Pakete geschnürt. Davon nehmen wir Abstand. Wir schlagen vor, von 2013 bis 2017 jeweils 1,5 Millionen € mehr an diese Schulen zu geben. Das ist ambitioniert, ist aber, wenn man die Berechnungen des Ministers sieht, gleichzeitig auch bescheiden.

(Zuruf von der CDU)

Dem Minister wird es nicht ausreichen. Sie, Herr Minister, haben sich am 15. November in dem Raum über uns auf dem Podium der AG Freier Schulen mehr erhofft. Dort waren Sie zu hören das hat uns alle erstaunt - mit den Worten: „Ich wünsche mir 9 Millionen € für die Schulen in freier Trägerschaft.“

Das ist doch einmal ein Wort. 9 Millionen € wünscht sich Herr Minister für die Schulen in freier Trägerschaft. Worte gibt es bei Ihnen gratis, auf die Taten muss man warten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

(Heike Franzen)

Mitunter, Herr Minister, denkt man, Sie hätten vergessen, wer der Bildungsminister in diesem Land ist und wer die Fäden in der Hand hält.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Sie ha- ben es doch früher nicht gemacht! Sie hätten es machen können!)

Sie haben uns im Januar 2011 gebeten, dass wir unseren Gesetzentwurf zurückstellen, und das haben wir gern gemacht, weil wir dachten, es kommt eine Regierungsvorlage. Wir haben es gemacht, weil wir dachten, es kommt wirklich etwas für die Schulen in freier Trägerschaft dabei herum, für die Sie lange Zeit Fürsprecher gewesen sind. Aber Pustekuchen! Sie haben gar nichts vorgelegt und haben die Flinte ins Korn geworfen.

Uns ist klar, dass es schwierig ist, die Berechnungsgrundlage zu legen. Aber es gab ausgestreckte Hände vom Landesrechnungshof, von der AG der Freien Schulen, die gesagt haben: Wir machen das gern mit Ihnen und dem Ministerium zusammen. Diese Hände haben Sie nicht ergriffen; Sie haben sie ausgeschlagen.

Wir haben jetzt einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorgelegt, der auf die faire Berechnungsgrundlage setzt. Plötzlich, nachdem wir unseren Gesetzentwurf vorgelegt hatten, haben sie gesagt: Ah, jetzt haben wir doch Zahlen. Wir können es doch rechnen. - Sie sagen, unser grüner Vorschlag koste mehr als 30 Millionen €. Diese Zahl - für uns nicht plausibel - kommt zweifach als Bumerang auf Sie zurück, Herr Minister.