Wenn die regierungstragenden Fraktionen hier einen Antrag stellen, dann gehe ich eigentlich davon aus, dass dieser Antrag vorher mit dem Minister abgestimmt wird, damit er darauf entsprechend antworten kann. Aber offensichtlich klappt die Kommunikation in den Reihen nicht so ganz. Wenigstens habe ich nichts davon gehört, wie sich beispielsweise die Entwicklung der Inanspruchnahme von Flächen für den Ausbau nachwachsender Rohstoffe mit dem Schwerpunkt Biokraftstoffe und Biogas in Schleswig-Holstein darstellt. Da gibt es ja Statistiken. Deshalb meine ich, es wäre besser gewesen, hier keinen mündlichen Bericht anzufordern, sondern einen schriftlichen Bericht, den wir dann auch anhand von Zahlen, die uns dann vorliegen, auch entsprechend diskutieren können. Die habe ich jetzt vermisst.
Beispielsweise wäre es ja auch möglich, dass der Landtag auf der Basis grundlegenderer Erkenntnisse mit dem ebenso schwierigen wie wichtigen Thema der Flächenkonkurrenz umgehen würde. Niedersachsen ist beispielsweise diesen Weg gegangen, indem es zunächst eine Studie zur steigenden Nachfrage auf den Energie- und Agrarrohstoff
märkten unter besonderer Berücksichtung der Konsequenzen für die niedersächsische Landwirtschaft, die Bodenmärkte und die Agrarpolitik in Auftrag gegeben hatte. Aber, meine Damen und Herren, Sie wissen: Niedersachsen hat aber auch einen Umwelt- und einen Wirtschaftsminister der FDP. Das spielt da sicherlich eine entscheidende Rolle.
Auch für Nordrhein-Westfalen liegt eine Kurzstudie zur Flächenkonkurrenz bei der weltweiten Bioenergieproduktion vor, und im April 2008 wurde der Bericht des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie und des RWI Essen zur Nutzungskonkurrenz bei Biomasse vorgelegt, übrigens erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.
Es mangelt also nicht an fachlichen Quellen. Ich würde mir wünschen, dass eine Auswertung dieser und anderer Quellen durch das zuständige Ministerium vorgenommen werden könnte, damit wir auf dieser Grundlage die Auswirkungen der Flächenkonkurrenz bei der Produktion von Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen fachlich diskutieren können. Selbst zehnminütige Redebeiträge auf der Grundlage eines mündlichen Berichts der Landesregierung ersetzen das nicht.
Meine Damen und Herren, bereits heute steht fest, dass in dem Maße, in dem die Bioenergie zunehmend an Bedeutung für die energetische Versorgung vieler Länder gewinnt, die Konkurrenz zu traditionell landwirtschaftlichen Produktionsweisen zunimmt. Und diese Bedeutung ist gewollt, seitdem die Regierungen der meisten Industrieländer das erklärte Ziel verfolgen, den Verbrauch an fossilen Energieträgern in den nächsten Jahren - trotz des seit Jahren rasant steigenden Weltenergiebedarfs drastisch einzuschränken. Aus guten Gründen wenn ich das hinzufügen darf.
Die Ressourcen sind bekanntermaßen begrenzt. Beim Erdöl beispielsweise ist bereits heute absehbar, dass eine Steigerung der Förderleistung nicht mehr möglich ist. Aber auch aus politischen Gründen ist eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und damit mehr oder minder unzuverlässigen Staaten wie Iran oder Venezuela nicht gewollt. Und schließlich sind es vor allem klimapolitische Gründe, die die Nachfrage nach Bioenergie steigern. Fossile Energieträger wie Kohle und Öl tragen wesentlich zum steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre bei, wobei ich jetzt nicht die theoretische Diskussion führen möchte, ob nicht auch die fossi
Was liegt da näher, als dass der Ruf nach Energie aus Biomasse immer lauter wird? Schließlich verfügen wir weltweit über ein gewaltiges Potenzial an Biomasse. Es gibt sogar vereinzelte Schätzungen, dass sich der gesamte Energiebedarf weltweit ausschließlich mit Biomasse abdecken ließe. Allerdings erscheint es mir mehr als fraglich, dass sich die dafür erforderlich Produktion unter akzeptablen ökonomischen und ökologischen Bedingungen realisieren lässt. Im Gegenteil, ich habe zum Teil schon heute Zweifel an den ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen, wenn viele Landwirte ihre traditionell landwirtschaftliche Produktion zugunsten der Produktion von Methangas oder zwecks Verbrennung von Biomasse aufgeben.
