Die Unausgewogenheit des Gastschulabkommens rächt sich jetzt mit Macht. Die betroffenen Kommunen müssen seit dem vergangenen Jahr teilweise deutlich höhere Schulkostenbeiträge an das Land zahlen, bekommen aber für die Hamburger Schülerinnen und Schüler an ihren Schulen keinen Cent.
24 betroffene Bürgermeisterinnen und Bürgermeister machen den Fraktionsvorsitzenden in einem Brief jetzt klar, dass sich die Erstattungsregelung in § 113 des Schulgesetzes als unzureichend und ungerecht erweist. Recht haben sie.
Interessanterweise hat diesen Brief auch der Ellerbeker Bürgermeister Günther Hildebrand unterschrieben.
Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie unserem Gesetzentwurf heute zustimmen werden, lieber Herr Hildebrand.
Es ist nicht einzusehen, dass nach dem neuen Schulgesetz die schleswig-holsteinischen Kommunen Schulkostenbeiträge für ihre Schülerinnen und Schüler an das Land zahlen, die private und öffentliche Schulen in Hamburg besuchen, sie aber im Gegenzug vom Land Schleswig-Holstein keinen Ausgleich für die Hamburger Schülerinnen und Schüler an ihren Schulen bekommen. Diese Regelung ist nicht gerecht und nicht nachvollziehbar.
Die fehlenden Einnahmen reißen zum Teil große Löcher in die Haushalte. Ein paar Beispiele: Reinbek 20.000 €, Norderstedt 43.000 €, Wedel 10.000 €, Pinneberg 14.000 €, Halstenbek 40.000 €, Schenefeld 39.000 € und Rellingen 15.000 €.
Das Gastschulabkommen und die Schulgesetzänderung ohne Beteiligung der kommunalen Landesverbände durchzubringen, war ein schwerer Fehler. Das Land darf seinen Haushalt nicht auf Kosten der Kommunen sanieren.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Sie wollten doch noch mehr hinterherwerfen! - Peter Lehnert [CDU]: 30 Millionen €!)
„Ohne eine solche Erstattungspflicht gäbe es für die Gemeinden im Hamburger Umland einen erheblichen Anreiz, möglichst viele Schüler an Hamburger Schulen zu entsenden, da sich die Kommunen auf diese Weise erhebliche Aufwendungen für Schulträgerausgaben ersparen könnten, was naturgemäß andere Kommunen in Schleswig-Holstein, die weiter nördlich liegen, nicht können.“
Diese Argumentation macht mich fassungslos. Sie zeigt, dass Sie keine Ahnung über das Zusammenleben im Süden Schleswig-Holsteins haben.
Es sind doch nicht die Kommunen, die ihre Schülerinnen und Schüler wegschicken. Es sind die Familien und Schülerinnen und Schüler selbst, die sich die für sie beste Schule aussuchen. Und zur Wahrheit gehört auch, dass das Land enorm spart, weil es für die Schülerinnen und Schüler in Hamburg keine Lehrerstellen vorhalten muss. Herr Minister Klug, Ihre Argumentation ist also scheinheilig.
Wir müssen für mehr Fairness im Gastschulabkommen sorgen, solange wir noch keine gemeinsame Schulplanung mit Hamburg haben. Das erreichen wir mit unserem Antrag. Wer die Presse der vergangenen Tage verfolgt hat, der weiß, dass ihn auch einige CDU-Abgeordnete der Kommunen aus dem Hamburger Rand unterstützen. Gut so, lieber Herr Koch und lieber Herr Wengler!
Aber wie passt Ihr Abstimmungsverhalten im Finanz- und im Bildungsausschuss mit Ihren Presseäußerungen zusammen? Warum stimmen Sie im Finanz- und im Bildungsausschuss dagegen, sprechen sich in der Presse aber für eine Regelung aus?
Wenn Sie Ihre Unterstützung ernst meinen, dann besinnen Sie sich eines Besseren und stimmen jetzt unserem Gesetzentwurf zu. Wir haben unseren Antrag schriftlich ergänzt. Die Gesetzesänderung soll nun am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Das ist für uns ein Kompromiss. Uns wäre es lieber, schon für dieses Jahr einen fairen Ausgleich zu schaffen. Aber immerhin erreichen wir mit unserem Antrag einen fairen Lastenausgleich für unsere Kommunen ab 2013.
Ich bin gespannt, was Bildungsminister Klug gleich sagt. Sie sagen, Sie wollen mit den Kommunen in Verhandlungen treten, um einen Ausgleich zu schaffen, stimmen aber unserem Antrag nicht zu.
- Der Tag ist aber nicht so schön, dass CDU und FDP jetzt dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen würden. Leider! Das wäre sozusagen das i-Tüpfelchen. Ich fürchte aber, das wird nicht funktionieren.
