Protocol of the Session on October 11, 2006

Danach sind gemäß der nachfolgenden Tabelle im Finanzministerium 44 Beschäftigte damit beschäftigt.

Insgesamt sind es 77 Beschäftigte, die - ich zitiere noch einmal - „mit Deregulierung, Entbürokratisierung, Verwaltungsstrukturreform oder … Modernisierungsvorhaben“ beschäftigt sind.

Lieber Kollege Hentschel, Sie können also in Zukunft nicht 50, sondern guten Gewissens 77 sagen. Es sind 77 Mitarbeiter damit beschäftigt!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für die Landesregierung hat Herr Finanzminister Wiegard.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Garg hat wieder eine Antwort gegeben, die zu der Frage, die immer wieder gestellt wird, überhaupt nicht passt. Natürlich gehört noch einiges dazu. Ich habe das Organigramm mitgebracht. Ich kann es gleich noch einmal kopieren lassen; dann bekommen Sie beide eines: Herr Kollege Garg und Sie. Sie können es dann dort nachsehen.

Natürlich gehören auch die IT-Referate dazu, die schon im Rahmen der übrigen Modernisierungsaufgaben der Landesregierung vorher tätig waren. Neu sind die zusätzlichen sechs Mitarbeiter im Referat 50. Ich glaube, jetzt haben wir das geklärt. Es wird im Protokoll Schwarz auf Rot und Weiß ausgedruckt. Da können Sie es genau nachlesen.

Jetzt gebe ich Ihnen das Organigramm, damit die Zahlen untermauert sind. Dann wissen wir alle es ganz genau.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort zu einem Beitrag nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Hentschel.

Wenn ich die Arbeit der Entbürokratisierer in dieser Regierung bewerten will, interessiert mich nicht, wie viel Stellen Sie neu geschaffen haben, sondern mich interessiert, wie viele Stellen mit diesem Projekt beschäftigt sind, das Sie hier vorgestellt haben.

(Beifall beim SSW - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Ich stelle fest: Eine Veranstaltung von mittlerweile 77 Leuten hat es geschafft,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist Unsinn!)

innerhalb eines Jahres ein Gesetz vorzulegen, das 0,4 Stellen einspart, wovon 0,2 Stellen von der SPD in Dissens gestellt werden. Das ist meine Feststellung. Mehr habe ich nicht festgestellt.

Wenn Sie mir da die Unwahrheit unterstellen, Herr Minister, dann können Sie das - bitte schön! - tun. Ihre eigene Partei wird Ihnen das glauben. Ich glaube, die Öffentlichkeit sieht das anders.

(Beifall beim SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. - Ich gucke gar nicht mehr hoch.

(Heiterkeit)

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1003 dem Innen- und Rechtsausschuss sowie den Gesetzentwurf Drucksache 16/1006 federführend dem Finanzausschuss, mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss und dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so passiert.

Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr mit der Beratung des Schulgesetzes fort.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung 13:42 bis 15:02 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1000

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1029

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1031

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1037

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Bevor ich die Grundsatzdebatte eröffne, möchte ich sehr herzlich Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Hasedorf auf der Besuchertribüne begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bildungschancen sind Lebenschancen. Das war das Thema der Berliner Rede des Bundespräsidenten. Das heißt: Jeder Einzelne hat ein Recht auf Bildung und wir stehen in der Pflicht, diesem Grundrecht auf Bildung für alle Geltung zu verschaffen.

Ja, wir haben diese Verpflichtung bislang bei der überwiegenden Mehrheit erfüllen können. Wir müssen allerdings eingestehen: Jahr für Jahr verlassen in Deutschland und eben auch in SchleswigHolstein viel zu viele Schülerinnen und Schüler die Schule ohne einen Abschluss oder nur mit einem Abschluss, der ihnen mehr Türen verschließt als öffnet. Das betrifft insbesondere Kinder aus den sogenannten bildungsfernen Familien und Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund. Bei beiden ist das A und O die Sprachbarriere. Viele von ihnen mussten ihre Schulkarrieren in der Vergangenheit mit einer schweren Hypothek beginnen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einfügen: Die Schule allein wird diese Schere, die sich in unserer Gesellschaft geöffnet hat, nicht schließen können. Dazu gehören mehr Maßnahmen. Dazu gehören Sozialpolitik, Arbeitsmarktpolitik, aber die Schule hat eine hohe Mitverantwortung.

Meine Damen und Herren, diese gefährdeten Schüler stellen keineswegs nur eine marginale Gruppe dar und vor allen Dingen ist ihr Scheitern kein Naturgesetz. Denn wir müssen eingestehen - und wir wissen es schwarz auf weiß -: Kein anderes Land integriert die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund so wenig wie wir und in keinem anderen Land ist insgesamt der Schulerfolg so deutlich an die soziale Herkunft gebunden wie bei uns. Der Bundespräsident hat dies einen Skandal genannt. Ich betone auch: Es ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar und letztlich gefährdet es die Demokratie.

