Protocol of the Session on February 29, 2008

Sehr geehrter Herr Kollege Austermann, Sie stellen sich damit - das ist das eigentlich Problematische eindeutig gegen den Beschluss des Landtages aus dem vergangenen Jahr.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Der Finanzausschuss hat nach der - ich will das einmal vorsichtig formulieren - suboptimalen Vergabe des Netzes Ost eindeutig klargemacht, dass das Land bei weiteren Vergaben zu echten Ausschreibungsverfahren zurückkommt. Herr Minister Austermann, genau daran haben Sie sich zu halten!

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Denn ein erneutes Fiasko wie bei der Vergabe des Netzes Ost wollen wir hier nicht noch einmal erleben.

Kollege Callsen, es rettet Sie, dass das für den Landeshaushalt möglicherweise positiv ist, es ändert aber nichts daran, dass der Wirtschaftsminister sich nicht an ein Verfahren gehalten hat, das dieser Landtag hier einstimmig beschlossen hat. Darum geht es zunächst einmal.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Weder will ich, dass ein zuständiger Minister im Nachhinein sich für die DB AG entscheidet, weil er einen angeblichen Rechenfehler des Konzernes akzeptiert, und zwar vier Wochen nach Abschluss der Bewerbungsfrist. Noch will ich, dass ein Ministerium oder eine Einrichtung des Landes Bewertungen von eingereichten Angeboten vornimmt und denjenigen, der das Angebot abgegeben hat, auf Fehler hinweist, damit er sein Angebot nachbessern kann. Ich will im Übrigen auch kein ausschließlich auf die DB AG zugeschnittenes Scheinvergabeverfahren.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn sich jetzt der Wirtschafsminister hinstellt und erneut verkündet: Wettbewerb ist gut, Direktvergabe ist besser, dann ist es offenkundig notwendig, dass wir im Landtag erneut feststellen, dass wir alle zusammen der Auffassung sind, dass der Wettbewerb bei der Vergabe von Schienenverkehrsleistungen in Schleswig-Holstein erhalten bleiben muss.

Das kann jede Kollegin und jeder Kollege feststellen, egal wie viel Zentimeter sie oder er an Körperhöhe misst.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg. Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Olaf Schulze. - Meine Kriterien bei der Wortverteilung werden nicht bekannt gegeben werden.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ganz in Ordnung, dass es nach der

Größe geht, es wäre dann allerdings schön, wenn demnächst auch die Größeren anfangen dürften.

Lieber Kollege Arp, es ist korrekt, ich bin noch nicht so lange dabei wie Sie. Aber fünf Jahre davor - wenn ich dass richtig sehe und nachgelesen habe hat es einen einstimmigen Beschluss des Landtages zu FLEX gegeben, dem Sie auch zugestimmt haben.

(vereinzelter Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allen war auch klar, welche Risiken dabei bestehen. Das dann als Negativbeispiel hinzustellen, ist problematisch. Ich unterstelle es Ihnen und dem Hohen Haus, dass es gewusst hat, was es tut. Von daher sollte man dieses Beispiel nicht unbedingt so leichtfertig in den Raum stellen.

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich bereits im Zusammenhang mit der Vergabe des Bahnnetzes Ost für ein offenes Vergabeverfahren ausgesprochen. Das Bahnnetz Ost wurde im vergangenen Jahr nach einem Interessenbekundungsverfahren an die DB Regio vergeben. Der Finanzausschuss hat ausweislich des Ausschussprotokolls vom 30. August 2007 auch mit Stimme der FDP den Wirtschaftsminister ermächtigt, auf Grundlage des in Verhandlungen erzielten Ergebnisses mit der DB Regio AG einen Verkehrsvertrag abzuschließen.