Herr Hildebrand, ich fand Ihre Argumentation besonders interessant. Sie drücken hier in letzter Sekunde im Februar, März und April noch diverse Gesetzentwürfe durch. Bei diesem aber sagen Sie, dass Sie dem neuen Landtag nicht vorgreifen wollten. Ich finde das ein bisschen albern.
Hier kommt auch noch die bekannte Konsensorientierung von der grünen Seite, die sagt: Wir machen es erst ab 1. Januar 2013. Und Sie sagen immer noch Nein. Das finde ich schon sehr erklärungsbedürftig.
Die ganze Debatte zeigt doch, dass dieses Gastschulabkommen von vorne bis hinten Murks war. Ich erinnere daran, dass man bis zur letzten Minute gewartet hat, ein neues Abkommen mit Hamburg auf den Weg zu bringen, um die grenzüberschreitenden Beschulung auch in Zukunft zu sichern.
Hinzu kommt, dass die Landesregierung im Alleingang Mehrkosten für die Kommunen produziert hat, über die wir hier jetzt reden, das einfach durchgepeitscht wurde, ohne die Betroffenen vernünftig einzubeziehen.
Herr Klug, es war damals eine nette Idee, im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes § 113 Schulgesetz zu ändern. Unter dem Motto: „Gleichbehandlung aller Kommunen“ versucht man, die Städte und Kommunen gesetzlich zum finanziellen Aus
gleich zu verpflichten - das ist ja gut so -, wenn ein Kind nicht in der Herkunftsgemeinde zur Schule geht. Genau bei dieser Regelung soll nun eine Ausnahme für Kommunen gemacht werden, die Schülerinnen und Schüler aus Hamburg aufnehmen. Beim besten Willen - die Logik dahinter erschließt sich mir nicht. Es hätte eigentlich auch gar nicht so weit kommen dürfen.
Herr Klug, ich kann Ihnen nur empfehlen: Machen Sie Ihre Arbeit zur Abwechslung wenigstens einmal gründlich und korrigieren Sie die Fehler, die Sie zu verantworten haben.
Herr Zirkmann begründete in der Bildungsausschusssitzung das jetzige Verfahren damit, dass dem Ministerium die Rechtsgrundlage fehle, um den Hamburger Umlandgemeinden einen Ausgleich für die Beschulung Hamburger Schülerinnen und Schülern zu zahlen. Immerhin - so weit scheinen wir uns hoffentlich einig zu sein -, ist eine Ausgleichszahlung gerechtfertigt. Es gibt inzwischen auch CDU- oder FDP-Abgeordnete - wie man in Presseberichten der vergangenen Woche lesen konnte -, die dem aufgeschlossen gegenüberstehen, aber nicht so aufgeschlossen, um den Worten heute Taten folgen zu lassen. Leider!
Nun müssen wir uns nur noch darauf einigen, ob wir das noch vor 2013 hinkriegen. Aber leider - leider für die betroffenen Kommunen - wird es offensichtlich nicht passieren.
Die Frage, ob dem Land eine Klage wegen des Verstoßes gegen das Konnexitätsprinzip droht, vermag ich nicht zu beantworten. Das scheint der Landesregierung - wie immer - auch nicht relevant zu sein. Das hat die Landesregierung ja auch schon bei der Streichung der Zuschüsse für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern nicht interessiert. In diesem Kontext sage ich: Mich wundert schon, wie lange wir auf das Konnexitätsausführungsgesetz warten mussten. Jetzt befindet es sich zum Glück im Verfahren, allerdings finden wir es auch nicht schön.
Ich kann auch verstehen, dass sich die Landesregierung schwertut, die bestehenden Mängel zu beheben. Denn für die Landesregierung sind Bildungsausgaben - jedenfalls jenseits der Wahlkampfrhetorik - in erster Linie Kosten, und Kosten sind zu minimieren. Das ist Ihre Maxime. Deshalb verstehe ich Sie gut.
Die Landesregierung sieht in der grenzüberschreitenden Beschulung vor allem eine Kürzungsmaßnahme, auch wenn es da nur um 360.000 € geht. Für die Kommunen aber sind 360.000 € kein Pappenstiel. Auf Kosten der Kommunen zu kürzen, geht in unseren Augen gar nicht. Da machen wir nicht mit.
Ich appelliere an die hoffentlich noch vorhandene Restvernunft der regierungstragenden Fraktionen. Es wird uns aber nicht viel helfen, daran zu appellieren. Warten Sie nicht, bis die nächste Regierung vielleicht oder vielleicht auch nicht - wer weiß das schon? - tätig wird. Wie gesagt, wir hätten gern eine Änderung der Regelung zugunsten der Kommunen, die sofort greift. Sie würden sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn Sie den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützten. Sie müssen das sowieso nicht mehr bezahlen; das macht dann die nächste Regierung.