Protocol of the Session on December 13, 2007

(Minister Dr. Ralf Stegner)

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])

- Bei aller Liebe!

Drittens. Die Durchlässigkeit bei den Laufbahnen zu halten beziehungsweise möglichst zu verbessern.

Ich finde es ja verständlich, lieber Herr Abgeordneter Klug, dass man,wenn man so lange in der Opposition gewesen ist, um jeden Erfolg ringt. Ich will es gern noch einmal sagen, dass ich es klasse finde, dass Herr Kubicki auch dafür gewesen ist. Das steht bestimmt im Protokoll.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es ist schön, dass Sie bald nur noch dem Parlament angehören! - Zurufe)

- Dass Sie da von „nur“ reden, finde ich bemerkenswert.

Viertens. Die Abstimmung auf der Ebene der fünf norddeutschen Küstenländer hinsichtlich der Gestaltung des neuen Länderbeamtenrechts sorgt hoffentlich für Homogenität, damit der unnötige Konkurrenzkampf, von Beamtinnen und Beamten zumindest in Norddeutschland vermieden wird.

Fünftens. Überlegungen zur Frage der Anhebung der besonderen Altersgrenze sind insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Nachwuchseinstellungen und dabei unmittelbar auf die Altersstruktur des Personalkörpers der Landespolizei zu überprüfen.

Wegducken und Weggucken geht nicht. Auch wenn wir in diesem Jahr keine Haushaltsberatungen im Landtag vornehmen, werbe ich bei Ihnen um Unterstützung für Kontinuität in der Finanzierung des Polizeihaushalts. Ich bitte Sie, alle Überlegungen zum Haushalt der Polizei im heute diskutieren Kontext zu sehen. Und lassen Sie mich noch einmal eines sagen: Die schleswig-holsteinischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die ihre Gesundheit und ihr Leben für die Allgemeinheit einsetzen, hunderttausende Überstunden leisten, am Wochenende und nachts arbeiten, die haben es auch verdient, dass sie vernünftig ausgestattet werden und für das, was sie tun, entsprechende Anerkennung finden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wer ist denn dafür zuständig? - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])

Ich will deswegen deutlich sagen, dass Kürzungen beim Personal der Polizei kontraproduktiv und nicht nachhaltig wären. Wir wollen nicht wie in Niedersachsen Lücken im Streifendienst mit priva

ten Hilfs- und Amateurpolizisten füllen. Innere Sicherheit gehört zu den Kernaufgaben des Landes. Darin sind wir uns einig, insbesondere, weil es in unserer Verfassung steht. Dabei wird es auch bleiben, dass für die innere Sicherheit im Land die Polizei zuständig ist und für polizeiliche Aufgaben die Polizei zuständig ist und niemand sonst. Und auch dabei wird es bleiben.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Bürgerinnen und Bürger zahlen ihre Steuern und sie erwarten von der Politik, dass wir uns auf diese Aufgaben konzentrieren, ihren Bestand erhalten und nach Möglichkeit ausbauen. Polizisten leisten einen hervorragenden Job und deswegen müssen wir - was die Bürger von uns auch erwarten das in der Form anerkennen, indem wir bei dem bleiben, was wir zugesagt haben. Wir haben zwei Dinge zugesagt. Es bleibt bei der Stellenzahl in der Polizei, wir besetzen jede Stelle nach, es gibt keine Stellenkürzungen. Zweitens. Wir haben ein Personalentwicklungskonzept für diese Legislaturperiode verabschiedet, das die Aufstiegsperspektiven für die Polizei darstellt und auch da ist die Landesregierung im Wort. Ich gehe davon aus, dass das Parlament - jedenfalls in der großen Mehrheit - diesem Kurs auch weiterhin folgt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Innenminister. Bevor ich die Aussprache eröffne, möchte ich sehr herzlich die Arbeiterwohlfahrt aus Malente auf der Besuchertribüne begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache und erteile der FDPFraktion als Fragestellerin und ihrem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Gesellschaft altert, was man vielleicht auch sehen kann.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Sieht man, sieht man!)

In knapp 20 Jahren wird jeder Dritte der deutschen Bevölkerung über 50 Jahre alt sein. Insbesondere Berufsgruppen, bei der die körperlichen Anforderungen eine nicht unbedeutende Rolle spielen,

(Minister Dr. Ralf Stegner)

sind von dieser Entwicklung in besonderer Weise betroffen. Für die Aufrechterhaltung der Qualität der Arbeit gibt es künftig immer weniger Nachwuchs, für den öffentlichen Landesdienst ist besonders die Polizei von dieser Entwicklung betroffen.

