Sie kennen die Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ im Internet. Wieso kann das Land von der Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes abweichen, nach der die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden muss? Antwort: Der Bund hat die Abweichung in der Verwaltungsgerichtsordnung selbst zugelassen.
Ein weiterer Einwand lautet: So ein Gesetz gibt es bisher in Deutschland nirgends. Antwort: Das ist richtig. Wir wären bei einem solchen Gesetz die Pioniere, auch wenn das Gesetz längst überfällig ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass unser Land auf einem Gebiet Vorreiter ist und andere Länder, vielleicht auch den Bund veranlassen kann, uns bei diesem Tierschutzthema zu folgen. Ich bin mir sicher, dass das gelingen kann.
Ist nicht eine Prozessflut zu erwarten? Antwort: Nein. Die Statistik zeigt, dass durch die Einführung der Verbandsklage im Naturschutz die Zahl der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht explodiert ist. Die Verbände sind offensichtlich keine Gerichtshansel, sondern gehen mit den ihnen übertragenen Rechten sehr verantwortlich um. Zudem haben die Verbände natürlich auch ein Interesse, das Kostenrisiko von Prozessen zu vermeiden.
Wird nicht die Verwaltung durch die Mitwirkung von Tierschutzverbänden, ihre Anerkennung und ihr Informationsrecht spürbar belastet? Antwort: Nein. Durch hohe formale Anforderungen an die Anerkennung der Tierschutzverbände ist der Kreis nur sehr begrenzt. Die Tierschutzverbände haben im Übrigen auch Routine im Umgang mit Behörden und umgekehrt. Man kennt sich und weiß, wie man miteinander umgehen sollte.
Zum Schluss noch die Frage: Wie kommen wir eigentlich dazu, uns so für die Rechte der Tiere einzusetzen und ihnen eine Stimme zu geben? Ist das nicht, wie manchmal behauptet wird, eine Vermenschlichung der Tiere? Antwort: Nein. Wir wollen gerade erreichen, dass Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen, wie es im Tierschutzgesetz für uns alle verbindlich formuliert ist, Tiere bleiben können.
Wie wir Menschen uns gegenüber Tieren verhalten, ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern auch eine Frage der Kultur. Weil wir vom Recht eigentlich geschützten Wesen auf Umwegen tatsächlich wenigstens ein Stück weit zu ihrem Recht verhelfen wollen, ist es auch eine Frage der Rechtsstaatlichkeit.
Kurz gesagt: Wir tun etwas Gutes, wenn dieses Gesetz im Schleswig-Holsteinischen Landtag die Mehrheit - möglichst des ganzen Hauses - findet. Ich freue mich auf die Diskussion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Matthiessen, Ihre Ausführungen gehen an der Tierschutzwirklichkeit vorbei. Bei Ihren Eingangsbemerkungen meinten Sie im Grunde genommen die Landwirtschaft. Sie sollten sich einmal um die Fiffis und Mollis im 9. Stock in Mettenhof kümmern. Dort gibt es mehr Probleme als bei uns in der Landwirtschaft.
Tierschutz ist und bleibt ein wichtiges Anliegen. Die Politik ist wie jeder Einzelne gefordert, den Tierschutz als gesellschaftliche Verpflichtung zu begreifen und zu gewährleisten. Tierschutz ist daher keine Randerscheinung, sondern Teil unserer kulturellen Werte. Deshalb ist der Tierschutz im Grundgesetz und auch in unserer Landesverfassung verankert. Die Weiterentwicklung des Tierschutzes ist daher folgerichtig und notwendig. In diesem Sinne verstehe ich den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Wir haben das Verbandsklagerecht immer kritisch gesehen und haben auch weiterhin Vorbehalte. Bei dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben wir es mit einem Sachverhalt zu tun, bei dem nicht grundsätzliche Vorbehalte, sondern rechtliche Gründe im Vordergrund stehen. Im Gegensatz zum Bundesnaturschutzgesetz sieht das Tierschutzgesetz des Bundes kein Verbandsklagerecht vor. Die Annahme von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, es sei den Ländern freigestellt, das Verbandsklagerecht
im Tierschutz einzuführen, ist falsch. Der Bund hat nicht nur kein Verbandsklagerecht im Tierschutz eingeführt, sondern darüber hinaus eine abschließende verfahrensrechtliche Regelung getroffen. Damit sind den Bundesländern hier Handlungsmöglichkeiten genommen.
