Protocol of the Session on January 25, 2007

Die Landesregierung bündelt ihre eigenständigen Förderprogramme im Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein. So können unter einem Dach verschiedenste Programme und Fördertöpfe zielgerichtet eingesetzt werden und es werden Synergieeffekte erreicht. Inhaltliche und abwicklungsspezifische Besonderheiten können dennoch in notwendiger Weise berücksichtigt werden. Grundlage und wesentliche Finanzierungsquelle des Zukunftsprogramms sind unter anderem EU-Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, EFRE, in Höhe von rund 374 Millionen € für den Zeitraum 2007 bis 2013. Dies ist im Vergleich zum vorherigen Förderzeitraum eine Steigerung der Mittel in Höhe von etwa 100 Millionen €, die bei eingeschränkter Förderkulisse Schleswig-Holstein in das Regionalprogramm 2000 geflossen sind. Damit steht eine beachtliche Summe für Fördermaßnahmen zur Verfügung, die nicht vom Himmel gefallen ist. Vielmehr wurde dafür auf vielen Ebenen heftig gestritten und gekämpft.

Der Ministerpräsident hat die Ausgangssituation beschrieben. Die Anzahl der Mitgliedstaaten in der EU, die sich in der neuen Förderperiode um Fördermittel bemüht haben, hat sich fast verdoppelt, während der Fördertopf lediglich um 50 % gewachsen ist. Zudem ist der Anteil stark unterentwickelter Regionen unbestreitbar und auch bedauerlicherweise gewachsen. Deshalb gilt an dieser Stelle unserer Landesregierung ein besonderer Dank. An erster Stelle gilt er unserem Wirtschaftsminister Dietrich Austermann, unserem Arbeitsminister Uwe Döring und dem Landwirtschafts- und Umweltminister Dr. Christian von Boetticher sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die notwendigen Unterlagen, Vorgänge und Formalien in akribischer Arbeit in die Waagschale geworfen haben. Sie haben in Brüssel erfolgreich für ihr Heimatland gekämpft. Dafür möchte ich ihnen allen sehr herzlich danken.

(Beifall bei CDU und SPD)

In den Dank möchte ich ausdrücklich die Europaabgeordneten unseres Landes einschließen. Insbesondere möchte ich den Kollegen Reimer Böge hervorheben, der in seiner Funktion als Berichterstatter im EU-Parlament für die Strukturfonds seine Kenntnis

se und Erfahrungen im Sinne unseres Landes einbringen konnte. Wer sich einmal mit diesem Dschungel der Mittelverteilung und den europäischen Verknüpfungen beschäftigt hat, der weiß, was dies für eine Leistung ist. Wir müssen heute aber auch zur Kenntnis nehmen, dass es für die zukünftige Förderperiode viel schwieriger wird, Mittel zu erhalten. Deshalb werden wir jetzt die Möglichkeiten optimal nutzen.

Grundgedanke der europäischen Förderung ist die sogenannte Lissabonstrategie, die wir in vielen Politikfeldern - nicht zuletzt in der Bildungs- und Hochschulpolitik - diskutiert und die die Staatsund Regierungschefs im Jahr 2000 in Lissabon verabschiedet haben. Danach soll die EU innerhalb von zehn Jahren zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt gemacht werden. Hauptfelder der Strategie sind die wirtschaftliche, die soziale und die ökologische Erneuerung und Nachhaltigkeit in den Bereichen Innovation, Wissensgesellschaft, soziale Kohäsion sowie Umweltbewusstsein. Wir greifen diese Schlüsselbegriffe in unserem Zukunftsprogramm auf und erfüllen sie mit Leben. So können und werden wir auch in Schleswig-Holstein diesen europäischen Prozess mitgestalten.

Natürlich ist die stärkste Säule das Zukunftsprogramm Wirtschaft. Hier sollen Existenzgründungen gefördert, vorhandene Stärken genutzt, Clusterentwicklungen ausgebaut, die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen gestärkt und Qualifizierungen vorangebracht werden. Dabei gilt es, die Innovationskraft von Unternehmen zu beflügeln. Ihr Einsatz und ihre Ideen sind entscheidend.

