Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Gesetzentwurf, dem Zweiten Verwaltungsstrukturreformgesetz. Es vollzieht weiterhin den Wandel zu Mindestgrößen von Ämtern, Gemeinden und Städten mit einer eigenen hauptamtlich geführten Verwaltung, die künftig mindestens 8.000 Einwohner nachweisen sollen, nicht mehr müssen. Das klingt vernünftig. Es ist sachgerecht, diese Vorschrift als Soll-Vorschrift auszugestalten.
Beim Nachweis durch eine Gemeinde, dass sie mit einer Einwohnerzahl von etwas unter 8.000 Einwohnern wirtschaftlicher und kostengünstiger die Geschäfte führen kann, als es unter einem Zusammenschluss mit einer Nachbargemeinde oder einem Nachbaramt der Fall wäre, muss es Spielräume geben, die auch eine hauptamtliche Verwaltungsführung zulassen. Dass Helgoland nicht von einem Bürgermeister vom Festland aus verwaltet werden kann, versteht sich von selbst. Aber das Beispiel der Gemeinde Raisdorf, die die Hürde von 8.000 Einwohnern knapp gerissen hat beziehungsweise reißen wird, gibt uns zu denken. Es sind eben auch schon andere Beispiele genannt worden.
6.000 Einwohner. Das Amt drum herum hat 12.000 Einwohner. Während das Amt sagt: „Wir haben die 8.000er-Grenze erfüllt und sehen überhaupt keine Notwendigkeit für eine Fusion“, erreicht die Stadt Nortorf die Zahl von 8.000 Einwohnern bei Weitem nicht. Ich bin gespannt auf die Entscheidung des Kabinetts, was Sie mit der Stadt Nortorf und dem Amt Nortorf machen, ob es da zu einer Zwangsbeglückung kommt.
Der Innenminister behauptet, dass die Ausnahmeregelung nur für Helgoland gilt, während von der CDU zu hören ist, dass dies auch für andere Kommunen gelten kann. Wir werden in den Ausschussberatungen feststellen können, ob sich der Hardliner Innenminister oder die CDU durchsetzt. In der Gesetzesbegründung ist allerdings der Hinweis, dass diese Ausnahme nur für Helgoland gilt, noch vorhanden. Schauen wir mal!
Kritik hingegen gibt es weiter an der Zusammensetzung der neuen Amtsausschüsse. Hier wird durch die verkleinerten Amtsausschüsse der großkoalitionären Kungelei Tür und Tor geöffnet.
Der SSW hat es zutreffend erkannt: Bis auf einige wenige örtliche Wählergemeinschaften wird den kleineren Parteien in fast allen Fällen die Möglichkeit genommen, Vertreter in die Amtsausschüsse zu entsenden. Vor dem Hintergrund, dass dort ein Großteil der eigentlichen Verwaltungsarbeit der amtsangehörigen Gemeinden organisiert und zum Beispiel die Höhe der Amtsumlage beschlossen wird, bleibt festzustellen, dass im Amtsausschuss auch durchaus politische Entscheidungen getroffen werden und eine Teilhabe von weiteren Gemeindevertretern unbedingt eingeräumt werden muss. Auch die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf ein demokratisches Verfahren.
Was wir aber auf keinen Fall mittragen werden, ist die Verordnungsermächtigung in diesem Gesetz, nach der die Landesregierung künftig den Ämtern und Gemeinden, die die vorgesehene Mindestgröße nicht erreichen, vorschreiben kann, wer mit wem zu fusionieren hat.
Für uns ist das ein so schwerwiegender Eingriff in das kommunale Selbstbestimmungsrecht, dass dies vom Parlament entschieden werden muss und nicht vom Kabinett, wie es vorgesehen ist.
Ursprünglich wollte das der Innenminister sogar im Alleingang entscheiden; wenigstens das hat sich et
Fraglich bleibt allerdings, ob diese Reform der Ämter- und Gemeindegrößen angesichts der nun anstehenden Kreisgebietsreform wirklich noch Sinn macht.
CDU und SPD haben angekündigt, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Kommunalen Verwaltungsregionen nicht mehr zu bilden. Stattdessen soll es eine Kreisgebietsreform geben. Den Schwarzen Peter haben erst einmal die Kreise, denn sie sollen selbst bis Mitte nächsten Jahres ein Konzept entwickeln, sonst droht der Hammer aus Kiel.
Nichtsdestotrotz bleibt aber die Frage, ob die nun neu geschaffene Struktur mit grundsätzlich 8.000er-Gemeinden oder -Ämtern vor diesem Hintergrund wirklich Sinn macht. Eine ausreichende Bürgernähe erfordert meines Erachtens bei diesem Szenario, dass wesentliche Kreisaufgaben auf die Ämter und Gemeinden heruntergebrochen werden müssen,
Der Innenminister hat dies ja auch bereits in seiner Pressekonferenz Ende September klar angekündigt. Nicht umsonst appellierte er an die Kommunalpolitiker, größere als durch dieses Gesetz geforderte Verwaltungen zu bilden.
