Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist eine interessante Debatte. Sie ist allerdings, lieber Wolfgang Kubicki, nicht so ganz einfach schwarz oder weiß oder auch blau oder gelb, wie Sie sie versucht haben darzustellen. Ich habe aber auch Verständnis dafür, dass das so ist.
Zu dem Beitrag des Kollegen Hentschel möchte ich nur sagen: Wenn wir im vergangenen Jahr 500 Millionen € neue Schulden gemacht haben, dann haben wir sie machen müssen, weil wir fast 1 Milliarde € Zinsen für Schulden zahlen mussten, die nicht in unserer Regierungszeit entstanden sind, sondern in der Zeit, in der Sie hier überwiegend nicht dafür gesorgt haben,
dass sich Wachstum in Schleswig-Holstein breitmachen konnte. Wir befinden uns deshalb in einem großen Abstand zu anderen Ländern. Das hätten wir gern anders gesehen.
Aber ich möchte zur Sachdiskussion doch insoweit beitragen, lieber Wolfgang Kubicki, indem ich noch einmal auf die Diskussion, die wir hierzu geführt haben, verweise. Schleswig-Holstein hat in der Finanzministerkonferenz, im Finanzausschuss des Bundesrates und im Bundesrat selbst einen Antrag an die Bundesregierung gerichtet - ich zitiere wörtlich -, „die im Entwurf vorgesehene Regelung zu Entfernungspauschale auf ihre Verfassungsfestigkeit, insbesondere hinsichtlich der Kappungsgrenze von 20 Entfernungskilometern sowie der Einhaltung des steuerlichen Nettoprinzips zu prüfen“. Das haben wir in allen drei Organen erbeten. Der Bundesminister der Finanzen hat in allen Diskussionen nach - wie er uns übermittelt hat - sorgfältiger Prüfung ausdrücklich die Verfassungsfestigkeit bestätigt. Da steckt das eigentliche Problem. Ich wundere mich über manche Äußerung, die heute aus dem Bundesministerium der Finanzen zu dieser Frage kommt.
Wir haben - weil es natürlich darum ging, etwa 2,5 Milliarden € zu erwirtschaften, an denen Schleswig-Holstein mit etwa 34 Millionen € beteiligt ist - eine Reihe von alternativen Vorschlägen diskutiert, beispielsweise die Frage, die Sie gestellt haben, die ich allerdings in der Dimension, wie Sie sie in Ihren Antrag eingebaut haben, verneinen will. Wir haben zusätzlich darüber diskutiert, ob wir den Arbeitnehmerpauschbetrag verändern.
Und wir haben insbesondere darüber diskutiert - ich darf an eine Diskussion erinnern, die wir hier zur Kfz-Steuer und zur Entfernungspauschale im Jahr 2003 geführt haben -, ob es nicht richtiger ist, zur alten Kilometerpauschale zurückzukehren, in der wir die Anrechnung von Pauschbeträgen bei der Kfz-Nutzung oder aber der tatsächlich entstandenen Kosten im öffentlichen Personennahverkehr ermöglichen und nicht ein pauschales Entfernungsentgelt, obwohl möglicherweise überhaupt keine Kosten entstanden sind. Das ist das Paket, über das wir gesprochen haben.
Klar ist - das ist in der Diskussion auch deutlich geworden -, dass meine Position, Herr Kubicki, nicht anders sein kann als die, die ich vor einer Woche
Denn ich glaube nicht, dass hier jemand bereit ist, einen Kredit dafür aufzunehmen, eine solche Veränderung umzusetzen. Deshalb werden wir im Laufe des Beratungsverfahrens miteinander darüber reden müssen, auf welche Weise wir zu einem Ausgleich für eine solche Entlastung kommen, die an dieser Stelle eintritt.
