Protocol of the Session on October 11, 2006

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1000 sowie die Änderungsanträge Drucksachen 16/1029, 16/1031 und 16/1037 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Anke Spoorendonk)

Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir eine geschäftsleitende Bemerkung. Wir müssen, obwohl wir etwas mehr als eine halbe Stunde in Zeitverzug sind, den Tagesordnungspunkt 5 heute noch aufrufen wegen des notwendigen weiteren Verfahrens. Vielleicht ist es Ihnen möglich, beim nächsten Tagesordnungspunkt mit Ihren Wortbeiträgen darauf etwas Rücksicht zu nehmen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Frau Präsidentin, ich würde vorschlagen, den Punkt 5 lieber zuerst aufzurufen!)

- Das werden wir nicht tun, Herr Kollege Kubicki, trotz des konstruktiven Vorschlages.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 verbunden mit Tagesordnungspunkt 24 zur gemeinsamen Beratung auf:

Gemeinsame Beratung

a) Entschließung zur Verwaltungsstrukturreform

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/991

b) Zügige Reform der Kommunalverwaltung und Gebietsreform aus einem Guss

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1016

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal einen Glückwunsch an die Vertreterinnen und Vertreter der großen Koalition. Sie haben zumindest teilweise Verstand gezeigt. Sie haben die Pläne zur Kommunalen Verwaltungsregion für gescheitert erklärt, übrigens - und das finde ich interessant - mit der gleichen Begründung, die wir von der Opposition schon seit Jahr und Tag vorgebetet haben und die Sie von CDU und SPD immer bestritten hatten. Wir haben Ihnen seit Jahr und Tag erzählt, dass die Verwaltungsregionen eine neue Verwaltungsebene seien und mehr Geld kosten würden als das bestehende Prinzip. Die Vertreter der Landesregierung haben hingegen bis vor kurzem erklärt, durch die Verwaltungsregionen

würden Mittel eingespart. Es entstehe keine neue Verwaltungsebene. Das Einsparvolumen war im Bereich der Kompensation mit 20 Millionen € angesiedelt. Dass Sie sich nun quasi der eigenen Falschaussage bezichtigen, ist in der Sache richtig, es ehrt Sie aber nicht, da Sie die Bürgerinnen und Bürger 17 Monate lang getäuscht haben.

(Beifall bei der FDP)

Nun werden Sie die Auffassung vertreten, unser Antrag habe sich erledigt, weil der sogenannte Koalitionsausschuss eine entsprechende Entscheidung getroffen habe. Der Antrag ist aber noch nicht erledigt, denn das Parlament hat noch nicht über das endgültige Aus der Kommunalen Verwaltungsregionen entschieden. Darüber hinaus steht die Drohung im Raum, dass beim Scheitern der Kreisgebietsreform die Verwaltungsregionen wieder aufleben sollen. Das ist schon sehr merkwürdig. Sie haben in einem meines Erachtens zu langen Prozess endlich erkannt, dass die Kommunalen Verwaltungsregionen nichts taugen und aus dem Spiel sind, drohen aber mit der Reanimation dieser Missgeburt, falls die Kreisgebietsreform scheitert. Das verstehe, wer will.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben also nichts gelernt. Nachdem durch die Rücknahme der Verwaltungsregionen der Weg für eine saubere Aufgabenkritik frei geworden wäre, die dann möglicherweise auch Konsequenzen für eine neue Verwaltungsstruktur hätte, verabreden sich die Koalitionäre spontan und aus der Hüfte geschossen auf ein neues Vorhaben, eine Kreisgebietsreform. Dabei handelt es sich bei der Kreisgebietsreform um eine Reform, die beide Parteien, CDU und SPD, vor der Landtagswahl ausgeschlossen haben. Nach den Sonderzahlungen für die Beamtinnen und Beamten, nach dem Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich ist das, was im Bereich Verwaltungsstrukturreform zurzeit abläuft, nichts anderes als ein Wahlbetrug an den Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein. Ich finde, Sie können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, mit den Schultern zucken und sagen: Das ist eben so.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, Sie können nicht die Menschen vor der Wahl mit politischen Zielen an die Wahlurne locken und dann für den Machterhalt diese Versprechen in einer so eklatanten Weise über Bord werden.

(Beifall bei FDP und SSW)

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Dabei steht natürlich die CDU in einem echten Dilemma. Sie befindet sich im Würgegriff der SPD, insbesondere des Innenministers.

