Protocol of the Session on November 29, 2006

(Beifall bei FDP und SSW)

Frau Sassen, ernsthaft gesagt: Ich glaube, es muss stehenbleiben, was der Kollege Harms und ich gesagt haben: Am besten weg damit. Meinetwegen soll man noch einmal von vorn anfangen, wenn man den Verpflichtungen, die Frau Schümann genannt hat, irgendwie gerecht werden will. Dann

(Lars Harms)

muss man eben in Gottes Namen noch einmal von vorn anfangen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Frau Birk, mein Politikansatz ist nicht, die Politik des Ministerpräsidenten oder die Politik von Ministerpräsidenten der südlichen Bundesländern zu beklagen oder zu bedauern. Man kann das tun. Das hilft uns im Zweifel in Schleswig-Holstein aber nicht weiter. Mein Politikansatz ist, soweit ich es kann, dafür sorgen zu wollen, es hier besser zu machen und den Gesundheitsmarkt in Schleswig-Holstein mit entsprechenden Rahmenbedingungen so zu stärken, dass wir uns nicht mehr über Herrn Oettinger oder Herrn Stoiber beklagen müssen. Vielmehr wollen wir sagen: Wir können es besser. Wir haben das bessere Angebot, weil wir die bessere Politik gemacht haben. Das wäre mein Politikansatz!

(Beifall bei FDP und SSW)

Liebe Kollegin Schümann, natürlich lasse ich Sie nicht aus der heutigen Debatte heraus. Ich möchte von Ihnen wissen, welcher Verband dieses Wettbewerbsstärkungsgesetz tatsächlich begrüßt hat. Ich kenne keinen einzigen Verband im Gesundheitswesen!

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Baasch [SPD])

- Darauf bin ich sehr gespannt! Zwei Punkte, die hier angesprochen wurden, muss man sich einfach vor Augen halten: Die angepriesenen Zusatzleistungen, die jetzt kommen - wie zum Beispiel eine bessere palliativmedizinische Versorgung - wird hier jeder haben wollen. Gleiches gilt für bessere geriatrische Versorgungen und dafür, dass bestimmte Impfungen jetzt Pflichtimpfungen der GKV werden. Auch hier wird zunächst niemand Nein sagen. Von denjenigen, die das in das Gesetz geschrieben haben, möchte ich aber wissen, wer das bezahlen soll. Das sind lauter ungedeckte Schecks, die hier ausgestellt wurden, ohne zu sagen, wer diese zusätzlichen Leistungen bezahlen soll.

(Beifall bei der FDP)

Auch an diesem Punkt drehen wir uns wieder im Kreis, wenn wir nicht grundsätzlich die Finanzierungsstruktur des Gesundheitswesens renovieren.

Noch ein Letztes. Ich habe in einem anderen Zusammenhang schon einmal gesagt: Wer das hohe Loblied auf die medizinischen Versorgungszentren - die ehemaligen Polikliniken der DDR - singt, der kann das machen. Man kann diesen Politikansatz verfolgen. Das ist in Ordnung. Man darf aber nicht

im selben Atemzug die Verschlechterung der hausärztlichen Versorgung in ländlichen Strukturen bedauern, denn es wird eine Konsequenz dieser medizinischen Versorgungszentren sein, dass sie die hausärztliche Versorgung auf dem Land verschlechtern wird, weil der Hausarztberuf im Freiberuflerstatus der alten Schule in Zukunft durch eben dieses Angebot nicht mehr so attraktiv sein wird.

(Beifall bei der FDP)

Zu einem weiteren Wortbeitrag erhält der Herr Abgeordnete Martin Kayenburg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann meinen beiden Vorrednern - bis auf zwei Einschränkungen - absolut zustimmen. Herr Kollege Harms, die eine Einschränkung ist das Thema Bürgerversicherung. Darauf komme ich noch einmal zurück. Ansonsten gebe ich Ihnen meine Unterschrift unter alles, was Sie gesagt haben.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Für Herrn Dr. Garg gilt dies genauso. Allerdings sage ich: Die Kritik an der Kollegin Sassen war falsch. Frau Sassen hat zunächst einmal die Ziele beschrieben. Diese sind durchaus lobenswert und richtig. Sie hat aber genauso deutlich gemacht, dass diese Ziele mit dem, was jetzt in Berlin verhandelt wird, nicht erreicht worden sind. Im Gegenteil: Hier bleibt es bei dem Begriff Murks, denn die Reform, die auf diese Weise auf den Weg gebracht worden ist, erreicht diese Ziele niemals.

(Zuruf der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

- Liebe Frau Schümann, wenn ein Gesetzentwurf da ist, wenn eine Anhörung stattgefunden hat und wenn man den Verbänden 90 Minuten Zeit gibt, um zum Thema Gesundheitsfonds miteinander zu diskutieren, dann ist dies auf den Weg gebracht worden. Das ist gegenüber denen, die diskutieren sollen, ein Affront. Liebe Frau Schümann, Sie wissen das genau. Offenbar haben Sie im Hinterkopf, dass man dann, wenn - was nicht eintreten wird - die SPD in Berlin mal wieder die Mehrheit haben sollte, diese schlechte Reform vielleicht in eine Bürgerversicherung umwandeln könnte. Das wird Ihnen nicht gelingen!