Sie wird mit Sicherheit nicht auf die Weise gelöst werden können, wie sie im Antrag der Grünen enthalten ist. Denn da ist die nächste Verfassungsklage vorprogrammiert,
weil es sich ebenfalls um Kosten handelt. Aber wir werden in diesem Zusammenhang über andere Entlastungsmöglichkeiten reden müssen.
Immerhin geht es um ein Volumen von etwa 34 Millionen €. Das ist übrigens so viel - daran darf ich erinnern -, wie wir benötigen, um das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung beitragsfrei zu stellen.
Wir haben bei diesem Verfahren die berechtigten Interessen derjenigen, die hier betroffen sind, weil sie einen Arbeitsweg zurückzulegen haben, wie auch die Sicherstellung der Finanzierung der staatlichen Aufgaben gleichermaßen zu berücksichtigen. Das werden wir tun.
Ich glaube, dass der Bund eine große Chance hat, insbesondere wenn man die Diskussion der letzten 14 Tage verfolgt. Denken wir an die Summierung der steuerlichen Probleme, die sich um dieses Thema ranken. Damit meine ich auch die Frage der Kfz-Steuer, der Umstellung auf eine Schadstoffausstoßsteuer, die Frage der Mineralölbesteuerung, der zusätzlichen Energiesteuer auf Mineralöl. In diesem Komplex hat der Bund eine große Chance, dieses Thema jetzt völlig neu zu ordnen, indem er die Kfz-Steuer an sich zieht, den Ländern einen Ausgleich gewährt und damit die Möglichkeit hat, über alle steuerlichen Belange im Verkehrsbereich
in alleiniger Verantwortung zu entscheiden. Wenn man das jetzt vernünftig bündelt, sind wir auf einem guten Weg.
Ich danke dem Minister und erteile das Wort für einen Kurzbeitrag Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich habe jetzt eines nicht so richtig verstanden: Wie ist Ihre Verhaltensweise, wenn es zu diesem Beschluss kommt und die Pendlerpauschale - ich sage das jetzt vereinfacht - wieder eingeführt werden soll und das auf andere Art und Weise nicht kompensiert werden kann? Führen Sie diesen Beschluss aus, oder wie verhalten Sie sich? Das ist mir eben nicht deutlich geworden.
Herr Kollege, ich habe fast befürchtet, dass Sie das nicht verstanden haben. Deshalb bin ich gern bereit, nochmals beim vierten Satz zu beginnen, den ich vorhin ausgeführt habe. Ich hatte dargelegt, dass wir wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken, die Schleswig-Holstein geltend gemacht hat, bereits im laufenden Verfahren darüber diskutiert haben ich habe Ihnen vier Beispiele genannt -, wie wir auf eine andere Weise als die, die der Bund gewählt hat - der Bund hat sie gewählt -, den Betrag von 2,5 Milliarden € erwirtschaften können. - Jetzt nicken Sie plötzlich. Vorhin haben Sie gesagt, Sie haben es nicht verstanden.
- Herr Kubicki, wenn der Bund das nicht macht, dann möglicherweise auch nicht das, was wir hier wollen. Wir sind schon in einem gemeinsamen Verfahren, in dem wir zunächst einmal einen Entwurf der Bundesregierung benötigen oder einen Entwurf, der eine Mehrheit im Bundesrat findet. Das ist das normale Verfahren. Dabei wird man über die Aus
gleichsmechanismen zu beraten haben, die notwendig sind, um entstehende Mindereinnahmen auszugleichen. Beispiele für die Diskussion habe ich genannt. Sie werden Bestandteil sein, wie wahrscheinlich noch ein paar andere, die vielleicht jedem noch einfallen. Hier sind Ihrer Kreativität überhaupt keine Grenzen gesetzt.
