Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Für die Landesregierung hat nun der Europa- und damit auch Ostseeminister Döring das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, es relativ kurz zu machen. Was hier gesagt worden ist, kann ich im Wesentlichen unterstützen. Ich freue mich sehr, dass sich der Landtag bei diesem Thema einig ist. Ich freue mich auch sehr darüber, dass die Ostseeparlamentarierkonferenz die Visionen, die wir hier in diesem Raum einmal gemeinsam bei der Kieler Meereskonferenz entwickelt haben, im Wesentlichen übernommen hat. Damit sind wir einen großen Schritt weiter. Ich fand auch sehr gut, dass sich der Bundestag im Juni erstmalig mit dem Thema Ostsee in einer Debatte beschäftigt hat. Das zeigt in der Tat, dass es dort einen Bewusstseinswandel gibt und dass wir möglicherweise auch so etwas wie eine maritime Bundespolitik bekommen, was für uns nicht von Schaden wäre. Wenn wir die Spezialisten in diesem Bereich sind, können wir entsprechend zuarbeiten. Auf internationaler Ebene ist es im Übrigen wichtig, dass wir die Unterstützung der nationalen Regierung haben.
Ich stimme mit dem hier Gesagten auch überein, was den Ostseerat anbetrifft. Der Ostseerat braucht und sucht zurzeit neue Aufgaben. Durch die Osterweiterung hat sich eine ganze Reihe von historischen Aufgaben, für die der Rat gegründet worden ist, erledigt. Ich höre, dass in Brüssel vonseiten der Kommission gesagt wird: Wozu brauchen wir den Ostseerat noch? Die meisten Anrainer der Ostsee sind EU-Mitglieder. Wir haben im Rahmen der EU doch unsere Gremien und tun schon alles. - Wer so redet, übersieht, dass wir die wichtigen Partner Russische Föderation und Norwegen dringend brauchen.
Wir brauchen bei den schwierigen Problemen, die zu lösen sind, alle Anrainer. Einige dieser Probleme wurden hier angesprochen. Ich möchte sie nicht alle wiederholen. Denken Sie aber allein an das Problem der Schadstoffbelastung. 80 % der Schadstoffbelastung kommen vom Land, nicht von den Schiffen. Wir brauchen bei der Lösung dieses Problems alle Anrainer. Es geht nicht an, im Kreise der Anrainer irgendwelche Lücken zu lassen.
Wir brauchen auch im Bereich der Schiffssicherheit alle Anrainer. Wir sollten uns nicht nur über Clean Ships, sondern auch über vernünftige Schiffsbesetzungsordnungen unterhalten. Es nützt nichts, das modernste Schiff und die modernsten Navigationssysteme zu haben, wenn der Kapitän sich mit seiner Barfußmannschaft nicht verständigen kann. Das heißt, wir brauchen auch für Schiffsbesatzungen neue qualitative Standards. 80 % der Unfälle auf See werden durch menschliches Versagen verursacht. In der Ostsee dürfen wir uns so etwas überhaupt nicht leisten.
Ich zeige Ihnen anhand einiger Beispiele auf, wie dringlich es ist, mit allen zu reden, auch mit denen, die in diesem Zusammenhang möglicherweise Probleme haben. In Malmö konnten wir die Resolution betreffend die Task-Force nicht verabschieden, weil die Russische Föderation den Eindruck hatte, sie werde für eine EU-Politik instrumentalisiert. Ich bin deswegen auf der einen Seite sehr froh, dass das Auswärtige Amt unsere Vorschläge aufgegriffen hat und sich verstärkt für deren Umsetzung einsetzen wird. Im Moment arbeitet im Rahmen des Ostseerates eine Arbeitsgruppe von höheren Beamten, die versuchen, die Thematik im Einzelnen durchzudeklinieren. Unter lettischem Vorsitz wird das sicherlich auch mit Erfolg geschehen. Die lettische Präsidentschaft hat uns in den Inhalten beigepflichtet.
Ich freue mich auch darüber, dass wir hier an der Küste mit den norddeutschen Ländern einen Schulterschluss haben. Neulich habe ich ein Gespräch mit den Kollegen aus Hamburg und aus Mecklenburg-Vorpommern geführt. Wir sind uns in der gerade angesprochenen Frage völlig einig. Wir wollen zu dritt auch im Auswärtigen Amt einmal vorstellig werden und die Politik des Außenministers bekräftigen und unterstützen. Allerdings haben wir uns
auch vorgenommen, den russischen Botschafter einzuladen, um mit ihm darüber zu reden, dass es in dem angesprochen Zusammenhang auch russische Interessen gibt. Bei einer gemeinsamen Ostseepolitik geht es nicht nur um EU-Interessen, sondern dabei sind wirklich auch vitale russische Interessen tangiert. Insofern kann es von dorther nicht nur aus Altruismus, sondern durchaus aus eigenen Interessen richtig sein, wenn die Russische Föderation eine gemeinsame Ostseepolitik unterstützt. Das heißt, wir müssen um Vertrauen werben, wir müssen um Mitarbeit werben und wir müssen auch deutlich machen: Wir brauchen euch. Das wollen wir als norddeutsche Küstenländer versuchen. Ob das Erfolg hat, werden wir sehen. Ich hoffe es sehr. Wenn es so weit ist, werde ich Ihnen darüber berichten.
