Protocol of the Session on December 13, 2007

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort hat nun erneut der Herr Innenminister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die weitgehend sachliche Debatte. Ich möchte gern noch drei Anmerkungen machen. Zunächst zum Herrn Oppositionsführer: Sie haben gesagt, das, was ich hier zu den Zahlen gesagt hätte, sei falsch. Ich weiß nicht, was Sie gelesen haben, möchte aber noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir bei uns bei der Polizei selbst ausbilden, dass wir selbst planen und Unwuchten einkalkulieren müssen. Das führt dann dazu, dass man eine gewisse Reserve einrechnen muss und dass man einmal über Soll ist, dann geht man wieder etwas runter, und einmal wieder drunter ist. Aber die Kernaussage, dass frei werdende Stellen wieder besetzt werden, ist zutreffend.

Manche Dinge kann man übrigens auch gar nicht planen, wie zum Beispiel Ausbildungsabbrüche, Familienplanungen oder Krankheiten. Dazu kann ich nur sagen: Die Ausbildungsabbrüche sind deutlich zurückgegangen. Wir haben das frühzeitige Zur-Ruhe-Setzen aus Krankheitsgründen durch Maßnahmen deutlich drücken können. All das, was wir machen, ist sozusagen in dem Rahmen, gemessen an der Größe des Personalkörpers, etwas, was ein anderer erst einmal in dieser Qualität schaffen muss.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sich hier hinzustellen, das pauschal anzugreifen und gleichzeitig flammende Haushaltsreden zu halten, jeder seriösen Antwort aber schuldig zu bleiben, das zeigt eben, dass es einen Unterschied zwischen Opposition und Regierungsfähigkeit gibt, Herr Abgeordneter.

Ich bedanke mich zweitens ausdrücklich bei Herrn Abgeordneten Hentschel für seinen Beitrag. Das war ein sehr konstruktiver Oppositionsbeitrag. Er hat auf einen Punkt hingewiesen, den ich noch einmal ansprechen möchte. Er sagte, es wäre schön, wenn wir diese Beurteilungen nicht hätten. Ich gehöre zu den Skeptikern des Beurteilungswesens und sage, Aufwand und Ertrag stehen da in keinem Verhältnis. Warum machen wir das? - Wir machen das nicht, weil wir gern dafür die Zeit einsetzen wollen, sondern weil wir dazu von den Gerichten gezwungen werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist Unsinn!)

Fakt ist, wenn jemand befördert wird, habe ich 25 andere, die dagegen klagen. Und alle anderen Systeme, die wir einführen wollten, die viel besser sind, halten der rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Deshalb müssen wir das tun und nicht etwa deshalb, weil wir das wollen. Ich teile aber ausdrücklich die Kritik und würde mir sehr wünschen, wir müssten dieses nicht. Gerade jemand, der rechtskundig ist - und Sie haben dazu heute sehr interessante Ausführungen gemacht, Herr Anwalt und Abgeordneter - wird feststellen, dass auch der Zwischenruf nicht besonders sachkundig war.

Drittens, Frau Abgeordnete Spoorendonk, auch Ihnen herzlichen Dank für den sachlichen Debattenbeitrag. Eins möchte ich aber sagen: So furchtbar viel frustrierte, nicht beförderte Polizeibeamte haben wir gar nicht. Wir werden in dieser Legislaturperiode jeden zweiten Polizeibeamten befördern. Auch das möchte ich deutlich sagen, das gehört nämlich zu den beiden Zusagen, die wir gemacht haben und an die wir uns auch halten.

Also: Weniger Reden über angebliche Tabubereiche, weniger Forderungen, die sich wechselseitig ausschließen und mehr Respekt dafür, was die Polizei macht. Das wird in weiten Teilen dieses Hauses mit vollzogen. Dafür möchte ich mich im Namen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auch bedanken. Das brauchen sie nämlich, unsere Unterstützung im Parlament, und die kriegen sie auch. An die Zusagen, die wir gemacht haben, werden wir uns auch halten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag oder nach § 56 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung - Sie können es sich aussuchen, beides wären jeweils drei Minuten hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, bedauerlicherweise argumentieren Sie in dieser Frage unter Ihrem normalerweise ohnehin schon schlechten Niveau. Ich bin gern bereit, mit Ihnen noch vor dem Ausscheiden aus Ihrem Amt - was möglicherweise für Sie höchst bedauerlich sein mag - vor Polizeibeamten die Frage noch einmal gemeinsam zu diskutieren, die Sie hier angesprochen haben. Sie müssen nicht nur mit ihren Polizeiführern reden, sondern vielleicht auch einmal mit den Leuten vor Ort.

