Protocol of the Session on September 1, 2005

(Zuruf: Das ist ein Fachbegriff!)

Falsch ist Ihre Aussage, man entbürokratisiere damit. Es gibt nämlich keine detaillierten Vorschriften des Bundes. Alle Länder sind gehalten, sie zu konkretisieren. Das tun auch alle Länder. Ich habe mir die Richtlinien der anderen Bundesländer angesehen. Alle Bundesländer konkretisieren das, was der Bund vorgibt, und brechen das auf Landesverhältnisse runter. Richtig ist, dass das auf unterschiedlichem Niveau geschieht. Es muss aber in jedem Fall eine Erklärung des Bauern geben, dass er sich an diese Richtlinien hält. Danach wird er gefragt. Es gibt Formblätter dafür. Nur die Größe der Ställe, die Größe der Flächen, die Frage, ob es Spaltenböden für Rinder geben darf und so weiter, unterscheidet sie.

Zu den kleinen Krediten! Da bin ich anderer Auffassung. Ich habe gestern einen Bauern besucht, der erzählte, dass andere Nachbarn große Neustallbauten gemacht haben. Er hat schrittweise umgebaut, kleinere Investitionen getätigt und sich damit nicht so hoch verschuldet wie andere. Damit hat er besser überlebt

als andere, die sich in große Schulden gestürzt haben. Es ist nicht immer der beste, der ökonomischste Weg eines Betriebes, Großinvestitionen zu tätigen und gleich einen neuen Stall zu bauen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gerade unter Tierschutzgesichtspunkten ist es häufig sinnvoll, alte Ställe umzubauen, weil es notwendig ist, sie modernen Bedingungen anzupassen. Dass gerade diese Dinge in Zukunft nicht mehr gefördert werden, finde ich ausgesprochen schade. Das ist nicht gut für die schleswig-holsteinischen Landwirte. Man gibt Geld nicht dadurch effizienter aus, indem man nur noch große Beträge ausgibt. Das ist doch nicht effizienter.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu der Tagesordnungsdebatte! Ich habe nicht gesagt, man solle die Tagesordnung an einer Demonstration ausrichten. Ich habe schon gesagt, dass es immer üblich war, dass, wenn es mehrere Tagesordnungspunkte zu einem Thema gibt, versucht wird, diese Tagesordnungspunkte zu einer Debatte zusammenzufassen. Das ist immer Stil in diesem Landtag gewesen. Dass vier Anträge zum gleichen Sachgebiet, für den gleichen Ausschuss an vier verschiedenen Zeitpunkten positioniert sind, habe ich noch nicht erlebt.

(Wortmeldung des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Herr Kollege Hentschel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Entschuldigung, ich habe keine Sekunden mehr. Es tut mir Leid, lieber Holger.

(Zuruf)

- Henning, auch wenn mein Kreisverband dich als Landratskandidaten unterstützen will, muss ich dir sagen - -

(Zurufe: Oh, oh!)

- Sagen wir: Jetzt haben wir den Spalt bis in die Regierung getrieben.

Herr Kollege Hentschel, ich bitte Sie, Wahlkampf jeglicher Art im Plenum zu unterlassen.

Entschuldigung. - Kalinka ist einfach nicht tragbar.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Hentschel, Ihre drei Minuten sind um.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Gestatten Sie mir einen Schlusssatz?

Was ist das für ein Verständnis zu sagen, ein Sachantrag sollte nicht gestellt werden, weil man das Problem vorher im Ausschuss behandelt hat? Das ist völlig neu. Gerade aus der Ausschussbehandlung ergeben sich Tatsachen, aufgrund derer wir diesen Antrag gestellt haben. Ich kann mich doch nicht auf das „Bauernblatt“ verlassen. Deswegen ist es selbstverständlich, einen Sachantrag zu stellen. Es ist ungewöhnlich, dass Ihre Fraktion sagt: Wir lehnen den Antrag ab, wollen ihn aber anschließend im Ausschuss behandeln. Das ist ein seltsames Verständnis des Parlamentes.

(Beifall beim SSW)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. von Boetticher das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass eine große Einigkeit darüber besteht, dass zwei Dinge entscheidend sind. Das eine ist, dass Investitionen für die Zukunftsfähigkeit unserer Landwirtschaft wichtig sind, und das andere ist, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe bewahren wollen, obwohl wir ihnen hohe Sozial- und Umweltstandards abverlangen. Das ist der Grund, aus dem sowohl die Europäische Union, die Bundesrepublik als auch wir in Schleswig-Holstein staatliche Fördermittel für Agrarinvestitionen zur Verfügung stellen. Das ist in allen Bundesländern gute Tradition, auch in Schleswig

Holstein, und zwar bei uns unter dem Markenzeichen AFP, Agrarinvestitionsförderprogramm. Deshalb werden wir auch in diesem Jahr 3 Millionen € bereitstellen, um geschätzte 300 Anträge bewilligen zu können.