Nachdem die Landesregierung nach Ablauf der festgesetzten Redezeit das Wort erhalten hat, ist die Aussprache wieder eröffnet. - Ich erteile zunächst dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Abgeordneten Dr. Johann Wadephul, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Punkt des Kollegen Sauter zurückkommen und in Erinnerung rufen, dass wir bei Anerkennung der Haushaltsproblematiken, die angesprochen worden sind - völlig zu Recht - und die wir im Blick haben müssen, nicht den Eindruck erwecken sollten, als hätten wir die Sache in der Hand. Wir reden über Verfassungsrecht. Wir reden über grundlegende steuerrechtliche Fragen.
Die entscheidende Frage, die hier zugrunde liegt, ist - das kann man auch mit normalem Menschenverstand nachvollziehen -, dass der Staat nur das versteuern darf, was der Erwerbstätige von seiner Arbeitsleistung wirklich übrig hat. Die Aufwendungen, um den Arbeitsplatz zu erreichen, müssen von dem Erwerbseinkommen abgezogen werden. Das ist bei der Entfernungspauschale, wie wir sie jetzt haben, beziehungsweise bei der reduzierten Absetzbarkeit ab dem 21. Kilometer nicht berücksichtigt worden. Dazu gibt es maßgebliche verfassungsrechtliche Stellungnahmen, jetzt auch des höchsten Finanzgerichts der Bundesrepublik Deutschland.
Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen: Das wussten wir vorher. Die Bedenken der Landesregierung sind deutlich gemacht worden. Der Finanzminister hat das gesagt. Nur werden wir bei den Bürgerinnen und Bürgern auch dann keine Glaubwürdigkeit erreichen. Wenn absehbar ist, dass eine derartige Regelung verfassungsrechtlich nicht mehr in Ordnung ist, dann sollten Parlamente an dieser Stelle die Ehrlichkeit und die Traute besitzen zu sagen: An dieser Stelle haben wir etwas normiert, was verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht gerecht wird. Dann korrigieren wir uns und geben den Bürgern zurück, was den Bürgern gehört.
- Herr Kollege Hentschel, vielleicht versuchen Sie, Ihr Gebrüll etwas zurückzustellen und den Gedankengang mit zu verfolgen.
Zu dieser Frage gehört auch, dass die Höhe dieser Pauschale nicht völlig in das Belieben des Gesetzgebers gestellt ist. Vielmehr ist sie ein Äquivalent zu den Kosten, die pro Kilometer entstehen. Damit sollten Sie sich einmal auseinandersetzen. Deshalb können Sie die 30 ct, die schon lange nicht mehr den Kosten für einen Pkw-Kilometer entsprechen, nicht, wie Sie in Ihrem Änderungsantrag vorgeschlagen haben, beliebig auf 15 ct oder 20 ct reduzieren. Denn das entspräche nicht im Ansatz den Kosten, die die Bürgerinnen und Bürger haben, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Das müssen wir an dieser Stelle auch berücksichtigen.
(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist es mit dem Ar- beitszimmer der Lehrer? Das ist auch gestri- chen worden!)
Wenn wir das zusammennehmen, können wir sagen: Wir haben an erster Stelle vom höchsten Finanzgericht der Bundesrepublik Deutschland eine Stellungnahme, die besagt, es wird an dieser Stelle verfassungsrechtlich nicht gehen. Wenn wir dann an zweiter Stelle aus unterschiedlichen Gründen eine Erhöhung der Kosten für Mineralöl haben, sowohl des leichten Heizöls, was viele Menschen trifft, als auch der Treibstoffe für Pkws in einem Umfang, dass - der Kollege Kubicki hat darauf hingewiesen - es mittlerweile für den berühmten Otto Normalverbraucher zum Luxus wird, einen Wochenendausflug zu unternehmen, dann muss das in eine politische Bewertung der Gesamtlage eingehen.
Deshalb muss man ehrlicherweise sagen: Es ist so, dass die Steuermehreinnahmen des vergangenen Jahres, die wir alle miteinander erfreut zur Kenntnis genommen haben, die sowohl Bund, Länder als auch Kommunen betreffen, damit zu tun haben, dass wir bei der Erhöhung der Mineralölpreise