Protocol of the Session on September 8, 2010

Heiner Garg: Krankenhausfinanzierung. Es kann doch nicht angehen, dass man irgendwann einmal die Krankenhausfinanzierung auf andere Beine gestellt hat, indem man den Kreisen gesagt hat - wer war das eigentlich? -: Passt einmal auf, wir haben nicht mehr das Geld für eine Bezuschussung, aber wir zahlen für euch Zinsen und Tilgung. Das führt dazu, dass wir im Jahr 2020 80 Millionen € für Zinsen und Tilgung zahlen und 40 oder 45 Millionen € für die Krankenhausfinanzierung erbringen müssen.

(Zuruf von der CDU: Schattenhaushalt!)

Das ist doch eine unmögliche und unredliche Haushaltspolitik, die da gemacht worden ist!

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist Transparenz außerordentlich wichtig.

„Praktisch alle Länder, der Bund und die Kommunen haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit überschritten. Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt.“

(Zuruf von der SPD: Ihr, ja! - Lars Harms [SSW]: Ich nicht!)

Ich zitiere ja auch nur den ehemaligen Finanzminister Ralf Stegner aus seiner Haushaltsrede. Das werde ich ja wohl noch dürfen.

Der ehemalige Finanzminister hat zudem gesagt:

„Im Augenblick ist das Reformfenster geöffnet. Diese Chance darf nicht vertan werden.“

Das war die Rede zur Einbringung des Haushalts vom 27. August 2003.

Weiter hat er gesagt - hören Sie bitte gut zu, denn wir reden häufig über einen Punkt , auf den ich gleich noch kommen möchte -:

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, die schleswig-holsteinische Landesregierung legt Ihnen heute“

- 2003; das war der Haushalt für die Jahre 2004/ 2005

„einen verfassungsgemäßen Haushalt vor, durch den sie deutlich macht, wo sie investieren will, wo sie mehr Geld ausgeben will und muss und in welchen Bereichen sie weniger Geld ausgeben, also sparen, muss.“

Herr Stegner, Sie haben heute, glaube ich, mehr als ein Dutzend Mal das Wort „seriös“ gebraucht. Sie haben gefordert, wir müssten zu einer seriösen Finanzpolitik kommen. Der unredlichste und unseriöseste Haushalt, den ich in meiner langen Laufbahn als Parlamentarier und als Ministerpräsident nun kennen gelernt habe, war der Haushalt, den Sie vorgelegt haben, den Sie hier als verfassungsgemäß hingestellt haben

(Beifall bei der CDU)

und der anschließend von uns analysiert werden musste. Sie werden sich noch erinnern an die Zeiten nach der missglückten Ministerpräsidentenwahl, als wir, mit Ihnen in die Koalitionsverhandlungen eintraten und ich gesagt habe: Wir werden mit Ihnen nur reden, wenn wir einen ungeschminkten Blick mit Ihnen in den Haushalt und auf die finanzielle Situation haben können.

Wie war es? 550 Millionen € Nettoneuverschuldung haben Sie eingebracht, und zwar bei einem Steueraufkommen von gerade einmal 5,1 oder 5,2 Millionen €. Wir fanden noch eine zusätzliche Deckungslücke, meine Damen und Herren, von 940 Millionen €

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

940 Millionen €, die Sie unredlich versteckt haben! Ich finde, es ist unerhört gewesen, was Sie dort gemacht haben.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen haben Sie überhaupt nicht das Recht, irgendwo mehr Seriosität einzufordern. Sie sollten sich vielmehr wirklich an Ihre eigene Nase fassen.

Meine Damen und Herren, die großen Themen der nächsten Jahre sind Globalisierung, demografische Entwicklung und Klimawandel. Das sind die großen Herausforderungen unserer Zeit. Unsere Politik stellt sich diesen Herausforderungen.

(Zuruf von der SPD: In der Rückschau!)

