Protocol of the Session on March 25, 2011

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Johannes Callsen das Wort.

(Beifall des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur noch einmal zur Klarstellung: Für den Antrag der LINKEN hatte ich um Ausschussüberweisung gebeten. Ich glaube, es ist auch deutlich geworden, dass wir darüber in der Tat noch einmal reden müssen. Das ist ein eigener Tagesordnungspunkt, der hier nur zusammen mit anderen in verbundener Debatte beraten wird.

Was unseren Antrag angeht, Frau Kollegin Strehlau, muss ich noch einmal etwas sagen, weil später vielleicht einige zeitgeschichtlich in Protokollen nachblättern, damit hier nicht stehen bleibt, ich hätte gesagt, im SPD-Antrag sei alles richtig:

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP - La- chen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Anke Spoorendonk)

Nein, ich habe gesagt, er enthalte nichts Neues und nichts, was nicht schon gemacht würde. Was er darüber hinaus enthält, sind nicht nachvollziehbare Forderungen.

Richtig finde ich bei diesem wichtigen Thema, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag heute eine klare Position bezieht. Ich lade Sie deshalb alle ein, unserem Antrag zuzustimmen, denn ich glaube, er baut an keiner Stelle Barrikaden auf, die für die eigene Fraktion nicht zu überwinden wären.

Wer allerdings in Anträgen gesetzliche Mindestlöhne fordert, der baut an Stellen Barrikaden auf, die unnötig sind und deshalb an der Stelle auch keine Gemeinsamkeit möglich machen. Das finde ich im Interesse der Sache schade, wenn es um die Bekämpfung des Fachkräftemangels geht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Landesregierung hat der Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herr Dr. Heiner Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Fachkräftemangel droht nicht, sondern er ist schon da, und zwar bereits heute, und er wird größer. Wir haben bereits heute in einigen Bereichen zu wenige Fachkräfte. Das sind nicht nur die immer wieder viel zitierten Ingenieurinnen und Ingenieure, die fehlen, es fehlen Ärztinnen und Ärzte, es fehlt Pflegepersonal.

Die Gewinnung und die Sicherung von Fachkräften ist zu einer ganz zentralen Herausforderung, zu einer zentralen Aufgabe für unsere Gesellschaft, für unsere Volkswirtschaft geworden. Genau als eine solche zentrale Aufgabe ist sie von der Landesregierung angegangen worden. Ich glaube, dass gerade bei diesem Thema die Landesregierung keine Aufforderung braucht, hier endlich tätig zu werden.

Der Antrag der Regierungsfraktionen greift das Thema dann auch in einer dankenswerten Vielschichtigkeit auf, nämlich genau in der Breite, die dieses Thema verdient. Lassen Sie mich mit dem Thema Fachkräftezuwanderung beginnen, das immer wieder polarisiert, obwohl ich meine, dass es dazu eigentlich keinen Anlass gibt. Mir hat die Bundesbildungsministerin aus dem Herzen gesprochen, als sie gesagt hat, es sei nicht gerecht, wenn ein iranischer Arzt in Deutschland Taxi fahre, und

sie hat sich im gleichen Atemzug für einen Abbau von Hochnäsigkeit gegenüber den Bildungssystemen anderer Länder ausgesprochen. Ich finde, dem ist kaum etwas hinzuzufügen.

(Beifall bei FDP, CDU sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nachdem wir uns immer wieder mit dem absehbaren Mangel von Ärzten und anderen Fachkräften in Gesundheits- und Pflegeberufen befassen, ist zu ergänzen, es ist nicht nur eine Frage von weniger Hochnäsigkeit, sondern auch von mehr Intelligenz, die bei uns lebenden Menschen mit hoher Qualifikation für den Arbeitsmarkt zu gewinnen, und zwar als Fach- und nicht als Hilfskraft.