Ein wichtiger Faktor ist die optimale Nutzung und Förderung des vorhandenen wissenschaftlichen Potenzials unseres Landes. Einige Forschungsprojekte wie das bemerkenswerte Projekt Ozean der Zukunft beweisen, dass hier im Land Spitzenforschung betrieben wird, die sich auch weltweit nicht zu verstecken braucht. Die medizinische Forschung in unseren Universitätskliniken und die Entwicklungen in der Gesundheitstechnik - hier denke ich auch an ein großes Unternehmen in Lübeck - sind weitere Glanzpunkte. Forschung und wirtschaftlicher Nutzen von Forschung liegen dicht beieinander. Neue innovative Produkte und Dienstleistungen bedeuten zukunftssichere Arbeitsplätze. Hier liegt ein großes Potenzial, das wir nutzen und gezielt fördern werden.

Wir brauchen mehr Freude und Begeisterung für Forschung und Technologie. Im letzten Vierteljahrhundert ist in Deutschland eine tiefe Skepsis gegenüber dem technischen Fortschritt aufgetaucht.

(Dr. Johann Wadephul)

Dadurch haben wir Boden verloren. Wir brauchen wieder einen Aufbruch. Technischer Fortschritt ist gut und notwendig. Spitzenforschung ist Zukunft für unser Land und wir müssen sie fördern. Das machen wir hier in Schleswig-Holstein!

(Beifall bei der CDU)

Unser Land zwischen den Meeren ist für alle Forschungsbereiche im, um und mit Wasser und Meer prädestiniert. Wir unterstützen die Landesregierung darin, den Masterplan zur Ausrichtung der maritimen Technologiepolitik voranzutreiben. Zukunft Meer ist ein plakatives Motto, das wir mit Leben füllen wollen. Weltweit wird die Meeresforschung mit allem, was im weitesten Sinne damit zu tun hat, weiter an Bedeutung gewinnen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich spielen unsere großen Häfen in Kiel und Lübeck bei der Entwicklung für Schiffsverkehre im Gütertransport, aber auch im Tourismus eine wichtige Rolle, die wir stärken wollen. Wir beobachten dabei aufmerksam und zum Teil mit einer gewissen Sorge, dass sich Kreuzfahrer zum Teil von Kiel abwenden. Ich sage ganz offen, ich beobachte auch mit einer gewissen Sorge, dass Bürgermeister Saxe in der Hansestadt Lübeck bei der Suche nach strategischen Partnern für den Lübecker Hafen bei der dortigen SPD eher auf Widerstand als auf Unterstützung stößt. Weder Rostock noch Stettin noch Esbjerg schlafen!

(Zurufe von der SPD)

Es ist gut und richtig, dass wir in der Hansestadt einen mutigen sozialdemokratischen Bürgermeister haben, der hier vorangeht. Herr Kollege Baasch, alle sollten ihn auf diesem Weg unterstützen, um die Seehäfen voranzubringen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion ist von besonderer Wichtigkeit, dass wir den ländlichen Raum und wirtschaftlich strukturschwache Regionen nicht aus den Augen verlieren. Diese Regionen dürfen den Anschluss nicht verlieren. Neben der Grundvoraussetzung des Angebots guter und solider Schulbildung müssen im ländlichen Raum Strukturmaßnahmen gefördert werden, die den Ansprüchen der Märkte und der Menschen gerecht werden. Auch hier gilt: Ideenreichtum und Vorschläge der Betroffenen sind Schlüssel für neue Initiativen. Wenn wir ehrlich sind, dann gibt es in manchen Teilen des Landes gerade im Landesteil Schleswig, an der Westküste und auch in manchen Dörfern in Mittelholstein schon eine gewisse Resignation. Dort fehlen Per

spektiven für die Zukunft. Der verfassungsrechtliche Auftrag von Landesregierung und Landtag, gleiche Lebensbedingungen für alle Menschen im Land zu schaffen, ist uns wichtig. Wir brauchen um die Hansestadt Hamburg herum einen starken Wirtschaftsraum. Das gilt auch für die weiteren Zentren Kiel und Lübeck. Wir haben aber auch eine Verantwortung für den ländlichen Raum in ganz Schleswig-Holstein!

