Protocol of the Session on June 18, 2008

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Thomas Stritzl [CDU]: Stimmen denn die Zahlen, die ich genannt habe?)

Herr Stritzl, Ihre Regierung macht eine Eckwerteklausur und verkündet für das Vorwahljahr 2009 ein Zukunftsprogramm mit Mehrausgaben von 120 Millionen €, sagt aber kein einziges Wort, wie sie das finanzieren will. Das sollen Eckwerte sein?

Ich finde es ja schön, wenn Sie im Vorfeld von Wahlen endlich einmal die Forderungen der Opposition entdecken. Nur haben Sie vergessen: Als wir diese Forderungen nach mehr Lehrern und Kindergartenplätzen aufgestellt haben, haben wir Finanzierungsvorschläge gemacht.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Die haben Sie weit von sich gewiesen. Da haben Sie gesagt: Damit wollen wir nichts zu tun haben.

(Karl-Martin Hentschel)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sagen Sie doch einmal, wie Sie es finanzieren wollen! Wozu müssen wir angesichts von seit Jahren rückläufiger Fahrleistungen im Personenverkehr zusätzliche Millionen in neue Straßen stecken? Wozu leisten wir uns einen Wirtschaftsminister, der neuerdings mit der Spendierhose durchs Land fährt und die Verteilung einzelbetrieblicher Förderungsschecks wieder eingeführt hat?

(Johannes Callsen [CDU]: Das schafft Ar- beitsplätze!)

Wozu werden trotz sprudelnder Einnahmen der Bauern immer noch zwei Drittel aller Fördermittel für die Landwirtschaft aufgewandt, während andere EU-Länder längst umsteuern? Warum leisten wir uns in Schleswig-Holstein die kleinteiligste und teuerste Kommunalstruktur in allen Bundesländern?

(Zuruf von der CDU: Das stimmt ja gar nicht!)

Herr Wiegard, jetzt komme ich zu Ihnen.

(Heiterkeit)

Sie sind der Mann der ernsten und traurigen Miene.

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

Sie leiden geradezu unter den Zahlen. Ich nehme Ihnen das auch ab. Aber das nützt überhaupt nichts, wenn Ihnen die Kollegen im Kabinett und in den Fraktionen, die immer so dazwischen rufen, längst alles, bis aufs letzte Hemd, heruntergerissen haben.

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

In drei Wochen sollen Sie die Ergebnisse der Chefgespräche vorlegen, und ich prophezeie Ihnen: In drei Wochen werden Sie bei dem bleiben, was schon angekündigt worden ist, nämlich mindestens 600 Millionen € Neuverschuldung. Das letzte Hemd ist weg. Die Sanierung steht in den Sternen.

Meine Damen und Herren, diese Große Koalition hier im Lande hat nichts bewegt. Im Gegenteil: Die Beharrungskräfte addieren sich. Sie sind sich nur noch im Mehr-Geld-Ausgeben einig, weil Sie Angst vor den Wählern haben.

Diese Große Koalition hat ihre Aufgabe erfüllt. Deswegen muss sie weg - lieber heute als morgen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Dr. Johann Wadephul, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dieser Rede des Kollegen Hentschel muss man eine Rede gegen das Vergessen halten.

(Beifall und Heiterkeit bei CDU und FDP)

Denn in der letzten Regierungszeit haben nicht nur Sozialdemokraten, sondern auch Grüne hier Verantwortung getragen. 8 Milliarden € an neuen Schulden in der Regierungszeit von 1996 bis 2005 machen 360 Millionen € an Zinsen, die wir jetzt bezahlen müssen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die meisten unter eurem Koalitionspartner!)

Herr Kubicki, man muss sich ja immer die Frage stellen, wer sich hier wie hinstellt. Und wenn sich der Kollege hier hinstellt, als wenn er mit all dem hier nichts zu tun gehabt hätte, dann merken die Bürgerinnen und Bürger das. Das werden wir ihnen im Übrigen auch sagen. Das ist Ihre Verantwortung für Finanzpolitik in dieser Zeit, und das werden wir allen sehr deutlich sagen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn Sie auf das Jahr 2004 zu sprechen kommen, müssen Sie berücksichtigen, dass gerade im Jahre 2004 Sonderausschüttungen und Verkäufe einen erheblichen Anteil an dem Abschluss hatten. Es sind allein 1996 bis 2005 - Ihre Regierungszeit 1,42 Milliarden € durch die Veräußerung von Liegenschaften, LEG, Lotto und Landesbank erwirtschaftet worden, was den Blick auf die wirkliche finanzpolitische Lage verstellt hat. Unter Berücksichtigung dessen wäre der Abschluss 2004 richtigerweise mit 1,175 Milliarden € zu veranschlagen gewesen und hätte sich auf dem Vorjahresniveau bewegt. Das heißt, Sie haben in dieser Zeit überhaupt nichts bewegt. Sie haben seit 1996, seitdem Sie Mitverantwortung in der Landespolitik trugen, nicht einen einzigen verfassungsgemäßen Haushalt verabschiedet. Wer in solcher Lage ist, sollte hier schweigen.

