Protocol of the Session on June 29, 2011

(Beifall bei der FDP)

Schon zu Beginn der letzten Legislaturperiode im September 2005 hatte die FDP-Fraktion aus der Opposition heraus einen Gesetzentwurf eingebracht, der bei den damaligen Mehrheitsverhältnissen aber leider keine Berücksichtigung fand. Wir freuen uns darüber, dass sich mehrere von uns vorgeschlagene Änderungen im heutigen Entwurf zur Änderung des Landeswaldgesetzes wiederfinden. Ein Beispiel ist die von uns geforderte Idee vom Wald auf Zeit. Diese Idee wird nun endlich umgesetzt. Wir sind davon überzeugt, dass es allemal besser ist, wenn auf einer durch die Bauleitplanung zur Bebauung vorgesehenen Fläche zum Beispiel vorübergehend Wald entstehen kann, bevor diese Fläche schwarz gehalten wird, um dadurch die Bebauung nicht zu gefährden. Am Ende kann dadurch sogar neuer und zusätzlicher Wald entstehen.

Weiter halten wir es für wichtig, dass auch die gute fachliche Praxis verschlankt und dem Inhalt des Bundeswaldgesetzes angepasst wird. Ziel ist es, auch in Schleswig-Holstein eine konkurrenzfähige Forstwirtschaft zu gewährleisten. Dies gilt nicht nur für den Privatwald, sondern auch für den Wald im öffentlichen Besitz. Letztlich wollen und sollen auch die Landesforsten nach einer Übergangszeit dem Land nicht mehr finanziell zur Last fallen, sondern Gewinn abwerfen.

(Beifall bei der FDP)

Die Haushaltslage zwingt uns dazu, wobei wir selbstverständlich an den zusätzlichen und durch entsprechende Verträge festgelegten Aufgaben festhalten. Zur Wirtschaftlichkeit gehört auch die Zulassung von Baumarten, die hier zwar nicht standortheimisch, aber standortgerecht sind. Dies schließt auf der anderen Seite selbstverständlich gentechnisch veränderte Organismen aus. Wichtig ist für meine Fraktion, dass auch in Zukunft lediglich das Parlament über die Grundlage zur guten fachlichen Praxis entscheidet. Hier haben wir mit unserem Änderungsantrag klargestellt, dass das Gesetz in einem solchen wichtigen Punkt nicht im Alleingang durch eine Regierung auf dem Verordnungsweg einseitig interpretiert werden darf; ganz gleich, wer regiert. Es geht hier um die Rechte des Parlaments.

Längere Diskussionen hat es über die Formulierung standortgerecht oder standortheimisch gegeben.

(Sandra Redmann)

Letztlich müssen wir auch hier den Klimawandel berücksichtigen. Standortheimische Baumarten werden es möglicherweise zukünftig schwerer haben, hier zu wachsen und zu gedeihen, während andere Baumarten bei uns neue Lebensräume finden. Dem müssen wir Rechnung tragen. Deshalb heißt es standortgerecht.

Zu Verwirrung hat für viele das Thema Reiten im Wald geführt. Ich betone noch einmal: Ziel ist es, das Reitwegenetz in Schleswig-Holstein zu verbessern. Wir wollen die Möglichkeit schaffen, zwischen bestehenden Reitwegen Verbindungswege anzulegen, um damit die Reitwege besser zu vernetzen.

(Beifall der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])

Voraussetzung ist allerdings, dass die Grundeigentümer zustimmen und dass eine entsprechende Trittfestigkeit der Wege gegeben ist, um Schäden zu vermeiden. Nach längerer Diskussion haben wir uns auch entschlossen, das Betretungsrecht nicht zu verändern. Ich gebe zu, dass auch ich einmal anderer Meinung war. Ich muss aber auch zugeben, dass das bestehende Recht allgemein akzeptiert ist und dass es darüber ganz offensichtlich nicht zu häufigem Streit gekommen ist. Die jetzt vorgenommene Änderung schafft lediglich Klarheit darüber, in welchem zeitlichen Rahmen das Betreten des Waldes möglich ist.

Abschließend möchte ich auf die Änderungsanträge der Opposition eingehen. Während sich die SPDFraktion durchaus konstruktiv mit den Vorschlägen der Regierung auseinandergesetzt hat, wollen die Grünen einen Rückschritt in das Jahr 2004 vollziehen. Mit ihrem Änderungsantrag beweisen uns die Grünen erneut, dass Bürokratieabbau für sie keine Relevanz hat. Ihr Regulierungswille ist ungebrochen - zum Schaden aller Beteiligten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Hildebrand, unser Regierungswille ist in der Tat ungebrochen. Verehrter Kollege Hamerich, ich bin mit Ihnen der Meinung, dass Schleswig-Holstein ein anderes

