Protocol of the Session on January 27, 2011

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich habe versucht, mich darüber zu ärgern. Das ist mir aber nicht gelungen, weil ich letztendlich vor dieser Haltung Respekt habe. Sie lassen sich durch Sachargumente nicht verwirren, sondern verfolgen weiter die große Linie. Das ist etwas, was zumindest von der Haltung her Europa weiterbringen kann. Ich kann Ihnen aber das eine oder andere Sachargument nicht ersparen. Deshalb will ich auch darauf eingehen, was ich gefordert hätte, wenn ich heute in Brüssel gewesen wäre. Vielleicht hilft das weiter.

(Zuruf der Abgeordneten Anette Langner [SPD] - Christopher Vogt [FDP]: Nicht so viele Zwischenrufe!)

- Frau Langner, ich will Sie wirklich loben. Ich finde auch, dass in Ihrem Antrag zum Thema Nordsee-Strategie vieles richtig ist. Dies gilt auch für die Begründung. Ich will den ersten Satz der Begründung vorlesen. Dort steht:

„Schleswig-Holstein ist das Land zwischen Nord- und Ostsee.“

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Dem können wir zustimmen. Das müssen wir im Ausschuss aber nicht so sehr vertiefen. Es gibt also durchaus den einen oder anderen Punkt, bei dem wir uns einig sind.

(Vereinzelt Heiterkeit bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die Europäische Union ist schon ein Stück weiter, als wir es vielleicht sind, wenn wir allgemein Strategien fordern. Für die integrierte Meerespolitik will die EU 50 Millionen € bereitstellen. Ich sage an dieser Stelle, dass sie nur 50 Millionen € bereitstellen will, weil das natürlich genau den Punkt berührt, den Sie eigentlich ansprechen müssten, wenn Sie sich um die Nordsee-Strategie kümmern. Die EU will ganz allgemein - das hätten wir heute auch gefordert - Unterstützung liefern zur Umsetzung der auf einzelne Meeresregionen zugeschnittenen Strategien.

An dieser Stelle kommen wir zu einem Punkt, der in Brüssel durchaus strittig diskutiert wird, nämlich einzelne Strategien zu fördern oder die Meeresbeckenstrategie allgemein zu formulieren. Es wäre sinnvoll, wenn wir uns als Region an dieser Stelle politisch engagieren und uns an dieser Stelle in Brüssel auf den Weg machen, vielleicht sogar gemeinsam. Dann hätten wir wirklich etwas erreicht. Das ist besser, als allgemein irgendetwas zu fordern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ebenso könnten wir uns vielleicht auch auf eine Forderung nach einer maritimen Raumplanung einigen. Auch das ist in Brüssel ein großes Thema, das diskutiert wird. Hierbei haben wir als Schleswig-Holsteiner natürlich eigene Interessen, insbesondere dann, wenn wir die Nordsee-Strategie verfolgen wollen.

Wir müssen uns natürlich auch fragen, wie es bei der Ostsee-Strategie gelaufen ist. Wir sind uns einig, dass es eine positive Entwicklung ist, die dort angestoßen wurde. Ich will nur nebenbei erwähnen, dass das Papier, das heute in Brüssel diskutiert wird, ein Folgepapier des Papiers zur Meerespolitik der Europäischen Union von Uwe Döring ist. Umso besser wäre es gewesen, wenn wir heute vollzählig an der Sitzung des Ausschusses der Regionen hätten teilnehmen können.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Ostsee-Strategie ist deshalb positiv gelaufen, weil viele Jahre lang Vorarbeit geleistet worden ist. Bevor wir uns die Frage nach der Strategie stellen, sollten wir die Vorarbeit leisten. Dabei gibt es auch die Forderung nach konkreten Leitprojekten, European Clean Shipping beispielsweise oder auch das Projekt „Saubere Häfen“. Das alles sind Projekte, die man konkret anstoßen kann und mit denen man viel besser eine Nordsee-Strategie anstoßen kann als mit allgemeinen Forderungen.

(Niclas Herbst)

(Zuruf von der SPD)

- Wie gesagt, ich hätte es heute gern angestoßen.

(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

- Damit habe ich auch kein Problem. Das zeigt auch, dass man ein bisschen über den Tellerrand hinausschaut. Das wünsche ich mir auch von der Opposition, aber keine undifferenzierte Kritik an der Europapolitik der Landesregierung.

Ich gehe gern auf das ein, was meine Vorredner gesagt haben. Sie haben gesagt, die Kräfte des Landtags müssen genutzt werden. In Ihrem Antrag fordern Sie die Landesregierung auf, sich über den Ausschuss der Regionen für etwas einzusetzen. Nur zur Erklärung: Der Landtag wählt Vertreter und schickt sie nach Europa. Die Landesregierung hat damit gar nichts zu tun.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich stelle fest, Sie fordern die Kraft des Landtags ein, sehen aber gar nicht, welche Möglichkeiten wir haben. Stattdessen fordern Sie etwas von der Landesregierung, was wir selbst leisten sollten. Das ist schon ein bisschen merkwürdig.

Ich habe versucht, ein paar konkrete Punkte aufzuzählen, die wir mit der Nordsee-Strategie verknüpfen müssen. Wir können das gern im Ausschuss weiter diskutieren. Ich glaube, dass wir dabei viel mehr Gemeinsamkeiten haben, als es der vorliegende Antrag deutlich macht.