(Beifall der Abgeordneten Torsten Geerdts [CDU], Christopher Vogt [FDP] und Dr. Ro- bert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich freue mich über die - ich begrüße sie ausdrücklich - Initiative der Bundesregierung für eine erleichterte Anerkennung für Nicht-EU-Berufsabschlüsse. Der Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen wird von der Landesregierung ausdrücklich unterstützt. Das gilt, auch wenn im Bundesratsverfahren noch die ein oder andere Frage im Länderinteresse zu klären sein wird, beispielsweise die Finanzierung von Erstanlaufberatungsstellen.

Über die Arbeitnehmerfreizügigkeit, übrigens eine Grundfreiheit und ein wichtiges Element des gemeinsamen Europas, wurde in der Tat bereits im letzten Monat gesprochen. Ich finde es gut, dass ab dem 1. Mai 2011 neue Unionsbürger aus acht Osteuropäischen Mitgliedsstaaten auch in Deutschland eine Beschäftigung werden aufnehmen können.

(Beifall bei FDP, CDU sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Nutzung der Chancen durch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Ausschöpfung vorhandener inländischer Potenziale werden den künftigen Fachkräftebedarf allein aber nicht decken können. Es ist richtig, dass wir eine gezielte Zuwanderung von hochqualifizierten Fachkräften brauchen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Es ist gut, den Arbeitsmarktzugang zu erleichtern und bestehende rechtlichen Hürden wie die Mindesteinkommensgrenze für Hochqualifizierte zu lockern. Letztlich gilt es die Attraktivität unseres

(Johannes Callsen)

Arbeitsmarkts für ausländische Fachkräfte zu steigern. Eines gilt vor allem: In Zukunft werden sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Unternehmen aussuchen und nicht umgekehrt. Darauf müssen sich nicht nur die Regierung, sondern auch die Unternehmen einstellen.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Mit einer Zuwanderung nach klaren und transparenten Kriterien kann uns das gelingen. Ziel muss in der Tat eine Willkommens- statt eine Abschreckungskultur sein.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will an der Stelle auch eines sagen: Neben der Frage der Zuwanderung spielt auch die Mobilisierung des Potenzials von bereits hier lebenden Migrantinnen und Migranten eine ganz entscheidende Rolle, die Arbeitslosigkeit unter den hier Lebenden ist nach wie vor inakzeptabel hoch.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Und es macht mich wirklich wütend, wenn die Frage der Zuwanderung qualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer noch gegen die Notwendigkeit der Qualifizierung deutscher Langzeitarbeitsloser wechselseitig ausgespielt wird. Das ist unerhört, das ist dem Thema nicht angemessen, und das ist vor allem der Sache nicht dienlich, weil nämliche qualifizierte Arbeitsplätze durch Zuwanderung entstehen - auch für deutsche Langzeitarbeitslose.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Es geht um Erhalt und Stärkung der Wirtschaftskraft unseres Landes, es geht um die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft. Es geht um die Sicherung unseres Wohlstandes. Das packen wir gemeinsam an, und zwar ressortübergreifend. Deshalb möchte ich mich sowohl beim Wirtschaftsminister, beim Bildungsminister als auch beim Integrationsminister für die kollegiale Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken. Wir tun das in einer Gemeinschaftsaktion, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den Unternehmensverbänden, den Interessenvertretungen des Handwerks und den Gewerkschaften. Die Partner des bereits erwähnten Bündnisses für Fachkräfte entwickeln abgestimmte Maßnahmen, und zwar - Frau Kollegin Langner - nach einer Strategie, um dem Fachkräftebedarf der kommenden Jahre gerecht zu werden.

