Selten hat so ein Bericht in aller Deutlichkeit die Schwäche einer Landesregierung dargestellt. Sie haben das Wort Gleichstellung in Ihrer Art der Minderheitenpolitik für sich gestrichen. Dieses für die Minderheiten so bedeutsame und wichtige Wort kommt in dem ganzen Bericht nur ein einziges Mal vor. Ihre zweifelhafte Minderheitenpolitik immer nur mit der Schuldenbremse zu entschuldigen, ist schlichtweg zu einfach und vorgeschoben.
Was mich bei der Lektüre aber komplett fassungslos gemacht hat, war die Tatsache, dass Sie anscheinend entweder unter partieller Amnesie leiden oder uns hier in Taschenspielertrickmanier etwas Verkehrtes unterjubeln wollten. In Bezug auf die Kürzungen bei den dänischen Schulen gehen Sie nur kurz auf die Arbeit der deutsch-dänischen Arbeitsgruppe ein und behaupten, diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kürzungen „nicht im Widerspruch zu national und international geltenden rechtlichen Verpflichtungen“ stünden und dass die dänische Seite ihre Kürzungen und damit Ihre zweifelhafte Minderheitenpolitik quasi mitbeschlossen und unterstützt habe.
Haben Sie wirklich vergessen, dass es zu internationalen Verstimmungen gekommen ist, dass sich der Bundesaußenminister eingeschaltet hat und dass die damalige und auch die jetzige dänische Regierung Ihre Kürzungen sehr deutlich und scharf kritisiert, sich davon sogar distanziert haben? Zumal Dänemark sowieso bereits im Vorfeld die größte Summe für die deutsche und dänische Minderheit getragen hat und dies auch weiterhin tut!
Die Landesregierung hat allein aus der Teilnahme der dänischen Seite in der Arbeitsgruppe geschlossen, dass sich diese mit dem Vorgehen einverstanden erklärt. Das ist eine komplett falsche und vorgeschobene Wahrnehmung, Ihr Wunschdenken, so wie es auch Herr Generalkonsul Becker-Christensen, der Mitglied dieser Arbeitsgruppe war, richtiggestellt hat.
Mit dieser Behauptung bringen Sie unser Land einmal mehr in eine schwierige und peinliche außenpolitische Lage. Ihre Lügen hatten in Dänemark Wirkung. Das bestätigt mir auch der für Minderheiten zuständige Folketing-Abgeordnete Benny Engelbrecht, mit dem ich dieser Tage telefoniert und darüber gesprochen habe. Er warnt davor, den gleichen Fehler wie in der Debatte zu den Grenzkontrollen zu wiederholen, nämlich eine Politik mit Scheuklappen zu machen. Und das alles in einer Zeit, in der Dänemark unser wichtigster Partner ist und wir mehr zusammenarbeiten wollen!
Dieses alles einfach auszublenden, um Ihr eigenes Wunschdenken zu erfüllen, ist ein Schlag ins Gesicht der dänischen Kollegen und auch Ihrer eigenen Parteikollegen.
Dann gestern, spät, nachdem der dänische Druck wuchs, nahmen Sie alles wieder zurück, frei nach dem Motto: Vielleicht hat es ja keiner gemerkt. Das alles ist an Dilettantismus und Peinlichkeit gegenüber Dänemark nicht zu toppen.
Die regierungstragenden Fraktionen haben in dieser Legislaturperiode alle minderheitenrelevanten Anträge abgelehnt, vom Gesetzentwurf zur Minderheiten- und Sprachenförderung - dem wir natürlich zustimmen werden - bis zur Aufnahme der Sinti und Roma in die Verfassung. Selbst haben Sie aber keine Vorschläge - außer Kürzungen - gemacht. Stattdessen musste der Bund für Ihre Fehlentscheidungen einspringen. Die jeweils für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 bewilligten 3,5 Millionen € Bundesmittel für die dänischen Schulen bieten aber auch keine langfristige Perspektive.
Sie haben mit Ihrem Bericht die gute Zusammenarbeit mit Dänemark einmal mehr strapaziert und setzen damit auch das Vertrauensverhältnis zu den Minderheiten aufs Spiel. Beides ist absolut verantwortungslos. Es erschreckt mich, dass Sie die Tragweite Ihres Handelns anscheinend nicht einschätzen können. Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen sehen wirklich anders aus.
Aber damit nicht genug. Ihr Bericht entbehrt auch noch jeglicher Zukunftsperspektive. Sie schreiben ich zitiere -: „Im Wesentlichen wird zurückgeblickt“. Na toll! Das ist symptomatisch für die Minderheitenpolitik dieser Landesregierung. Ihre Regierung hat nach wie vor keine Ideen, keine Vision schleswig-holsteinischer Minderheitenpolitik. Sie blickt zurück und nicht in die Zukunft.
„Die Landesregierung will ihre Minderheitenpolitik auch in Zukunft im Dialog mit den Minderheiten weiterentwickeln.“
Sie haben es bislang versäumt, den Dialog zu suchen, und stattdessen über die Köpfe der Minderheiten hinweg entschieden.