Insgesamt wollen wir im Agrarsektor zu mehr Markt kommen. Andererseits greifen wir schon wieder mit so vielen staatlichen Regelungen in diesen Markt ein, dass von Marktwirtschaft jedenfalls nicht die Rede sein kann. Auch Energie aus Biomasse müssen wir langfristig zu Wettbewerbsbedingungen produzieren und nicht der Subventionen wegen, jedenfalls wenn es uns ernst ist mit dem Abbau der schon viel zu lange währenden Subventionen.
Wichtig ist insbesondere, dass die Förderung künftig degressiv erfolgt, um Mitnahmeeffekte zu verringern. Statt vornehmlich die Produktion von Biomasse zu subventionieren, sollten wir umschwenken zu einer Subventionierung ihrer Verwertung, sprich: Wir sollten stärker Forschungsvorhaben fördern als nur den Anbau, wenn ich das an dieser Stelle einmal einfließen lassen darf.
Zurück zu den Landwirten: Bereits heute gibt es die Entwicklung vom Landwirt zum Energiewirt. Aus Sicht der Landwirte ist das nachvollziehbar, denn infolge der Konkurrenz zwischen Nahrungsund Futtermittelproduktion und der Produktion von Energiepflanzen sind die Preise für landwirtschaftliche Produkte wie Mais, Getreide oder Ölsaaten insgesamt gestiegen. Die angesprochene aktuelle Subventionierungspolitik beflügelt zusätzlich diesen Markt.
Nun betonen die Befürworter der Förderung des Energiepflanzenanbaus oder der Herstellung von Betriebsstoffen zwar gerne, dass sich eine Konkurrenz um Ackerflächen zwischen Lebensmittelund Energieerzeugung auf Basis von Agrarrohstoffen vermeiden lasse. Aber schon heute deuten die aktuellen Pachtpreise in eine andere Richtung.
Um die 700 € bis zu 900 € sind Energiewirte inzwischen bereit, pro Hektar Pachtfläche zu zahlen. Demgegenüber beziffert beispielsweise der BDM die Eigenlandentlohnung eines Milchviehhalters mit circa 250 €/ha. Da geht also eine Schere auf.
Die Flächenkonkurrenz wird sicher noch verstärkt, wenn man berücksichtigt, dass die Fläche, die für eine landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung steht, natürlicherweise begrenzt ist. Zwangsläufig geht daher jeder Hektar, der zur Herstellung von Biomasse verwendet wird, zulasten des Anbaus von Agrargütern aus Nahrungs- oder Futtermitteln, selbst wenn man berücksichtigt, dass derzeit noch zusätzliche Ackerflächen in begrenztem Umfang für die Ausweitung der Produktion zur Verfügung stehen, etwa weil sogenannte Stilllegungsflächen noch nicht vollständig für die dort erlaubte Produktion von nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt werden. Ich betone allerdings den begrenzten Umfang dieser Flächen. Bereits heute ist absehbar, dass eine Ausweitung der Flächen für die landwirtschaftliche Produktion in Deutschland, in Europa, aber auch in den anderen Industrieländern kaum noch möglich ist.
Das hat bereits intensive Bemühungen um neue Fruchtfolgen und Anbausysteme für Energiepflanzen hervorgerufen. In den letzten Jahren sind die züchterischen Anstrengungen, zum Beispiel um die Produktionstechniken für die Biomasseproduktion zu optimieren, ganz erheblich angestiegen. Die Entwicklung, bei immer kleinerer Fläche je Einwohner immer mehr Menschen je Hektar zu ernähren, ist bereits seit Jahren unumkehrbar. Diese Entwicklung wird noch weiter zunehmen.
