Protocol of the Session on November 18, 2011

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das, was Sie vielleicht als Lapsus der Präsidentin einstufen, war in Wirklichkeit Telepathie, weil ich mir gerade selbst überlegt habe, was ich jetzt eigentlich noch sagen soll.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Denn es ist der seltene Fall eingetreten, dass nach den Wortbeiträgen des Herrn Abgeordneten Harms, des Herrn Abgeordneten Weber und des Herrn Abgeordneten Kubicki die Haltung der Landesregierung umfassend dargelegt ist.

(Beifall und Heiterkeit bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Ich möchte deshalb nur noch auf einen Punkt eingehen, der mich in der Tat ärgert und der mich auch überrascht. Der Antrag zum Thema Beihilfe/ Ryanair ist zustande gekommen, nachdem es eine Akteneinsicht in die Akten des Beihilfeverfahrens gegeben hat. Wenn man sich nach einer Akteneinsicht hier hinstellt, Herr Abgeordneter Tietze, und sagt, die Landesregierung würde das Beihilfeverfahren verschleppen, dann erwarte ich, dass Sie dafür auch Belege bringen. Dafür müssen Sie Belege vorbringen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich habe das parlamentarische Recht der Akteneinsicht nicht so verstanden, dass man Akteneinsicht beantragt, reinguckt oder nicht reinguckt und hinterher wüste Dinge behauptet, die mit den Akten selbst nichts zu tun haben. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Verfahren nicht bei uns hängt, sondern bei der EU, dass das Beihilfeverfahren seit 2005 dort anhängig ist und sich die EU-Kommission noch nicht in der Lage gesehen hat, das Verfahren abzuschließen.

Es ärgert mich in der Tat, wenn Sie, nachdem wir in größtmöglicher Transparenz alle Akten auf den Tisch gelegt haben, hinterher behaupten, wir würden mauern oder verschleppen. Das halte ich für falsch, und das passt zu den Unterstellungen, die mit diesem Antrag perpetuiert worden sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Frau Präsidentin! Ich will das hier nicht verlängern, aber eine Bemerkung von Herrn Kollegen Tietze hat mich veranlasst, mir das Schreiben zu besorgen, das Herr Kollege Tietze vom Innenminister bekommen hat, unterschrieben von Klaus Schlie.

Herr Tietze hat gesagt, der Innenminister verweigerte sich einer Prüfung. Herr Kollege Tietze, ich kann in dem Schreiben nichts von Verweigerung erkennen. Der Innenminister hat Ihnen geschrieben, auf welcher Grundlage der Bürgerentscheid durchgeführt worden ist, dass der rechtens und nicht zu beanstanden war. Das Ergebnis der Abstimmung sei deshalb zu respektieren, hat er Ihnen geschrieben. „An Spekulationen über Motive des Abstimmungsverhaltens der Bürgerinnen und Bürger der

Hansestadt Lübeck beteilige ich mich nicht“, schreibt er. Das hat er auch nicht.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Ihren Reden, gerade wenn es um die Arbeit der Landesregierung geht, etwas korrekter wären.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordne- ten Lars Harms [SSW])

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Herr Abgeordneter Weber, die SPD zieht ihren Antrag zurück?

(Jürgen Weber [SPD]: Ja!)

- Gut. - Ich schlage vor, abweichend von der Geschäftsordnung die vorliegenden Änderungsanträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht; dann werden wir so verfahren.

Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1950, abstimmen. Es ist beantragt worden, über Punkt 3 einzeln abzustimmen. Wir stimmen zuerst über die Punkte 1, 2 und 4 der Drucksache 17/1950 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Punkte, 1, 2 und 4 sind mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und SSW gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE abgelehnt worden.

Ich lasse jetzt über Punkt 3 von Drucksache 17/ 1950 abstimmen. Wer für Punkt 3 stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist Punkt 3 des Antrags mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW bei Enthaltung der SPD abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2015, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Wir machen jetzt eine einstündige Mittagspause. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:30 Uhr.

(Unterbrechung: 13:24 bis 14:35 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die Sitzung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 35 auf:

(Minister Jost de Jager)

Explorationsbohrungen im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1954

Änderungsantrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/1992 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit den Anträgen wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und FDP haben um einen mündlichen Bericht über den derzeitigen Stand des Verfahrens zu den geplanten Explorationsbohrungen von RWE Dea im Nationalpark SchleswigHolsteinisches Wattenmeer gebeten; dieser Bitte komme ich selbstverständlich gern nach.

Das Unternehmen RWE Dea hat mich im September dieses Jahres in Sachen Untersuchungsvorhaben im Umfeld der bekannten Öllagerstätte Mittelplate angeschrieben. Aufgrund der besonderen Sensibilität des Themenfeldes „Öl und Wattenmeer“ habe ich meine Mitarbeiter unter Führung der zuständigen Staatssekretärin Frau Zieschang gebeten, sich zusammen mit den Fachleuten des MLUR das Vorhaben von RWE vorstellen zu lassen.