Im Mittelpunkt der Meinungsunterschiede steht daher die unterschiedliche Beurteilung der Frage, ob das Land überhaupt berechtigt ist, ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine einzuführen. In Bremen hat sowohl der Wissenschaftliche Dienst der Bürgerschaft als auch die Universität in gutachterlichen Stellungnahmen diese Frage verneint. Beide sind zum selben Ergebnis gekommen: Es gibt keine Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine. Diese Stellungnahmen sind nur wenige Monate alt und daher höchst aktuell.
Das Tierschutzgesetz des Bundes ist im Bundesrat umfassend beraten worden. Die damalige schleswig-holsteinische Landesregierung hatte sich bemüht, das Verbandsklagerecht im Bundesrat durchzusetzen. Sie ist damit jedoch gescheitert. Damit ist klargestellt, dass ein Verbandsklagerecht ausdrücklich nicht gewollt ist.
Nachdem auch in den Bundesländern Bremen, Berlin und Baden-Württemberg die Initiativen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einführung des Verbandsklagerechts nicht zum Erfolg geführt haben, soll nun also das schleswig-holsteinische Parlament zum Durchbruch verhelfen. Obwohl alle diese Initiativen bisher auf ganzer Linie durchgefallen sind, Herr Matthiessen, geht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN trotzig davon aus, in Schleswig-Holstein Erfolg zu haben. Wie ich bereits erwähnte, haben ein abgelehnter Bundesratsantrag und gescheiterte Gesetzentwürfe in bisher drei Bundesländern die Erfolglosigkeit dokumentiert. Es gibt keine neuen Erkenntnisse, die dieses Mal zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Deshalb sollte bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nun allmählich die Erkenntnis reifen, dass der Gesetzentwurf nicht zustimmungsfähig ist. Wir werden im Ausschuss Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, und sind gespannt, ob uns dann neue Erkenntnisse auf den Tisch gelegt werden. Ich beantrage Ausschussüberweisung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße sehr, dass sich alle Verbände des Tierschutzes in Schleswig-Holstein zusammen mit den Grünen dafür ausgesprochen haben, dem Tier eine Stimme zu geben.
Die Einführung eines Verbandsklagerechtes für die Tierschutzverbände in Deutschland ist richtig und überfällig. Das ist meine Auffassung und auch die Auffassung der gesamten SPD-Landtagsfraktion.
Leider ist der gewählte Weg über einen Gesetzentwurf auf Landesebene aus unserer Sicht rechtlich nicht haltbar und sollte daher überprüft werden, wie wir auch aus den anderen Bundesländern wissen, in denen von den Grünen ja ähnliche Gesetzentwürfe erfolglos eingebracht worden sind.
Ich hoffe, dass wir uns - auch nach der Rede von Claus Ehlers - hier im Plenum einig sind: Das Ziel eines Verbandsklagerechtes im Tierschutz ist richtig. Davon sollten sich auch unser Koalitionspartner und die Landesregierung überzeugen lassen. Die SPD-Landtagsfraktion ist der festen Ansicht - sie hat diese Ansicht auch immer vertreten -, dass es nicht angehen kann, dass die Tiernutzer eine starke Lobby und Mitspracherecht bei allen relevanten Verfahren und Vorhaben besitzen, die Tierschützer für die Rechte der Tiere jedoch nicht. Das gilt sowohl für die Tierversuche, deren Zahl zwar in der Tat schon erheblich reduziert worden sind, als auch für alle Haltungsformen der Landwirtschaft.
Es kann zu einem rechtlichen Ungleichgewicht zwischen Tiernutzern und den zu schützenden Tieren kommen.
