Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens
Vereinbart worden ist, diesen Gesetzentwurf ohne Aussprache an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen!
Erste Lesung des Entwurfs eines Vorschaltgesetzes zur Neuregelung der Wahl der Landrätinnen und Landräte
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verweis auf geringe Wahlbeteiligungen ist für mich kein hinreichendes, geschweige denn ausschlaggebendes Argument zur Abschaffung der Direktwahl der Landräte. Es steht in der Demokratie den Bürgern frei, ob sie zur Wahl gehen. Gleichwohl: Nicht selten gibt es geringe Beteiligungen bei Landratswahlen, und dies sollte zumindest zu denken geben.
Was verbinden viele Bürger heute mit Landratswahlen? - Ein Desinteresse, jedenfalls zu kommunalen Sachthemen; Unklarheit über Aufgaben und Inhalte, auch in der Frage der Abgrenzung gegenüber den Kreistagen; die Verwaltungsbehörde ,,Der Landrat“, der ihnen unter diesem Briefkopf bei Hilfen, Bescheiden und Informationen im täglichen Leben begegnet ist; manchmal das Gefühl, wir haben noch einen Wahlkampf zu machen, von denen wir ohnehin schon zu viele haben.
,,Der Landrat“ - das ist Behörde, und deshalb gibt es gute Gründe, diese Entscheidung nicht wie andere Wahlen zu sehen, sondern sie mittelbar, also durch den Kreistag, erfolgen zu lassen. Die Direktwahl der Landräte hat nicht selten zu einer ,,Politisierung“ und zu einem ,,Sympathiewettbewerb“ geführt, manchmal auch zu Schmeicheleien und Ge
Es wird der Verwaltungschef in einem Kreis gewählt, nicht der Regierungschef. Johannes Petersen, langjähriger Kreispräsident und Vorsitzender des Landkreistages, hat zutreffend formuliert: „Zu großen Teilen hat der Landrat staatliche Weisungsaufgaben zu erfüllen, und er ist für einen Teil seiner Tätigkeit Untere Landesbehörde, also Teil der Staatsbehörde. Es ist völlig systemfremd, dass ein ausschließlich den Gesetzen verpflichteter Beamter sich einer politischen Wahl stellen muss. Das führt zu einer Politisierung des Amtes, was dem Amt eigentlich abträglich ist.“
Mitte der 90er-Jahre stand die Stimmung auch in Schleswig-Holstein auf mehr Bürgerbeteiligung. Mancher soll sogar gedacht haben: Wir brauchen ein Thema, die Schaffung der Direktwahl ist dafür gut.
CDU und SPD haben eine wechselvolle Geschichte zum Thema Direktwahl. Kollege Astrup, ich habe das Protokoll durchgelesen, Sie schwärmten seinerzeit noch von den 40.000 Mitgliedern, für die Sie im Lande sprechen könnten.
FDP und SSW hatten stets eine feste Position: die FDP für die Direktwahl, der SSW dagegen. Die Entscheidung des Landtags 1995, die Direktwahl einzuführen, war begleitet von einem Systemwechsel: Nicht mehr der Kreisausschuss hatte das entscheidende Sagen, sondern der Landrat wurde gestärkt.
Eines der Argumente war die sogenannte Professionalisierung - vor allem von der FDP vorgetragen. Tatsächlich wurde das Amt politisiert und politisch, nicht zuletzt, weil der Landrat vom Wählervotum abhängig wurde und wird. Der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Bernd Buchholz brachte das Kernproblem am 6. Dezember 1995 im Landtag auf den Punkt:
„Eine gleichzeitige Stärkung von Haupt- und Ehrenamt war und bleibt eine Quadratur des Kreises, die auch durch die Novelle nicht erreicht wird."
Richtig, genau darum geht es. Heute müssen wir feststellen: Die Balance im Verhältnis des Einflusses zwischen Ehren- und Hauptamt stimmt nicht mehr. Und dies ist der entscheidende Punkt: Wir wollen zurück zu einer Machtverteilung zwischen
Das Hauptamt ist immer stärker geworden. Der Landrat hat die Ressourcen Personal, Themengewichtung, Informationsfülle und Darstellung. Er kann sehr weitgehend aus eigener Tätigkeit und Einschätzung regieren; ich habe das Gefühl, manchmal sogar stärker als ein Regierungschef.
Kreise sind aber kommunale Vertretungen, in denen die Selbstverwaltung durch Haupt- und Ehrenamt gemeinsam auszuüben ist. Ehren- und Hauptamt tragen gemeinsam die Verantwortung. Deshalb ist die Veränderung des Kommunalrechts in Richtung Leitbild des alten Kreisausschusses mit Organstellung richtig.
Wir wollen das zeitlich so regeln, dass vor den nächsten Landratwahlen in Steinburg und Pinneberg Klarheit besteht. Deshalb ist auch ein Vorschaltgesetz notwendig. Zwei Lesungen in einer Landtagstagung - also heute und am Freitag -: Ich sage ein klares Ja. Dies ist - wie zuvor dargelegt vom Zeitablauf geboten.
Vor allem aber ist es so, dass wir über ein altes Thema sprechen, zuletzt 2006, als wir über den SSW-Antrag im Parlament beraten haben und ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung gegeben war, dann durch die Entscheidung des Koalitionsausschusses im Dezember 2007, im Herbst 2008 auf Landesparteitagen von CDU und SPD entscheiden zu lassen - es war also ein Jahr Zeit für erneut konkrete Diskussionen -, und drittens 1994/1995 durch die von mir dargestellten intensiven Debatten.
Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag hat sich seit den 90er Jahren durchgehend, zuletzt in einer Stellungnahme vom 4. September 2006, in einer Aussage an den Innen- und Rechtsausschuss des Landtages erklärt: Wir sprechen uns nach wie vor gegen eine Direktwahl der Landräte aus. Ausdrücklich wird auf entsprechende eindeutige Voten der Gremien verwiesen.
Wir werden 2009 ausreichend Zeit und Gelegenheit haben, über wichtige einzelne Punkte des Gesetzgebungsvorhabens mit dem Ziel der Stärkung des politischen Ehrenamtes zu sprechen: Wie genau soll die Zusammensetzung des Ausschusses sein, uns schwebt ein Kollegialorgan à la Kreistag vor, wer führt den Vorsitz, gibt es ein Stimmrecht des Land
Ist eine Differenzierung zu anderen Wahlen wie die der Bürgermeister zulässig? Auch hier sage ich ausdrücklich: Ja, angesichts unterschiedlicher Aufgabenstellungen. Diese Differenzierung ist im Übrigen gleichfalls keine Neuigkeit; sie wurde vor allem im Zuge der Diskussion über Veränderungen des Kommunalrechts Mitte der 90er-Jahre geführt. Seinerzeit schien es schon so, als sollten auch die ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister direkt gewählt werden. Es ist gut, dass es nicht so gekommen ist.
Bedeutet die Wahl des Landrates durch den Kreistag und nicht mehr durch die Bürgerinnen und Bürger nicht ein Weniger an Demokratie? - Das ist mancherorts die Sorge. Der langjährige SSW-Landtagsabgeordnete Karl Otto Meyer hat dazu in einer beachtenswerten Rede in diesem Haus am 26. Januar 1995 ausgeführt:
„Gemeinsam mit der SPD trat ich für Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid ein. Das tue ich immer noch. Aber ich habe von Anfang an gesagt: Die Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten will der SSW nicht.“
„Was soll die Gemeindevertretung, was soll die Stadtvertretung, was soll denn der Kreistag noch, wenn der Landrat mehr Kompetenzen bekommt, der Kreisausschuss und alle Ausschüsse mehr Kompetenzen bekommen, aber die Vertretung nicht?"
Ich danke Herrn Abgeordneten Werner Kalinka und erteile das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls.
Frau Präsidentin! Meinen Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben beschlossen, die Landrätinnen und Landräte künftig wieder durch die Kreistage wählen zu lassen. Im Zuge der dafür er
forderlichen gesetzlichen Änderungen wollen wir die Aufgabenzuweisungen auf Kreisebene insgesamt neu gewichten und die frühere Dreifaltigkeit der kommunalen Kreisorgane wiederherstellen.
Ein vom Kreistag gewählter und proportional zu dessen Sitzverteilung besetzter Verwaltungsausschuss, ähnlich dem früheren Kreisausschuss, soll künftig wieder die Funktion des verwaltungsleitenden Organs zwischen Kreistag und Landrat oder besser gesagt - neben Kreistag und Landrat übernehmen und damit zu einer erheblichen Stärkung des kommunalpolitischen Ehrenamts auf der Kreisebene beitragen. Im Hinblick auf die aktuell anstehenden Landratswahlen in den Kreisen Pinneberg und Steinburg wollen wir noch in dieser Landtagstagung in erster und zweiter Lesung ein Vorschaltgesetz zur Aussetzung von Wahlverfahren verabschieden, die sonst nach derzeitiger Rechtslage schon jetzt oder demnächst einzuleiten wären. Der dafür erforderliche Verwaltungsaufwand wird mit dem Vorschaltgesetz unnötig gemacht und braucht nicht geplant und produziert zu werden.
In einem zweiten Schritt werden wir uns dann etwas Zeit nehmen, die Neuaustarierung der Organzuständigkeiten auf Kreisebene bedarf sorgfältiger Prüfung und Abwägung. Wir werden uns dafür natürlich auch externen Sach- und Fachverstand einholen und die üblichen parlamentarischen Anhörungen im Fachausschuss durchführen.
Das müssen wir für das Vorschaltgesetz nicht tun, weil es dabei ausschließlich darum geht, Vorsorge dafür zu treffen, dass künftig alle Landratswahlen wieder von den ihrerseits direkt gewählten und selbstverständlich demokratisch uneingeschränkt legitimierten Kreistagsabgeordneten und nicht mehr durch die Bürgerinnen und Bürger selbst durchgeführt werden.
Dafür gibt es gute Gründe. Ich will - anders als der Kollege Kalinka an dieser Stelle - dann doch mit ein paar Sätzen auch auf die in den vergangenen zehn Jahren durchweg äußerst bescheidene Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Landratswahlen hinweisen.
Dass sich in Segeberg in diesem Jahr 48 % der Wahlberechtigten beteiligt haben, mag zum Teil auf den hervorragenden Wahlkampf unseres Kollegen Stritzl und meiner dort dann letztlich gewählten Parteigenossin Jutta Hartwieg zurückzuführen sein. Wahrscheinlicher dürfte indessen sein, dass gleich
zeitig am 25. Mai 2008 auch die Wahlen zu den Gemeinde- und Kreisvertretungen stattfanden, bei denen regelmäßig - jedenfalls noch - höhere Wahlbeteiligungen zu verzeichnen sind, die sich im Kreis Segeberg dann naturgemäß auch auf die gleichzeitigen Landratswahlen erstreckt haben. Unabhängig von gleichzeitig stattfindenden anderen Wahlen ist es nur in Plön 2005 mit 36,8 %, in Stormarn 2003 mit 33,3 % und in Lauenburg 2002 mit 32,7 % zu Beteiligungen über 30 % gekommen. In Dithmarschen waren es 2002 mit 12,3 % und in Steinburg noch 2006 mit nur 14 % sogar erschreckend schwache Wahlbeteiligungen.