Den anderen Antrag, mit dem die Landesregierung aufgefordert wird, die Europapolitik wieder aufzunehmen, lehnen wir selbstverständlich ab. Darüber müssen wir auch nicht weiter diskutieren. Das hat sich aus meiner Sicht selbst gerichtet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne Auszubildende des Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerks Husum. - Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Es wurde der Dank ausgesprochen. Sie sehen, wir haben die Gebärdendolmetscherin an unserer Seite. Aus diesem Grunde bitte ich, dass wir bei der weiteren Debatte darauf achten, dass unsere Gäste auf der Besuchertribüne der Debatte folgen können.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann brauchen wir mehr Zeit, Frau Präsidentin!)

- Herr Kubicki, Sie haben alle Zeit dieser Welt.

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kirstin Funke von der FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nordsee-Strategie und Europapolitik wieder aufbauen, zwei Themen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber auf den zweiten Blick doch wieder so viel, dass das eine Thema das andere Thema ad absurdum führt.

Kurz ein paar Worte zur Nordsee-Strategie. Wie ist hier die Lage? - In der Nordseekommission wird seit mindestens Mitte 2009 über die Entwicklung einer Nordsee-Strategie gesprochen.

Im Dezember 2009 gab es eine Vorstandssitzung in Kiel, bei der die Landesregierung die Gastgeberin war. Im Mittelpunkt dieser Sitzung stand die Entwicklung einer von allen Regionen und Mitgliedstaaten rund um die Nordsee getragenen NordseeStrategie. Über das ganze letzte Jahr hinweg wurde eine Initiativstellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema Nordsee-Strategie entwickelt. Der politische Wille und das Handeln des Landes sind also vorhanden und dokumentiert. Staatssekretär Maurus hat dies zuletzt auch im Ausschuss erneut belegt.

Die Ausgangslage ist also klar. Der politische Wille ist vorhanden in Schleswig-Holstein und in den anderen Parlamenten der Regionen. Wo liegt also das Problem? - Das Problem liegt insbesondere auf der Ebene der Mitgliedstaaten. In der Kommission und auch in der zuständigen Generaldirektion gibt es noch Zurückhaltung. Deshalb gilt es, Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen zu leisten. Aus meiner Sicht muss das aber zusammenfallen mit entsprechenden Entwicklungen in der Strukturpolitik der EU. Solange die entsprechenden Programme weniger attraktiv erscheinen als andere, werden hier auch keine Anreize gesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für unser Land gilt: von Küste zu Küste. Ebenso wie im Ostseeraum hat Schleswig-Holstein ein Interesse daran, weitere Entwicklungspotenziale im Nordseeraum zu erschließen. Die FDP unterstützt nachdrücklich die Umsetzung einer Nordsee-Strategie.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

(Niclas Herbst)

Großbritannien und die Niederlande sind uns nicht nur geografisch nahe. Mir scheinen hier Kooperationen lohnenswerter als zum Beispiel mit Archangelsk. Ob wir aber dafür einen Antrag benötigen, der nur Entwicklungen nachvollzieht, sei dahingestellt. Ich schlage daher die Ausschussüberweisung vor, damit wir uns des Themas weiter annehmen können.

Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, Sie sehen, im Bereich der Nordsee-Strategie ist die Regierung seit Ende 2009 aktiv in die Begleitung und Beratung eingestiegen. Sie stellen sich mit diesem Antrag, der einen Aufbau der Europapolitik fordert, selbst ins Abseits.

(Beifall bei FDP und CDU)

Sie scheinen nicht verstanden zu haben, wie unterschiedlich man Schwerpunkte in diesem Politikbereich setzen kann. Man kann Ihnen fast unterstellen, dass Sie es auch nicht verstehen wollen.

Lieber Kollege Fischer, es hat mich als junge Abgeordnete doch enttäuscht, dass Sie sich mit diesem Antrag selbst untreu werden. Sie haben gerade uns Neuen im Ausschuss, wenn wir nach schnellen Entscheidungen drängten, vorgehalten, dass in der Vergangenheit bei der Europapolitik des Landes immer nach einem Konsens über Fraktionsgrenzen hinweg gesucht worden ist. Mit Ihrem Antrag führen Sie genau das Gegenteil dessen aus, was Sie bei uns kritisierten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Dieser Antrag zeigt weder Dialogbereitschaft noch die Bereitschaft, zu erkennen, was seit Herbst 2009 im Bereich der Europapolitik von dieser Landesregierung geleistet worden ist. Denn das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist größtenteils bereits umgesetzt beziehungsweise schon in Angriff genommen worden.

Nehmen wir Ihren Punkt soziales Europa. Im Entwurf der Dänemark-Strategie beispielsweise wird aufgezeigt, wie eine wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg aussehen kann. Was gibt es Sozialeres, als Bürgern die Möglichkeit zu geben, einer geregelten und sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachzugehen, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können?

Zu Ihrer Forderung, dass die Kontakte zu den europäischen Institutionen ausgebaut werden: Diese Landesregierung hat es erstmals ermöglicht, dass das Hanse-Office in Brüssel selbstständig ein Netzwerk in Brüssel aufbauen kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Fischer, selbstständig ein Netzwerk aufbauen kann, was in der Vergangenheit versäumt und auch unterbunden wurde. Denn nur, wer ständig vor Ort ist, hat die Möglichkeit, nachhaltig für das Land zu agieren. Diese Kompetenz übt das Hanse-Office in seiner Zuständigkeit aus.

Dieses Hohe Haus hat in der Dezember-Tagung den Haushalt für 2011 und 2012 verabschiedet, in dem eine Sicherstellung der europäischen Informationsarbeit von Europe Direct über den Landesverband Schleswig-Holstein der Europa-Union gewährleistet wird. Hier gibt es weitreichende Planungssicherheit vor Ort.