(Beifall bei der FDP)

Bis zum Jahr 2010 werden Sie 220 Stellen mit Personen nicht besetzen - nach der Antwort auf unsere Große Anfrage. Sie müssen mir einmal sagen, wo das herkommen soll, wenn Sie entsprechenden Nachwuchs gar nicht ausbilden. Sie müssen dann sagen, die kaufen wir vom Bund oder von anderen Märkten, aber es gibt keine anderen Märkte, wo Sie sie wegkaufen können. Das wissen Sie ganz genau oder Sie lassen es sich einmal von Leuten erklären, die etwas davon verstehen.

Zum Zweiten: Die Aussage, Sie müssten eine Regelbeurteilung vornehmen, wenn Sie befördern wollten, ist schlicht Unsinn, und zwar kompletter Unsinn. Abgesehen davon, dass fast alle anderen Länder diese Regelbeurteilung abgeschafft haben Nordrhein-Westfalen zum Beispiel; vielleicht machen Sie sich einmal dort sachkundig -, haben wir beispielsweise bei der Beförderung von Richterinnen und Richtern und von anderen Beamten des öffentlichen Dienstes auch keine Regelbeurteilung, sondern eine Beförderungsbeurteilung. Das haben wir übrigens beim höheren Dienst auch.

Wenn wir feststellen, dass wir aufgrund der Haushaltslage keine Regelbeförderungen vornehmen können, dann brauchen wir auch die entsprechenden Beurteilungen nicht, sondern wir können dann jeweils, wenn wir eine Stelle ausschreiben, Herr Minister, für diese Stelle die jeweiligen Bewerber beurteilen und aufgrund der Beurteilungsgrundlage die Beförderung vornehmen wie in anderen Bereichen auch. Dass wir eine jährliche Regelbeurteilung brauchten, wenn wir nicht regelmäßig befördern Herr Minister, machen Sie sich doch bitte einmal sachkundig!

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 16/ 1678, dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist so beschlossen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Berichtsantrag zur „Strategie 2012 der Landespolizei Schleswig-Holstein“

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1764

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit diesem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich bitte also, zunächst darüber abzustimmen, ob Sie den Bericht hier und heute hören wollen. Wer das will, möge bitte die Hand heben. - Das ist überwiegend der Fall.

Somit bitte ich den Herrn Innenminister, uns den Bericht zu erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Unter einer Strategie versteht man ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage oder eines Ziels. So heißt es im Online-Lexikon Wikipedia. Die Strategie 2012 der Landespolizei Schleswig-Holstein ist das Ergebnis einer gemeinsamen Problemanalyse der Amts- und Behördenleiter der Landespolizei. Mit den grundsätzlichen Überlegungen zu den komplexen Aufgaben der Organisations- und Personalentwicklung sowie des Qualitätsmanagements schreibt die Führung der Landespolizei Schleswig-Holstein die Strategie aus dem Jahr 2001 fort und passt sie den veränderten Rahmenbedingungen an. Die Amts- und Behördenleiter haben in diesem Rahmen auch die politischen, gesellschaftlichen, demografischen und technischen Entwicklungen betrachtet, bewertet und berücksichtigt.

Ausgangspunkt war eine erkannte strategische Lücke zwischen neuen Aufgaben und wachsenden Anforderungen an die Landespolizei bei gleichzeitig stagnierenden, zum Teil auch rückläufigen Ressourcen. So sind beispielsweise die Anforderungen in den bestehenden Aufgabenfeldern erheblich gestiegen. Denken Sie an die Veränderung der Kriminalitätsstruktur mit der starken Zunahme der Hoheitsdelikte, der Wirtschaftskriminalität, an den Schutz von Großveranstaltungen - darauf ist schon hingewiesen worden - und die neuen Aufgaben als Folge der islamistischen und anderer Bedrohungen im Bereich der maritime security. Auch hat die Computerkriminalität in erheblichem Maße zugenommen. Der nationale und internationale Schwerlastverkehr nimmt zu und fordert die Polizei zunehmend, was Kontrollverpflichtungen angeht.

Neue Aufgaben und stetig steigende Anforderungen in bestehenden Aufgabenfeldern lösen Personalbedarfe aus, denen die Landespolizei angesichts der dramatischen Haushaltssituation des Landes mit

(Wolfgang Kubicki)

dem bestehenden Personalkörper begegnen muss. Insofern steht hier niemand, der mehr Stellen fordert, sondern jemand, der sagt: Wir müssen das tun, was möglich ist.

Die Landespolizei verfügt nicht über personelle Reserven. Die Umsetzung der Polizeireform III das will ich noch einmal deutlich sagen; hat dazu geführt, dass durch eine Reform von innen der operative Teil der Polizei verstärkt worden ist und sozusagen die Stabsbereiche ausgedünnt worden sind. Das sollen andere, die dies kritisieren, in anderen Bereichen erst einmal machen, bevor sie über Tabubereiche schwadronieren.

(Beifall bei der SPD)

Nach der Umsetzung dieser Polizeireform haben wir, was den Stab angeht, nur noch das absolute Minimum, das funktional notwendig ist. Eine weitere Reduzierung ist ohne Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Organisation nicht realisierbar. Jeder, der Stellenkürzungen bei der Polizei fordert, soll mir bitte sagen, welches Revier in Schleswig-Holstein geschlossen werden soll. Das ist nämlich die Konsequenz, die man vertreten muss, wenn man solche allgemeinen Reden hält.