Es ist auch in der Landesregierung unstrittig, dass eine zunehmende Alterung eines Polizeikörpers je nach Umfang zwangsläufig Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit der Belegschaft und damit auf die Polizeiarbeit insgesamt hätte. Vor diesem Hintergrund und auch vor dem Hintergrund, dass sich andere Länder wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, mit denen wir, Herr Minister, bei der Nachwuchswerbung im Wettbewerb stehen, hierauf bereits vorbereiten, hat meine Fraktion eine Große Anfrage auf den Weg gebracht, die die Entwicklung der künftigen Altersstruktur zeigt. Ein weiterer Grund für die Einreichung dieser Anfrage war der Eindruck, dass sich insbesondere das Problem der Jugendkriminalität und insbesondere der Gewaltkriminalität in den letzten Jahren verschärft hat und wir wissen wollten, ob künftig Opas junge Straftäter verfolgen müssen.

Die Anfrage behandelt aber nicht nur diese Frage sondern auch Fragen zur künftigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt begrüßenswerterweise einen steigenden Anteil von Frauen in der Polizei. Es gibt Instrumente zur Familienförderung wie Elternzeit. Beide Faktoren können dazu führen, dass Personal durch Schwangerschaften oder Wahrnehmung von Elternzeit ausfällt, was natürlich auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgabenerfüllung im Übrigen hat.

Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion beim Innenministerium - ich sage ausdrücklich beim Innenministerium - für die wirklich aussagekräftige Beantwortung unserer Großen Anfrage zur Entwicklung der Altersstruktur der Polizei bedanken. Es ist ein gutes und in Fakten auch ehrliches Werk für die weitere parlamentarische Arbeit und die personellen Planungen bei der Polizei.

Die Zahlen, die das Ministerium in Antwort auf unsere Anfrage geliefert hat, sind eindeutig und sie lassen nach unserer Auffassung einen deutlichen Handlungsbedarf für zusätzliche Neueinstellungen bei der Landespolizei erkennen.

Herr Minister, ich will das im Einzelnen mit den Zahlen aus der von Ihnen gegebenen Antwort begründen. Als Fazit können wir folgendes feststellen. Erstens. Der aktuelle Ist-Stand in der Altersstruktur bei der Polizei ist noch relativ gut.

Zweitens. Es gibt erheblichen Handlungsbedarf für die Zukunft, zumal es bereits in den letzten Jahren einen schleichenden Personalabbau bei der Polizei gegeben hat, der sich unter der Großen Koalition noch verschärft hat und natürlich zu einer schnelleren Alterung des Personalkörpers der Polizei führen wird.

Drittens. Der Personalkörper der Polizei wird künftig durch die verstärkte Wahrnehmung von Elternzeiten zusätzlich belastet, die aus nachvollziehbaren Gründen insbesondere natürlich durch jüngere Polizeikräfte in Anspruch genommen wird.

Viertens. Die Rahmenbedingungen für die Nachwuchswerbung sind derzeit in Schleswig-Holstein nicht die Besten. Wer künftig ausreichend qualifizierten Nachwuchs für die Polizei gewinnen will, muss hier investieren.

(Beifall bei der FDP)

Kommen wir zum ersten Punkt, der aktuellen Altersverteilung im Personalkörper der Polizei. Herr Minister, Sie haben darauf hingewiesen, der optimale Zustand eines Polizeikörpers wäre dann erreicht, wenn eine gleichmäßige Verteilung in allen Altersstufen gegeben wäre. Dass dies erreicht wird, kann niemand ernsthaft verlangen. Derzeit finden wir im mittleren Dienst eine gleichmäßige Verteilung auf die Altersstufen zwischen 25 und 54 Jahren, die jeweils zwischen 10 und 20 % des Personalkörpers ausmachen. Hier gibt es nur Abweichungen nach unten bei den unter 25-Jährigen und den über 55-Jährigen. Für den gehobenen Dienst gilt das Gleiche, hier fällt nur der Anteil der unter 25-Jährigen mit lediglich 2,2 % auf, was wahrscheinlich auch mit der Bildungs- und Vorbildungssituation zu tun hat.

Für die Zukunft sehen die Planungen aber etwas anders aus. Bis zum Jahr 2020 werden bereits circa 40 % aller Polizeivollzugskräfte 50 Jahre und älter sein. Dabei setzt die signifikante Veränderung beziehungsweise Alterung des Polizeikörpers im Jahre 2013 ein und wird dann immer stärker. Wer diese Entwicklung stoppen will, müsste also spätestens im Jahr 2010 entsprechende Kräfte einstellen, um den Altersdurchschnitt zu senken.