Waldgesetz braucht. Ich bin aber konservativ genug, um zu sagen: Manches war früher eben doch besser.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Genau wie Sie es zitiert haben: Das Waldgesetz aus dem Jahr 2004 war in seiner ursprünglichen Fassung das beste Landeswaldgesetz, das SchleswigHolstein je hatte. In ihm wurden die unterschiedlichen Ansprüche an die Waldnutzung klug gegeneinander abgewogen und zu einem Ausgleich geführt. Es betonte die besondere Verantwortung des Staats- und Körperschaftswaldes für Belange des Allgemeinwohls. Natur- und Artenschutz, Anpassung an den Klimawandel, natürliche Prozesse und Nutzungsverzicht sowie Waldpädagogik waren gesetzlich verankert. Es ist keineswegs nur Gesetzeslyrik. Es ist ein Standard, zu dem wir unbedingt zurückkehren müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Was haben wir dagegen in den vergangenen sieben Jahren erlebt? - Es gab gravierende Rückschritte in der Forstpolitik. Mit der Übertragung des Landeswaldes in eine Anstalt des öffentlichen Rechts wurden die Gemeinwohlleistungen aus dem Gesetz gestrichen und von der jeweiligen Kassenlage abhängig gemacht. Die Haushaltsnotlage des Landes ist uns bekannt. Entsprechend sind die Mittel für die Landesforsten in den vergangenen Jahren geschrumpft. Der Landesrechnungshof schlägt nun sogar vor, sie ganz zu streichen. Dass die FDP sich diesem Vorschlag sogleich freudig anschließt, zeigt nicht nur Unkenntnis in der Sache, sondern es zeigt ein weiteres Mal, dass Sie Ökonomie und Ökologie nicht zusammen buchstabieren können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie legen ein Waldgesetz vor, in dem die letzten Reste an ökologischen Standards für die Bewirtschaftung unserer Wälder zusammengestrichen werden und der Fokus einseitig auf die Holzproduktion gerichtet wird.

Allein zwei Pluspunkte will ich Ihnen zugestehen, und die sollen an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen auch zukünftig nicht in den Wald eingebracht werden, obwohl Sie dies ursprünglich anders vorgesehen hatten. Dies ist ein wichtiges Bekenntnis zur Gentechnikfreiheit. Ich danke Ihnen dafür. Allerdings warte ich auch darauf, dass Sie dies unbe

(Günther Hildebrand)

dingt auch für die Landwirtschaft aussprechen. Hier verweigern Sie sich weiterhin mit Nachdruck.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ein zweiter Pluspunkt: Das Betretungsverbot ist endgültig vom Tisch. Herr Kollege Hamerich, Sie wissen, dass es andere Möglichkeiten des Schutzes gibt. Sie haben vorhin den Artenschutz angesprochen, es gibt hierfür zum Beispiel den Horstschutz für Großvogelarten in der Brutzeit. Dieser funktioniert wunderbar. Das Betretungsverbot ist also vom Tisch. Diesem längst überfälligen Schritt nach vorn folgen jetzt leider viele Schritte zurück.

Frau Kollegin, vielleicht hat Herr Hamerich noch andere Fragen? - Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ich erlaube gern eine Zwischenfrage.

Frau Kollegin, wie kommen Sie auf die Idee, dass wir im Gesetz ursprünglich manifestieren wollten, dass gentechnisch verändertes Saatgut dort verwendet werden darf? - Gerade Sie haben doch eine Anfrage gestellt, in der dies von vornherein ausgeschlossen worden ist. Dies war nie Bestandteil im Bereich des schleswig-holsteinischen Landeswald. Wir haben nie die Absicht gehabt, dass GVOs Bestandteil des Gesetzes werden sollen. Das war nie beabsichtigt, und das stand auch in keinem Entwurf.

- Herr Kollege Hamerich, leider muss ich Sie hier korrigieren. Der Gesetzentwurf, der zur Beratung vorgelegt wurde, sagte, dass der Passus „Verbot der Einbringung gentechnisch modifizierter Organismen in den Wald“ gestrichen werden sollte. Das haben Sie aufgrund der Verschlankung wahrscheinlich so schnell nicht wiedererkannt. Daraufhin haben wir diese Kleine Anfrage gestellt, und Sie sind dann ja doch noch zur Einsicht gekommen.

Diesem überfälligen Schritt - wir waren beim Betretungsverbot - folgen nun viele Schritte zurück. Wie schon im Landesnaturschutzgesetz wird das Vorkaufsrecht des Landes gestrichen. Sie geben damit ohne Not ein bewährtes Instrument zur Sicherung wertvoller Flächen für den Naturschutz aus der Hand, ohne dass dieses irgendeinen Vorteil für die Eigentümer brächte. Es gibt kein einziges sach

liches Argument dafür, es ist reine Ideologie und Klientelbedienungspolitik.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestrichen worden ist auch die Vorgabe, Alt- und Totholz zu erhalten. Sie sagen, das sei ohnehin gang und gäbe. Dass dies nicht stimmt, wissen Sie ganz genau. Gerade dieses Alt- und Totholz ist von existenzieller Bedeutung für viele Arten, die zu schützen Schleswig-Holstein EU-rechtlich verpflichtet ist.

