Meines Erachtens kann es keine über das reguläre Maß hinausgehende Sanktionierung von Arbeitgebern geben. Der Antrag der Sozialdemokraten gibt aus der Sicht der Landesregierung keine schlüssigen Antworten auf die geschilderten Probleme. Ich glaube, damit würden neue Probleme geschaffen werden.
So wurde die frühere Begrenzung der Stundenzahl aus gutem Grund beseitigt. Natürlich geht es um weniger Bürokratie und um den Erhalt der Flexibi
lität auf dem Arbeitsmarkt. Sie haben damals erkannt, dass genau dies ein richtiger arbeitsmarktpolitischer Schritt ist. Ich halte es für falsch, dies jetzt zu konterkarieren.
15 Wochenstunden als starres Maximum machen das Instrument geringfügiger Beschäftigung kaputt, ohne dass dadurch neue oder bessere Arbeitsplätze entstehen würden. Das ist doch das Kernproblem.
Was passiert eigentlich mit den Menschen, die sich heute in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis befinden? - Wir haben gestern den Armutsund Reichtumsbericht diskutiert. Das größte Problem ist nicht „arm wegen geringfügiger Beschäftigung“, sondern das größte Problem ist „arm wegen Beschäftigungslosigkeit“, meine Damen und Herren.
Ich will nicht verhehlen, dass Minijobs natürlich nicht gänzlich unproblematisch sind. Dies gilt es im Auge zu behalten. Die Landesregierung macht dies übrigens genauso wie die Bundesagentur für Arbeit.
Herr Minister Garg, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen, dass es kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit gibt in der Frage der geringfügig Beschäftigten?
Deshalb lautet meine Frage: Was unternehmen Sie denn konkret, um den Status quo im Sinne der Beschäftigten zu verbessern? Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von mir geschilderten Umstände, dass in der Regel Frauen die Hauptleidtragenden dieser arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Instrumente sind.
- Herr Kollege Tietze, Sie haben mich völlig richtig verstanden. Es gibt ein Problem bei der Durchsetzung des geltenden Rechts. Es geht darum, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich in ei
nem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis befinden, geholfen wird, ihre Rechte durchzusetzen. An aller erster Stelle steht die Information darüber, dass sie diese Rechte haben.
Ich lebe auf einer Insel, auf der das Problem des Arbeitsplatzverlustes bei Frauen besonders groß ist.
Da Sie nicht nur Arbeitsminister, sondern auch Sozialminister sind, frage ich Sie: Haben Sie ein präventives Konzept, um gerade in diesen Strukturen Frauen zu stärken? Das habe ich nicht herausgehört. Vielleicht können Sie das konkretisieren.
- Noch einmal: Wir machen in dieser Debatte sehr deutlich, dass es sich um ein Recht handelt, das durchzusetzen ist. Ich hoffe, dass die Frauen, die sich in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen befinden, nach dieser Debatte über die Weiterentwicklung von geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse wissen, dass sie genau die gleichen Rechte haben wie andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch. Dazu gehört auch, dass man in die Lage versetzt wird, dieses Recht durchzusetzen.
Herr Kollege Tietze, ich bin bei Ihnen, wenn Sie sagen, dass es nicht sein kann, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abhängig davon, ob sie sich in geringfügiger Beschäftigung oder in einem regulären Arbeitsverhältnis befinden, ihre Rechte nicht mehr durchsetzen. Wir leben in einem Rechtsstaat. Dazu gehört auch die Durchsetzung von Rechten.
Deshalb brauchen wir keine Verschärfung von Gesetzen. Vielmehr müssen wir die Möglichkeiten stärken, diese Rechte durchzusetzen.
Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, Sie haben vorhin die These „arm wegen Beschäftigungslosigkeit“ aufgestellt:. Würden Sie auch die These „arm trotz Beschäftigung“ unterstützen, zumal rund 1,4 Millionen Menschen arbeiten und gleichzeitig ALG-II-Bezieher sind, weil sie mit ihrer Arbeit nicht genug verdienen, weil sie arm trotz Beschäftigung sind?
- Ja, auch diese Gruppe gibt es. Ich habe das gestern nicht nur nicht verneint, sondern ich habe explizit darauf hingewiesen. Das größte Problem aber mit über 50 % Armutsrisiko ist die Gruppe derjenigen, die gar keine Beschäftigung haben. Nur um diesen Unterschied ging es mir.
Ich würde nie verneinen, dass es dieses andere Problem auch gibt. Das gehört selbstverständlich auch dazu. Arm wegen Beschäftigungslosigkeit ist aber vor allen anderen Problemen das größte Problem, Kollege Baasch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der schlechte Ruf von Minijobs rührt natürlich auch daher, dass häufig geringe Stundenlöhne gezahlt werden. Das ist in der Debatte auch schon gesagt worden. Ich bitte Sie aber, die andere Seite zumindest einmal zu betrachten. Gerade im Bereich der geringfügigen Beschäftigung gibt es sehr oft einfache Tätigkeiten, für die keine besondere Qualifikation benötigt wird. Wer will bestreiten, dass das selbstverständlich ein gehaltswirksamer Faktor ist? Ich finde, man muss ehrlicherweise dazu auch sagen: Die Beschäftigungschancen für gering Qualifizierte werden trotz Trendwende auf dem Arbeitsmarkt nicht besser.
Deswegen ist mein Ansatz, Kollege Tietze, auch ein präventiver Ansatz dafür, das Problem durch mehr Qualifizierung anzugehen und nicht durch mehr Regulierung. Das ist im Übrigen der Weg der Landesregierung, die allein diese Woche vorgestellt hat, dass sie für das nächste Jahr 5 Millionen € aus dem „Zukunftsprogramm Arbeit“ zur Verfügung stellt, um gerade Langzeitarbeitslosen, bestimmten Problemgruppen wieder die Chance zu geben, sich zu qualifizieren. Denn ich glaube, der eigentliche
Schlüssel liegt darin, Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu machen durch Qualifizierung und nicht durch Regulierung.
Herr Kollege Vogt hat das sehr deutlich gemacht. Ich halte die Anhebung der Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte für ebenso richtig wie die Verbesserung im Bereich der Alterssicherung, glaube aber auch, dass wir, wenn Sie die vorliegenden Initiativen in den Sozialausschuss überweisen, uns grundsätzlich über die Problematik unterhalten müssen, wie bei zunehmend gebrochenen Erwerbsbiografien in Zukunft eine existenzsichernde Alterssicherung für die Menschen, die mit diesen gebrochenen Erwerbsbiografien zurechtkommen müssen, gewährleistet ist.
Der Herr Minister hat seine Redezeit um zwei Minuten überschritten. Wollen die Fraktionen von dieser Redezeit Gebrauch machen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Es ist sowohl Ausschussüberweisung als auch Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse zunächst über die Ausschussüberweisung abstimmen. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/2064 sowie die Änderungsanträge Drucksachen 17/2113 und 17/2116 als selbstständige Anträge federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.
Gegenprobe! - Keine Stimmenthaltungen. - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und der LINKEN mehrheitlich abgelehnt worden.
Ich komme nun zur Abstimmung in der Sache. Ich schlage vor, abweichend von der Geschäftsordnung beide vorliegenden Änderungsanträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann werden wir so verfahren.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2064 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der An
trag Drucksache 17/2064 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.
Ich lasse weiter über den Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2116 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/2116 mit den Stimmen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW gegen die Stimmen der LINKEN bei Enthaltung der Fraktion der SPD abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/2113 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/2113 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW angenommen.