(Beifall)

Ein ähnlich großes Gefälle zwischen den Leistungsstarken und Leistungsschwachen wie in Deutschland gibt es nur in wenigen Ländern. Kaum ein anderes Land differenziert so stark und so früh wie wir und trotz dieser strengen Auslese liegen die 15-Jährigen in Deutschland in den zentralen Kompetenzbereichen unter dem OECD-Durchschnitt. Wir haben also ein großes Problem im unteren Leistungsbereich und wir sind keineswegs gut genug in der Spitze. Dies sind Gründe genug, meine Damen und Herren, um die Wirkung unserer Schulstrukturen vorurteilsfrei zu sehen und zum Fördern und Fordern und zu mehr Durchlässigkeit umzusteuern.

Unstrittig ist auch die zweite große Herausforderung, nämlich der demografische Wandel. Es werden weniger Kinder geboren. Dementsprechend kommen weniger Kinder in die Schulen. Wir rechnen in den kommenden 15 bis 20 Jahren mit einem Rückgang der Schülerzahlen um bis zu 20 % und an den Grund- und Hauptschulen sind es sogar 25 %. Etliche Grund- und Hauptschulen werden als selbstständige Einheiten nicht aufrechtzuerhalten sein, weil die Zahl der Schülerinnen und Schüler zu gering ist. Aktuell erreicht rund die Hälfte der Hauptschulstandorte in Schleswig-Holstein nicht mehr die erforderliche Mindestgröße.

Also: Der Nachwuchs bleibt aus und die Bürgerinnen und Bürger werden älter und das hat auch dramatische ökonomische Auswirkungen, wenn wir nicht gegensteuern. Das heißt mit anderen Worten: Wir müssen jede Begabung ausschöpfen und die Grundlagen für lebenslanges Lernen legen. Wer diese Fertigkeit nicht mitbringt, also das selbst gesteuerte Lernen, der wird es in Zukunft als Einzelner schwer haben und auch für das Qualifikationsniveau der Bevölkerung hätte das erhebliche Folgen.

Bestehen können wir als Einzelne und als Gesellschaft insgesamt nur, wenn es gelingt, das Schulwe

sen zukunftsfähig zu machen, indem wir flächendeckend ein wohnortnahes und gutes Schulangebot gewährleisten und indem wir die Bildungschancen aller Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft und ihrem sozialen Status langfristig verbessern, also Qualitäts- und Bildungsniveau steigern und die Zahl der Bildungsverlierer deutlich reduzieren. Das sind die kritischen Stellen, an denen wir arbeiten und wo wir uns nach oben entwickeln müssen. An diesen Zielsetzungen müssen wir uns messen lassen.

Wir stellen uns diesen Herausforderungen, und zwar in noch nie dagewesener Einigkeit, meine Damen und Herren. Wir verändern nicht nur die Philosophie von Schule durch das konsequente Umsteuern zum Förderprinzip, sondern wir bauen zugleich die Schulstruktur um und geben in diesen Umbau mehr Raum und bessere Bedingungen für eine neue Förderorientierung.

An die Stelle der Dreigliedrigkeit tritt eine neue Zweigliedrigkeit aus Regionalschule und Gymnasium plus der Schule für alle, der Gemeinschaftsschule dort, wo sie gewollt wird. Damit werden wir in Zukunft in Schleswig-Holstein Schulformen haben, die das Prinzip der Durchlässigkeit, des längeren Offenhaltens der Entscheidung für einen bestimmten Abschluss und das gemeinsame Lernen als Strukturprinzip sehr konsequent realisieren.

Ich betone zugleich: Der Fördergedanke, also die Zielsetzung hin zu mehr besseren Schulabschlüssen, richtet sich ausdrücklich auch an das Gymnasium. Noch liegen wir bei den Abiturientenzahlen weit unter dem Bundesdurchschnitt.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr froh darüber, dass diese grundsätzliche Weichenstellung, die ich eben beschrieben habe, auf so breiten Schultern ruht und dass sich dabei niemand in der großen Koalition verbiegen muss. Ich werbe bei der Opposition dafür, diesen Weg mit uns letztlich doch gemeinsam zu gehen - im Interesse der Schulen, im Interesse der Lehrerinnen und Lehrer, im Interesse der Eltern und der Kinder.

Wichtig ist dabei, möglichst alle Beteiligten mitzunehmen. Vielleicht gelingt das nicht im ersten Anlauf, meine Damen und Herren. Jede Systemveränderung ruft Skeptiker, Lobbyisten und Interessenvertreter auf den Plan. Denjenigen möchte ich sagen: Nutzen Sie die Chance, die Prozesse mitzugestalten, und vertrauen Sie bitte darauf, dass wir das Wohl aller Kinder und aller jungen Menschen im Auge haben. Das ist unsere Pflicht und Schuldigkeit.

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

Wichtig ist auch: Es wird kein Hauruckverfahren geben. Wir lassen uns Zeit und setzen auf Freiwilligkeit. Bei der Regionalschule tun wir dies bis 2010/2011 und hinsichtlich der Freiwilligkeit bei der Gemeinschaftsschule tun wir dies generell.

Es wird eine Informationsoffensive geben und vor allen Dingen auch eine Fortbildungsoffensive, damit die Lehrerinnen und Lehrer auf das Neue vorbereitet sind.