(Beifall bei der FDP)

(Dr. Heiner Garg)

Deshalb verstehe ich Ihre Argumentation überhaupt nicht. Sie haben sich hier hingestellt und etwas verteidigt, was definitiv falsch ist. Es gibt keinen Verband, der das gut findet. Es gibt eine einzige Einschränkung. Die IKK hat sich halbwegs positiv geäußert.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Herr Kollege Baasch, wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt. Das klang sehr differenziert. So pauschal kann man nicht sein!

Frau Kollegin Schümann, Sie sind ja lernfähig. Sie haben inzwischen erkannt, dass dahinten der Abgeordnete Kayenburg sitzt und nicht der Präsident; als solcher rede ich hier nicht. Vielleicht sind Sie auch hinsichtlich der Gesundheitsreform lernfähig. Fragen Sie doch einmal die Verbände! Es gibt weder Leistungserbringer, noch Leistungsempfänger noch jemanden von den Versicherern, die gut finden, was auf den Weg gebracht worden ist. Im Gegenteil: Sie als Sozialdemokraten nehmen billigend in Kauf, dass die Versicherungsbeiträge bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen um nahezu 1 % steigen werden, und zwar insbesondere dann, wenn der Gesundheitsfonds kommt. Das heißt, Sie machen dieser Kasse Schwierigkeiten. Sie belasten die sozial Schwachen. Sie machen hier das Geschäft der Privaten.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema Ersatzkassen trifft Sie genauso. Sie haben demnächst keinen Ansprechpartner mehr hier im Land. Sie haben einzeln mit den Kassen zu verhandeln. Wie wollen Sie das gestalten, ohne dass das zu Ungleichgewichten führt? - Sie gucken so erstaunt. Gucken Sie doch einmal ins Gesetz oder befassen Sie sich einmal mit den Stellungnahmen!

(Jutta Schümann [SPD]: Bleiben Sie mal sachlich!)

- Das müssen gerade Sie mir sagen! Was haben Sie denn hier eben vom Stapel gelassen? Geschäftsleitende Bemerkungen hat die Präsidentin zu machen, aber nicht Sie! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

(Beifall bei der FDP - Glocke der Präsiden- tin!)

Wenn Sie sich wirklich einmal mit dem Gesetz auseinandersetzen, dann werden Sie erkennen, dass Sie mit den Einzelnen verhandeln müssen.

Die Redezeit ist abgelaufen.

Die Frau Präsidentin macht mich darauf aufmerksam, dass die Redezeit abgelaufen ist. - Frau Kollegin Schümann, ich empfehle Ihnen, die Anhörung, die die CDU-Fraktion durchgeführt hat und die gerade geschrieben wird, zur Kenntnis zu nehmen. Vielleicht kommen Sie dann auf den Pfad der Tugend zurück.

(Anhaltender Beifall bei FDP und SSW)

Zu einem weiteren Wortbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Jutta Schümann das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir müssen für die CDU mitklatschen! - Wolfgang Baasch [SPD]: Man kann sich manchmal vor seinen Freunden nicht retten!)

- Herr Kubicki, man muss sich nicht dafür entschuldigen, wenn man klatscht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem vorliegenden Gesetzespaket, das sich in der Anhörung befindet, handelt es sich um ein Koalitionspapier von CDU und SPD. Herr Kayenburg, insofern habe ich Sie nicht recht verstanden. Es ist aber deutlich geworden, in welcher Qualität und mit welchem Erregungsgrad diese Debatte zurzeit nicht nur hier, sondern auch außerhalb geführt wird.

Genau das ist ein Problem. Denn in dem gesamten Paket Gesundheitsreform, das sehr umfänglich ist, das sehr differenziert ist, das sehr dezidiert ist, das klare Ziele formuliert hat, die ich vorhin benannt habe, gibt es sehr viele Aspekte, die kritisch zu sehen sind. Aber es gibt auch sehr viele positive Aspekte.

Sie ziehen immer nur eines hoch: Das ist der Fonds. An dem beißen Sie sich fest. Alle anderen Aspekte kommen nicht zum Tragen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das ist das Ge- heimnis der Großen Koalition!)

Das mag daran liegen, dass wir hier sehr wenig Zeit haben und uns leider nur plakativ die Dinge um die Ohren hauen. Ich finde, das wird der Sache nicht gerecht. Das wird der Zielsetzung nicht gerecht. Das wird auch diesem Haus nicht gerecht.

(Zuruf)

(Martin Kayenburg)

- Nein, es wird der Sache nicht gerecht, wenn man in dieser Art und Weise miteinander umgeht. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Insofern bitte ich darum, dass wir versuchen, das Problem und das Gesetzespaket im Detail zu diskutieren. Da stimme ich dem Kollegen Garg völlig zu. Fünf Minuten sind für ein so umfängliches Projekt viel zu wenig.

Wenn man ein so umfängliches Projekt unter Fachpolitikern diskutiert und gleichzeitig Kolleginnen und Kollegen mitnehmen muss, die sich nicht im Detail mit der Materie befassen, ist das auch ein Problem.

Wenn Sie einmal die Stellungnahmen zum Beispiel der Kassen und der beteiligten Verbände lesen, stellen Sie fest, dass sie sehr wohl sehr differenziert und auch gut sind. Da gibt es in dem Gesetzespaket Aspekte, die befürwortet werden. Lesen Sie die Stellungnahme der TK! Lesen Sie die Stellungnahme der AOK! Lesen Sie die Stellungnahme der IKK! Es gibt positive Aspekte und negative Aspekte. Es gibt auch Dinge, die man vollkommen ablehnt, Stichwort Insolvenzrecht zum Beispiel.