(Beifall der Abgeordneten Martin Habersaat [SPD] und Serpil Midyatli [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Martin Habersaat [SPD])
Die Forderung der LINKEN nach Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes erschließt sich mir hingegen nicht. Mir erschließt sich nicht, was sie damit bezwecken wollen. Um das Wohl der Betroffenen scheint es Ihnen zumindest nicht zu gehen. Ein besserer Ansatzpunkt wäre gewesen, daran zu arbeiten, die Dauer der Asylverfahren zu verkürzen - Frau Midyatli, Sie haben es ja auch gefordert -, um den Betroffenen schnellstmöglich Klarheit über ihre Situation zu verschaffen.
Dann müssen die Möglichkeiten der Asylbewerber zu einem Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert werden. Nur wer seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann, hat eine echte Perspektive. Das ist im Sinne der Betroffenen. Das ist im Gesamtinteresse unserer Gesellschaft. Diese Punkte vermisse ich in Ihrem Antrag, liebe Fraktion DIE LINKE. CDU und FDP arbeiten auf Bundesebene daran.
Zum Schluss kann ich ganz schlicht und einfach zusammenfassen: Die Bundesregierung handelt. Ihre Anträge sind nicht zielführend. Wir werden sie ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die geringen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und die Unterbringung in Wohnheimen beziehungsweise Flüchtlingslagern erlauben kein menschenwürdiges Leben.
Die Gutscheine und Sachleistungen diskriminieren die Betroffenen öffentlich. Ein Taschengeld von 40,90 € pro Monat schließt sie von der soziokulturellen Teilnahme aus.
Die Asylsuchenden unterliegen einem Arbeitsund Ausbildungsverbot und weiteren Einschränkungen wie zum Beispiel der Residenzpflicht. Das sind alles Einschränkungen, die eine mögliche spätere Integration behindern.
Die medizinische Versorgung nach dem Asybewerberleistungsgesetz ist auf die unabweisbar notwendige Behandlung akuter Schmerzzustände beschränkt. Das ist ein unhaltbarer Zustand.
Gesundheit ist ein Menschenrecht, und dieses Menschenrecht sollte für alle gelten, nicht nur bei akuten Beschwerden, sondern auch bei chronischen Erkrankungen. Das ist doch der Punkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden hier über Menschen, die nicht mehr wie Menschen zweiter Klasse, sondern bereits wie Menschen dritter Klasse behandelt werden. Das ist und bleibt ein unerträglicher Zustand, und das kann so nicht sein.
Ich lasse gern eine Zwischenfrage zu, wobei ich darauf hinwiese, dass ich die Rede in Vertretung meiner erkrankten Kollegin Luise Amtsberg halte, aber ich will gern versuchen, auf Ihre Frage einzugehen, weil das Thema sehr wichtig ist.
Ich glaube, dass Sie das auch können. Sie als medizinische Fachfrau werden wahrscheinlich die Frage beantworten können, ob ein behandelnder Arzt in dem Moment, wo ein Patient vor ihm steht, genau unterscheiden kann, ob es akut oder chronisch ist, und im Zweifel sagt: „Es ist chronisch, und deswegen behandle ich dich nicht; du hast zwar Schmerzen, aber die sind chronisch.“ Wie sehen Sie das?
- Eine behandelnde Ärztin oder ein behandelnder Arzt ist immer verpflichtet, alle Patienten nach den Beschwerden zu untersuchen. Sie haben recht: Fachlich ist das Dilemma, dass chronische Erkrankungen immer zu akuten Schüben, zu sogenannten Exazerbationen, führen. Das schließt aber nicht aus - jetzt kommt der Punkt -, dass auch bei chronischen Erkrankungen eine medizinische Behandlung erforderlich ist. Das ist genau der Punkt. Das muss geändert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hilfebedürftige Empfänger von Leistungen nach SGB II erhalten ab 1. Januar 2011 voraussichtlich 364 €. Das ist das, was die schwarz-gelbe Bundesregierung als Existenzminimum definiert hat. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält ein geduldeter Ausländer 220 €, wenn er ausnahmsweise einen eigenen Hausstand hat und nicht in einer gemeinsamen Aufnahmeeinrichtung leben muss. 60 % von einer Summe, die sowieso schon viel zu gering ist, ist viel zu wenig. Das wollen wir Grüne ändern, und Sie sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt uneingeschränkt. Das sehe ich ganz genauso wie die Kollegin Midyatli - das gilt uneingeschränkt für Deutsche und für Nicht-Deutsche. Jedenfalls sollte das nach unserem Verständnis so sein.
Wir wollen nicht, dass das menschenwürdige Existenzminimum auf 60 % begrenzt wird. Wir wollen 100 % menschenwürdiges Existenzminimum für alle.
Alle sprechen vom Fachkräftemangel und von der demografischen Entwicklung. Das ist auch richtig so. In einer älter werdenden Gesellschaft sind wir darauf angewiesen, dass Menschen aus anderen Ländern zu uns nach Schleswig-Holstein, zu uns nach Deutschland kommen. Wir brauchen für sie alle eine Willkommenskultur. Hungersnöte, Flutkatastrophen und Bürgerkriege in aller Welt führen dazu, dass Menschen aus aller Welt bei uns Zuflucht suchen. Die selbe Willkommenskultur muss auch für sie gelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne treten für eine offene, tolerante Gesellschaft ein, die jedem Menschen ein würdiges Leben ermöglicht.
Frau Kollegin Damerow, Sie haben darauf hingewiesen, dass die grüne Bundestagsfraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht hat. Ich freue mich, dass die Kollegin Klahn ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die schwarz-gelbe Regierung in Berlin daraufhin tätig geworden ist. Ich kann den formalen Hinweis, dass der Antrag jetzt von der LINKEN eingebracht wird, nachvollziehen. Da er uns inhaltlich aber sehr wichtig ist, werden wir ihn trotzdem unterstützen. Wir wollen eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war noch engagiert dabei, alle Wortbeiträge zu verfolgen. Deshalb müssen Sie entschuldigen, dass ich nicht rechtzeitig losgegangen bin.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 9. Februar dieses Jahres mehr als deutlich gemacht, dass Menschen nicht nur existieren, sondern leben. Dazu gehört mehr als die Gewährleistung der physischen Existenz, dazu gehört auch die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Dies haben auch meine Vorrednerinnen schon gesagt.
Um zu berechnen, was eine Person braucht, um diese Teilhabe wahrzunehmen, werden verschiedenste Daten benötigt, weil sowohl die Bedarfe als auch der Verbrauch sehr variieren. Da ist es verständlich, dass die Berechnung schwierig ist. Trotzdem und gerade deshalb ist aber eine transparente und nachvollziehbare Berechnung notwendig. Hierüber ha
Nachdem festgestellt wurde, dass die Berechnung der Hartz-IV-Sätze für Kinder verfassungswidrig ist, muss die logische Schlussfolgerung sein, dass die Berechnung der Leistungen im Asylbewerberleistungsgesetz erst recht nicht nachvollziehbar ist.
Zwar liegt die Entscheidung darüber noch bei Gericht, dies ändert aber nichts daran, dass hier wohl noch mehr Fehler als bei den Hartz-IV-Sätzen gemacht wurden.
Das Asylbewerberleistungsgesetz steht schon seit seiner Einführung 1993 in der Kritik. Diese Kritik wurde nicht weiter verfolgt, obwohl Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsorganisationen protestierten. Mittlerweile ist die Politik in der Berechnung von Leistungen aber etwas weiter, sodass hier aus Sicht des SSW dringender Handlungsbedarf besteht.