- Ich schaue nach vorn. Aber irgendwo muss man auch einmal die Grundlage dieses Haushalts, die Grundlage dessen, was wir machen müssen, nämlich zu sparen, herausfinden. Die Gründe für diese Situation sind die übermäßigen Ausgaben in den letzten Jahrzehnten. Ich finde, wer nicht begreift, dass das etwas mit der Vergangenheit zu tun hat Rainer Wiegard hat das deutlich gemacht -, der sollte sich seine Rede noch einmal durchlesen.

Wir stellen uns diesen Herausforderungen, und wir haben in Schleswig-Holstein Unternehmen, die in ihrer Branche den Weltmarkt erobert haben, ob in der Brandschutzbranche oder auf dem Markt für Freizeitmobile, ob in der Medizin oder in der Sicherheitstechnik. Schon heute sind viele unserer Mittelständler Weltmarktführer. All diese Unternehmen zeichnet eines aus: Sie haben sehr früh die Chancen der Globalisierung für sich entdeckt.

Ich will Ihnen auch ein Beispiel nennen, nämlich die Firma ACO. Die Firma ACO Ahlmann wurde 1946 als kleines Betonwerk gegründet. Diese Firma hat ihre Stärken weiterentwickelt und sich auf die Märkte mit den höchsten Erfolgsaussichten konzentriert. Heute ist ACO Spezialist für Entwässerung und vieles mehr. Die Büdelsdorfer haben inzwischen fast alle Olympiastadien mit ihrer Entwässerungstechnik ausgestattet.

Wir bauen unsere Standortvorteile aus. SchleswigHolstein wird 2020 noch stärker in die Weltwirtschaft eingebunden sein. Wir können uns dagegen wehren. Wir können sagen: Wir wollen das nicht. Wir wollen die Globalisierung nicht. Mit denen, die so etwas sagen, kann ich gerne einmal in Nordstrand auf den Deich gehen, und zwar bei Ebbe. Ich kann dann sagen, ich will diese Ebbe nicht. Diese Ebbe wird aber kommen. Wenn ich kluge Politik mache, sorge ich doch dafür, dass ich das nutze, was wir haben. Man sollte Wattwanderungen machen, wenn kein Wasser da ist, und segeln, wenn es Wasser gibt.

(Beifall bei der CDU)

Auf den Märkten in Westeuropa, Amerika und Asien sind wir schon heute stark vertreten. Mittel- und Osteuropa bieten uns neue Absatzchancen, die es zu erschließen gilt. Die Landesregierung stärkt kleine und mittlere Unternehmen für die Herausforderungen der Globalisierung. Wir haben eigens eine breit gefächerte Mittelstandsoffensive auf den Weg gebracht.

Mit der Fehmarnbelt-Querung wird bis 2018 das größte Infrastrukturprojekt Nordeuropas vor unserer Haustür realisiert. Auch die Ostsee-Kooperation

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

wird in den nächsten Jahrzehnten ein zentrales Thema der Landespolitik bleiben. In den nächsten Monaten wird die Landesregierung ihre DänemarkStrategie mit einer Perspektive bis 2020 beschließen. Mit Russland und Polen gibt es auch im Osten potenzielle Wachstumsmärkte. Es ist also nicht so, dass wir uns nur auf das Sparen und auf die Verringerung von Ausgaben konzentrieren würden. Wir konzentrieren uns auf moderne Politik, die in die Zukunft gerichtet ist.

(Beifall bei der CDU)

Als Land zwischen den Meeren haben wir ein enormes Potenzial bei der Windenergie. Hier wollen wir weiter wachsen. Schleswig-Holstein ist der Schrittmacher der Windenergie. Bei uns stehen bereits 2.600 Windräder. Durch das Repowering bestehender Standorte und durch den Bau von Offshore-Parks haben wir noch ein enormes Wachstumspotenzial. Auch international ist Windtechnik aus Schleswig-Holstein ein echter Verkaufshit.