Meine liebe Kollegin Todsen-Reese, andere Dinge, die selbstverständlich sind, wie zum Beispiel, dass Steuern gezahlt werden oder dass Verkehrsregeln einzuhalten sind, stehen auch in Gesetzen. Warum, bitte schön, soll dann nicht dieses in die fachliche Praxis geschrieben werden, wie es auch das Bundesnaturschutzgesetz vorsieht?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gestrichen worden ist auch die Zielbestimmung einer nachhaltigen Forstwirtschaft, die eben nicht allein auf Holzertrag abzielt, sondern auch biologische Vielfalt von Arten und Lebensräumen, Bodenfruchtbarkeit, Vitalität und Verjüngungsfähigkeit des Waldes sowie auch seine Bedeutung als Kultur- und Erholungslandschaft beachtet und - ich sage dies ganz bewusst, und hören Sie gut zu, Frau Kollegin Loedige - diesen Ansprüchen Rechnung trägt, um einen Begriff aus der Ökonomie zu verwenden. Denn nur wer das Zusammenspiel von Ökonomie und Ökologie - Sie haben ja gerade darauf hingewiesen - unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse beachtet, ist auf Dauer erfolgreich. Nur wenn Geben und Nehmen, Holzernte und Naturschutz in der Waage gehalten werden, sind auch künftig Wachstum und Wohlstand gesichert. Die schwarz-gelbe Ökobilanz ist hier allerdings auf das Erschreckendste unausgeglichen.

„Wald ist mehr als die Summe der Bäume“, hat der streitbare Naturjournalist Horst Stern einmal formuliert. Er hat weiter gesagt:

„Wald lehrt uns, dass Monotonie den Geist verdüstert und das Leben gefährdet: Nur der aus Laub und Nadelbäumen gemischte, am selben Ort jung und alt gestufte Wald ist heiter und standhaft.“

Diese heitere Standhaftigkeit hätte ich mir von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU und FDP, gewünscht. Stattdessen sind Sie ein weiteres Mal vor den rein ökonomischen Begehrlichkeiten eingeknickt wie die Monokulturbäume nach dem Sturm Kyrill. Und dieser Schaden ist verheerend.

(Marlies Fritzen)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Ranka Prante das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus dem Bericht und den Beschlussempfehlungen des Umwelt- und Agrarausschusses konnten Sie entnehmen, dass sich die Fraktionen intensiv mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung auseinandergesetzt haben. Wir alle hier haben großes Interesse am Wald und seiner Perspektive bekundet und das nicht erst seit der ersten Lesung im September letzten Jahres. Unser Landeswaldgesetz führt die Vorgaben des Bundeswaldgesetzes aus und konkretisiert sie. Unserer Meinung nach ist dies in der Fassung des Gesetzes aus dem Jahre 2004 und den Änderungen im Jahre 2007 gut gelungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sehen nun einen minimalen Bedarf für die Novellierung, aber wenn schon, dann bitte nicht in der Form, die das Landeswaldgesetz jetzt durch den Entwurf der Landesregierung und der die Regierung tragenden Fraktionen erhalten hat.

Zunächst ist festzuhalten, was auch im Ausschuss formuliert worden ist: Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Wald hat eine große Bedeutung für uns alle. Es gilt, unterschiedliche Interessen miteinander zu vereinbaren, es gilt, die Balance zu halten. Es geht um die Balance zwischen den öffentlichen Interessen, des Artenschutzes, dem Interesse der Waldbesucherinnen und Besucher aus Naherholung und der Kompatibilität mit den Bedürfnissen der Holzwirtschaft. Der Wald gerät unter Druck, und zwar nicht nur durch die vermehrte Holznutzung. Es gibt einige Konflikte und sich gegenüberstehende Interessenlagen.

Wir wollen die Artenvielfalt erhalten, also möglichst viele Pflanzen und Tiere schützen. Gleichzeitig wollen wir, dass der Wald - öffentlich genutzt zugänglich ist. Wir wollen, dass die Waldwege durch Fahrradfahrer und Reiter genutzt werden können. Gleichzeitig wollen wir Ruhezonen für alle Tiere. Totholz - wir alle wissen es - ist für Tiere und Pflanzen lebensnotwendig, für den Jogger aber kann es lebensgefährlich sein.

Forstleute dürfen bei dieser schwierigen Aufgabe nicht weiterhin alleingelassen werden. Wie gesagt, die Balance zu halten und allen Interessen gerecht

zu werden, ist schwierig. Aber das ist die Aufgabe der gegenwärtigen Landesregierung, eine Aufgabe, die Sie in unseren Augen einmal mehr wieder nur mangelhaft bewältigt haben.