Am Schluss möchte ich hervorheben, dass die Meerespolitik auf nationaler Ebene angekommen ist. Ich begrüße es, dass von Ihnen der jetzt behandelte Antrag vorgelegt worden ist. Die Landesregierung wird sich der darin erwähnten Aufgaben annehmen. Ich möchte mit der Anmerkung abschließen, dass bei all den kontroversen Debatten, die wir hier manchmal führen, das jetzt zur Beratung anstehende Thema ein schönes Beispiel dafür ist, dass Parlament und Regierung gemeinsam und erfolgreich Lobbyarbeit im Interesse des Landes SchleswigHolstein leisten. Dafür danke ich Ihnen.
Ich danke dem Herrn Minister. Angesichts des letzten Satzes kann ich mich nicht der Bemerkung enthalten: Deshalb sind auch keine Zuschauer und keine Pressevertreter mehr anwesend. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit ist der Antrag Drucksache 16/1637 (neu) einstimmig angenommen worden.
Wir unterbrechen jetzt die Sitzung bis 15 Uhr. Ich weise darauf hin, dass wir die Sitzung, wie von dem Herrn Präsidenten bereits angekündigt, mit der Behandlung von Tagesordnungspunkt 31 a - Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer soll Weltnaturerbe der UNESCO werden - fortsetzen werden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Die Sitzung ist wieder eröffnet. Wir fahren in der Tagesordnung fort.
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1718
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Axel Bernstein das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Kriterien der UNESCO zur Aufnahme von weiteren Gebieten in die Welterbeliste heißt es unter anderem: eine überragende Naturerscheinung oder ein Gebiet von außergewöhnlicher natürlicher Schönheit und ästhetischer Bedeutung. Ich finde, an diesen Kriterien wird für jeden deutlich und greifbar, dass unser Wattenmeer welterbetauglich ist. Seit der Trilateralen Wattenmeerkonferenz von 1991 wird nicht zuletzt deshalb angestrebt, den Welterbestatus zu erreichen.
Inzwischen wurde in den vergangenen 16 Jahren viel Überzeugungsarbeit geleistet. Es waren aber auch 16 Jahre, in denen immer wieder unnötige Hürden errichtet wurden. Es gab Hürden, weil man die Sorgen, die Wünsche und die Interessen der Menschen an der Westküste oft nicht ausreichend und von Anfang an berücksichtigt hat. Das fängt mit scheinbaren Kleinigkeiten wie Texten an, die nicht auf Deutsch vorlagen, und geht hin bis zu greifbaren Interessenkonflikten. Dabei sind die Zustimmung und die Beteiligung der Region von der UNESCO nicht nur ausdrücklich gefordert. Beides sollte in einem fairen Prozess auch eine Selbstverständlichkeit im Umgang miteinander sein.
Voraussetzung für einen optimalen Umgang mit dem Nutzen, den wir uns von einer Anmeldung als Weltnaturerbe auch versprechen, ist genau diese ungeteilte Zustimmung in der Region, zum Beispiel in touristischer Hinsicht. Deshalb gilt mein ganz besonderer Dank Herrn Umweltminister Christian
von Boetticher und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die jetzt die landesseitigen Voraussetzungen geschaffen haben, damit wir in der Region diese Zustimmung erfahren.
Mein Dank geht auch an die Verantwortlichen, an die Bürgerinnen und Bürger, an die Kreistage in Nordfriesland und Dithmarschen und an die Nationalparkkuratorien, und zwar ausdrücklich nicht nur dafür, dass sie ihre Zustimmung zu dem Anmeldeverfahren signalisiert haben, sondern auch für die intensive Begleitung in der Vergangenheit und für die wertvollen Hinweise, die sie eingebracht haben und die vonseiten des Landes auch ausdrücklich übernommen worden sind. Ich glaube, es ist ebenso bedeutsam zu betonen, dass mit der Anmeldung zum Weltnaturerbe und mit der dann hoffentlich erfolgenden Aufnahme in die Welterbeliste kein zusätzlicher Regelungsgehalt auf die Region zukommt. Es wird über das geltende Recht hinaus keine zusätzlichen Einschränkungen geben. Unser Wattenmeer ist gerade deshalb welterbetauglich, weil wir es aus eigenem Antrieb heraus in der Vergangenheit pfleglich behandelt haben. Ich glaube, ein in dieser Hinsicht nicht zu vernachlässigender Aspekt ist der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, den wir 1985 eingerichtet haben.
Es sind 13.000 km2. Damit ist das Wattenmeer die größte zusammenhängende Wattfläche weltweit. Das ist eine einzigartige Landschaft. Es ist ein einzigartiger Lebensraum für Tiefe und Pflanzen und es prägt natürlich auch eine einzigartige Kulturlandschaft. Auch das ist ein Aspekt, auf den in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen worden ist.