Gleichwohl wird sich die Nachfrage nach Biomasse absehbar nicht durch die heimische Produktion befriedigen lassen. Wir werden in zunehmendem Maße auf Biomasse aus Entwicklungsländern zurückgreifen müssen, und zwar der Menge wegen, aber auch weil sich Biomasse zur Energieerzeugung in manchen Regionen der Welt kostengünstiger erzeugen lässt. Hier ergibt sich aber ein ganz gewaltiges Problem. Ich zitiere Seite 19 aus der Kurzfassung des Endberichts für das Bundeswirtschaftsministerium zur Nutzungskonkurrenz bei Biomasse:
„Zum einen würde dadurch die Existenz von Savannen und Tropenwäldern und damit die Biodiversität in tropischen Regionen gefährdet. Zum anderen würde … durch die Einhaltung der Biotreibstoffquoten für Biodiesel in Deutschland global sogar mehr Treibhausgase emittiert, werden als durch den Einsatz von Biomasse eingespart werden könnte.“
Es muss also unser Ziel sein, die zunehmende Nutzungskonkurrenz um Biomasse doch noch in den Griff zu bekommen. Einen Ansatz habe ich dafür bereits genannt, indem ich auf die Produktion von Energie aus Biomasse zu Wettbewerbsbedingungen hingewiesen habe. Überhaupt sollten wir das EEG durchaus noch einmal kritisch überprüfen, wie sich darin enthaltene Mitnahmeeffekte vermeiden lassen. Wir brauchen eine stärkere Förderung in Forschungsvorhaben, um eine bestmögliche Verwertung von Biomasse auch aus pflanzlichen Rückständen und Nebenprodukten sowie Abfällen besser zu ermöglichen.
Ja, ich komme gleich zum Schluss. - Aus Stroh, Gülle, Bioabfällen oder Rückständen bei der Holzerzeugung lässt sich noch viel mehr für Biomasse gewinnen.
Meine Damen und Herren, sowohl Klimaschutz als auch eine Verringerung der Abhängigkeit von anderen Energieträgern gebieten es, erneuerbaren Energien eine zentrale Rolle im Energiemix zuzuschreiben. Die FDP setzt sich deshalb für eine Energiegewinnung aus Biomasse ein. Aber wir dürfen das Flächenproblem nicht aus dem Auge verlieren. Wir müssen eine aus liberaler Sicht falsche Förderung dieser Energieträger vermeiden, wie sie aktuell durch das EEG erfolgt. Ich freue mich auf eine Beratung im Ausschuss, wie sie Frau Kollegin Rodust gefordert hat.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.
Frau Präsidentin! Herr Kollege Hildebrand, auch ich halte es für sinnvoll, sich im Ausschuss mit diesem Thema vertieft zu befassen, insbesondere wenn die von Ihnen erwähnten Fragen in schriftlicher Form beantwortet werden. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass nach meiner Kenntnis des parla
mentarischen Vorgangs ein mündlicher Bericht nicht automatisch in den Ausschuss kommt. Wir müssen uns also im Rahmen der Selbstbefassung damit beschäftigen.
Meine Damen und Herren, die Nutzung der Biomasse zur Energieerzeugung ist die älteste Form der Energiegewinnung. Schon die Neandertalerin saß in gemütlicher Runde mit Mann und Kind um ein prasselndes Holzfeuer, wärmte sich daran und bereitete Mahlzeiten zu.
- Ich hoffte, frauenpolitisch korrekt zu sein, Frau Kollegin, indem ich die Neandertalerin in den Mittelpunkt stellte und nicht den Herrn Neandertaler. Das müssen wir innerhalb der Fraktion noch einmal auf Korrektheit diskutieren.
Heute bildet die Nutzung der Biomasse ein wichtiges Standbein der regenerativen Energieerzeugung. Auf einem hohen technologischen Niveau im Wärmebereich wird Holz zwar auch noch als Scheitholz genutzt. In Landschafts- und Knickpflege wird es als Hackschnitzel unterschiedlicher Körnung gewonnen, und was Holzpellets sind, weiß heutzutage fast jeder. Damit können Heizungen vollautomatisch betrieben werden. Die neueste Entwicklung ist dabei, dass in Pelletfeuerungsanlagen mit einem dampfbetriebenen Lineargenerator gleichzeitig auch Strom erzeugt wird.
Das ist verglichen mit der Neandertalerzeit, Frau Kollegin Birk, natürlich ein großes Stück weiterentwickelt. Darauf wollte ich aufmerksam machen. Der Wirkungsgrad solcher Maschinen liegt bei 94 % und nicht, wie bei den heute üblichen Kondensationskraftwerken, bei 30 bis 40 %. Solche technologischen Entwicklungen wie den Lineargenerator wollen wir fördern und nicht Kohlekraftwerke, die die Elbe aufheizen.
Holz wird oft unterschätzt. Es enthält in einem Raummeter die Energiemenge von 220 l Heizöl. Der Vorteil von Holz wie auch von Biomasse im Allgemeinen liegt in der gezielten zeitlichen Verfügbarmachung von Energie. Das unterscheidet Biomasse positiv von anderen stochastisch verfügbaren erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Solarenergie, die eine unstete Energieerzeugung haben.