Dann allerdings hätten sich das Erste und Zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz bereits heute historisch überholt.
Der Hauptmangel aller Reformschritte der großen Koalition ist die fehlende Systematik. Eine kommunale Verwaltungsstruktur hat immer den durch die Verwaltung zu erledigenden Aufgaben zu folgen.
Daher müsste die Landesregierung zunächst verbindlich festlegen, welche Aufgaben künftig komplett entfallen sollen, und dann, welche Aufgaben künftig in welcher Verantwortung auf Kreise oder Gemeinden übertragen werden sollen und dies möglichst nicht als Weisungsaufgabe.
Was das Land hierzu bisher geleistet hat, dazu verweise ich auf den ersten Teil meiner Rede. Dazu bedarf es einer ruhigen, sachbezogenen Umsetzung einer Funktional- und Verwaltungsstrukturreform. Eine mediengetriebene Politik, die nur auf die nächste Schlagzeile am anderen Morgen setzt, hilft uns nicht weiter.
Ich hoffe, dass wir bei den erforderlichen Beratungen im Ausschuss noch einige Punkte ändern können, damit eine Umsetzung auch für handelnde Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker möglich wird.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saale! Die große Koalition hat drei große strukturelle Reformen angekündigt, die dazu beitragen sollen, die Finanzen des Landes in Ordnung zu bringen: erstens die Reform der Gemeinden und Ämter, zweitens die Reform der Landesverwaltung und drittens die Reform auf Kreisebene. Heute liegen uns zu zwei dieser Vorhaben Gesetzesvorlagen vor: zur Reform der Ämter und Gemeinden und zur Reform der Landesverwaltung.
Beginnen wir mit der Reform der Ämter und Gemeinden! Da ist zunächst festzustellen: Die Ämterstruktur in Schleswig-Holstein ist ein bundesdeutsches Unikum. In den anderen Bundesländern wurde mit der Zusammenführung der Verwaltungen in der Regel auch eine Gebietsreform und damit eine Zusammenführung der demokratischen Entscheidungsgremien vorgenommen. Hier in SchleswigHolstein ist man zwar endlich zu der Erkenntnis gekommen, dass kleine Verwaltungen nicht wirtschaftlich sind, die Entscheidungsstrukturen sollen
aber nach wie vor kleinteilig bleiben, und kleinteilig bedeutet in diesem Fall nachteilig. Es ist richtig, die kommunalen Verwaltungen auf größere Füße zu stellen. Der Präsident des Landesrechnungshofes hat Recht: Zaghaft sparen nützt nichts.
Wir haben mit Interesse wahrgenommen, dass die Regierungsfraktionen jetzt auch festgestellt haben, was wir ihnen seit Jahren vorgerechnet haben: Die größten Einsparpotenziale im Verwaltungsbereich liegen bei einer Zusammenfassung der Kreise mit den regionalen Landesverwaltungen zu vier Regionen.
Diese Erkenntnis kommt spät, aber ich begrüße außerordentlich, dass Sie jetzt auch da angekommen sind. Wenn Sie das wollen, müssen Sie dazu auch eine passende kommunale Ebene haben. Mein Kollege Hildebrand hat eben sehr schön dargestellt, funktionieren muss diese Ebene sowohl auf der hauptamtlichen Verwaltungsebene als auch auf der politisch-demokratischen Ebene.
Die hier vorgelegten Neustrukturierungen sind jedoch noch undemokratischer, als die Ämter seit eh und je organisiert sind. Sie sind undemokratisch, da in den zukünftigen Amtsausschüssen mit maximal drei Vertretern pro Gemeinde jeweils nur noch der Bürgermeister und die beiden Fraktionen vertreten sind. Das heißt, in der Regel werden sämtliche kleinen Parteien und fast alle Wählergemeinschaften aus den Amtsausschüssen hinausgekegelt.
Dem Ganzen wird die Krone aufgesetzt, indem die bisherige Möglichkeit, dass Vertreterinnen kleiner Parteien und Wählergemeinschaften mit beratender Stimme am Amtsausschuss teilnehmen, einfach gekippt wird. Man schmeißt also große Teile der Opposition einfach hinaus. Was ist das für eine Art von Demokratie!
Der vorgelegte Entwurf ist nicht nur undemokratisch, er lähmt auch die Handlungsfähigkeit des ländlichen Raumes. Die Mindestgröße von 8.000 Einwohnern pro Verwaltung ist nicht ausreichend, um wirklich alle wichtigen Aufgaben, die den Bürger betreffen, von den Kreisen auf die Kommunen zu verlagern. Das ist der entscheidende Punkt.