Wir, die Landesregierung Schleswig-Holstein, unterstützen die weitere Erkundung und Erschließung der Ölfelder unter dem schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Das ist nicht neu; unsere Position haben wir bereits im Energiekonzept für Schleswig-Holstein niedergelegt. Voraussetzung ist und bleibt aber: nur von außerhalb des Nationalparks; wenn innerhalb des Nationalparks, dann nur gemäß dem Nationalparkgesetz von der Mittelplate A aus.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 wurde mir mitgeteilt, dass Anfang November 2011 Anträge an

das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie mit Sitz in Niedersachsen - kurz: LBEG; das ist die für Schleswig-Holstein zuständige Behörde - gerichtet wurden, die darauf zielen, nach weiteren Erdöllagerstätten im schleswig-holsteinischen und niedersächsischen Wattenmeer zu suchen.

Das Unternehmen beabsichtigt die Aufnahme von insgesamt vier Probebohrungen, von denen sich drei auf schleswig-holsteinischem Gebiet befinden. RWE Dea hat mir versichert, dass die Planungen unter strenger Berücksichtigung der besonderen ökologischen Gegebenheiten verlaufen und zeitlich befristet sind. Die Bohrlöcher werden nach Beendigung der Aufsuchungsarbeiten fachgerecht verschlossen.

Das Unternehmen sieht große Chancen, mit dem vermuteten Förderpotenzial einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der deutschen Energieversorgung zu leisten und die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu unterstützen. Ich habe die Vorsitzenden des Umweltausschusses und des Wirtschaftsausschusses schriftlich über diese Planungen unterrichtet.

Am 7. November ist der für Schleswig-Holstein angekündigte Antrag bei dem LBEG eingegangen. Die beantragten drei Bohrungen im Bereich des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer betreffen einen Bereich östlich und südlich der Bohr- und Förderinsel Mittelplate. Dort wurden bei der Ausweisung des Schleswig-Holsteinischen Wattenmeeres als UNESCO-Weltnaturerbe zwei Enklaven berücksichtigt, die nicht entsprechend ausgewiesen wurden. Falls sich die vermuteten Ölvorkommen bestätigen, sollen sie von der bestehenden Förderinsel Mittelplate oder von Land aus gefördert werden.

Es wird - außer der in der Mittelplate schon bestehenden - keine Fördereinrichtung im Wattenmeer geben. Das hat RWE kürzlich noch einmal zugesagt; es ist aber bereits im Jahr 2008 in einer gemeinsamen Erklärung zur Anmeldung des deutsch-niederländischen Schutzgebietes als Weltnaturerbestätte von RWE Dea in Niedersachsen und Schleswig-Holstein schriftlich und deshalb bindend fixiert worden.

Wie geht es im Verfahren weiter? Das LBEG wird den eingegangenen Antrag zunächst auf Vollständigkeit prüfen und anschließend eine sorgfältige Projektüberprüfung in technischer Hinsicht vornehmen. Falls erforderlich, werden dafür externe Sachverständige hinzugezogen. Parallel dazu wird das LBEG Gespräche mit dem Nationalpark- und

(Vizepräsidentin Anita Klahn)

Küstenschutzamt in Tönning führen, in denen insbesondere verfahrenstechnische sowie naturschutzfachliche und rechtliche Aspekte geklärt werden. Geklärt werden auch die Notwendigkeiten und Bedingungen der umfangreichen Naturschutzprüfung. Ich gehe davon aus, dass diese Schritte mehrere Monate beanspruchen werden.

Letzte Anmerkung: RWE Dea fördert gemeinsam mit Wintershall bereits seit mehr als 20 Jahren Öl aus dem Feld Mittelplate vor der Küste SchleswigHolsteins. Das Unternehmen trägt damit übrigens nicht nur zur Energieversorgung Deutschlands bei; die Einnahmen tragen auch wesentliche Teile des schleswig-holsteinischen Haushalts. Durch die Feld- und Förderabgabe wird unserem Haushalt in diesem Jahr vermutlich ein Betrag von 120 Millionen € zufließen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Michael von Abercron für die CDU-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will kurz erklären, warum wir diesen Bericht gefordert haben; für dessen Vorlage bedanke ich mich schon an dieser Stelle herzlich beim Herrn Minister. Ölbohrungen in einem Nationalpark, noch dazu in einem Weltnaturerbegebiet - das ist im Grunde ein Widerspruch.

Aber Tatsache ist auch, dass die Nordsee seit Langem eines der größten Offshore-Fördergebiete der Welt ist. Auch wenn wir in Schleswig-Holstein nur einen kleinen Teil dieses großen Kuchens abbekommen haben, so werden doch im Bereich der Mittelplate etwa 60 % des gesamten Rohölrestvorkommens für Deutschland erwartet. Seit 1987 sind von der Bohrinsel Mittelplate aus etwa 25 Millionen t Öl gefördert worden. Auf dieser stationären Einrichtung gibt es besondere Sicherheitsvorkehrungen. Sie hat sich, was den ökologischen Bestandsschutz angeht, als würdig erwiesen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Trotzdem - der wirtschaftliche Segen der Ölförderung birgt auch Risiken. Gerade das einmalige Wattgebiet in Schleswig-Holstein liegt uns als Schleswig-Holsteiner ganz besonders am Herzen. Deshalb haben wir damals unter Minister Flessner den Nationalpark Wattenmeer und durch unseren

ehemaligen Umweltminister von Boetticher auch die Anmeldung zum UNESCO-Welterbe zu einem großen Erfolg geführt. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.