Protocol of the Session on October 11, 2006

In den aufgenommenen Stadtteilen, was die „Soziale Stadt“ angeht, mit besonderem Entwicklungsbedarf werden Quartiersmanager eingesetzt, die die Stadtteilentwicklung vor Ort begleiten und eine umfassende Bewohnerbeteiligung gewährleisten.

Schleswig-Holstein ist vom Aufkauf öffentlicher oder geförderter Wohnbestände weitaus stärker und früher als andere Flächenländer betroffen. Auch dieser Trend ist ungebrochen und setzt sich mittlerweile in Zweit- und Drittverkäufen kleinerer oder größerer Pakete fort. In der Regel wird die Haltedauer begrenzt sein. Gekauft wird schnell, verkauft wird noch schneller. Hierbei besteht die besondere Gefahr von Abwärtsspiralen der Wohnbestände und ganzer Quartiere.

Nach dem Motto „Vorsorgen statt heilen“ entwickeln wir im Rahmen der Wohnraum- und Städtebauförderung gemeinsam mit Kommunen wirksame Strategien zur Einbindung der neuen Eigentümer in die Quartiersentwicklung. Ich weiß, wir werden nach der Berichterstattung von heute, dass die Pirelli Real Estate zukünftig die DGAG übernimmt und damit 25.000 Mietwohnungen, davon circa 20.000 Wohneinheiten der ehemaligen WoBau, die Diskussion haben und die Opposition wird sicherlich nachher den LEG-Verkauf noch einmal thematisieren.

Dabei muss ich sagen, Jacques Tati hat Recht, der nämlich einmal gesagt hat, es gebe einen Weg, sämtliche Wirtschaftsprobleme zu lösen, man müsste nur die Selbstgefälligkeit steuerpflichtig machen. Das ist wohl wahr und natürlich wissen alle immer besser, man hätte höhere Preise erzielen können und das Land Schleswig-Holstein hätte sich am stärksten als „Heuschrecke“ aufgeführt. Ich vermute, so wird die Debatte bei dem Thema wieder sein.

Ich sage aber ausdrücklich: Natürlich haben wir eine Not in den öffentlichen Haushalten, natürlich sind wir in Zwangslagen und natürlich haben wir auch nur begrenzte Möglichkeiten in der Marktwirtschaft gegenzusteuern. Ich sage aber auch, dass solche Unternehmen eine Verantwortung haben und dass Wohnungen eben nicht ein beliebiges Wirtschaftsgut sind, und zweitens sehe ich als Kommunalminister durchaus die Notwendigkeit der Stabilisierung kommunaler Finanzen zur Entschuldung für neue Potenziale. Ich setze mich aber entschieden dafür ein, dass die Kommunen in die Lage versetzt werden, entweder ihre Wohnungsunternehmen so zu führen, dass sie als wirksames Instrument der Stadtentwicklung eingesetzt werden können und Rendite erwirtschaften, nicht rote Zahlen, oder aber dass bei der Gesamtbewertung Verkäufe sozialverträglich ausgestaltet werden. Dazu gibt es Instrumente.

Ich will ausdrücklich sagen, der Abgeordnete Schröder weiß besser als andere, wovon ich rede. Das Pinneberger Modell ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie so etwas gehen kann. Wir werden bundesweit darum beneidet, dass das gelungen ist, dass man durchaus in solchen Konzepten so etwas hinbekommen kann. Das sei anderen zur Annahme empfohlen.

(Zuruf von der SPD)

- Das ist wahr, aber der Wahlspruch, Herr Abgeordneter Neugebauer, „Werden Sie Genossen!“ ist so ein wunderbarer Ansatz, was die Wohnungsbauge

(Minister Dr. Ralf Stegner)

nossenschaft in Pinneberg angeht, dass ich dafür landesweit werben möchte.

(Zuruf des Abgeordneten Torsten Geerdts [CDU])

- Sie müssen nicht allem zustimmen, Herr Geerdts, aber insgesamt bleibt das trotzdem ein richtiger Gedanke.

(Weiterer Zuruf)

- Ja, daran arbeitet er.

Der Staat kann die Entwicklung der Wohnungsmärkte nicht allein den Marktmechanismen überlassen. Das zeigt sich an der wieder verstärkt geführten „Heuschrecken“-Diskussion, die ja nicht grundlos geführt wird. Auch die Debatte um die sogenannten REITs, die Real Estate Investment Trusts, darf nicht nur mit der fiskal- und steuerpolitischen Brille betrachtet werden. Hier geht es darum, die Interessen von Mieterinnen und Mietern, die sehr beunruhigt sind von dem, was dort geschieht, zu wahren.