Wir bauen unsere Schwerpunkte weiter aus. Damit uns das gelingt, setzen wir auf exzellente Wissenschaft und Forschung.

Schleswig-Holstein hat sich als Standort für Gesundheitswirtschaft und Medizintechnik einen Namen gemacht. Die Gesundheitswirtschaft bietet 178.000 Menschen Arbeit und Zukunft. Damit sind wir auch heute schon das Bundesland mit dem höchsten Anteil an Beschäftigten in der Gesundheitswirtschaft. Mit der Initiative „Gesundheitsland Schleswig-Holstein“ verknüpfen wir Gesundheitswirtschaft und Gesundheitsforschung. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist das Protonentherapiezentrum hier in Kiel, das in Kürze eröffnet werden wird.

Meeresforschung und maritime Wirtschaft made in Schleswig-Holstein sind international anerkannt. Das Kieler IfM Geomar ist weltweit eines der TopInstitute. Wenn jemand von Ihnen etwas über die Veränderung lesen möchte, über die Sie lange diskutiert haben, dann lesen Sie darüber doch heute einmal in den „Kieler Nachrichten“, insbesondere den letzten Satz des Artikels über die neue Struktur beim IfM Geomar. Wir haben das Exzellenzcluster „Zukunft Ozean“, und auch für arabische Investoren sind wir als maritimer Standort interessant. Die schleswig-holsteinischen Werften bieten Hightech auf höchstem Niveau.

Meine Damen und Herren, die Stärkung von Wissenschaft und Forschung ist die Basis - da sind wir uns ja auch einig - für den Erhalt und den Ausbau des Wohlstands. Deshalb bauen wir unsere Einrich

tungen weiter aus wie das IfM Geomar, wie die Fraunhofer Einrichtungen für Marine Biotechnologie in Lübeck und für Siliziumtechnologie in Itzehoe. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für exzellente Forschung in Schleswig-Holstein.

Ich schließe an das an, was der Fraktionsvorsitzende Christian von Boetticher hier gesagt hat: Nur so bekommen Sie diese Vision in die Wirklichkeit übersetzt.

Unser Ziel ist es, die Exzellenzfähigkeit im Land zu erhalten. Deshalb unterstützen wir die CAU auf ihrem Weg zur Elite-Universität. Unsere Forschungsinstitute stehen für gut bezahlte Arbeitsplätze, für Wachstum und für Innovation. Ich will, dass wir als Land sagen können: Selbstverständlich steuern wir unseren Anteil zur Finanzierung bei. Gerade deshalb müssen wir endlich unsere Finanzen in Ordnung bringen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Wir werden weniger, wir werden älter. Die Gesellschaft wird auch bunter. Die Landesregierung weiß um die Risiken und Chancen, die sich aus dem demografischen Wandel für Schleswig-Holstein ergeben. Bildung wird dabei zum Schlüssel, mit dem wir die Chancen des Wandels nutzen.

Wir stellen jetzt die Weichen, weil wir in Zukunft früher, anders, länger und mehr lernen werden. Und weil wir früher lernen werden, stärken wir die frühkindliche Bildung. Insgesamt stellt das Land zusammen mit dem Bund, mit Bundesmitteln, bis zum Jahr 2013 rund 490 Millionen € für Krippenplätze und Kindertagesstätten bereit. Bereits in diesem Monat startet ein Modellprojekt zur frühen Förderung in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weil wir anders lernen werden, bekommen unsere Schulen mehr Freiheit. Sie können das gemeinsame Lernen mit weniger Schülern weitgehend selbstbestimmt gestalten. Wir setzen auf pädagogische Eigenverantwortung anstatt auf obrigkeitsstaatliche Gängelung, und wir bringen mehr Qualität an die Schulen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weil wir länger und mehr lernen werden, wird die Halbwertzeit unseres Wissens immer kürzer. Wir werden also immer weiter lernen müssen, ein Leben lang. Was in der Vorschule beginnt, hört im Berufsleben nicht auf. Wir wissen, dass im Jahr