(Beifall bei CDU und FDP - Günter Neuge- bauer [SPD]: Das ist falsch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben dabei zu berücksichtigen - - Herr Kollege Neugebauer vergisst es noch immer wieder: Wir sind

(Karl-Martin Hentschel)

gemeinsam in einer Großen Koalition. Dabei ist es regelmäßige Übung, dass man sich parlamentarisch unterstützt. Aber das bin ich aus meinem Wahlkreis gewohnt, lieber Kollege Neugebauer,

(Beifall bei CDU und FDP)

dass ich unsere Koalitionsarbeit teilweise allein vertreten muss. Aber das gehört nicht hierher.

(Heiterkeit bei CDU und FDP)

Das müssen wir, das ist die Wahrheit. - Wir haben bei der Aufstellung dieses Haushalts auch erhebliche Altlasten zu bewältigen. Allein das Thema Vorgriffsstunde: 32,5 Millionen € sind hier ab dem Schuljahr 2009 zurückzuzahlen. Das darf ich auch einmal sagen: Das hat natürlich etwas mit Schülerzahlen, die in den 90er-Jahren und zu Anfang dieses Jahrzehnts höher gewesen sind, als sie im nächsten Jahrzehnt sein werden. Deswegen hat man diese Maßnahme damals ergriffen. Aber es ist natürlich eine Maßnahme auf Pump gewesen, und sie muss jetzt zurückgezahlt werden. Wir machen das in verantwortungsvoller Art und Weise.

Wer aber in dieser Art und Weise auf Pump gelebt hat, Herr Hentschel, darf sich hier und heute nicht hinstellen und uns einer mangelnden Sparpolitik bezichtigen. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir zahlen das zurück, was Sie ausgegeben haben, lieber Herr Hentschel. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei CDU und FDP)

In der Lage einen verfassungskonformen Haushalt sowohl für 2009 als auch für 2010 zu gestalten, das ist ein tolles Ziel. Das ist eine tolle Erklärung des Kabinetts, für die ich mich nur ganz herzlich bedanken kann und Unterstützung zusagen kann. Sie wissen, dass die CDU-Fraktion im vergangenen Herbst dieses Ziel formuliert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade Grüne sollten doch über Nachhaltigkeit etwas anders nachdenken als vielleicht andere Parteien. Sie haben doch gerade in der Umweltpolitik diesen Gedanken, wenn ich das vielleicht noch zu Ende formulieren darf, Herr Kollege Hentschel, in die politische Diskussion des Landes eingebracht, dass wir eben heute nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben dürfen. Der Gedanke ist doch richtig. Er gilt aber nicht nur in der Umweltpolitik, er gilt erst recht, wo es um Staatsfinanzen geht, wo unsere Kinder und Enkel das zurückzahlen müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich stehe gern zu meiner Verantwortung. Aber wenn Sie schon die Zahlen der letzten Legislaturperiode und der jetzigen ansprechen, frage ich Sie: Stimmt es denn nicht, dass in der letzten Legislaturperiode und davor jedes Jahr Stellen abgebaut worden sind und, seit Sie an der Regierung sind, neue Stellen geschaffen worden sind?

Das ist falsch, Herr Kollege, das wissen Sie auch. Sie kennen das Stellenreduzierungsprogramm der Landesregierung. Wir sind übrigens sehr dankbar dafür, wenn Sie in Einzelfällen auch dafür eintreten und uns sehr konkrete Vorschläge machen, wo wir noch mehr Stellen einsparen können. Das gilt übrigens auch für den weiteren Katalog der Maßnahmen, den sich die Landesregierung vorgenommen hat.

Es ist vollkommen richtig, hier etwas für die folgenden Generationen zu machen. Es ist richtig, das im Bereich U 3 zu tun; es ist richtig, etwas bei der Kindergartenpolitik zu tun. Wir haben uns gemeinsam ein beitragsfreies Kindergartenjahr vorgenommen. Jeder fordert das von uns. Ich kann jede Menge schulpolitische Debatten - auch aus der letzten Landtagstagung hier - nennen, in denen Redner aller Fraktionen die Große Koalition aufgefordert haben, im Bereich der Schulpolitik mehr zu machen. Kaum tun wir es, kaum reagieren wir auf den Run in Richtung Gymnasien, und kaum reagieren wir darauf, dass man sich sehr viel schneller auf das neue Schulsystem Regional- und Gemeinschaftsschulen umstellt - wir denken über neue Stellen nach und wollen sie dort auch zuweisen -, da schreit die Opposition: Nein, das ist nicht verantwortungsvoll!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihre Reden in der Schulpolitik müssen mit Ihren Reden in der Finanzpolitik zusammenpassen, sonst sind Sie unglaubwürdig.

(Beifall bei der CDU - Zuruf des Abgeordne- ten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Deshalb ist es richtig, dass wir an der Stelle miteinander etwas tun.

Letzten Endes müssen wir das, was wir hier gemeinsam vorhaben - insofern freue ich mich auch

(Dr. Johann Wadephul)