Ich will Ihnen nur einige wenige, nicht alle, Handlungsfelder nennen, die Teil genau dieser Strategie sind, die Sie jetzt fordern, die wir aber bereits verfolgen, und zwar die Erarbeitung einer regionalen branchenspezifischen Analyse, die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, die Verbesserung der Beschäftigungssituation Älterer, die Optimierung des Übergangs von Schule in den Beruf, die Erhöhung des Anteils der Schulabgänger mit Schulabschluss und die Erhöhung des Anteils der Jugendlichen mit abgeschlossener Berufsausbildung, die Unterstützung des lebenslangen Lernens und die verstärkte Mobilisierung Migrantinnen und Migranten sowie gezielte Zuwanderung.

Eines fand ich merkwürdig, ohne dass ich hier eine falsche Schärfe hineinbringen will: Gerade in Schleswig-Holstein hat man es sich jahrelang und viel zu lange geleistet, jahrelang junge Menschen in sogenannten berufsvorbereitenden Maßnahmen zu belassen, ohne ihnen eine wirkliche Perspektive zu geben. Wenn wir uns jetzt daran machen, diese Menschen aus den Warteschleifen herauszuholen, dann erwarte ich dafür keine Anerkennung, aber ich erwarte zumindest, dass man an dieser Strategie nicht noch herumkritisiert und herumnörgelt.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Ich glaube, dass der Schulterschluss zwischen den genannten Ressorts, dass also Wirtschaft, Gewerkschaften und Landesregierung einen umfassenden Ansatz und die Herausforderungen nicht nur begriffen haben, sondern sich diesen Herausforderungen stellen und ganz konkrete Antworten geben. Nachdem Politik 30 Jahre lang bei vielen Entscheidungen schlicht ignoriert hat, was demografischer Wandel heißt, ist dies jetzt eine vornehme Aufgabe, zu der ich alle einlade, um endlich die Herausforderungen dieses demografischen Wandels gemeinsam anzugehen.

(Beifall bei FDP, CDU, SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um gut 2 Minuten überschritten. Diese Zeit steht jetzt jeder Fraktion zur Verfügung, sie muss aber nicht zwingend genutzt werden. Ich sehe in die Runde, und ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist Ausschussüberweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE beantragt.

(Zurufe)

(Minister Dr. Heiner Garg)

- Darf ich vielleicht erst einmal fortfahren? - Vielen Dank für all diese geschäftsleitenden Bemerkungen aus dem Plenum. Normalerweise machen wir das von hier oben.

(Beifall)

Wenn etwas falsch ist, dann bin ich für Unterstützung dankbar. Das war also zu dem ersten Antrag. Für den Antrag von CDU und FDP sowie für den Änderungsantrag der SPD ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar von den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Ich gehe davon aus, dass dies auch von der SPD beantragt wird, Frau Langner?

Von der CDU-Fraktion ist beantragt worden, über den Antrag von CDU und FDP in der Sache abzustimmen. Ich mache den Vorschlag, dass wir mit dem Antrag der LINKEN beginnen und über die Ausschussüberweisung abstimmen. Ich wäre noch dankbar für einen Hinweis darüber, ob dieser Antrag nur an den Bildungsausschuss überwiesen werden soll oder noch an einen anderen Ausschuss. Ich sehe eine Wortmeldung.

(Johannes Callsen [CDU]: Frau Präsidentin! Ich schlage vor: mitberatend Wirtschaftsaus- schuss, Innen- und Rechtsausschuss und So- zialausschuss!)

- Gut, wir werden damit starten. Es ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1374 (neu), an den Bildungsausschuss, mitberatend an den Wirtschaftsausschuss, den Innen- und Rechtsausschuss und den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu b) Fachkräftepotenziale besser nutzen. Der Antrag auf Ausschussüberweisung ist der weitergehende Antrag. Ich lasse zunächst über die Ausschussüberweisung abstimmen. Ich stelle noch einmal die Frage: Sind es die gleichen Ausschüsse, die eben genannt worden sind? - Gut.

Es ist also beantragt worden, den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1375, sowie den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1414, an den Bildungsausschuss, mitberatend an die Ausschüsse für Wirtschaft, Innen und Recht und Soziales zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des SSW. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der CDU