(Beifall bei CDU und SPD)

Für den strukturschwachen Raum ist der Tourismus häufig ein rettendes wirtschaftliches Standbein. Das neue Tourismuskonzept setzt Schwerpunkte. Herr Kollege Kubicki, wir haben vereinbart, das nächste Mal gemeinsam zur Grünen Woche zu fahren. Sie kommen dann einmal mit und schauen sich die Halle an. Wenn man sieht, wie sich die Tourismusagentur Schleswig-Holstein dort präsentiert hat, dann sieht man, dass das Werbung für unser Land war. Wenn Sie das gesehen hätten, dann hätten auch Sie das gut gefunden. Wir sollten das unterstützen!

(Beifall bei CDU und SPD)

Nun zu den sozialen Komponenten des Zukunftsprogramms Arbeit: Die beste Arbeitsmarktpolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik. Deshalb ist die größte Säule auch entscheidend für das Zukunftsprogramm Arbeit. Natürlich bekommt Arbeit nur, wer arbeitsfähig und für seinen Beruf qualifiziert ist. Wir kommen immer wieder darauf zurück, was gestern auch den Schwerpunkt der Diskussion am Vormittag bildete: Gute Bildung ist der Schlüssel für einen Berufseinstieg, für einen Arbeitsplatz und damit für persönliche Entwicklungschancen und für persönliches Glück. Wir wissen aber auch, dass es trotz aller Bemühungen immer wieder Menschen geben wird, die dieses Ziel aus verschiedensten Gründen nicht erreichen. Die Anzahl jugendlicher Arbeitloser, die in Schleswig-Holstein die Größe der Bevölkerung einer mittleren Kleinstadt erreicht hat, muss uns sorgen und darf uns nicht ruhen lassen. Das sind menschliche Schicksale, für die wir alle Verantwortung tragen. Das Zukunftsprogramm Arbeit unseres Arbeitsministers Uwe Döring trägt dem Rechnung. Ob Förderung betrieblicher Ausbildungsplätze, berufsfördernder Sprachunterricht für junge Migrantinnen und Migranten oder die Förderung von innovativen arbeitsmarktpolitischen Projekten; viele Einzelprojekte werden helfen, möglichst vielen jungen Menschen einen Berufseinstieg zu ermöglichen.

Ich wünsche mir in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik eine noch stärkere Zusammenarbeit

(Dr. Johann Wadephul)

mit Dänemark. Wir haben in der Grenzregion Möglichkeiten, die bei Weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Dänisch lernen muss in SchleswigHolstein in Mode kommen. Ich freue mich, dass Minister Döring mit seinem kürzlichen Besuch in Dänemark einen klaren Akzent gesetzt hat. Er hat die Unterstützung meiner Fraktion, auf diesem Weg weiter voranzuschreiten.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Zukunftsprogramm ländlicher Raum stützt den Strukturwandel. Mit annähernd 460 Millionen € ist dies die zweitstärkste Säule unseres Zukunftsprogramms. Schleswig-Holstein ist durch seine ländliche Struktur über Jahrhunderte maßgeblich geprägt. Schutz der Natur, Schutz vor Naturgewalten, die wir gerade in diesem Winter besonders stark erleben, und die Ausrichtung einer modernen und wettbewerbsfähigen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sind die Schlüsselbegriffe für die Zukunft unseres ländlichen Raumes. Der Ministerpräsident hat die Sturmfluten zu Recht erwähnt und wir sind dankbar für die Verstärkung der Mittel dort.

(Beifall der Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU] und Detlef Buder [SPD])

Doch unsere Deiche sind nicht mehr nur durch Sturmfluten, sondern aufgrund des Klimawandels möglicherweise bald auch durch Hochwasser gefährdet. Hier warten ganz neue Herausforderungen auf das Küstenland Schleswig-Holstein, denen wir uns stellen müssen. Ich bin froh, dass mit dem Zukunftsprogramm hierzu ein Anfang gemacht wird. Denn der Klimawandel wird gerade für SchleswigHolstein eine besondere Herausforderung sein. Hier stehen wir vor nicht unerheblichen Aufgaben und Gefahren.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Die letzte Säule des Zukunftsprogramms ist die Fischerei. Der Herr Ministerpräsident hat auf die gezielten Maßnahmen hingewiesen, die beständig schrumpfende Fischereiflotte im internationalen Wettbewerb zu erhalten. In der Tat ist es nicht nur so, dass man sich Schleswig-Holstein ohne Kutter nicht vorstellen kann, sondern wer über die Sicherung der Welternährung nachdenkt, weiß, dass diese Aufgabe ohne eine maßvolle Fischereipolitik, die natürlich den Artenreichtum in unseren Meeren beachtet, nicht zu erfüllen ist. Deshalb mag dieser Aspekt der Fischereipolitik für unser Land vielleicht auch ein Motto für die Zukunft werden. Ich finde, was für die Bayern Laptop und Lederhose ist, das sollte für uns in Zukunft Fisch und Chips sein. Wir brauchen die Verknüpfung von Moderne und