Noch nicht einmal dieser traditionelle Bericht ist im sonst üblichen Dialog entstanden. Stattdessen distanzieren Sie sich in aller Deutlichkeit von den Texten, die die Minderheiten im Forum eingebracht haben.
Noch keine Vorgängerregierung hat es geschafft, die Minderheiten derart gegen sich aufzubringen. Das können Sie nicht einfach ignorieren.
Die Regierung hat die Minderheiten in unserem Land verstört hinterlassen. Diese sprechen von einem „katastrophalen Rückschritt in der Minderheitenpolitik des Landes Schleswig-Holstein“ und ei
ner „Gefahr, dass aus der erfolgreichen Minderheitenpolitik des Miteinanders von Mehrheit und Minderheit wieder ein Gegeneinander werden kann“. Sie wünschen sich „langfristig tragbare Lösungen, die auch fraktionsübergreifend getragen werden“, und Sie haben Angst, dass die Minderheitenpolitik zum Spielball der Parteipolitik werden kann.
Was wir jetzt brauchen, ist nicht Ihre seitenweise Begründung Ihrer Alternativlosigkeit - das ist auch so ein Unwort - zu Ihren massiven Kürzungen und auch nicht die reine Auflistung von Institutionen und Projekten. Wir brauchen eine Vision, eine neue Phase der Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein.
Die SPD-Fraktion hat sich in diesem Jahr sehr intensiv mit der Gestaltung der Minderheitenpolitik beschäftigt und einen Masterplan dafür erarbeitet. Selbstverständlich haben wir das in enger Absprache mit den Minderheiten getan, denn nur so kann es funktionieren. Dafür haben wir breite Unterstützung erfahren, für die ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Beteiligten bedanken möchte.
Während des Dialogs haben wir wieder einmal feststellen können, dass auch die Minderheiten, und zwar alle, bereit sind, nationale Verantwortung zu tragen und konstruktiv ihren Teil zum Schuldenabbau zu leisten.
Wir unterstützen die Minderheiten in ihrem Wunsch, wieder zu einem partei- und fraktionsübergreifenden Konsens in der Minderheitenpolitik zurückzufinden. Denn nur so kann das verloren gegangene Vertrauen wiedergewonnen werden. Wir laden alle Fraktionen in diesem Hohen Haus ein, diesen Masterplan gemeinsam mit den Minderheiten umzusetzen, und ich freue mich darüber, dass der Landtagspräsident einen ersten Schritt in die von uns vorgeschlagene Richtung getan und eine verlässliche Finanzierungsplanung mit der deutschen Minderheit abgeschlossen hat.
Ich will aber auch in aller Deutlichkeit sagen: Bitte wiederholen Sie nicht den Fehler des vergangenen Jahres, die eine Minderheit gegen die andere auszuspielen beziehungsweise die eine Minderheit besser als die andere zu behandeln! Hier muss gleiches Recht für alle gelten.
Die Minderheiten haben ganz besonderen Bedarf an Kontinuität. Sie dürfen nicht zum Spielball knapper politischer Mehrheiten werden und sich nach jeder
Sie brauchen Planungssicherheit. Sie brauchen den Weg zur Gleichstellung. Sie brauchen verloren gegangenes Vertrauen zurück. Ich möchte Sie alle herzlich einladen: Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten!
Frau Abgeordnete Pauls, Sie haben es schon geahnt: Die Wortwahl „Ihre Lügen hatten … Wirkung“ in Richtung Landesregierung ist ein unangemessener Wortgebrauch und nicht parlamentarisch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Minderheitenbericht macht die Landesregierung deutlich, welch hohen Stellenwert eine von Vielfalt geprägte Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein besitzt.
- Doch. Unser Dank gilt an erster Stelle dem Ministerpräsidenten und selbstverständlich dem stellvertretenden Ministerpräsidenten für diesen wirklich ausführlichen Bericht.
Minderheitenpolitik ist in unserem Bundesland fest verankert. Schleswig-Holstein und speziell die deutsch-dänische Grenzregion können in den vergangenen Jahren auf eine beispielhafte Erfolgsgeschichte zurückblicken. Gab es anfangs ein etwas schwieriges und spannungsreiches Nebeneinander, so können wir heute diesseits und jenseits der Grenze von einem produktiven und selbstverständlichen Miteinander sprechen. Es gibt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Mehrheiten und Minderheiten.
Die im Bericht angesprochene Diskussion über die Statue des Idstedt-Löwen, die nach Beschluss der Flensburger Ratsversammlung vom 4. Juni 2009 wieder auf dem Alten Friedhof aufgestellt werden sollte, steht eindrucksvoll für eine freundschaftliche Zusammenarbeit. Hier haben Minderheiten und Mehrheiten ihre gemeinsame Vergangenheit reflektiert und am Ende zusammen einen Festakt gefeiert.
Auch der gemeinsame Protest dänischer und schleswig-holsteinischer Jugendlicher in Krusau gegen die damals geplante Beschränkung der Freizügigkeit durch die dänische Regierung ist ein hervorragendes Signal und stimmt mich sehr zuversichtlich, dass das grenzüberschreitende Zusammenwachsen weiter voranschreitet.