Mit den aufgezeigten Maßnahmen steuern wir erfolgreich in gemeinsamer Verantwortung und Partnerschaft mit der Wohnungswirtschaft und den Kommunen. Ich habe großes Vertrauen und sehe Gestaltungswillen bei vielen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern - nicht überall, Herr Abgeordneter Neugebauer, aber doch in weiten Teilen des Landes. Unser wohnungs- und städtebaupolitischer Ansatz folgt der Erkenntnis, dass demokratisches Bewusstsein der Bürger nur in einer Gesellschaft gedeiht, in der freie Selbstverantwortung und gesellschaftliche Verpflichtung in allen wichtigen Feldern zusammengehören.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Fraktion der SPD der Herr Abgeordnete Thomas Hölck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnetenkollegen! Zunächst einmal bedanke ich mich bei allen Mitarbeitern der Landesregierung, die an der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD zur Wohnungsbaupolitik beteiligt waren. Die SPD-Landtagsfraktion bekennt sich ausdrücklich zu einer aktiven Wohnungsbaupolitik in Schleswig Holstein. Ziel sozialdemokratischer Wohnungspolitik sind der Erhalt und die Schaffung von bezahlba

rem und qualitativ hochwertigem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten.

Wohnen ist mehr als Unterbringung, Wohnen ist Leben, Wohnen ist soziale Grundversorgung. Daher brauchen wir funktionierende Stadtquartiere. Sie sind ein Fundament für Lebensqualität, für Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und unterschiedliche Generationen.

Die Städte waren und sind die maßgeblichen Zentren der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung. In ihnen vollziehen sich in besonderem Maße Innovation, Wachstum und Beschäftigung. Sie sind zugleich Ankerpunkt der regionalen Entwicklung und strahlen mit ihrer Wirtschaftskraft auf den ländlichen Raum aus. Angesichts der demografischen Entwicklung, der prognostizierten Alterung der Bevölkerung einerseits und - im weiteren Verlauf - des Rückgangs der Einwohnerzahlen, später auch der Haushalte, andererseits ist heute anerkannt, dass starke Regionen ohne starke Städte nicht bestehen können. Folgerichtig propagiert die SPD-Landtagsfraktion das Grundziel: Starke Städte für starke Gemeinden und Regionen.

(Beifall bei der SPD)

Mit der Föderalismusreform wird die Wohnraumförderung vom Bund auf die Bundesländer verlagert. Die SPD-Landtagsfraktion bekennt sich auch für die Zukunft uneingeschränkt zur sozialen Wohnraumförderung.

Der sozialen Wohnraumförderung ist im Wesentlichen die Entstehung eines ausreichenden und preiswerten Wohnungsangebotes für große Teile der Bevölkerung zu verdanken. Die Zweckrücklage Wohnraumförderung bei der Investitionsbank versetzt das Land in die komfortable Lage, haushaltsunabhängig und mit hoher Kontinuität einen beachtlichen Finanzrahmen für die Förderung sicherzustellen. Daher muss das Zweckvermögen Wohnungsbau bei der Investitionsbank erhalten bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Auch in Zukunft besteht die Notwendigkeit der Wohnraumförderung. Jedoch muss sie heute teilweise veränderte Förderziele verfolgen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der kommunale Wettbewerb um Einwohner und Wirtschaftskompetenz zunehmen. Durch eine alternde Gesellschaft und deren veränderte Anforderungen an Wohnung und Wohnumfeld und durch die unabsehbar weiter steigenden Energiekosten rücken ökonomische, soziale, demografische und ökologische

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Ziele in den Vordergrund. Neben dem Ziel einer quantitativ ausreichenden Versorgung von Wohnungs- und Städtebauförderung für mehr Wohnund Lebensqualität in den Städten sind diese Kriterien als neuer Bestandteil des neuen Wohnraumfördergesetzes anzusehen. Eine effektive Reduzierung der CO2-Emissionen im Zuge einer energetischen Gebäudemodernisierung beziehungsweise des Neubaus ist ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele.

(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Außerdem ist eine Abbremsung des energiekostenbedingten Anstiegs der Wohnkosten, der letztlich breite Bevölkerungsschichten betrifft, wichtige Voraussetzung, um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Eine zeitgemäße Wohnraumförderung kann Wirtschaftsförderung im besten Sinn sein. Die Unterstützung des regionalen Baugewerbes, des Handwerks und des angeschlossenen Dienstleistungssektors durch verstärkte Investitionen in den Gebäudebestand beziehungsweise in den Wohnungsneubau schafft Arbeit und sichert Beschäftigung. Nach Angaben der Landesregierung kann das laufende Wohnraumförderprogramm 2005/2006 mit einem Fördervolumen von 156 Millionen € Investitionseffekte von 800 Millionen € beziehungsweise 1 Milliarde € auslösen.

Das Wohnraumförderprogramm ist damit ein „Leuchtturm“ unter den Wirtschaftsförderprogrammen des Landes. Daher ist über 2006 hinaus eine ausreichende finanzielle Wohnraumförderung sicherzustellen. Die Deckung des absehbar zunehmenden Bedarfs an altengerechtem Wohnraum und des entsprechenden Umfeldes als Voraussetzung für ein möglichst lebenslanges Wohnen im vertrauten Quartier ist ein weiterer Eckpfeiler zukünftiger Wohnraumförderung,

(Beifall bei der SPD)

wobei es keinen grundsätzlichen Gegensatz von altersgerechter beziehungsweise familiengerechter Wohn- und Quartiergestaltung gibt. Kurze Wege, barrierearme Quartiere helfen Senioren genauso wie Familien.