Biomasse ist schließlich gespeicherte Energie und kann als Ausgleichsenergie dienen. Das ist ja auch in jüngerer Zeit erfolgreich getestet worden. Durch
die Kombination von Biogasanlagen, Windmühle und Sonnenstrom konnte die Stromnachfrage, also die unterschiedlichen Tages-, Monats- und Wochenlastgänge, zu über 96 % durch regenerative Stromerzeugung abgebildet werden. Der Wirtschaftsminister, der jetzt gegangen ist, hatte vorhin in seiner Jungfernrede von großtechnischer Erzeugung von Elektrizität gesprochen. Das ist natürlich kein Selbstzweck. Der Grundstoffindustrie ist es als Strombezieher völlig egal, ob sie ihre großen Strommengen aus drei Großkraftwerken oder aus 1.500 dezentralen Kleinkraftwerken bezieht.
Mit der Biogastechnik kann jegliche Biomasse zu Biogas umgewandelt werden. Inzwischen kann dieses mit vertretbarem Aufwand auch zu Erdgasqualität aufbereitet werden. Man kann also damit alles machen, was Erdgas auch kann, zum Beispiel auch Kraftfahrzeuge betreiben.
Ein weiteres Verfahren zur Herstellung von Kraftstoffen ist das sogenannte Fischer-Tropsche-Verfahren, das bereits 1925 entwickelt, heute aber in moderner Form zur Herstellung von sehr hochwertigen synthetischen Kraftstoffen genutzt werden kann. Man redet daher auch von sunfuel oder synfuel.
Bei allen Vorteilen, die Biomasse auf der einen Seite bietet, vielfältige Nutzbarkeit, zeitliche Verfügbarkeit, Einsparung von Treibhausgasemissionen, stehen auf der anderen Seite gravierende Nachteile und ökologische wie soziale Zielkonflikte. Herr Minister, ich habe meinen Pkw auf Pflanzenölnutzung, also auf Nativölnutzung umgebaut. Der Liter Öl, den ich dort hineintanke, zum Beispiel Rapsöl, steht natürlich in unmittelbarer preislicher Konkurrenz zu 1,50 € in der Zapfsäule.
Der Hausmann, der sich ein Spiegelei braten und dazu Rapsöl verwenden will, befindet sich in einer Konkurrenzsituation. Seit Rückgang der Mineralölverfügbarkeit tritt hier eine direkte preisliche Konkurrenz auf, und das ist in der Landwirtschaft eine neue Situation, die ein gewaltiges Gefahrenpotenzial birgt. Das hat der Kollege Hildebrand ausgeführt.
Das Potenzial der Biomasse reicht nicht aus, um quantitativ den Bedarf des knapper werdenden Mineralöls zu decken. Es ist völlig klar, dass wir eine radikale Strategie weg vom Öl brauchen. Rohöl wird physikalisch knapp. Da hilft es wenig, dass der energiepolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in seinen Pressemitteilungen davon redet, das sei eine Spekulationsblase. Das ist, im Gegenteil, sehr gefährliches Gerede, weil damit suggeriert wird, dass nach dem Platzen der Spekulationsblase
womöglich wieder mit „normalen“ Preisen zu rechnen ist. Das ist ein sehr gefährliches Spiel, das dort betrieben wird. Ich empfehle die „Financial Times“ vom letzten Samstag zur Lektüre. Dort sagen zwei Artikel das völlige Gegenteil aus, dass es mit der Preisentwicklung weitergeht, dass das keine Preisabsprache bei den Future-Märkten ist und keine Vorratshaltung bei den Future-Märkten, und das sind die entscheidenden Kennzeichen von Spekulation. - So der Bericht an den amerikanischen Kongress.
Es ist auch ein gefährliches Spiel der Bundeskanzlerin, auf europäischer Ebene gegen die Begrenzung auf maximal 120 gTreibhausgasausstoß unserer Autos, wie von der Kommission vorgeschlagen, zu kämpfen. Das macht unsere Kfz-Industrie nicht zukunftsfähiger.
Wir dürfen doch nicht länger einen Transport von 80 kg Mensch und 2,1 t Blech, die wir durch die Gegend schieben, verbinden. Wir brauchen hoch effiziente Fahrzeuge, die 2 l oder weniger auf 100 km verbrauchen. Biogas reicht - wie gesagt quantitativ nicht. Wir müssen auf der Verbrauchsseite abrüsten.