Von den 851 Welterbestätten, die es gegenwärtig gibt, sind 660 Weltkulturerben und nur 166 Weltnaturerben. 23 dieser Stätten erfüllen beide Kriterien. Wenn man unser Wattenmeer mit dem vergleicht, was heute als Welterbe anerkannt ist, dann fällt auf, dass die Weltnaturerben in Europa ausgesprochen rar sind. In Deutschland gibt es zurzeit nur eine Stätte, nämlich die Grube Messel. Es fällt mit Blick auf unser Wattenmeer auch auf, dass der Schwerpunkt Natur ganz eindeutig überwiegt. Ich glaube, deshalb ist dies kein kleinster gemeinsamer Nenner, auf dem wir uns treffen. Vielmehr ist es ein ganz
(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU], Detlef Buder [SPD] und Lars Harms [SSW])
In der Debatte zur Trilateralen Wattenmeerkonferenz von Schiermonnikoog, die wir im Januar 2006 hier im Landtag durchgeführt haben, haben alle Fraktionen signalisiert, dass sie die Anmeldung befürworten. Das zeigt auch die heutige Antragslage. Ich freue mich, dass sich vier Fraktionen mit einem gemeinsamen Antrag zusammengefunden haben. Ich stelle fest, dass die Formulierungsvarianten der FDP inhaltlich genau das unterstützen, was auch wir in unserem Antrag fordern.
Im Jahr 2003 hat der niedersächsische Umweltminister Sander von der FDP den „Kieler Nachrichten“ einmal ein Interview gegeben. Aus diesem Interview zitiere ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin:
„Das Wattenmeer ist für uns das bedeutendste Feuchtgebiet der Welt. Wir heben es mit der Anerkennung als Weltnaturerbe auf eine Ebene mit der Serengeti oder dem Grand Canyon.“
Ich glaube, nicht nur aufgrund dieser - aus der FDP kommenden - Aussage, sondern auch aufgrund des Verfahrens ist es sinnvoll, wenn wir hier einen gemeinsamen Antrag verabschieden. Mit dem, was wir als Antrag formuliert haben, weisen wir ausdrücklich auf die berechtigten Anliegen der Kreise Nordfriesland und Dithmarschen hin. Wir betonen, dass eine wirtschaftliche Nutzung auch weiterhin möglich sein wird. Wir stärken der Landesregierung mit dem ausdrücklichen Hinweis auf diese Anliegen in den anstehenden Gesprächen mit unseren Partnern den Rücken, damit das, was sich die Regionen und auch das Land Schleswig-Holstein wünschen, umgesetzt werden kann.
Ich glaube, wir haben hier eine tolle Chance für ein europäisches Projekt, an dem drei Bundesländer beteiligt sind, an dem der Bund beteiligt ist und an dem die Niederlande beteiligt sind. Leider ist Dänemark zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit dabei. Wenn wir die Signale nördlich der Grenze aber richtig deuten, dann sind sie durchaus positiv. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung zu dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW in der Hoffnung, dass wir eines Tages das gesamte Wattenmeer als Weltnaturerbe sehen können.
Ich danke Herrn Abgeordneten Axel Bernstein. Bevor ich in der Rednerliste fortfahre, möchte ich auf unserer Besuchertribüne sehr herzlich die SeniorenUnion Quickborn/Rellingen begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 15 Jahren hat die SPD mit der Idee, das Wattenmeer als Weltnaturerbe bei der UNESCO anzumelden, den Stein ins Rollen gebracht. 2005 wurde dann auf der Trilateralen Wattenmeerkonferenz auf der Insel Schiermonnikoog vereinbart, mit der Anmeldung zu beginnen. Es war ein langer und steiniger Weg bis hierher. Daher freue ich mich heute umso mehr, dass wir über diesen Antrag abstimmen. Es ist ein Antrag, der von den Fraktionen SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vom SSW gemeinsam getragen wird. Als Dithmarscher muss ich Ihnen sagen, wir waren im Kreis sehr frühzeitig für die Anmeldung. Wir haben uns sehr frühzeitig damit auseinandergesetzt. Wir freuen uns, dass sich unsere nordfriesischen Freunde nun auch auf den Weg gemacht haben und dass sich beide Kreise mit der Anmeldung angefreundet haben.
An dieser Stelle bedanke ich mich erst einmal bei all denjenigen, die diesen Antrag ermöglicht haben. Ich bedanke mich auch beim Ministerium, beim Minister und seinen Mitarbeitern.
Wir schreiben mit diesem Antrag ein weiteres Stück Geschichte für unser Bundesland SchleswigHolstein. Um auf die Liste der Weltnaturerbe kommen zu können, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, wie zum Beispiel dass die Gebiete außergewöhnliche Beispiele der Erdgeschichte darstellen, oder die Gebiete müssen außergewöhnliche Beispiele von ökologischen und biologischen Prozessen in der Evolution und der Entwicklung von Küsten-Ökosystemen sein. Ein dritter Punkt ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt, und die Gebie