Tradition in unserem Land und deswegen auch eine deutliche Unterstützung in diesem Bereich.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Insgesamt gesehen, trotz der Skepsis und einer gewissen Rückgewandtheit der Rede des Herrn Oppositionsführers: Das Zukunftsprogramm SchleswigHolstein bringt unser Heimatland in den nächsten Jahren wirtschaftlich und technologisch große Schritte voran. Es eröffnet zahlreiche neue Entwicklungschancen und -potenziale. Wir rufen die Menschen in unserem Land auf, sich an diesem Prozess mit Ideen und Tatkraft zu beteiligen. So werden wir insgesamt noch erfolgreicher. Lassen Sie uns die Kräfte weiter entfesseln, die in unserem Land ruhen! Die Landesregierung hat auf diesem Weg die ausdrückliche Unterstützung der CDUFraktion.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Johann Wadephul und erteile für die SPD-Fraktion dem Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein ist gut für die Zukunft im eigenen Land.

(Holger Astrup [SPD]: Das ist unser „ziel“, das stimmt!)

Das hieß früher „ziel“, diesmal ist es ein anderer Name, aber die Zielsetzung bleibt gleich. Wir wollen das Land voranbringen, insofern sind wir mit dem Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir begrüßen sehr, dass für den Planungszeitraum 2007 bis 2013 1,4 Milliarden € in einem Programm zur Verfügung stehen. Wenn es uns damit gelingt, Investitionen von mehr als 3 Milliarden € auszulösen, sind wir einen entscheidenden Schritt vorangekommen.

Die Arbeitsmarktpolitik wird auch in den nächsten Jahren - Kollege Wadephul wies schon darauf hin - ein wichtiger Bestandteil unserer Politik in Schleswig-Holstein sein. Richtig ist: Die Arbeitslosigkeit ist im vergangenen Jahr erheblich zurückgegangen, auch dank der Vorgängerregierung, die hierzu ihren Beitrag geleistet hat. Denn in der Wirtschaft wird auch sehr viel mit Psychologie gearbeitet.

(Dr. Johann Wadephul)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Trend wird sich 2007 fortsetzen. Richtig ist auch: Das ist nicht genug. Wir werden morgen hier im Plenarsaal über Langzeitarbeitslosigkeit sprechen. Die Bewältigung dieser Herausforderung wird für die wirtschaftliche und soziale Zukunft Schleswig-Holsteins eine zentrale Rolle einnehmen.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Arbeitslosigkeit ist ein dramatisches soziales Problem, sowohl für die direkt Betroffenen als auch für den Sozialstaat und für den sozialen Frieden. Eine sich verfestigende soziale Teilung, bei der ein erheblicher Teil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter dauerhaft von Teilhabe an Arbeit ausgeschlossen ist, birgt Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt und für die sozialen Sicherungssysteme. Das ist der Grund dafür, dass wir uns viel intensiver mit dem Problem der Langzeitarbeitslosigkeit auseinandersetzen und auch neue Wege gehen müssen, um dieses Problem langsam zurückzudrängen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Arbeitslosigkeit macht krank - psychisch wie physisch - und Arbeitslosigkeit macht arm, nicht nur während der Arbeitslosigkeit selbst, sondern auch im Alter, wenn die erworbenen Ansprüche an die Rentenversicherung nicht ausreichen. Nicht nur die Arbeitslosen sind arm, sondern auch der Staat, denn Arbeitslosigkeit ist sehr teuer und die Kosten trägt die gesamte Gesellschaft.