(Beifall bei der FDP)

Aber mit der Einstellung ausreichender Nachwuchskräfte ist das so eine Sache. Wie man der Antwort der Landesregierung entnehmen kann, haben wir bereits in den letzten Jahren weniger Personal eingestellt, als aus dem aktiven Dienst ausgeschieden ist. So scheiden nach den Zahlen der Lan

(Wolfgang Kubicki)

desregierung im Jahr 2007, also im laufenden Jahr, insgesamt 149 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Polizeidienst aus. Um diese Kräfte zu ersetzen, wurden im Jahr 2004 180 Einstellungen von Nachwuchskräften vorgenommen. Von diesen 180 Personen haben aber 35 Nachwuchskräfte die Ausbildung wegen mangelnder Eignung oder eigener Kündigung nicht beendet, sodass für die 149 ausgeschiedenen oder ausscheidenden Kräfte nur 145 neue Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte zur Verfügung stehen. Das ist ein relativ leichtes Minus von vier Kräften. Die gleiche Rechnung gilt aber für das Jahr 2008 und 2009, jeweils ein Minus von 27 und dann 71 Kräften. Es werden also allein in diesen drei Jahren 102 ausscheidende Kräfte nicht ersetzt beziehungsweise nicht ersetzt werden können mangels eigenen Nachwuchses.

Dazu kommt, dass bereits nach den Einstellungszahlen für die Jahre 2007 bis 2009 die Anzahl der ausscheidenden Kräfte in 2010 bis 2012 nicht erreicht wird. Allein durch die zu wenig vorgesehenen Stellen im Haushalt werden hier 37 weitere Stellen abgebaut. Zieht man nur noch eine durchschnittliche Quote von circa 20 % derjenigen, die die Ausbildung aus den oben genannten Gründen nicht beenden, hinzu, dann kommen zu diesen 37 Stellen noch einmal 83 Stellen hinzu. Herr Minister, deshalb ist Ihre Aussage auf der Basis Ihrer eigenen Zahlen schlicht und ergreifend falsch, dass alle freiwerdenden Stellen wieder besetzt werden.

(Beifall bei der FDP)

Eine Reserveliste, durch die diejenigen Nachwuchskräfte nachbesetzt werden können, die aus der Ausbildung vorzeitig ausscheiden, gibt es bereits heute nicht mehr. Kurzum: In den Jahren 2007 bis 2012 werden allein aus diesen Gründen insgesamt circa 220 Stellen nicht besetzt. Damit wird eine Alterung des Polizeikörpers der Polizei mit den bekannten Folgen beschleunigt. Herr Minister, es ist wahrscheinlich ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass bei der Polizei zwar angeblich nicht gespart wird, durch diesen Effekt aber mit mindestens 220 Stellen zum Personaleinsparkonzept beigetragen wird.

Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit kommen nach der Antwort der Großen Anfrage noch einmal 160 Polizeibeamtinnen oder -beamte hinzu, die pro Jahr nicht am aktiven Dienst teilnehmen und ersetzt werden müssen. Hierbei handelt es sich zumeist um jüngere Kräfte.

Dass sich dies auf die Polizeiarbeit auswirken kann, ist evident. SEK und MEK brauchen auch jüngere

und fittere Kräfte für Ihre Einsätze. Der Schichtund Wechseldienst ist besonders körperlich belastend. Das räumt die Landesregierung selbst ein. Sie schreibt: Als Folge des Schichtdienstes kann es zu „schichtbedingten Erkrankungen wie Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen et cetera“ kommen. Diese Belastungen sind mit zunehmendem Alter schwieriger auszuhalten.

Zusätzlich kommen aber immer neue Aufgaben und Belastungen auf die Polizei zu. Dass die Polizei bereits heute am Limit fährt, haben wir ja beim G-8-Gipfel erfahren können. So wurde der gesamte Bäderdienst in Schleswig-Holstein im Frühsommer abgezogen, um die Einsatzhundertschaften aufzufüllen. Wie man in der Dezember-Ausgabe der „Deutschen Polizei“ nachlesen kann, werden zu diesen Einsätzen auch immer häufiger ältere Polizisten herangezogen. Die Jugendkriminalität nimmt zu. Das ergibt auch die Antwort der Landesregierung. Ich erinnere an Bilder, die wir aus Rostock gesehen haben, wo ältere Polizeikräfte in Einsatzhundertschaften jugendlichen Rechtsradikalen folgen sollten. Nach zwei Einsätzen dieser Art waren sie physisch komplett fertig mit der Folge, dass sie die entsprechenden Dienstleistungen nicht mehr haben erbringen können.

Was soll erst werden, wenn wir die A 20 im südlichen Schleswig-Holstein bekommen? Das verlangt zusätzliche Autobahnreviere mit entsprechender personaler Besetzung. Ein weiterer Personalabbau ist aber bei den sich künftig zusätzlich stellenden Aufgaben überhaupt nicht vermittelbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine gute Altersstruktur des Personalkörpers der Polizei hängt auch mit der Attraktivität des Berufes zusammen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Herr Minister, wir unterstützen alle lobenden Worte in Richtung der Beamtinnen und Beamten, die den Polizeivollzugsdienst versehen. Ich kann Ihnen aber sagen: Das ist Salbe auf die geschundene Seele. Fragen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Art und Weise, in der sie in der Vergangenheit behandelt worden sind, insbesondere bei den Sonderzahlungen, hat nicht gerade die Bereitschaft geweckt, Ihren Worten auch nur noch ansatzweise zu trauen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Der Name Steg- ner - -)