Aber: Herr Hentschel, Ihnen ist das vielleicht fremd, dass man aufgrund einer schlechten Haushaltslage einmal überprüfen muss, wie die Kriterien gesetzt werden. Wir haben in Deutschland ein niedriges Zinsniveau. Wir haben leistungsfähige und erfahrene Banken in diesem Bereich in Schleswig-Holstein. Trotzdem haben wir uns aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit entschieden, diese Programme in einem hohen Maße fortzuführen. Aber wir wollen sie ohne ideologische schleswig-holsteinische Sonderwege, wie wir sie in der Vergangenheit gehabt haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das bedeutet, wir halten uns an einen bundesdeutschen Rahmenplan. Ich könnte ihn auch den KünastPlan nennen. Denn das ist die dort verantwortliche Ministerin.

Ich komme jetzt einmal zum grünen Antrag. Es ist immer schön, wenn Sie Selbstverständlichkeiten formulieren. Natürlich werden wir uns an die gesetzlichen Normen der Tierhaltung halten. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Im Übrigen könnte Ihnen Herr Kubicki heute einmal erklären, wo überall, beispielsweise im Bauplanungsrecht, im Baurecht, im Immissionsschutzrecht, im Gewerberecht, Ökologie für jeden normalen Landwirt natürlich eine Rolle spielt. Das ist in jedem einzelnen Gesetz enthalten. Darum ist das nicht eine Frage der Qualität. Wenn Sie unsere Standards kritisieren, die bundeseinheitliche Standards sind, kritisieren Sie Frau Künast. Ich nehme das gern zur Kenntnis.

Hier Weltuntergangsszenarien heraufzuschwören, ist unverantwortlich. Das gilt auch für den Bereich Werbung für den Agrarstandort Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Es ist unverantwortlich, wie Sie damit umgehen.

Warum heben wir die Mindestinvestitionen auf 50.000 € an? - Aufgrund des Haushaltes. Wir wollen existenzielle investive Entscheidungen fördern, die ein Landwirt in seinem Berufsleben vielleicht ein- bis zweimal fällt. Wenn Sie die heutigen Preise kennen würden, Herr Hentschel, wüssten Sie, wie schnell 50.000 € beisammen sind. Schon, wenn Sie einen Umbau und eine Erweiterung haben, ist das häufig erreicht. Wissen Sie eigentlich, was ein Stallbau in der Größenordnung von 100 Kühen neu kostet? Das

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

liegt Lichtjahre über diesen 50.000 €. Also tun Sie nicht so, als finanzierten wir nur Großvorhaben.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Wir finanzieren eben auch kleine Vorhaben, denn - wie gesagt - 50.000 € sind schnell überschritten. Wir orientieren uns in der Landwirtschaft an einem ökologischen Rahmen, der uns vom Bund gesetzt wird, innerhalb dessen man sehr verantwortungsbewusst mit Tierhaltung umgeht, innerhalb dessen hohe Anforderungen an Ökologie gestellt werden. Darum haben wir eine gute Qualität, auf die wir stolz sind, auf die unsere Landwirte stolz sind. Qualität spielt eine immer größere Rolle auch bei der Beratung. Wir fördern diese Tierhaltung, diese Landwirtschaft durch unsere Agrarinvestitionsförderung. Damit sind wir auf einem guten Weg.

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP bei Enthaltung des Abgeordneten Dr. Garg gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 19:

Vertragsnaturschutz Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/195

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion hat der Herr Abgeordnete KarlMartin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Herbst vergangenen Jahres schlossen sich sechs Eiderstedter Landwirte mit dem Rinderzuchtverband des Landes und der Stiftung Aktion Kulturland zu der Arbeitsgemeinschaft Weidewirtschaft zusammen. Sie entwickelten ein gemeinsames Konzept unter dem Namen Extensive Weidewirtschaft Eiderstedt,

(Beifall beim SSW)

ein Vertragsnaturschutzprogramm, das speziell auf die Bedingungen der Rinderfleischzucht auf Ei

derstedt zugeschnitten ist. Wer die Auseinandersetzungen auf Eiderstedt verfolgt hat, weiß, dass es ein außergewöhnlicher Schritt war, sich in dieser Situation für den Vertragsnaturschutz und zum Umweltschutz auf Eiderstedt zu bekennen.

Diese Bauern haben das getan, weil das Problem auf Eiderstedt nicht der Naturschutz ist, wie so häufig behauptet worden ist. Das Problem ist, dass die traditionelle Rinderfleischzucht - früher mit den berühmten Eiderstedter Weidemastochsen - unrentabel geworden ist. Ein Ausweichen in die Milchwirtschaft auf den Wiesen ist kaum möglich, da die meisten Bauern über keine Milchquoten verfügen. Diese Bauern haben deshalb erkannt, dass ihre einzige Chance gerade darin besteht, Rinderzucht und Naturschutz miteinander zu koppeln.

Als das Projekt in diesem Jahr als Modellprojekt startete, wurden die sechs Bauern von der Protestbewegung „Pro Eiderstedt“ als Verräter gebrandmarkt. Im Laufe dieses Sommers änderte sich aber das Bild. Mittlerweile haben sich circa 60 Landwirte auf Eiderstedt für das Programm gemeldet. Das sind bereits 4.000 ha Fläche.