Damit droht eine Teilentwertung der Tierschutzregelungen. Diese Begründung für unsere Bundesratsinitiative aus dem Jahr 2003 gilt weiter und sollte Handlungsanlass für uns alle sein. Die Probleme im Tierschutz sind weiter eklatant und rufen uns
zur Schaffung eines Verbandsklagerechts auf. Ich zähle einige Beispiele auf: Das Schächten ist immer noch möglich. Weiter werden die Schnabelspitzen bei Nutzgeflügel gekürzt sowie Legehennen in viel zu kleinen und nicht artgerechten Batterien gehalten. Wirbeltiere werden immer noch in großem Ausmaß für Tierversuche gezüchtet. Die gebetsmühlenartig vorgetragenen Argumente der Pharmaindustrie und der Landwirtschaft überzeugen die SPD nicht.
Ein Verbandsklagerecht im Tierschutz mit seinen hohen Anforderungen an die klageberechtigten Verbände blockiert - wie die Erfahrungen im Naturschutz zeigen - weder den Forschungsstandort Schleswig-Holstein noch die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft.
Ich bedauere daher sehr, dass unsere Bundesratsinitiative im Jahre 2004 keine Mehrheit im Bundesrat für eine entsprechende Änderung des Bundestierschutzgesetzes gefunden hat. Dies ist jedoch angesichts der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes weiter der richtige Weg, den wir erneut aufgreifen sollten. Ich hoffe sehr, dass inzwischen bei vielen anderen Verantwortlichen auf allen Ebenen das Bewusstsein vorhanden ist, eine neue Bundesratsinitiative mitzutragen.
Was nutzt ein Staatsziel - Herr Matthiessen hat es eben ausgeführt - im Grundgesetz, wenn es nicht in ein Verbandsklagerecht umgesetzt wird? Diese Frage werden wir im Ausschuss beantworten und nach rechtlichen Lösungen suchen müssen. Wenn es diese zurzeit auf Landesebene nicht gibt, werden wir Alternativen suchen müssen. Wir haben im Tierschutz in Schleswig-Holstein lange Zeit eine Vorreiterrolle für Deutschland gehabt und sollten diesen guten Ruf auch in Zukunft halten und ausbauen.
Dazu sind weiter alle geschaffenen Möglichkeiten wie der Tierschutzbeirat und die Strategische Umweltplanung auch im Hinblick auf die Auswirkung auf Tiere zu nutzen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Gesetzentwurf ist bedauerlicherweise ein Dokument der verpassten und ungenutzten Chancen. Bereits in der letzten Legislaturperiode im Februar 2003 - hat der Landtag mit rot-grüner Mehrheit die Einführung eines Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände beschlossen. Dabei sollte die Verankerung dieses Klagerechts auf zwei Wegen erreicht werden. Zum einen wurde die Landesregierung dazu aufgefordert, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände nach dem Vorbild des Klagerechts für Umweltverbände im Tierschutzgesetz verankert wird. Ein solcher Vorstoß wurde ein Jahr später - im März 2004 - im Bundesrat unternommen und die entsprechende Initiative dort mehrheitlich abgelehnt.
Zum anderen bestand der Auftrag an die Landesregierung, soweit ein Verbandsklagerecht auf Bundesebene nicht durchsetzbar ist, ein solches Klagerecht zumindest für den Bereich des Landes Schleswig-Holstein für anerkannte Tierschutzverbände zu schaffen. Genau diese Chance wurde bedauerlicherweise damals nicht genutzt. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde nie vorgelegt oder eingebracht. Genau das wird von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN jetzt nachgeholt. Sie wissen: Als tierschutzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion stehe ich dem Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine grundsätzlich positiv gegenüber. An dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich mich schon lange, auch auf Veranstaltungen von Tierschutzverbänden, dafür stark mache.
Ich habe hier in der eigenen Fraktion - das weiß ich, und das finde ich auch nicht weiter schlimm - ein hartes Stück Arbeit vor mir. Die Verankerung des Klagerechts für Tierschutzverbände wird vom überwiegenden Teil meiner Fraktion nach wie vor kritisch gesehen.
Der vorgelegte Gesetzentwurf wirft einige grundsätzliche Fragen auf. - Liebe Sandra Redmann, ich dachte, du wolltest etwas Nettes sagen. Stattdessen hast du etwas Böses über meinen Fraktionsvorsitzenden gesagt.