Die begrenzten Ressourcen machen aber Schwerpunktsetzungen erforderlich, sie machen eine priorisierende Aufgabenerledigung notwendig. Deswegen begrüße ich dieses Strategiepapier. Dies sind erste Überlegungen einer Neuausrichtung der Landespolizei. Dies ist vorausschauendes Denken. Genau das wollen wir von unseren Führungskräften auch haben.

Die Landespolizei folgt in ihrer Philosophie stringent dem Grundsatz, dass die Aufgaben die Organisation bestimmen und der Organisation, das Personal und die Sachausstattung folgen. Auf dieser Basis habe ich mich mit den Amts- und Behördenleitern unserer Landespolizei auf einen strukturierten Prozess vertiefender Untersuchungen aller strategischen Überlegungen verständigt. Unter Federführung des Landespolizeiamts befasst sich eine Arbeitsgruppe seit März dieses Jahres damit zu untersuchen, welche Aufgaben die Landespolizei mit welchem Personaleinsatz wahrnimmt, wobei sich die Untersuchung auf Hauptaufgaben konzentrieren muss und nicht zu kleinteilig werden darf.

Untersucht werden soll, bei welchen Aufgaben wir künftig Schwerpunkte setzen müssen. Diese Schwerpunkte sollen quasi identifiziert und priorisiert werden und es sollen auch Empfehlungen für eine Gegenfinanzierung ausgesprochen werden, das heißt, es sollen Aufgabenbereiche benannt wer

den, die künftig auch mit geringeren Standards wahrgenommen werden oder ganz wegfallen können. Auch darüber muss man reden, wenn man das intern lösen will. Das ist übrigens gar nicht so einfach.

Geprüft wird auch, ob Spezialisierung und Zentralisierung zu einer effizienten Aufgabenerledigung führen können.

Denken Sie daran, wie viel Kritik es daran gab, die Verkehrspolizei in der damaligen Form aufzulösen. Niemand beschwert sich heute mehr darüber, weil dies vernünftig gelöst worden ist.

Wir wollen die Arbeiten zu Beginn des nächsten Jahres abschließen. Die Ergebnisse sollen dem Innenministerium Ende Februar vorliegen. Diese dann zu bewerten und politisch zu entscheiden, ist sicherlich eine der wichtigen Aufgaben meines Nachfolgers.

Nach Abschluss dieses Prozesses wird in einem zweiten Prozessschritt eine Prüfung möglicher aufgabenbasierender Organisationsveränderungen der operativen Dienststellen erfolgen.

Insofern möchte ich sagen: Es geht natürlich auch um die Frage, wie wir Bürgerinnen und Bürgern rund um die Uhr Sicherheit anbieten können. Das ist nicht mit virtueller Präsenz möglich. Es nützt mir nichts, wenn irgendwo ein Polizeischild an der Wand angebracht ist, aber niemand da ist. In bestimmten Bereichen muss es auch darum gehen, dafür zu sorgen, dass schnelle Hilfe da ist, wenn sie benötigt wird. Im Umfeld von Flensburg und auch in anderen Bereichen ist das vorbildhaft der Fall. Deshalb muss sich hier auch niemand zum Retter kleiner Stationen machen, die gar nicht bedroht sind. Wir werden das schon selbst vernünftig ausgestalten. Dazu braucht man keine Horrorszenarien an die Wand zu malen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das höchste Gut der Polizei. Das will ich noch einmal ausdrücklich sagen. Ich habe mich ja vorhin schon dazu bekannt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Wir haben eine sehr gute Polizei, übrigens eine, die zu Recht eine hohe Anerkennung in der Bevölkerung genießt, die sehr viel Überstunden macht, die aber unsere Unterstützung nicht nur in Sonntagsreden bedarf und übrigens auch nicht in wohlfeilen Bemerkungen, wie sie zum Schluss gerade wieder der Oppositionsführer gemacht hat. Vielmehr muss man dann auch Konzepte vertreten, die in der Pra

(Minister Dr. Ralf Stegner)

xis umgesetzt werden können, mit Sachverstand, wo er vorhanden ist, und mit der Kompetenz, dass man das, was man zusagt, auch einhält.

So wird das bei dieser Polizeireform auch der Fall sein. Wir verfügen über gute Führungskräfte in der Polizei. Deswegen bin ich ganz sicher, dass am Ende etwas herauskommt, was im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes liegt.

Glücklicherweise sind wir nicht auf Sie angewiesen, sondern auf die große Unterstützung in diesem Haus. Ich bin ganz sicher, dass dies auch weiterhin so bleibt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Minister und eröffne die Aussprache. Jeder Fraktion steht entsprechend der Redezeit der Landesregierung eine Zeit von fünf Minuten 45 Sekunden zu.