Meine Damen und Herren, das Problem der CDU ist hausgemacht. Vor drei Jahren, nämlich am 27. Oktober 2003, hat sie die unsinnigen Verwaltungsregionen als Dienstleistungszentren aus der Taufe gehoben. In vorderster Front haben uns unser Ministerpräsident und der damalige Ministerpräsidentkandidat Carstensen, der damalige Fraktionsvorsitzende und heutige Landtagspräsident Kayenburg und der heutige Entbürokratisierungsstaatssekretär in einer

(Zuruf: Wie heißt der?)

- Schlie. Er ist ja inzwischen auch hier.

(Heiterkeit)

gemeinsamen Presseerklärung die damaligen Dienstleistungszentren beschert. Es ist natürlich ein Dilemma, von dieser damaligen Forderung wieder zurückzugehen. Diese Dienstleistungszentren wurden dann von der CDU in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt und sie kommt nun aus dieser Vereinbarung nicht mehr heraus, es sei denn, die CDU beugt sich der SPD, die nunmehr als Gegenleistung eine Kreisgebietsreform verlangt, also keine Verwaltungsregionen, wenn es eine Kreisgebietsreform gibt. Ansonsten bleibt es zumindest bei den Verwaltungsregionen, von denen die CDU mittlerweile selbst erklärt, dass sie unsinnig sind.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Trotzdem muss ich feststellen, dass überhaupt kein Druck zum weiteren Handeln besteht. Nach einem Gutachten des Bundes der Steuerzahler, erstellt von Professor Hesse, besteht bereits heute eine optimale Kreisstruktur in Schleswig-Holstein

(Beifall bei FDP und SSW)

und sie ist beispielgebend für andere Bundesländer.

(Beifall bei FDP und SSW)

Mein Vorwurf richtet sich also an CDU und SPD. Beide haben vor der Wahl versprochen, dass es nach der Wahl keine Gebietsreform bei den Kreisen von oben herab geben wird. Es waren - das müssen wir der Ordnung halber sagen - die Grünen, die sich dafür eingesetzt haben, wohl wissend, dass sie dafür von den Wählerinnen und Wählern möglicherweise abgestraft werden können. Insofern ist zumindest nachvollziehbar, dass eine rot-grüne Koalition, geduldet vom SSW - so war es damals verhandelt -, sich auch nach der Landtagswahl auf dieses

Modell geeinigt hatte. Für eine Koalition aus CDU und SPD gilt das allerdings nicht, denn beide wollten keine Kreisgebietsreform.

Aber es stellen sich noch weitere Fragen. Was ist eigentlich vom Wert der großartigen Aussagen unseres Ministerpräsidenten zu halten? Welche Halbwertzeit haben seine Ankündigungen? Ich möchte hierzu noch einmal die Aussagen unseres Ministerpräsidenten zitieren, die er den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Lande - man muss das leider so sagen - zugemutet hat. Er hat gesagt:

„Zum Funktionalreformprozess ist allerdings keine Kreisgebietsreform notwendig. Die Kreise haben längst Verwaltungsorganisationsformen über Kreisgrenzen hinweg erarbeitet, die diese Aufgaben erfüllen können. Mit der Kreisgebietsreform wird offensichtlich dem ideologischen Druck der Grünen nachgegeben.“

- Es geht weiter:

- so Carstensen und auch Schlie

„hat die SPD die Menschen im Land auch in diesem Punkt vor der Wahl glatt belogen. Auf die Frage des Landkreistages, ob die SPD eine Kreisgebietsreform für notwendig halte, hieß die Antwort nein.“

Dies stammt aus einer Pressemitteilung der CDU Schleswig-Holstein vom 10. März 2005. Sie lautet: „Hände weg von den Kommunen.“

Nächstes Zitat:

„Es gibt keine Kreisfusion.“

Das ist aus einem Interview der „Elmshorner Nachrichten“ mit Peter Harry Carstensen vom 27. Dezember 2005.

Nächstes Zitat:

„Peter Harry Carstensen und Klaus Schlie nannten die Eckpunkte: Eine Gebietsreform auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte ist ausgeschlossen.“

(Beifall bei FDP und SSW)

Das ist aus einer Pressemitteilung der CDU Schleswig-Holstein vom 27. Januar 2006 nach der Klausurtagung in Schleswig.

Nächstes Zitat:

„CDU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag auf die Regionen verständigt. Sie werden funktionieren.“