Für funktionierende Städte und Gemeinden ist es genauso notwendig, für eine möglichst homogene Altersstruktur zu sorgen. Die Schaffung von Wohnraum für Familien muss daher auch Bestandteil künftiger Wohnraumförderung in Schleswig-Holstein sein. Wenn es dabei gelingt, Mehrgenerationenhäuser oder Mehrgenerationenquartiere

zu schaffen, wird Leben in der Gemeinschaft Grundlage neuer Lebensqualität in den Städten und Gemeinden sein. Eine hohe Wohn- und Lebensqualität wird ein Standortvorteil im Wettbewerb um die Ansiedlung von Wirtschaftskompetenz und Einwohner sein. Dazu gehört insgesamt ein Wohnraumangebot, das möglichst vielen Haushalten den Zugang zu angemessenem Wohnraum zu bezahlbaren Kosten sichert.

(Beifall bei der SPD - Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

Die Schaffung, Unterhaltung von sozial gut durchmischten Wohnquartieren zur Förderung der Integration sozial schwächerer Haushalte und solcher mit Migrationshintergrund gilt es zu unterstützen. Das Instrument der sozialen Wohnungsförderung wird aber nur nachhaltig greifen, wenn die Zersplitterung der Eigentümerstruktur verhindert wird. Deshalb lehnt die SPD-Landtagsfraktion die Einführung von REITs, den so genannten Real Estate Investment Trusts, für die Wohnungswirtschaft ab.

(Beifall bei der SPD)

Diese aus den USA stammende, zumeist börsennotierte Immobilien-Gesellschaftsform verpflichtet sich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zu einer Gewinnausschüttung von 80 bis 95 % ihrer Gewinne an die jeweiligen Anteilseigner. Die Zulassung von REITs in der Bundesrepublik Deutschland, wie vom Bundesfinanzministerium befürwortet, wird negative Folgen für den Wohnungsmarkt haben. Der Sozialcharakter des Wohnungsbaus geht nachhaltig verloren. Vernachlässigung der Wohnungsbestände, mangelnde Bereitschaft zur Bestandserhaltung und Sanierung der Wohnimmobilien werden aufgrund der hohen Renditeerwartung die Folge sein. Es ist mit einer Verteuerung der Wohnkosten und damit höheren Belastungen der Mieterinnen und Mieter zu rechnen. Aufgrund der Renditeorientierung werden sich diese Immobilienaktiengesellschaften nicht an öffentlichen Aufgaben und an der Erhaltung sozialer Stabilität der Wohnquartiere beteiligen.

Als Partner für Stadtplanung und für den Stadtumbau werden diese Trusts den Kommunen nicht zur Verfügung stehen. Der Beitrag der Wohnquartiere zur Integration, zu einem partnerschaftlichen Zusammenleben wird nicht mehr gewährleistet. Die Quartiere werden vernachlässigt, sozialer Wohnraum wird zugunsten hoher Renditen preisgegeben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer französische Verhältnisse in den Städten verhindern will, gibt seine Wohnungsbestände den „Heuschrecken“ nicht preis.

(Thomas Hölck)

(Beifall bei der SPD - Der Abgeordnete Wolfgang Kubicki [FDP] zeigt auf Innenmi- nister Dr. Ralf Stegner)

Mit dem Verkauf Tausender Wohnungen an internationale Fonds wird das Jahrhundertprojekt, der soziale Wohnungsbau, zerstört. Der Wohnungsmarkt ist allerdings nicht wehrlos den neoliberalen Tendenzen der Gegenwart und der Zukunft ausgesetzt. Wir müssen uns wieder verstärkt unserer Schutzelemente im Wohnungsbau bewusst werden. Die Wohnungsbaugenossenschaften haben über Jahrzehnte einen unschätzbaren Beitrag für den sozialen Wohnungsbau geleistet. Die Genossenschaften erleben eine Renaissance und die Umwandlung der kreiseigenen Pinneberger Wohnungsgesellschaft GeWoGe mit Unterstützung der Investitionsbank in eine Wohnungsbaugenossenschaft ist die bundesweit anerkannte Alternative zum Verkauf kommunaler Wohnungsbestände.

(Beifall bei der SPD)

Die nachhaltige Stärkung des Genossenschaftswesens im Wohnungsbau ist daher ausdrücklich einzufordern und zu begrüßen. Die SPD-Landtagsfraktion bekennt sich uneingeschränkt zum Grundsatz: Wohnungen sind Sozial- und Wirtschaftsgut zugleich.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich dem Ministerium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ebenso den Verbänden, die dazu beigetragen haben, für die umfassende Beantwortung der Anfrage danken. Eine vollständige Stellungnahme würde sicherlich den Rahmen meiner Rede sprengen. Ich werde mich daher auf wenige Schwerpunkte beschränken.