Dass dabei ein positives Ergebnis - ich nenne hier nur als Stichworte eine Reduzierung der Ausgleichszahlungen um 20 Millionen € und den Einsatz neuer, moderner Waggons - erzielt wurde, ändert nichts an unserer grundsätzlichen Auffassung: Die Vergabe von Bahnstrecken ist schon seit Jahren Grundlage des erfolgreichen öffentlichen Personennahverkehrs in Schleswig-Holstein. Wir haben durch Vergabeverfahren bereits wichtige Projekte vorangebracht und wollen uns aus dieser Praxis nicht verabschieden,

(vereinzelter Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern uns weiterhin für echten Wettbewerb bei den Dienstleistungen des Bahnbetriebs einsetzen. Dies gilt insbesondere selbstverständlich auch für die Ausschreibung des Teilnetzes Nord und des Netzes Mitte.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der einstimmige Beschluss des Landtages vom November 2007 - ich zitiere

(Dr. Heiner Garg)

„Der Landtag erwartet, dass Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr uneingeschränkt im Wettbewerb vergeben werden, und schließt sich der Empfehlung des Landesrechnungshofs an, künftig wieder Ausschreibungen und Vergaben aus Gründen der Rechtssicherheit nach bewährten kartellvergaberechtlichen Grundsätzen durchzuführen.“

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

eingehalten wird. Ich freue mich auf die Diskussion im Wirtschaftsausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Olaf Schulze. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Bei der öffentlichen Ausschreibung und bei der Vergabe der Bedienung von Schienenstrecken hat Schleswig-Holstein bundesweit die Nase vorn. Durch die Vergabe im Wettbewerb konnten Kostensenkungen in Millionenhöhe realisiert werden. Die Finanzspielräume wurden genutzt, um die Angebote auszuweiten und um die Qualität des schienengebundenen Personennahverkehrs zu verbessern. Neue Haltepunkte wurden eingerichtet. Die Nutzerzahlen der regionalen Schienenverkehre wurden um 20 % gesteigert. Das soll ein anderes Bundesland erst einmal nachmachen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese erfolgreiche Bahnpolitik zusammen mit der SPD umgesetzt haben. Dies fand auch Unterstützung bei der CDU und bei der FDP. Hier im Hohen Haus herrschte diesbezüglich Konsens.

Die Anteile am Regionalverkehr in SchleswigHolstein verteilen sich seit Dezember 2005 auf fünf Eisenbahnverkehrsunternehmen. Die Regionalbahn der DB AG hat dabei einen Anteil von 56 %, die Nord-Ostsee-Bahn hat einen Anteil von 29 %, die Schleswig-Holstein Bahn hält 4 %, die NordBahn hält 3 % und die AKN hält einen Anteil von 9 %. Diese Zahlen spiegeln einen lebendigen Wettbewerb wider, wie wir ihn wollen.

Im Jahr 2007 hat das Interessenbekundungsverfahren für das Schienennetz Ost im Landtag und in der Öffentlichkeit zu heftigen Diskussionen ge

führt. Die ursprüngliche Vergabeentscheidung zugunsten der DB AG musste vom zuständigen Ministerium einkassiert werden. Ausschreibung und Verfahren wurden wiederholt. Bis zuletzt war unklar, was das gewählte Verfahren eigentlich war. War es eine Ausschreibung oder war es eine Interessenbekundung mit anschließender Direktvergabe? Auf jeden Fall kann der Landtag kein Interesse daran haben, sich noch einmal mit solch einem Kuddelmuddel befassen zu müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

In den anstehenden Ausschreibungen für die Bedienung der Netze Nord und Mitte sollte unbedingt das bewährte Verfahren der europaweiten Ausschreibung genutzt werden. In einem Artikel des „Hamburger Abendblatts“ vom 7. Februar 2008, das bereits zitiert wurde, wird der Minister wie folgt zitiert:

„Wettbewerb ist gut, Direktvergabe ist besser.“

Der Mann hat nichts gelernt.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gerade aufgrund solcher Äußerungen des Ministers sollte der Landtag klarstellen, dass er eine echte Ausschreibung und mehrere Wettbewerber wünscht. Die Stückelung sollte auch kleineren Wettbewerbern Chancen bieten. Weiterhin sollte aus Sicht der grünen Landtagsfraktion geprüft werden, ob eine gemeinsame Ausschreibung der Netze Nord und Mitte sinnvoll ist. Hier könnte auch eine Ausschreibung in Teillosen erfolgen. Die gewählten Netzausschnitte können für Synergien mit anderen Streckenbedienungen genutzt werden. Der gemeinsame Oppositionsantrag steht hier zur Abstimmung und will das bewährte Verfahren der öffentlichen europaweiten Ausschreibung anwenden. Wir sind sehr gespannt, wie sich insbesondere die CDU verhalten wird. Wird sie pro Austermann und Mehdorn oder für echten Wettbewerb stimmen? Vor allem die SPD-Fraktion kann die guten Ergebnisse der rot-grünen Bahnpolitik in Schleswig-Holstein nicht einfach wegwischen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist auch Ihre Bahngeschichte, das ist die gemeinsame Bahngeschichte hier im Hohen Haus. Wir sind nicht der DB AG verpflichtet, sondern unserem Land.

(Olaf Schulze)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Matthiessen. - Für die Landesregierung hat nun Herr Wirtschafts- und Verkehrsminister Dietrich Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die letzte Bemerkung, dass derjenige, der dem Land verpflichtet ist, natürlich dafür sorgt, dass das Land möglichst wenig Geld für viele gute Leistung ausgibt, hat mich nicht getroffen, obwohl sie mich wahrscheinlich treffen sollte. Alle haben sich über das Thema Größe unterhalten. Ich sage dazu: Drei kleine Anträge machen noch keinen großen Antrag. Der Antrag, der heute vorgelegt worden ist, geht fehl. Er geht in die falsche Richtung. Ich will Ihnen das anhand einer Bilanz der tatsächlichen Situation in Schleswig-Holstein und den Wettbewerb in Schleswig-Holstein im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs erklären.

Wir hatten inzwischen 15 Verfahren. Davon wurden drei im Wettbewerb vergeben. Die restlichen Verfahren setzen sich aus Verhandlungsverfahren, einem nicht offenen europaweiten Verfahren, einer Preisanfrage, einer freihändigen Vergabe und so weiter zusammen. Es gibt also eine Fülle von Verfahren. Wenn man diese addiert, dann sieht man, dass etwa ein Viertel der gesamten Strecken im Wettbewerb vergeben worden ist.

Die Qualität hat sich insgesamt verbessert. Die Preise sind vernünftig eintaxiert worden, das will ich überhaupt nicht bestreiten. Die Behauptung aufzustellen, dass wir allein aufgrund des Wettbewerbs die heutige Situation haben, ist aber falsch. Auch ich bestreite nicht, dass Wettbewerb gut und richtig ist. Er ist ein wesentliches Element der Marktwirtschaft. Deshalb ist er richtig und wird auch von mir unterstützt. Es ist hier mehrfach - insbesondere von Herrn Abgeordneten Arp - gesagt worden, dass die Bundesgesetzgebung und die EU-Verordnung vorsehen, dass direkt vergeben werden kann.

Ich habe neulich im Wirtschaftsausschuss gesagt, dass für das Netz Nord, das zurzeit von fünf verschiedenen Unternehmen betrieben wird, von mir eine Veränderung des Verfahrens in der Weise angedacht wird, dass ich sage, wir wollen überlegen, ob wir mit den Unternehmen, die das Netz jetzt unterhalten, zu bestimmten Konditionen eine Eini

gung erzielen können. Dahinter steht der Gedanke, dass wir begrenzte Regionalisierungsmittel haben. Das heißt, dass der Betrag, den ich für den Schienenpersonennahverkehr ausgeben kann, nicht nach oben offen ist. Je nachdem wie der Wettbewerb ausfällt, sind die Mittel durch die Zuweisung des Bundes begrenzt. Ich muss also sehen, wie ich im Rahmen dieser Mittel zurechtkomme, um den Schienenverkehr optimal auszugestalten.